Uranmunition für die Ukraine: Uran alleine reicht nicht
Die von den USA nun gelieferte Uranmunition ist weder dystopisch – noch wird sie den Krieg entscheiden. Wichtig für die Ukraine ist noch etwas anderes.
E rst mal durchatmen: Die Uranmunition, die die USA an die Ukraine liefern wollen, ist weder das Teufelszeug, das den Dritten Weltkrieg auslöst, noch ein Wundermittel, das Russlands Angriffskrieg schlagartig beenden wird.
Bei Uran läuft schnell die Assoziationskette vom Kernkraftwerk zur Atombombe. Doch die Geschosse sind keine Atomwaffen. Sie gehören quasi zur Standardausrüstung amerikanischer Panzer. Abgereichertes Uran ist das, was übrig bleibt, wenn man anderes Uran anreichert – zum Beispiel für Brennstäbe von Kernkraftwerken. Es ist sehr dicht und kann Stahl durchdringen. Ideal also, um feindliche Panzer abzuschießen.
Partikel können bei Menschen schwere Krankheiten auslösen, wenn sie aufgenommen werden. Dieses Langzeitrisiko tritt in der Ukraine allerdings gegenüber den evidenten Schäden durch die russische Besatzung in den Hintergrund. Die Munitionslieferung dürfte in Deutschland dennoch wieder für eine Diskussion über eine mögliche Eskalation sorgen.
Dabei hatte Großbritannien bereits im Frühjahr eine ähnliche Lieferung angekündigt. Auch als russische Panzer mit der in Deutschland hergestellten Panzerfaust 3 abgeschossen wurden, hat man in Berlin weiter ruhig schlafen können. Genauso, als Haubitzen, Flakpanzer und Leopards aus deutschen Beständen geliefert wurden. Russland ist es weitgehend egal, womit sein Kriegsgerät zerstört wird.
Für die laufende Offensive eh zu spät
Allerdings wird auch diese Waffenlieferung allein nicht dazu führen, dass die russische Armee fluchtartig das Land verlässt. Die Stückzahlen sind zu klein. Nur 31 Abrams-Panzer wollen die USA liefern. Besser als nichts. Aber bei rund 1.000 Kilometern aktiver Frontlinie ist das homöopathisch. Auch kommen die Fahrzeuge erst im Laufe des Herbsts an. Für die laufende Offensive könnte das zu spät sein. Im Schlamm steckende Abrams-Panzer kommen auch mit Uranmunition nicht weit.
Was die Ukraine braucht, sind nicht nur neue und andere Waffen, sondern auch eine den Umständen entsprechende Quantität. Ihre Verbündeten müssen sich auf die industrielle Dimension dieses Kriegs einstellen. Es reicht nicht aus, ein bisschen in den Depots der eigenen Streitkräfte zu stöbern. Eigentlich sollte das mehr als 18 Monate nach Beginn des groß angelegten russischen Überfalls klar sein. Wenn sie wollen, haben die Nato-Länder die Kapazität, die Produktion hochzufahren. Rheinmetall konnte kürzlich auch neue Munition für den Flakpanzer Gepard herstellen, nachdem die nötigen Verträge da waren. Es geht, wenn man will.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Greenpeace-Mitarbeiter über Aufrüstung
„Das 2-Prozent-Ziel ist willkürlich gesetzt“
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Rücktritte an der FDP-Spitze
Generalsekretär in offener Feldschlacht gefallen
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Iran als Bedrohung Israels
„Iran könnte ein Arsenal an Atomwaffen bauen“
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“