Streit um Kabarettistin Lisa Eckhart: Vergrößern ist nicht spiegeln
Manche behaupten, die Kabarettistin Lisa Eckhart wolle der Gesellschaft einen Spiegel vorhalten. Das ist Schönrederei, denn ihrer Show fehlt die Distanz zur Figur.
D er jüdische Witz ist frech, tieftraurigkomisch und manchmal derb, weil das Leid, das Juden über Jahrtausende immer und immer wieder erleiden mussten, sich so besser aushalten lässt. Und er ist selbstkritisch, denn wenn die Welt einem reflexartig alles vorwirft, was in ihr schiefläuft, dann kommt man dem im Witz zuvor, um emotional gewappnet zu sein.
Wenn Nichtjuden jüdische Witze erzählen, zucke ich innerlich immer ein wenig zusammen. Vor allem, wenn sie mit dem Holocaust spielen. Hier in Israel gibt es die geschmacklosesten Auschwitz-Ofen-Witze, die man sich vorstellen kann. Wenn ein Nachkomme eines Opfers einen erzählt, kann er befreiend wirken. Wenn aber ein Deutscher denselben Witz macht, dann zeige ich ihn womöglich wegen Volksverhetzung an.
Der jüdische Witz greift auch Vorurteile über Juden auf, aber der Witz über Juden suhlt sich in ihnen und macht sie zur eigentlichen Pointe. Ein Beispiel: “Warum haben Juden große Nasen? Weil Luft umsonst ist.“ Ich hoffe ernsthaft, Sie haben nicht gelacht. Zwei Vorurteile werden hier in einem miesen Witz über Juden verarbeitet: die Hakennase und der angebliche Geiz. Doch selbst über diesen Witz kann man lachen, wenn ihn ein Jude erzählt. Denn der Erzähler macht sich so über die Vorurteile lustig.
Die Bühnenfigur Lisa Eckhart ist jedoch keine Jüdin. Sie macht in ihrem Programm Witze auf dem Niveau des Luft-Nasen-Witzes, nur etwas aktueller. Und ihr Publikum goutiert diese billigen Pointen, die sie auf Kosten der Juden, PoC, Homosexuellen und trans* Menschen sowie anderer Marginalisierter macht. Manche ihrer Fans behaupten, sie würde das tun, um der Gesellschaft einen Spiegel vorzuhalten, etwa wie Sasha Baron Cohen mit seiner Figur Borat. Aber das ist Schönrederei. Denn ihrer Show fehlt die Distanz zur Figur. Der Spiegel wird zum Vergrößerungsglas.
1975 in Rüdersdorf bei Berlin (Ost) geboren, in Hamburg und im Elsass aufgewachsen, in Berlin studiert und vor 10 Jahren nach Israel ausgewandert, wo er im High-Tech Sektor arbeitet. 2014 erschien sein Buch „Wie werde ich Jude?“ bei Ludwig/Heyne.
Ja, diese Frau ist wortgewandt und hat Bühnenpräsenz. Aber wenn jemand selbstgeschnitze Hakenkreuze verkauft, interessiert es mich auch nicht, ob die handwerklich gut gearbeitet sind.
Sie soll mit ihren rassistischen, antisemitischen und misogynen Flachwitzen auftreten, wo sie will. Will sagen, wo man sie will. Nur nicht durch öffentliche Gelder finanziert. Lisa Eckhart ist deswegen kein Opfer irgend einer Cancel Culture. Lisa Lasselsberger ist einfach nur genauso kritikunfähig wie ihre aufgescheuchten Fans, die jetzt “Zensur“ krächzen.
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