Russland pocht auf Zahlungen in Rubel: Wirtschaftskrieg um Gas
Russland will für den Rohstoff nur noch Rubel als Zahlungsmittel akzeptieren. Der Westen sollte das hinnehmen – alles andere hätte fatale Folgen.
D ie nächste Eskalationsstufe ist erreicht. Der russische Präsident Putin hat verfügt, dass der Westen seine Gasimporte in Rubel zu zahlen hat. Und zwar sofort, ab dem 1. April. Diese Ankündigung klingt nach totalem Wirtschaftskrieg, allerdings ist etwas unklar, was genau gemeint ist. In Berlin glaubt man nämlich, dass der Westen weiterhin in Euro zahlen darf. Das kann stimmen, muss aber nicht.
Inmitten dieses Wirrwarrs wird jedenfalls deutlich, dass es ein strategischer Fehler war, dass sich die G7-Staaten kürzlich darauf festgelegt haben, dass sie nur in Dollar oder Euro zahlen wollen. Dieses Ultimatum sollte wie ein Zeichen der Stärke wirken, aber diese Stärke gibt es nicht. Europa braucht die russische Energie; in Deutschland macht sie 50 Prozent der Importe aus. Umgekehrt benötigt Putin die westlichen Devisen nicht, um seinen Krieg zu führen, denn bei Nahrungsmitteln, Energie und Waffen ist Russland autark.
Es wäre daher besser gewesen, sich flexibel zu zeigen und im Zweifel auch in Rubel zu zahlen, solange Putin keine Fantasiepreise für seine Währung verlangt. Es wäre zwar ein Propagandaerfolg für den russischen Präsidenten, wenn Rubel aus dem Westen rollen – aber im realen Krieg würde ihm das nicht weiterhelfen.
Seine Armee ist weiterhin zu schwach, um die ganze Ukraine zu besetzen. Außerdem bleibt die Offensive so astronomisch teuer, dass die Inflation in Russland außer Kontrolle gerät. Daran ändert sich nichts, wenn der Westen in Rubel zahlt.
Sollte Putin auf Rubel bestehen, wäre es katastrophal, wenn der Westen auf stur schaltet und bald kein Gas mehr fließt. Teile der deutschen Industrie könnten nicht mehr produzieren, die Arbeitslosigkeit würde stark steigen. Zugleich würde Energie viel teurer, sodass die Inflation auf über 10 Prozent springen dürfte.
Zudem darf man nicht nur im Tunnelblick auf Deutschland starren. Schwächere EU-Staaten wie Italien wären noch viel härter getroffen, weil sie höhere Energiekosten nicht stemmen können. Gleiches gilt für den globalen Süden: Wenn kein Gas mehr fließt, werden auch die Ölpreise steigen, weil Europa versuchen wird, wenigstens zum Teil auf andere Energiequellen umzusteigen. Arme Länder wie Kenia oder Libanon können sich dann die Ölimporte nicht mehr leisten, von denen sie aber abhängen.
Es wäre zwar peinlich, aber man kann nur hoffen, dass der Westen einknickt, falls dies nötig wird. Um es zu wiederholen: Putin finanziert seinen Krieg nicht mit westlichen Devisen. Die Offensive in der Ukraine wird aus dem armen Russland ein noch ärmeres machen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana
BSW und „Freie Sachsen“
Görlitzer Querfront gemeinsam für Putin
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom
Wirtschaftsminister bei Klimakonferenz
Habeck, naiv in Baku
Aktienpaket-Vorschlag
Die CDU möchte allen Kindern ETFs zum Geburtstag schenken