Landesinnenminister Pistorius prüft Verbot: Niedersachsen gegen Antifa
Boris Pistorius (SPD) prüft ein Verbot von Antifa-Gruppen. Mit einem offenen Brief rufen Dutzende linke Organisationen zum Protest auf.
Dutzende Organisationen aus dem linken Spektrum, von Gewerkschaften über Umweltgruppen bis zu Parteiorganisationen, springen den ins Visier geratenen Antifa-Gruppen bei. In einem am Mittwoch veröffentlichten Brief rufen sie zum Protest gegen den Kriminalisierungsversuch auf.
„Unbewiesene Behauptungen und falsche Vorstellungen angeblicher Organisationsstrukturen stellen wieder einmal die Realität auf den Kopf“, beklagen die Unterzeichner:innen des Briefs. Rechtsextreme Ansichten würden auf diese Art verharmlost.
„Wer links und rechts, wie beim Hufeisenmodell, gleichsetzt, verteidigt nicht die Demokratie, sondern diffamiert und bekämpft die, die für eine solidarische Gesellschaft kämpfen.“ Ein Verbot behindere die wichtige zivilgesellschaftliche Arbeit antifaschistischer Gruppen, so die Sorge.
Brandanschlag als Auslöser
Pistorius hatte nach einem Brandanschlag auf die Landesaufnahmebehörde (LAB) in Braunschweig der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung bestätigt, dass er ein solches Verbot prüfe. Die LAB ist für Erstaufnahmen und Asylentscheidungen zuständig. Einige Behördenfahrzeuge waren vor zwei Wochen abgebrannt – ein „praktischer Beitrag, um die Abläufe im menschenverachtenden Abschiebesystem wirksam zu behindern“, hieß es in einem Bekennerschreiben.
Pistorius zeigte sich nach der Tat schockiert. „Wir stellen in Niedersachsen eine starke Radikalisierung der Szene fest, die sich zu einer terroristischen Struktur entwickelt“, sagte er.
Wer den Brandanschlag verübt hat, ist ungewiss. Tatverdächtige haben die Ermittler:innen bislang nicht. Auch deshalb ist unklar, wie und gegen wen konkret das Innenministerium ein Verbot durchsetzen will. Denkbar wäre das Aussprechen eines Betätigungsverbots nach dem Vereinsgesetz. Das Ministerium erwägt nach eigener Aussage auch, „auf anderem Wege die Handlungsfähigkeit solcher Gruppierungen zu erschweren“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
BGH-Urteil gegen Querdenken-Richter
Richter hat sein Amt für Maskenverbot missbraucht
Umweltfolgen des Kriegs in Gaza
Eine Toilettenspülung Wasser pro Tag und Person
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Biden genehmigt Lieferung von Antipersonenminen
Streit in der SPD über Kanzlerkandidatur
Die Verunsicherung
BSW stimmt in Sachsen für AfD-Antrag
Es wächst zusammen, was zusammengehört