Justizskandal im Wahlkampf: Laschets autokratische Züge
Um seinen SPD-Konkurrenten Scholz zu beschädigen, missbraucht der Unionskandidat das Ansehen des Rechtsstaats. So jemand sollte nicht Kanzler werden.
D ieser Justizskandal ist beispiellos: Mitten im Wahlkampf veranstaltet die Staatsanwaltschaft in Osnabrück eine „Razzia“ im Justiz- und im Finanzministerium und erzeugt dabei vorsätzlich den Eindruck, „die Leitung“ würde Geldwäsche tolerieren. Damit war vor allem Olaf Scholz gemeint, Finanzminister und SPD-Kanzlerkandidat. Schon das ist ungeheuerlich.
Noch erschreckender ist, dass CDU-Kanzlerkandidat Armin Laschet diesen Justizskandal im Triell genutzt hat, um seinen Konkurrenten Olaf Scholz zu desavouieren. Mehrmals betonte Laschet, dass das Finanzministerium „durchsucht“ worden wäre, um den Eindruck zu erwecken: Unter der Leitung von Olaf Scholz spielen sich kriminelle Machenschaften ab.
Wahrscheinlich war es keine koordinierte Verschwörung, die von der Staatsanwaltschaft Osnabrück über die CDU-Justizministerin in Niedersachsen bis zum Wahlkampfteam von Laschet gereicht hätte. Stattdessen hat jede Ebene auf eigene Art versagt. Das Resultat ist dennoch desaströs: Die Union nutzt die Macht und das Ansehen des Rechtsstaats aus, um dem Hauptkonkurrenten zu schaden und ihren Kandidaten ins Amt zu hieven. Dieses Vorgehen kennt man nur von Autokraten.
Die Konservativen wissen genau, dass das eigentliche Thema so kompliziert ist, dass viele BürgerInnen den Überblick verlieren. Daher eine kurze Zusammenfassung: 2018 wollte ein Bankkunde mehr als 1 Million Euro nach Afrika überweisen, aber seine niedersächsische Bank hatte den Verdacht, dass damit Waffen- und Drogenhandel sowie Terrorismus finanziert werden sollten.
Eid schon jetzt gebrochen
Also meldete sie den Vorfall an die Finance Intelligence Unit (FIU), die zum Zoll gehört, in Köln ansässig ist und Geldwäsche kontrollieren soll. Dort versandete die Meldung dann, und die Bank konnte die Überweisung nicht aufhalten. Seit 2020 ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen die FIU, weil sie Strafvereitelung im Amt vermutet. Das Finanzministerium hatte damit nichts zu tun, denn die FIU agiert unabhängig.
Allerdings nutzt die Behörde Computerprogramme, um die Anzeigen zu bewältigen: Derzeit gehen jährlich 150.000 Verdachtsfälle ein – die FIU hat aber nur etwa 500 Mitarbeiter. Die Staatsanwälte wollten daher klären, ob die Computerprogramme dazu führen, dass eklatante Verdachtsfälle durchrutschen. Hier kommt das Finanzministerium ins Spiel, weil es für die IT-Struktur der FIU zuständig ist. So weit, so gut.
Doch nun wird es merkwürdig. Justiz- und Finanzministerium waren nämlich bereit zu kooperieren, man bat nur um ein förmliches Ersuchen. Doch die Staatsanwälte schickten keinen Brief, sondern erschienen zu einer polizeilichen Durchsuchung. Diese „Razzia“ war so überflüssig wie ungewöhnlich.
Noch verdächtiger ist die Presseerklärung. Wie gesagt: Es ging um mögliche Schwächen der Computerprogramme. Schuldige wurden nicht gesucht. Doch die Staatsanwälte ließen missverständlich verlauten, sie wollten ermitteln, „ob und gegebenenfalls inwieweit die Leitung sowie Verantwortliche der Ministerien … in Entscheidungen der FIU eingebunden waren“. Subtext war: Scholz ist schuld, dass in Afrika Drogengeld ankommt.
Es ist extrem unwahrscheinlich, dass diese Formulierungsfehler ein Versehen waren. Alles spricht für Vorsatz – zumal sich die Staatsanwaltschaft nicht entschuldigt hat. Die BürgerInnen müssen sich darauf verlassen können, dass Staatsanwälte sauber und neutral ermitteln. Dieses oberste Rechtsprinzip wurde in Osnabrück erkennbar verletzt. Im Triell hätte Laschet daher unbedingt darauf verzichten müssen, die „Razzia“ für seinen Wahlkampf zu nutzen. Es geschah das Gegenteil.
Jeder Kanzler schwört einen Eid, in dem es heißt, „Ich schwöre, dass ich … das Grundgesetz und die Gesetze des Bundes … verteidigen … werde.“ Diesen Eid hat Laschet schon jetzt gebrochen. Eigentlich darf er nicht mehr Kanzler werden.
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