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IdentitätspolitikDie neue Lust am Leiden

Matthias Lohre
Essay von Matthias Lohre

Identitätspolitik wird oft dazu benutzt, Menschen in Täter und Opfer, böse und gut zu unterteilen. Doch wer so denkt, lässt keinen Raum für Toleranz.

Immer schön auf den anderen zeigen Illustration: Katja Gendikova

D urch ihre Bitte machte eine Stewardess den Professor zum Opfer. Derald Wing Sue und sein Professorenkollege hatten gerade in dem kleinen Flugzeug Platz genommen. Weil sich die wenigen Passagiere auf einer Seite der Kabine drängten, bat die Flugbegleiterin Sue und seinen Kollegen, die Plätze zu wechseln. „Es schien vernünftig, das Gewicht im Flugzeug auszubalancieren“, wird Sue später schrei­ben. Trotzdem ärgerte er sich: „Ich konnte fühlen, wie mein Blutdruck stieg, das Herz schneller schlug und mein Gesicht vor Wut anlief.“ Denn die Stewardess (eine weiße Frau) hatte Sue (den Sohn chinesischer Einwanderer) und seinen (schwarzen) Kollegen gebeten, aufzustehen – aber keinen der weißen Passagiere. Für Sue war klar: Die Stewardess hatte sich gerade einer Mi­kro­aggres­sion schuldig gemacht.

Den Begriff konnte die Frau nicht kennen. Damals, Ende der nuller Jahre, begann der Professor für Psychologische Beratung von der Columbia-Universität in New York erst, ihn zu prägen. Sue definiert „Mikroaggressionen“ als „kurze, alltägliche Begegnungen, die bestimmten Individuen aufgrund deren Gruppenzugehörigkeit verunglimpfende Botschaften senden“. Diese würden „häufig unbewusst in Form subtiler Zurechtweisungen, abschätziger Blicke, Gesten oder Tonfälle“ übermittelt.

Solche Begegnungen seien „so weit verbreitet und automatisch in Alltagskonversationen, dass sie häufig als arg- und harmlos abgetan und beschönigt werden“. Doch in Wahrheit seien „Mikroaggressionen schädlich für persons of color“, denn sie „zehren an den psychischen und spirituellen Energien der Empfänger und schaffen Ungleichheiten“.

Sue konfrontierte die Stewardess damit: Sie habe die beiden wegen ihrer ethnischen Zugehörigkeit ausgewählt. Die Frau widersprach. Das überraschte ihn nicht. Ja, weil die Frau sich offenbar keiner Schuld bewusst war, sah er seine Theo­rie sogar bestätigt.

taz am wochenende

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Die Macht der Mikroaggressionen

Denn „die Macht der Mikroaggressionen liegt in ihrer Unsichtbarkeit für den Täter“, schreibt Sue. „Dieser ist sich nicht bewusst, dass er oder sie sich auf eine Weise verhält, die den Empfänger so einer Kommunikation bedroht und herabsetzt.“ Mitglieder der gesellschaftlichen Mehrheit seien geblendet von „Vorurteilen, Stereotypen und Ansichten, die außerhalb ihrer Bewusstseinsebene liegen“. Vertreter der privilegierten Mehrheit „mögen auf einer bewussten Ebene die Gleichheit aller befürworten, aber auf einer unbewussten Ebene hegen sie Anti-Minderheiten-Gefühle“. Das Ausmaß alltäglicher Diskriminierung erkenne nur, wer selbst einer Minderheit angehört.

Sues Konzept ist heute fester Teil der Identitätspolitik. Diese begann in den 1970er Jahren als Versuch, benachteiligte soziale Gruppen allen anderen an Rechten und Chancen gleichzustellen. Eine ehrenwerte, große Aufgabe, die noch immer nicht abschließend erfüllt ist. Aber Verfechter wie Sue scheinen zu glauben, sie könnten Diskriminierung dadurch ausmerzen, dass sie selbst andere pauschal auf einer moralischen Skala einordnen – aufgrund von deren Ethnie, Alter, Geschlecht oder sexueller Orientierung. Das Konzept der Mikro­aggressionen, das Diskriminierungen sichtbar machen soll, ist selbst diskriminierend.

Wir alle sagen oder tun Dinge, die andere verletzen, ohne dass wir es wollen. Was ist daran auszusetzen, wenn die Betroffenen darauf hinweisen? Nichts, sofern wir die Wahl haben: Wenn wir unsere Absicht erläutern können. Wenn wir darüber diskutieren dürfen, welche Formulierungen wir als beleidigend ansehen und welche nicht. Oder wenn wir um Entschuldigung bitten können. Aber all das ist hier unmöglich. Denn Vertreter dieser Form der Identitätspolitik sprechen anderen die Fähigkeit, moralisch „richtig“ zu empfinden, ab. Sie erklären nicht verletzende Äußerungen zum Problem, sondern Menschen. Sie suchen keine Lösungen, sondern Täter. Sich selbst erklären sie zu Opfern.

Aus ihrer Sicht haftet auch an den Nachfahren echter oder vermeintlicher Täter untilgbare historische Schuld. Deshalb müssten, ja dürften die Nachkommen der Opfer ihnen nie verzeihen. Die Identität als Opfer und Täter wird vererbt. Versöhnung ist ausgeschlossen.

Das Ideal des selbstbestimmt lebenden Individuums verblasst, und an seine Stelle tritt das Aufmerksamkeit und Mitgefühl einfordernde Opfer.

Natürlich gehörte es nicht zum ursprünglichen Kern der Identitätspolitik, Angehörige verschiedener Ethnien oder sexuelle Orientierungen gegeneinander auszuspielen. Das aber kann geschehen, wenn deren Verfechter nicht Mentalitäten zur Gefahr erklären, sondern Menschen. So kann Bernd Lucke seine Vorlesungen an der Uni Hamburg nur unter Gebrüll Dutzender Störer und Polizeischutz abhalten. Dabei hat der AfD-Mitgründer die Partei schon vor Jahren verlassen, und in seinen Vorträgen lehrt er nicht Hass auf Minderheiten, sondern Makroökonomie. Doch Differenzierungen hält der Asta offenbar für Schwäche, denn er erklärt: „So ein Mensch gehört nicht an die Universität.“

Wer die Welt in Täter und Opfer teilt, der muss den eigenen Opferstatus eifersüchtig bewachen. Der demokratische Bewerber um die US-Präsidentschaft, Pete Buttigieg, wurde im vergangenen Dezember in einer TV-Runde gefragt, was er für African Americans zu tun gedenke. Buttigieg, weiß und schwul, antwortete: „Auch wenn ich nicht die Erfahrung gemacht habe, je wegen meiner Hautfarbe diskriminiert worden zu sein, habe ich doch die Erfahrung gemacht, mich manchmal wie ein Fremder in meinem eigenen Land zu fühlen.“ Daher fühle er die „Verpflichtung, jenen zu helfen, deren Rechte jeden Tag auf dem Spiel stehen, selbst wenn ihre Erfahrungen ganz andere sind als meine.“ Daraus machte seine schwarze demokratische Konkurrentin Kamala Harris einen Skandal: Ein weißer Schwuler maßt sich an, mit uns Schwarzen Mitgefühl zu haben! Er benutzt unser Leid für seine Zwecke! So führt Identitätspolitik nicht zu Solidarität mit und unter Minderheiten, sondern zur Opferkonkurrenz.

Das Denken vermeintlicher Opfer ist paradox: Es fordert Toleranz ein, will andere aber nicht tolerieren müssen. Aus seiner Sicht ist Rosa Luxemburgs Andersdenkender, dessen Freiheit niemand einschränken darf – das Opfer selbst.

Wunden als Nachweis von Glaubwürdigkeit

Wir werden Zeuge eines epochalen Umbruchs: Das Ideal des selbstbestimmt lebenden Individuums verblasst, und an seine Stelle tritt das immerzu Aufmerksamkeit und Mitgefühl einfordernde Opfer. Dessen Selbstwertgefühl speist sich nicht aus eigenen Leistungen, Ideen oder guten Taten. Die Selbsteinschätzung der neuen Opfer bringt der Literaturwissenschaftler Daniele Giglioli auf den Punkt: „Wir sind stolz darauf, etwas erlitten zu haben. Wunden, tatsächliche genauso wie symbolische, sind der Nachweis für Glaubwürdigkeit.“ Indem sie sich durch Verletzungen definieren, schaffen sie sich eine schlüssige Lebenserzählung. Ich leide, also bin ich.

Noch nach dem Krieg schien diese Entwicklung undenkbar. Wer Gewalt erfahren hatte, dem wurde fast immer eine Mitschuld unterstellt. Opfer zu sein galt als Schande. Seither hat sich unsere Gesellschaft radikal individualisiert. „Die Sehnsucht, irgendwo dazuzugehören, gibt es aber nach wie vor“, sagt Giglioli. Deshalb suchten wir nach Momenten, in denen wir uns mit anderen Menschen verbunden fühlen. So unterschiedlich wir auch sind: „Auf das Gefühl, Opfer dunkler Mächte zu sein, darauf können wir uns einigen. Weil es uns nichts anderes abverlangt als das Gefühl, an nichts schuld zu sein.“ Der Opferstatus befriedigt die Sehnsucht vereinsamter moderner Menschen nach Unschuld und Zugehörigkeit – ganz ohne die moralischen Grautöne und lästigen Pflichten, die echte Gemeinschaften ihren Mitgliedern zumuten.

Der Wunsch nach Halt und Klarheit kann sogar dazu führen, dass Menschen sich bereitwillig zu Tätern erklären. Denn ein Schuldbekenntnis kann befreiend wirken, erklärt die Philosophin Maria-Sibylla Lotter von der Uni Bochum: „Wer sich schuldig fühlt, der hätte auch anders handeln können. Er muss sich nicht ohnmächtig fühlen. Zudem ergibt sich eine klare Handlungsorientierung: Das Opfer muss entschädigt werden.“ Die Buße dient der Vergewisserung, endlich das Richtige zu tun. „So kann Schuldgefühl politische Desorientierung ebenso kompensieren wie das Gefühl politischer Ohnmacht. Es verleiht ein fiktives Machtgefühl und gibt dem Handeln eine Richtung.“

Doch die Unterteilung in Opfer und Täter verschärft das Problem, das sie zu lösen glaubt. Anstatt darauf zu pochen, dass beispielsweise Schwule, Lesben oder Transgender-Personen exakt die gleichen Rechte und Pflichten haben wie alle anderen, weist sie ihnen eine Sonderstellung zu. Diese soll Minderheiten zwar schützen, kann sie aber auch sichtbar von allen anderen trennen. So zementiert sie das Gefühl der Ungleichheit, das sie beklagt. Dabei zeigen die Bürgerrechtsbewegungen der 1950er und 60er Jahre eindrucksvoll, wie erfolgreich der Ansatz ist, das gemeinsame Menschsein von Schwarzen und Weißen, Frauen und Männern zu betonen. Sie rief dazu auf, im vermeintlich Fremden das Eigene wiederzuerkennen, und formulierte positive Ziele: die rechtliche Gleichstellung und die Anerkennung der Gleichwertigkeit aller. Dadurch forderte sie von allen Mitgliedern der Gesellschaft Toleranz ein.

Das bedeutet nicht, dass wir Konflikten aus dem Weg gehen müssen. Es kommt darauf an, wie wir sie führen. Eine Faustregel könnte lauten: Nicht jene handeln unmoralisch, die anders denken, empfinden, aussehen, reden oder lieben als man selbst. Sondern diejenigen, die es anderen deshalb absprechen, dazuzugehören. Wer aber Menschen in moralisch überlegene Opfer und zu ächtende, ideologisch verblendete Täter unterteilt, der verwechselt die archaische Unterscheidung in Freund und Feind mit Wissenschaft.

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Matthias Lohre
Schriftsteller & Buchautor
Schriftsteller, Buchautor & Journalist. Von 2005 bis 2014 war er Politik-Redakteur und Kolumnist der taz. Sein autobiographisches Sachbuch "Das Erbe der Kriegsenkel" wurde zum Bestseller. Auch der Nachfolger "Das Opfer ist der neue Held" behandelt die Folgen unverstandener Traumata. Lohres Romandebüt "Der kühnste Plan seit Menschengedenken" wird von der Kritik gefeiert.
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161 Kommentare

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  • Auf der ganzen Welt wird man, wenn man als ortsfremder erkannt wird, begrüßt und nach dem Woher und dem Wohin befragt. Wer das als Mikoroagression empfindet, hat -sorry- gehörig einen an der Klatsche. Nicht jedes persönlich empfundene Unwohlsein muß automatisch jemand anderes Schuld sein. Oder, noch einfacher: Wer nur Rotwein trinkt, diskriminiert deshalb nicht automatisch Weißwein.

    • @Thomas Schöffel:

      Du willst doch aber auch nicht vom wildfremden dauernd wegen deiner persönliche Geschichte gefragt werden, wenn du zB Brötchen kaufst.

      „Wo kommen Sie eigentl. her?“



      „Und wann kehren Sie wieder heim?“



      Ist mir mehrmals auch in Geschäft passiert. Ich will einfach mal in Ruhe was kaufen.

      • @Doktor No:

        Ich wüßte nicht, daß wir uns duzen. Zum Thema: Ich weiß ja nicht, wo Sie da jetzt einkaufen und das micht jetzt im Ausland jemand gefragt hätte, wann ich wieder heimfahre, ist mir in den letzten 50 Jahren auch noch nicht passiert. Kommt mir jetzt ehrlich gesagt, ausgedacht vor. Aber ich will Sie ja da jetzt nicht mit belästigen.

        • @Thomas Schöffel:

          Ihre Antwort ist so super. Genau das hören wir immer, wenn es Thema wird: „ne. Das ist ausgedacht. So ist es aber nicht. Und wenn es mir im Urlaub passieren würde, wäre es ok.“

          Es hat mich natürlich nicht umgebracht. Mein Anderssein wird immer wieder adressiert von denjenigen die sich überlegen fühlen, weil ihr Geburtsort und ihr Lebensmittelpunkt im gleichen Land ist.

          Warum sollten wir diese Differenzierung bei jede auch so unwichtige Begegnung ansprechen? Ich könnte auch hingehen und ihnen beim ersten Gespräch fragen, ob ihr Vater noch lebt. Weil Sie alt aussehen zum Beispiel.

          • @Doktor No:

            Stellen Sie sich mal nicht dumm. Das wäre zumindest eine taktlose Bemerkung. Offenbar können oder wollen Sie da nicht unterscheiden. Also ich werde ganz gern angesprochen. Ergibt des öfteren interesssnte Gespräche. Ansonsten empfehle ich ein kleines Schild auf der Mütze: Bitte nicht ansprechen. Hihi.

        • @Thomas Schöffel:

          Hier geht's doch gar nicht um Touristen im Urlaub, sondern um Einheimische, die von anderen Einheimischen nach ihrer Geschichte gefragt werden, weil sie "ausländisch" aussehen oder heißen.

          Glauben Sie mir das kann schon ziemlich nerven. Ich weiß es aus eigener Erfahrung.

          Typisches Beispiel: Party, ich und drei biodeutsche stehen zusammen, wir kennen uns alle nicht. Jeder stellt sich vor. "Ich bin Lisa" Die Runde:"Hallo Lisa". "Ich bin Heinz" " hallo Heinz.". "Ich bin Julia." "hallo Julia". Dann komme ich. "Ich heiße Rostenkowski" Und dann geht's los, immer dieselbe Prozedur: "Was ist das für ein Name? Name? Wo kommst du her? Wie lange bist du schon hier?" Und den krönenden Abschluss bildet dann: "Wow, du sprichst aber gut deutsch."

          Ich war zeitweilig so genervt davon, dass ich bei Leuten, bei denen ich wusste, dass ich sie nie wiedersehe einen falschen ( deutschen) Namen benutzt habe, um nicht immer dieselben bescheuerten Fragen beantworten zu müssen.

          • @Dan Rostenkowski:

            Wenn sich alle mit Vornamen vorstellen aber Sie mit dem Nachnamen, würde ich auch interssiert nachfragen.

        • @Thomas Schöffel:

          Ich finde GUT, dass Sie sich gegen das gleichschaltende DU verwahren. Die Forderung, dass alle ständig GLEICH zu sein hätten, ist insofern verlogen, als dass damit ein möglicher höherer Status des Gegenübers ignoriert/bekämpft werden soll - man spürt jedoch die Absicht und ist verstimmt.. Zum anderen ist die Gleichheitsforderung dumm, da wir natürlich NICHT unter 8 Milliarden gleichen Gretas (auch nicht Taz-Journalisten) auf der Erde leben wollen. "Vive la différence !" heißt es unter Leuten, die mehr vom Leben verstehen.

  • Ist es denn wirklich so, dass Identitätspolitik exklusiv von weissen, älteren CIS-Males als problematisch wahrgenommen und besprochen wird, weil diese es eben als privilegierte Gruppe einfach nicht begreifen können, was es heisst Opfer zu sein und zudem über dieses Diskurs ihre vermeintlichen Privilegien nicht in Frage gestellt wissen wollen?

    Dass dem nicht so ist und dass sie negative Auswirkungen sogar auf diejenigen Gruppierungen hat, die sie eigentlich beschützen will, kann man u.a. in dem Buch "identitätslinke Läuterungspropaganda" (Sandra Kostner Hrsgb.) nachlesen.

    Wenn man die derzeitige kollektiv-apokalyptische Weltsicht bedienen möchte, könnte man auch prophezeien, dass der verbale Opfer-Täter-Wettbewerb irgendwann einmal in eine neue Art Krieg jede*r gegen jede*n münden wird und sich darüber eine inverse Faust'sche Kraft realisieren wird.

    Stattdessen hoffe ich lieber ich auf ein potenzielles zukünftiges Amalgam, dass sich am antiken Sinnspruch "Homo sum, humani nihil a me alienum puto" orientieren und die Menschen dazu bringen möge, wieder mehr auf das zu schauen, was sie verbindet und nicht auf das, was sie trennt. Vielleicht kann dies aber erst dann passieren, wenn im Kollektiv aufgearbeitet ist, was sie voneinander trennt. Es ist aber fraglich, ob das, was sich hier momentan entwickelt, wirklich eine kollektive Aufarbeitung ist, oder ob dahinter nicht etwas ganz anderes steckt.

  • Achtung achtung!



    Ein weisser Mann findet Identitätspolitik zu anstrengend!



    Also lassen wir das doch lieber ganz.



    sonst müsste man(n) am Ende noch nachdenken,bevor man irgendwas tur.(zitat aus diesem Forum:darauf haben viele “keine Lust”)

    Klar,dass das gesamte weisse männliche Forum hier Standing,äh writing Ovations ausübt.



    Denkfaul nenne ich das.

    • @pippilotta_viktualia:

      Na, das nenne ich mal einen Q.E.D. Kommentar. Wenn ein Afro-Deutscher den identischen Text verfasst hätte, wäre der also OK?

  • Die Affirmation der Makro-Ungleichheit (Flugzeugbedienstete verhält sich unbotmäßig gegenüber Uni-Professor. Die Reaktion: „Ich konnte fühlen, wie mein Blutdruck stieg, das Herz schneller schlug und mein Gesicht vor Wut anlief.“) lief also bei der Erfindung der Mikroaggression schon mit. Ist bezeichnend.

  • Alexander Diehl , Autor , Redakteur taz nord

    Hmmm. "Those who are the hardest on identity politics", so hat es sinngemäß David Remnick (The New Yorker) gesagt, "are always white men", und mindestens mikroempirisch liegt er damit richtig. Dass der eine sachlich bleibt, während der andere schäumt: geschenkt.

    Widerlegt das aber ihre Beobachtungen? (Dürfen diese weißen Männer also nicht mehr mitreden? Mancher Kommentar, auch hier, suggeriert, das sei längst der Fall. Wo eigentlich genau? Ich höre und lese immer noch ziemlich viele von ihnen, ja: von uns - und das zu so ziemlich jedem Thema.)

    Oder unterstreicht es einfach die alte Binse, dass es aussichtslos ist, Akzeptanz für irgendetwas ausgerechnet von denen zu verlangen, die dadurch etwas zu verlieren drohen?

    • @Alexander Diehl:

      Das ist einfach Wortklauberei. Mit dürfen ist wohl sollen gemeint. Wir befinden uns ja auch nicht in der Kommentarfunktion der Welt und der ein oder andere "Täter qua Geburt" bewegt sich sicher auch in aktiven linken Kreisen. Dort kann man das Wort "dürfen" teilweise ruhig benutzen.

    • @Alexander Diehl:

      Durch Tribalismus bzw. die Wiedereinführung essentialistischer biologisch determinierter Gruppenidentitäten haben ALLE etwas zu verlieren.

    • @Alexander Diehl:

      zu diesem Beitrag kann man nur die Youtube-Doko über den Fall des Dr. Weinstein und der Evergreen-Uni empfehlen, der die Folgen derartiger Denkweise zeigt.

      Es geht hier nicht um "Gruppen", es sei denn, man will Gruppen gegeneinander ausspielen und Redeverbote erteilen. Zum Beispiel wird aber Schwarzen, die eine andere Haltung zeigen als von den wenigen Protagonisten erwünscht, vorgeworfen, Verräter zu sein und Weiße dürfen sich natürlich äußern, wenn es voller Scham und Reue ist.....

      Das ist aber das Ende jeden Diskurses, wenn die Wahrheit schon vorher fest steht.

    • @Alexander Diehl:

      "Those who are the hardest on identity politics", so hat es sinngemäß David Remnick (The New Yorker) gesagt, "are always white men".

      Klingt zwar gut - trifft aber nicht zu:

      'Härter' als z.B. die schwarzen Intellektuelen Glen Loury, John Mcworther oder Coleman Hughes Identitätspolitik kritisieren, geht es kaum.

  • Frage an den Autor (der mir eigentlich aus der Seele spricht, aber ich bin ja auch nur so ein privilegierter, weißer, männlicher, heterosexueller Ahnungsloser):

    Ist vielleicht die Diskriminiererei den Diskriminierten so zum Normalgefühl verkommen, dass sie die Zielsetzung, damit einfach mal aufzuhören, überhaupt nicht wertschätzen können?

    • @Normalo:

      Nicht die Diskriminierten müssen aufhören,sondern die Diskriminierenden.

      • @pippilotta_viktualia:

        Wer sich herausnimmt, weiter zu diskriminieren, gehört auch zu den Diskriminierenden, selbst wenn er oder sie eine diskriminierte Gruppenidentität für sich reklamieren kann.

      • @pippilotta_viktualia:

        Jupp, die Diskriminierenden sollen aufhören. Also besser mal die eigenen Vorurteile und Verhaltensweisen überdenken.

  • Ich will hier auch mal daran erinnern, dass der quasi-sakrale Machtstatus des "Opfers" in den westlichen Gesellschaften auf einem ganzen Berg impliziter kultureller Altbestände basiert.



    Das kann auch ganz anders laufen, wie uns die migrantische Jugendsprache zeigt, wo "Opfer" ein Schimpfwort ist für Schwäche und Wehrlosigkeit in einem mitleidslosen Verdrängungskampf.

    Gerade in einer multikulturellen Wettbewerbsgesellschaft fährt man daher besser mit universal gültigen Verhaltensstandarts anstatt dem Anzapfen solcher religiösen Restbestände zugunsten eines schambefreiten Tribalismus.

    • @El-ahrairah:

      Guter Beitrag!

  • Guter Text, danke. Gerade in der taz wird sich sonst ja gern den hippen identitäts/diskriminierungs/opfer - Tools bedient in stereotyper, monokausaler Manier. Opfer-Täter. Gut-Böse. Schwarz-Weiß.

    Gesellschaft ist ein Rückkopplung-beeinflusstes, nichtlineares chaotisches System, und da bedarf es eines offenen, reflektierten Diskurses statt platter Punchlines selbsternannter Opfer oder deren vermeintlichen Anwälte.

  • man kann die soziale ungleichheit nicht bloss auf der ebene der symptome bekämpfen.man muss ihre strukturellen ursachen bekämpfen .



    symptome kann man allenfalls eindämmen,aber das bringt nur wenig

  • Alles schon oft gesagt, aber nett zusammengefasst, obwohl die neo-marxistische Kritik an der ideologischen Wirkung der Identitätspolitik fehlt.

  • @kagel: ständig gefragt zu werden, woher man kommt, kann rassistisch wahrgenommen werden. Niemand unterstellt dir böse absicht. Aber wenn du als weiße person nun schon so häufig gehört hast, was zum beispiel ich dir hier ein weiteres mal fair und sachlich rüberbringe und du demnächst wieder bedenkenlos nicht-weißes fragst, woher er*sie kommt; tja dann ist das schlicht ignorant und beweist nur dein unebetroffen-gelassenes interesse am eigenen interesse. Deine neugier ist dir einfach wichtiger als ein beschissenes Gefühl bei ner anderen person.

    Und allgemein:

    Bin selbst eine person of color und stehe zu identitätspolitik solidarisch, aber kritisch. Sie ist jedoch noch in ihren anfängen und wenn ich mir die blasse argumentationslinie im artikel dieses blassen mannes durchlese, ironischerweise sein falsches betroffenheitsgefühl hinter seinem toleranz/alle-sind-gleich-geschwurbel durchscheint, wenn ich mir die mehrheit der kommentare hier anschaue, dann wird mir klar wie wichtig es ist, dass es sie gibt und dass sie strategisch reifer werden muss.

    Ich bitte die taz-redaktion um eine groooße kommentar-/artikel-reihe rund um das für und wider und die diversität von identitätspolitiken und intersektionalismus, jedoch ohne weiße männliche autoren. grüße an cristi, die einfach mal keine lust hat, menschen nicht zu verletzen.

     

    Kommentar gekürzt. Bitte halten Sie sich an die Netiquette.

    Die Moderation

    • @KOronja:

      hier mal ein Anfang, von Adolph Reed, Jr.:



      [Identity] politics is not an alternative to class politics; it is a class politics, the politics of the left-wing of neoliberalism. It is the expression and active agency of a political order and moral economy in which capitalist market forces are treated as unassailable nature.

      An integral element of that moral economy is displacement of the critique of the invidious outcomes produced by capitalist class power onto equally naturalized categories of ascriptive identity that sort us into groups supposedly defined by what we essentially are rather than what we do. As I have argued, following Walter Michaels and others, within that moral economy a society in which 1% of the population controlled 90% of the resources could be just, provided that roughly 12% of the 1% were black, 12% were Latino, 50% were women, and whatever the appropriate proportions were LGBT people.

      It would be tough to imagine a normative ideal that expresses more unambiguously the social position of people who consider themselves candidates for inclusion in, or at least significant staff positions in service to, the ruling class.

    • @KOronja:

      Es hat nichts mit Arroganz zu tun die Evolutionstheorie als Grundlagentheorie für menschliches Verhalten zu verwenden. Zweitens klingen Ihre Aussagen mir gegenüber sehr Arrogant und inwiefern bin ich gefährlich? Mir vorzuwerfen dass ich Vernunft als Grundlagen meiner Entscheidungen zugrunde lege ist jetzt ein Problem? Die Bezeichnung weisser Mann in einem offenbar nicht sonderlich nett gemeintem Beitrag ist eine ziemlich merkwürdige Aussage, was haben mein Geschlecht und meine Hautfarbe bitteschön mit irgendwelchen Argumenten meinerseits zu



      tun, ich diskutiere sehr gerne, aber Sie sollten lieber sachliche Argumente verwenden anstatt mir Dinge zu unterstellen. Sagen Sie mir doch bitte direkt was Sie an meiner Argumentation kritisieren, dann kann ich darauf eingehen. Auf Aussagen dieser Art kann ich sachlich nichts entgegnen, aber Sie stellen mich in ein schlechtes Licht und ich würde gerne verstehen warum und mich sachlich Ihrer Kritik annehmen können. Ich habe wirklich den Eindruck das Sie mich und den Autor herabwürdigen aufgrund von Hautfarbe und Geschlecht und ich hoffe das dieser Eindruck von Ihnen falsch ist, denn ansonsten wäre dies eine Abwertung meiner Person aufgrund von Hautfarbe und Geschlecht und das ist gür eine absolut indiskutable Position, die nicht akzeptabel ist.

    • @KOronja:

      Ihnen fällt aber schon auf, dass Sie genau das machen, was der Autor als die massive Downside der Identitätspolitk beschreibt?

      Bemerkungen wie "die blasse argumentationslinie im artikel dieses blassen mannes" oder "Dieser weiße mann wird sich nie in gefahr durch rassistische verfolgung befinden" verraten noch viel gravierendere Vorurteile über den Menschen, der diesen Artikel geschrieben hat aufgrund von Geschlecht und Hautfarbe, als die Frage nach der Herkunft an Jemand, dessen Physiognomie auf einen nicht-mitteleuropäischen Hintergrund schließen lässt.

      Warum viel gravierender? Weil die Frage nach Herkunft nur ethnische bzw. geografische Annahmen ausdrückt. Ihre Unterstellungen aufgrund der Hautfarbe und des Geschlechts von Herrn Lohre hingegen sind moralische Urteile. Sie befinden darüber, ob dieser Mensch geeignet ist, sich ein Bild zu machen und einen sachdienlichen Beitrag zu liefern. Insofern fehlt mir in Ihrem Beitrag etwas jene kritische Distanz, die Sie angeben, bei aller Unterstützung zur Identitätspolitik zu haben.

      Um es anders zu sagen: Ein*_e [Lieblingsopferidentität hier einfügen], der/ die/ das mir ständig damit in den Ohren liegt, dass ich ja nicht nicht wisse und nichts richtig machen könne weil ich nicht dieselbe Opferidentität habe, macht mir vor allem eins unmöglich: Diesen Menschen je als etwas unabhängig davon wahrzunehmen und wertzuschätzen, dass er Mitglied seiner identitären Gruppe ist. Denn er selbst reibt mir diesen Unterschied nach Kräften unter die Nase und grenzt mich aus, weil ich nicht dazugehöre (sondern im Zweifel zu den "Tätern"). Das wirkt vielleicht befriedigend aber sicher nicht integrativ.

      • @Normalo:

        @normalo: "Ein*_e [Lieblingsopferidentität hier einfügen], der/ die/ das mir ständig damit in den Ohren liegt, dass ich ja nicht nicht wisse und nichts richtig machen könne weil ich nicht dieselbe Opferidentität habe, macht mir vor allem eins unmöglich: Diesen Menschen je als etwas unabhängig davon wahrzunehmen und wertzuschätzen, dass er Mitglied seiner identitären Gruppe ist."

        es ist einfach Zeit, dass weiße Männer mal ne Weile zurücklehnen, zuhören und reflektieren könnten ohne ständig ihren Aufmerksamkeitsverlust zu lamentieren. Sie haben und hatten genug Zeit und Raum. Jahrtausende, ist für die konkreten Personen jetzt einfach "Pech", dass sie natürlich nichts für Taten vorangegangener Generationen können. Sie können aber gegenwärtig korrekt agieren und eine progressive Zukunft bereiten. Wenn sie mehr Platz machen würden, müssten Betroffene von Rassismus nicht so viel darum kämpfen. Wer Ihnen, armer Mensch, ständig in den Ohren liegt, hat wohl den Eindruck, nicht angemessen gehört zu werden.. Begriffe zu verwaschen, durcheinander zu hauen oder kommunikative Kontexte zu vereinfachen ("Weil die Frage nach Herkunft nur ethnische bzw. geografische Annahmen ausdrückt." - null Empathie. es gibt immer auch andere wertende Zuschreibungen und Clischees), das hilft nur, reale Ungleichverhältnisse zu leugnen. Check mal dein Röllchen, normalo.

    • @KOronja:

      Eine grooooße artikel-reihe, wo bestimmte Autoren aufgrund ihres Geschlechts und ihrer Hautfarbe ausgeschlossen sind. Stark.

    • @KOronja:

      dazu 2 Anmerkungen: Wenn Sie wirklich M.R. heißen, werden die meisten wissen, dass Sie hier geboren sind und ich kann mir auch ungefähr Ihr Alter vorstellen wegen des Vornamens. Dann sollte sich die Frage verbieten, woher Sie kommen, es sei denn, der Ort in Deutschland ist gemeint, weil sie in eine Region mit einem anderen Akzent gezogen sind.



      Zum anderen aber: niemand kann dem anderen in den Kopf gucken, die Frage, wo man herkommt, ist eine klassische Small-Talk-Frage, die Interesse signalisieren soll und es ist eben nicht so, dass jeder das als feindselig interpretiert, sondern andere erzählen stolz, wo sie herkommen.

      • @Dr. McSchreck:

        @Dr. MCSCHRECK



        nein, so heiß ich nicht wirklich. Aber als ob ein Name oder deutscher Dialekt garantiert davor schützt, nach der "ursprünglichen" Herkunft gefragt zu werden. So ein Quatsch, denken Sie doch z.B. an die Dienstleistungsgesellschaft, in der sich ständig Menschen ohne Wissen über die jeweiligen Namen in Gesprächen wiederfinden. Ein schwarzer Freund von mir spricht bayrisch, das irritiert viele Weiße anscheinend so sehr, dass sie oft erst ihrer Irritation Ausdruck verleihen und erst recht fragen, was der Background ist.

        und zum anderen: es geht darum, was man für möglich halten soll und was Fragen noch implizieren können. Und dass diese "klassische Small-Talk-Frage" eine solche ist, zeigt doch genau das mangelnde Reflexionsvermögen, die von mir beschriebene Ignoranz usw. vieler Bio-Deutscher. In vielen Situationen, finde ich es völlig ok, nach meinen "Wurzeln" oder sowas gefragt zu werden, aber das kann und muss ich nicht in einen Maßstab verwandeln, der euch dann als Leitfaden gelten kann. Wie kagel reagiert hat, das freut mich: es geht um Sensibilität, situatives Fingerspitzengefühl. Man kann sich z.B. im Nachhinein erkundigen, ob die Frage ok war oder sich entschuldigen, wenn man glaubt, die andere Person hat die Antwort angestrengt oder genervt.

      • RS
        Ria Sauter
        @Dr. McSchreck:

        Kann Ihnen nur zustimmen.



        Aus dieser Frage heraus sind schöne Freundschaften entstanden und interessante Geschichten.



        Natürlich frage ich nicht meinen Sitznachbarn im Bus danach.



        Es kommt auf den Ort und etwas Fingerspitzengefühl an.

    • @KOronja:

      Ich vergaß zu schreiben, dass es natürlich immer auch auf Fingerspitzengefühl ankommt. Das Wie macht ja ganz oft die Situation aus, nicht das Was. Zwischen echtem Interesse und Neugier ist ein schmaler Grat. Die Prosodie der Sprache (Tonfall), Mimik und Körpersprache, aber auch Sensibilität bei der Wahl des Zeitpunkts beim Stellen solcher Fragen lassen das Gegenüber sicherluch erkennen, aus welchen Motiven solche Fragen gestellt werden. Das ist in anderen Zusammenhängen ja auch so.

    • 6G
      61321 (Profil gelöscht)
      @KOronja:

      .



      Viel arbeiten müssen Sie m.E. nicht an Ihrer Strategie. Sie ist so alt wie die Menschheit und sollte daher längst ausgereift sein. Ok, ein bisschen fine tuning für's 21. Jahrhundert, that's it.

  • Ich verstehe nicht, warum auf der einen Seite eine bunte Republik gewünscht wird (was ich ausdrücklich begrüße!), aber auf der anderen Seite die Wahrnehmung und Beachtung der Vielfalt abgelehnt wird. Wenn ich jemanden fragen würde, wo er oder sie herkommt, wäre das immer mit echtem Interesse verbunden. Egal, ob das aufgrund eines bestimmten Dialektes, Akzentes oder bestimmter äußerer Merkmale passiert. Und ich lasse mir nicht, wie das in manchen Medien versucht wird, einreden, dies sei Rassismus (erstaunlicherweise hat mir das nämlich noch nie jemand ins Gesicht gesagt). Rassismus beginnt mit Vorurteilen. Interesse zu bekunden, ist ja ein Verhalten, das gerade nicht durch Vorurteile oder gar Rassismus bestimmt ist. Solange man jemanden nicht auf bestimmte Äußerlichkeiten reduziert. Das wird aber gerne unterstellt. Hier liegt das eigentliche Vorurteil.

  • Ich habe ehrlich gesagt nicht die geringste Lust, mir bei jeder Handlung jeweils ewig lange Gedanken zu machen, ob und wenn ja wen ich damit vielleicht verletzen könnte. Die Konsequenz solcher Denk- und Handlungseinschränkungen ist doch, dass man sich bei bestimmten Dingen nur noch an weiße junge gesunde Männer wenden könnte, weil alle anderen das sofort als "Mikroaggression" empfinden oder diffamieren könnten, Sorry, das ist Schwachsinn hoch drei.

    • @Cristi:

      Ich habe nicht die geringste Lust mir Gedanken zu machen.



      So hätten sie ihren Kommentar auch kürzer formulieren können.

      Kommentar bearbeitet. Bitte bleiben Sie sachlich.



      Die Moderation

      • @pippilotta_viktualia:

        Welchen Vorurteilen laufen Sie eigentlich hinterher? Ist es Ihnen extra und ausnahmsweise erlaubt, hier einfach so herum zu pöbeln?

  • Ich persönlich sehe in diesem Artikel eine Streitfrage über PC Politik. Ich glaube dass der Ansatz derer die sich sehr stark um die Sprache kümmern oder um kulturelle Aneignung das Problem aus einer falschen Perspektive wahrnehmen. Es gibt in einer Gesellschaft immer gegeneinander stehende Interessen und Meinungen. Das Problem ist die Frage der Balance da es gerade in diesem Fall um rein emotionale Dinge geht. Ich denke wir sollten ein wenig gelassener sein und einfach lernen dass man in einer offenen Gesellschaft hin und wieder durch Ansichten und Aussagen anderer gekränkt würd. Die Verteter des PC-Ansatzes wollen diese Kränkungen minimieren, würden damit aber die Freiheit anderer beschneiden. Die wesentliche Frage um fie es geht ist letztlich die welche Stärke und Form von Kränkungen in einer Gesellschaft einfach auszuhalten sind. Das ist die wirklich entscheidende Frage, die man diskutieren sollte. Ich denke ich habe einen etwas anderen Blick auf die Dinge als die meisten hier, da ich mich weder dem Linken noch dem rechten politischen Spektrum zugehörig fühle und Grundideen aus beiden Spektren verbunden mit Liberalismus präferiere. Ich meine hiermit die wissenschaftliche Definition von links und rechts, nicht das man mir vorwirft gegen Ausländer oder für Sozialismus zu sein. Ich glaube sowieso das Politik nicht anhand von Spektren gemacht werden sollte, vielmehr sollte jede Frage davon unabhängig möglichst vernünftig beantwortet werden. Dies wäre zumindest mein Ansatz, der hiet vermutlich auf gegenteilige Ansichten trifft und damit hoffentlich zu einer Debatte führt, die bereichernd ist.

    • @Micheal Kohlhaas:

      "Die wesentliche Frage um die es geht ist letztlich die welche Stärke und Form von Kränkungen in einer Gesellschaft einfach auszuhalten sind."

      JEDE.



      Für seine Gefühle ist jeder selber verantwortlich.

      • @lulu schlawiner:

        Woher kommen denn die Gefühle? Sie entstehen durch die Gedanken und Bewertungen in unserem Kopf (Lesetipp: Stavemann "Meine Gedanken machen mich krank"). Wenn ich die Dumpfbacke mir gegenüber nicht ernst nehme, dann kann er/sie mich auch nicht beleidigen, verletzen oder kränken, egal was er/sie so an Flachsinn von sich gibt. Wäre vielleicht eine vernünftige Strategie für die Dauerempörten, -beleidigten oder-gekränkten. Lacht die, die euch ärgern, einfach aus und es geht euch selbst viel besser dabei!

      • 7G
        76530 (Profil gelöscht)
        @lulu schlawiner:

        Ich habe über Ihren Post weiter gedacht. Und sage jetzt: der Satz ist - bestenfalls - irreführend.

        Für seine Gefühle muss niemand einem Anderen gegenüber Rechenschaft abliefern. (Oder haben Sie hier einen triftigen Grund vorzubringen, den ich vllt. übersehe?)

        Menschen sind für ihre Handlungen verantwortlich. Ein JEDER für JEDE.

        Handlungen entstehen aus Wahrnehmungen. Und die haben mit Gedanken UND Gefühlen zu tun.

        Beispiel: eine Frau wurde von einer Horde testosterongesteuerter Minderbemittleter sexuell missbraucht. Wenn diese Frau nun auf diese Schwachköpfe wütend ist und den Impuls verspürt, ihnen ein relevantes Körperteil abzuschneiden, ist dafür KEINE Verantwortung nötig.

        Diese tritt erst dann auf den Plan, wenn die Impulskontrolle versagt und sie ihren Gefühlen freien Lauf lässt. Dann greifen Gesetze.

      • 7G
        76530 (Profil gelöscht)
        @lulu schlawiner:

        In Zeiten, in denen - ohne Sinn und Verstand - Begriffe willkürlich benutzt werden, sollten wir uns zuerst einmal darüber verständigen, was überhaupt Kränkungen sind.

        Sind es Kränkungen, wenn jemand Gewalt erfährt?



        Was bedeuten Ihre Schlussworte?



        Selbstjustiz - oder: Der Stärkere setzt sich durch? Egal wie?

        Butter bei die Fische, wenn's recht ist.

        • @76530 (Profil gelöscht):

          Eine Kränkung ist in erster Linie erstmal ein Gefühl. Bevor ein Gefühl entsteht findet zuerst eine Bewertung der Ausgangssituation (Reiz) statt. Ohne Bewertung kein Gefühl. Glücklicherweise ist der Mensch keine Reiz - Reaktionsmaschine und hat einen Verstand.



          Wenn Sie lieber Herr Leiberg "Butter bei die Fische" haben möchten verweise ich sie auf Werk der kognitiven Verhaltenstherapie wie z.B. Albert Ellis, Stavemann, Meichenbaum. Sehr zu empfehlen und bestimmt billig gebraucht über Amanzon zu beziehen ist das Sammelwerk von Beate Wilken zu den Methoden der kognitiven Umstrukturierng.



          Das dürfte an Butter dann reichen.

          • 7G
            76530 (Profil gelöscht)
            @lulu schlawiner:

            Danke für die Mühen, die ich Ihnen machen durfte. ;-)

            Ich lese gerne und ich lese viel. Vor allem Sachliteratur. Immer wieder auch auf fremde Empfehlungen.

            Im Moment (Winterdepression, durch Klimawandel verzögert) lese ich nur kurze Texte, möglichst mit Bildern.

            Meine Wunschliste bei amazon ist lang. Da geb ich von den genannten Autoren etwas dazu. Auch (was ich gerne zugebe) die VT nicht zu meinen favorisierten Ansätzen gehört.

            Aber gut, verlasse ich dann mal den Tellerrand.

            Danke für die Butter.

      • 0G
        08439 (Profil gelöscht)
        @lulu schlawiner:

        Das sehe ich genauso. Der Fokus auf eigene Kränkungen und vor allem der Anspruch, eine andere Instanz sollte diese lösen, ist in meinem Augen ein kindliches Herangehen. Der Vater richtet es nicht, die Mutter auch nicht und auch nicht der (paternalistische) Staat oder gar ein Gesetz.

        Wer von uns, wenn er nicht stromlinienförmig gefönt und gestriegelt ist, hat denn noch keine Kränkungen erlebt? Welcher halbwegs markante Mensch erlebt nicht dauernd Mikro- oder auch handfestere Aggression?

        Ich halte den Diskurs darüber zwar für sinnvoll, aber wenn, dann ohne ihn herrschaftlich ausgzugestalten, wie es Herrn Reuther vorzuschweben scheint, der - wenn ich ihn richtg deute - meint, dass sich nur eine von ihm definierte Gruppe von Betroffenen zur Wort melden dürfte.

        Das wird nicht funktionieren, wenn wir voneinander lernen wollen. Da wäre es sinnvoller, wir würden mal alle das Visier hochnehmen und von den Kränkungen reden, die wir tagtäglich erleben - und dann einander zuhören, statt es sich im eigenen Opfersein behaglich zu machen

        • 7G
          76530 (Profil gelöscht)
          @08439 (Profil gelöscht):

          Noch den hinterher:

          was meinen Sie mit Mikroaggression?

        • 7G
          76530 (Profil gelöscht)
          @08439 (Profil gelöscht):

          Was den Schluss angeht, bin ich vorbehaltlos bei Ihnen.

          Was den Anfang angeht, überhaupt nicht.

          Bei asymetrischen Auseinandersetzungen bleibt stets einer auf der Strecke. Das ist kein Naturgesetz, sondern Darwinismus: der Stärkere setzt sich durch.

          Nach meinem Dafürhalten muss es eine Instanz geben, die da korrigierend eingreift. Nicht bei jedem pillepalle, aber bei gravierenden Missverhältnissen.

          Interessant wäre einmal eine Untersuchung, WER WAS als Kränkung erlebt. Und WIE er sich eine Regulierung vorstellt.

          Unsere hoch technisierte Welt steckt da noch in der Vorschule. So ist das beim Primat der Ökonomie über "den Rest", vor allem: das Soziale.

          Das Technische galoppiert voran, der Rest taumelt hinterher.

          • 0G
            08439 (Profil gelöscht)
            @76530 (Profil gelöscht):

            "Nach meinem Dafürhalten muss es eine Instanz geben, die da korrigierend eingreift. Nicht bei jedem pillepalle, aber bei gravierenden Missverhältnissen."

            Das sehe ich auch so. Wenn ich aber mal das Gesetz bemühen darf, so sind da m.W. Kränkungen nicht strafbar, allenfalls Beleidigungen.

            Was letztere betrifft, sind einige Richter ja offenbar der Ansicht, bestimmte Frauen müssten sogar die herabwürdigensten Beschimpfungen über sich ergehen lassen. Das ist vom Gefühl für Anstand, das einem noch irgendwie anerzogen wurde, nicht nachvollziehbar.

            Andererseits: welchen Sinn hat es, solche Schmäher vor den Kadi zu zerren. Ändert das sie oder kann Änderung nicht eigentlich nur in einem geschüzten Raum stattfinden, in dem eben niemand zu Gericht sitzt und alle frei von ihren Kränkungen reden dürfen?

            Wie kommt man aber dort hin? Was sind die Bedingungen, die dazu nötig sind? Ich fürchte, eine "Ge-Sellschaft" wie die unsere kann diese nicht hervorbringen. Sie von oben aufzupropfen würde an der Misere nichts ändern und allenfalls vielleicht hier und da eine gewisse Genugtuung schaffen.

            Den einzigen Weg, den ich (so bedauerlich und bezeichnend ich das auch für die "Ge-Sellschaft" empfinde) für halbwegs erfolgversprechend halte: die Gekränkten müssen sich selbst ermächtigen und die Kränkungen immer wieder und sofort offensiv zurückweisen.

            • 7G
              76530 (Profil gelöscht)
              @08439 (Profil gelöscht):

              Wohl wahr.

              Wobei: Selbstermächtigung im größeren Massstab scheint nur sehr rudimentär zu funktionieren. Beliebter ist wohl für viele Gekränkte das Suhlen in der eigenen Opferrolle.

              Nicht, dass ich mich darüber stellen möchte: Ich brauchte auch zwei, drei Wochen, bis ich da herauskam.

              Mir hat der 'Überbietungswettbewerb' beim Opfer-Sein die Augen geöffnet. Ich wollte eines Tages kein Verdienstkreuz mehr für 'erfolgreiche' Opferschaft.

              ^^

  • Identitätspolitik wird nicht so benutzt. Das IST Identitäspolitik.



    Wer die Gesellschaft in eine Millionen subgruppen unterteilen will anstatt Gemeinsamkeiten zu betonen und Solidarität zu fördern der will auch keine Toleranz.



    Ich glaube nicht das die verschiedenen Existenzen auf der Welt allesamt unversöhnlich gegeneinander stehen und bei jeder Gelegenheit jede noch so kleine Differenz betonen sollten. Da geht es nur ums Abgrenzen, Außgrenzen und Profilieren.

    • @dites-mois:

      Danke für den Literaturhinweis.

  • zu dem Beispiel mit dem schwulen Kandidaten fällt mir das Wort "othering" ein, ein ganz guter Oberbegriff für Ausgrenzung durch die Betonung des Andersseins.

    Man könnte mit diesem Wort viele Erfahrungen verbinden, da fühlt sich vielleicht auch der blasse dt. Brillenträger, der dicke Rothaarige oder eben die Frau, die nicht dem üblichen Schönheitsideal entspricht angesprochen und möchte sich solidarisch zeigen mit anderen Ausgegrenzten.

    Man kann aber auch eine Hierarchie oder (nur) Einteilung der Opfer bilden, die bitte nichts miteinander zu tun haben, dann darf ein Schwuler nicht über seine Erfahrungen reden, wenn es um Ausgrenzung wegen der Herkunft oder Hautfarbe geht.

    Solidarität schafft man so nicht.

  • Endlich Niveau. Ja deshalb lohnt es sich TAZ zu lesen. Toller Artikel.

    "....., schaffen sie sich eine schlüssige Lebenserzählung. Ich leide, also bin ich."

    Einfach genial.

    Die Linke brauch mehr Selbsterfahrung.

  • Wer sich mit Identitätspolitik näher beschäftigen will, findet im Areo-Magazin eine reichhaltige und differenzierte Diskussion zu allen Aspekten dieser Ideologie. Das Magazin wird von Helen Pluckrose herausgegeben.

    Um die Suche zu erleichtern hier einige Artikel:

    areomagazine.com/2...s-and-we-are-many/

    areomagazine.com/tag/white-fragility/

    areomagazine.com/2...the-right-reasons/

    Am Beispiel der Verfolgung des (linken, jüdischen) Profs Bret Weinstein am Evergreen State Colleges in den USA läßt sich intensiv studieren, was Identitätspolitik bedeuten kann, wenn sie konsequent umgesetzt wird - berühmt geworden ist die' Kanu-Szene' im ersten Teil. Der quasi-religiöse Charakter der Lehre wird m.E. sehr deutlich.

    Der (farbige) australische Filmemacher Mike Nayna hat ein wichtiges Dokument geschaffen (3 Teile).

    www.youtube.com/wa...zpo7ClMEKe9WkXt5GO

    • @Weber:

      Die Youtube-Reihe ist echt sehr interessant, danke.

  • Ein ganz hervorragender und sehr differenzierter Artikel zum Thema Identitätspolitik.



    Wenn sich jede Mikrogruppe als Opfer anderer sieht, geht irgendwann die Zerplitterung der Gesellschaft so weit, daß wichtige Grundfragen, die im Grunde alle betreffen, gar nicht mehr vernünftig besprochen werden können. Außerdem werden durch die Konzentration auf persönliche Befindlichkeiten nach meinem Dafürhalten objektive Verhältnisse, Abhängigkeiten, Machtverhältnisse eher verschleiert als enthüllt.

    Auf jeden Fall ein Kompliment an die TAZ, dass sie einen derart differenzierten Artikel bringt.



    Weiter so!

    • @Thomas Z:

      Leider ist der Artikel an bestimmten Stellen zugespitzt und ungenau. Beispielsweise hat Kamala Harris keinen "Skandal" aus Buttigiegs Äußerungen gemacht, sondern einfach nur als Politikerin, die mit ihm in einem Konkurrenzverhältnis steht, mit einer (eigentlich ziemlich seichten) Kritik an seiner Aussage versucht, selbst daraus Kapital zu schlagen. Was Politiker nun mal so tun. Zumal es auch um Buttigiegs Glaubwürdigkeit ging, bezogen auf seine reale Politik als Bürgermeister und deren Auswirkungen auf Minderheiten.

      Dem Fazit des Artikels - dass _übertriebene_ Identitätspolitik mit grautonlosem Freund-Feind-Denken schädlich sein kann - kann ich zwar mehr oder weniger zustimmen. Trotzdem ist der Artikel kein Glanzstück in der Debatte, denn gerade bei so emotional aufgeladenen Themen gehört eine maximale Präzision der Argumente schon aus Respekt vor Andersdenkenden dazu.

  • Der Artikel setzt richtige und wichtige Impulse, schwingt sich gar zu echter Weisheit auf an der Stelle, wo es um die zwischenmenschliche Begegnung geht, wo Gesellschaft zur Abwechslung mal stattfindet, anstatt dass nur über sie geredet wird.

    Aber woher zur Hölle, aus welchem Buzzword-Krabbelsack, hat der Autor das letzte Wort gefischt ... "Wissenschaft"?!

    • @mats:

      In dem Krabbelsack finden sich auch so seltsame staatstragende Sumpfblüten wie Theologie, Rassenlehre, Marxismus-Leninismus, Genderstudien, Technologiefolgenabschätzung und Rechtsextremismusforschung.

  • Und schon wieder kommt mir Meulenbelts Buch " Scheidelinien" in den Sinn. Dort ist der ganze Themenkreis Identität und Diskriminierung aus verschiedenen Perspektiven beschrieben.

  • Als Opfer stehen mir zum Ausgleich Vorrechte zu. Noch besser ich bin gar kein Opfer, sondern kann mich unverdienterweise zu einer zivilgesellschaftlich anerkannten Opfergruppe zurechnen. Wenn mir meine mir zustehenden Vorrechte als Mitglied der Opfergruppe verweigert werden, bin ich Opfer einer Mikroaggression.

    • @Werner S:

      Hahaha, so isses. Deshalb sind so viele "so gern" Opfer, weil das gleich einen ganzen Schwung Vorteile bringt. Wilhelm Busch dichtet:



      Die Selbstkritik hat viel für sich.



      Gesetzt den Fall, ich tadle mich,



      So hab' ich erstens den Gewinn,



      Daß ich so hübsch bescheiden bin;

      Zum zweiten denken sich die Leut,



      Der Mann ist lauter Redlichkeit;



      Auch schnapp' ich drittens diesen Bissen



      Vorweg den andern Kritiküssen;

      Und viertens hoff' ich außerdem



      Auf Widerspruch, der mir genehm.



      So kommt es denn zuletzt heraus,



      Daß ich ein ganz famoses Haus.

  • Na ja, die Microaggression gibt es schon, einfaches Beispiel:



    Ich stieg in den Zug und suchte einen Sitzplatz, ich lief an Abteil und Abteil vorbei, alle voll - außer das zweite an dem ich schon vorbeigelaufen war. Da saßen zwei Farbige und es hatte 4 leere Plätze. Ich überwand meine Angst, fragte ob die Plätze frei wären und setzte mich hin. Nach einer Weile wurde ich angesprochen: Ich wäre sehr mutig. Der ganze Zug wäre voll, aber keiner würde sich zu ihnen ins Abteil trauen. Ich schämte mich, weil auch ich Angst gehabt hatte. Selbst zu uns drei stezte sich niemand mehr dazu.



    Ok, das war jetzt vielleicht keine Microaggression, eher Microangst. Trotzdem fand ich es schade.

    • @Kurt77:

      Sie sollten sich für Ihre Angst nicht schämen. Es ist einfach eine Eigenschaft des Menschen vor dem fremden sich zu fürchten oder unbehagen zu empfinden. Wichtig für ein zusammenleben ist aber nicht das was empfunden wird sondern das Verhalten. Das Problem was ich darin sehe ist dass Sie sich für eine Reaktion schämen die Teil des Menschen ist und sich evolutionär entwickelt hat. Das anzuerkennen und zu akzeptieren halte ich für wichtig da dies sonst zu Selbstverleugnung führt. Ebenso wichtig ist es seine Handlungen und Einstellungen nicht von derartigen Gefühlen der Angst und des Unbehagens beeinflussen zu lassen.

    • @Kurt77:

      Mit was für Zügen fahren Sie denn? Also ich fahre öfters Zug, meist Regionalbahn, und achte manchmal darauf. Fällt mir eigentlich nie auf.

    • 4G
      4813 (Profil gelöscht)
      @Kurt77:

      Bei "Wer hat Angst vorm schwarzen Mann" haben wir immer gedacht, es geht um Schornsteinfeger.



      Das haben sie also in der Kindheit nur falsch verstanden.



      Ich hab allerdings auch Struwwelpeter zu lesen bekommen.

    • @Kurt77:

      Ihre Geschichte klingt aber nach Macroangst bzw. Xenophobie. Und die zwei Farbigen mit denen sie allein im Abteil saßen sprachen sie an und sagten sie währen sehr mutig, weil sie sich zu ihnen setzten? Ansonsten war ja keiner außer sie drei im Abteil. Klingt reichlich konstruiert.

    • @Kurt77:

      ...ja, ein leider extrem häufiges Beispiel, wobei ich sagen würde, dass das, was als "Mikroangst" benannt wird, aus Sicht der schwarzen Menschen im Abteil eine (Mikro-)Aggression ist - denn natürlich ist es schmerzhaft, erleben zu müssen, so deutlich signalisiert zu bekommen, dass man nicht dazugehören würde.

      • @Olaf Bernau:

        Im Artikel wurde nicht behauptete, dass es keinen Rassismus gäbe.

        • @Bär Lauch:

          Au weia - bevor Sie wild irgendwelche Behauptungen in die Welt posten, sollten sie erstmal klären, ob die von ihnen angesprochene Person - in diesem Fall meine Wenigkeit - eine entsprechende Aussage überhaupt getätigt hat. Anderfalls wird das mit der von ihnen und ihresgleichen (angeblich) gewünschten Kommunikation nicht klappen. Alles andere wurde bereits gesagt und kann bei Bedarf nachgelesen werden.

  • Sicherlich, es gibt in der Identitätspolitik Fallen, weshalb in den entsprechenden Debatten schon seit langem mit dem Konzept "strategischer Identitätspolitik" gearbeitet wird (Bezugnahme auf Identität, solange bestimmte Personengruppen diskriminiert werden - dies jedoch in der Perspektive der strategischen Überwindung dieser Identitäten). Aber die hier aufgemachte Verbindung zwischen Identitätspolitik und Mikroaggressionen ist schlicht Unfug - sie zeigt vor allem, dass der Autor (und viele seiner Unterstützter*innen in dieser Kommentarleiste) noch nie in Kreisen oder auf Veranstaltungen unterwegs warem, wo ernsthaft mit dem Konzept der "Mikroaggressionen" gearbeitet wird. Ich für meinen Teil kann auf jeden Fall sagen, dass ich im Rahmen meiner langjährigen (seit Dezember 2018 beendenten) Arbeit im Antidiskriminierungsbereich genau 1 x eine kleine Gruppe erlebt habe, die das hier entworfene Opfer-Zerrbild (mit Bezug auf Mikroaggressionen) 'verkörpert' hat - wobei hinzugefügt werden muss, dass der Diskurs zu Mikroaggressionen hierzulande noch nicht sonderlich alt ist. Von daher: Alle, die hier lauthals zustimmen, sollten mal ehrlich in sich gehen und prüfen, wann ihnen überhaupt jemand in solcher Weise begegnet ist - vor allem die, die sich wie Thomas Schöffel irgendwelche offenkundig irrwitzigen Beispiele ausdenken, um gegen eine Sache zu polemisieren, die sie offenkundig nicht kennen und die ihnen aus welchen Gründen auch immer nicht schmeckt. An die Adresse von APO PLUTO (der den schönen und wichtigen APO-Begriff in den Schmutz zieht), sei gesagt, dass es völlig legitim ist, wenn die, die eine lebenslange und oft sehr schmerzhafte Erfahrung von Ausgrenzung und Diskriminierung teilen, sich im Alter sagen, dass sie damit nichts mehr zu tun haben wollen - auch seitens der Pfleger*innen nicht mehr, mit denen sie früher oder später zu tun haben. Wo bitte schön, soll hier die Ausgrenzung liegen (Ausgrenzung gibt es bei Altersheimen eher entlang der Klassenfrage)?

    • @Olaf Bernau:

      Ich habe viel im interkulturellen Bereich zu tun und beobachte die Tendenz zur Opfer-Identitätspflege bzw. zur Verhärtung der p.c.-Front mit goßer Sorge. Zumal die Regeln nur von einer kleinen Gruppe von "Antidikriminierungs-Profis" im Kontext der sogenannten "linksliberalen Elite" festgelegt werden. Ich sehe deshalb die Institutionalisierung durch Schulungen, gefördete Diversity-Manager etc. sehr kritisch. Es braucht vielmehr Dialog und Differenzierung und keine Vermarktung von Scheinlösungen! Deshalb freue ich mich über diese offene Diskussion in der taz.

      • @jan ü.:

        Danke für die Einschätzung! Allerdings glaube ich, dass polemische Begriffe wie „Opfer-Identitätspflege“ nicht weiterführen. Einerseits, weil sie von denjenigen, die oft schon ihr ganzes Leben Diskriminierung ausgesetzt sind, als Missachtung ihrer (von der Mehrheitsgesellschaft viel zu häufig ignorierten) Erfahrungen empfunden werden können. Andererseits, weil der Begriff homogenisiert, wo Differenzierung angesagt wäre. Denn nach meiner Erfahrung überwiegen in der Debatte die Grautöne bei weitem – also die Stimmen all derjenigen Menschen, die einfach „nur“ Respekt und Gleichbehandlung erwarten bzw. fordern und die nicht das geringste Interesse haben, sich in irgendwelchen Opferecken einzurichten. Ungeachtet dessen möchte ich darauf hinweisen, dass Begriffe wie „linksliberale Eliten“ (die Sie ja nicht zufällig in Anführungszeichen gesetzt haben) tendenziell rechtspopulistische Kampfbegriffe sind, die ebenfalls Eindeutigkeit suggerieren, wo es jedoch ein breites Feld an Positionen gibt. Insofern sollten wir auf diese Begrifflichkeit verzichten, sie wird auch Analysen wie denen von Eribon keineswegs gerecht.

        • @Olaf Bernau:

          Sorry, aber genau diese Methode, dem Gegenüber mit Sprachzensur zu begegnen, ist schlechte p.c.-Schule. Ich weiß ja nicht, wo sie so tätig waren, aber in nicht "linksliberal" geschulten Migrantenkreisen gibt es eine verblüffende Wut auf jene elitäre Antirassismus-Blase, die ungefragt die Opfervertretung übernimmt. Gerade die Regulierung der Sprache erschwert in breiten Teilen der Bevölkerung die Begegnung und fördert Verunsicherung und Isolierung. Anders gesagt, die Leute wollen schon lange raus aus den Opferecken, werden aber von vielen Antidiskriminierungs-Experten darin fixiert.

          • @jan ü.:

            Nun, ich habe ein ernsthaftes Gesprächsangebot gemacht - aber sie ziehen es vor, weiterhin mit Diffamierungen zu arbeiten, anstatt sich auf die tatsächlichen Inhalte einzulassen. Zu ihrer Frage: In dem Team meiner Antidiskriminierungsstelle war ich der einzige weiße Deutsche, ansonsten lebe ich in einem stark gemixten Umfeld, zudem bin ich bis zu drei Monate pro Jahr in Mali und Niger unterwegs. Und aus dieser Erfahrung kann ich ihnen versichern, dass ich viel mit Wut zu tun habe, aber nicht mit Wut auf die von ihnen behauptete elitäre "Antirassismus-Blase" (die spielt allenfalls eine nachgeordnete Rolle), sondern mit Wut auf Rassist*innen, auf die ignoranten Teile der Mehrheitsgesellschaft, auf (Ausländer-)Behörden, auf europäische Regierungen, auf afrikanische Regierungen, die mit europäischen Regierungen zusammenarbeiten etc. etc. Kurzum: Ihre Ausführungen zeigen, dass sie ganz weit von denen entfernt sind, als deren vermeintlicher Anwalt sie sich gerieren. Sie müssen es ja nicht hier in aller Öffentlichkeit zugeben, aber seien sie wenigsten ehrlich mit sich selbst - so viel Ferndiagnose traue ich mir nach 35 Jahre Aktivität in jenen von ihnen mit ideologischen Begrifflichkeiten überzogenen Kreisen durchaus zu.

            • @Olaf Bernau:

              Ich empfehle Ihnen diesen Artikel:

              taz.de/Armuts-Tour...-Saviors/!5640293/

              • @andi brandi:

                Ich weiß nicht, was sie mir damit sagen wollen, aber ich hoffe mal nicht, dass sie meine Argumente in die Nähe einer White-Saviors-Position rücken wollen - denn solche Webseiten-Besucher*innen hat die taz nicht verdient.

            • @Olaf Bernau:

              Ihr Gesprächsangebot bestand ja u.a. darin, mir "tendenziell rechtspopulistische Kampfbegriffe" zu unterstellen! (Haben wir auch so ein Opfer/Täter-Problem?) - Vor ihrem dargestellten Engagement habe ich großen Respekt. Allerdings wundere ich mich umso mehr über ihren Antirassismus-Ansatz. Nicht wenige (mir bekannte) Migranten aus Afrika empfinden den Diskurs in Deutschland als ziemlich übertrieben, sehr deutsch eben.



              Ich arbeite seit Jahren intensiv mit Freunden zusammen, die sich selbst stolz Zigeuner nennen, und mir überzeugend dargelegt haben, dass sie sich zunehmend von jener gutmeinenden Antirassismus-Szene bevormundet fühlen, die ihre kulturelle Identität zu Kitsch erklärt und sie in verwertbare Opferrollen drängt.



              Ich verneine gar nicht, dass es Rassismus gibt und viele Menschen zurecht Respekt und Gleichbehandlung verlangen (auch in meiner Familie, da bin ich ganz nah dran). Ich beklage nur, dass die Diskussion und die Methodik lange Zeit in die falsche Richtung lief und ich freue mich darüber, dass die taz, das pointiert thematisiert.

              • @jan ü.:

                Mein Gesprächsangebot bestand darin, auf die zahlreichen Graustufen aufmerksam zu machen – und dies mit dem Hinweis zu verbinden, dass die Art und Weise, wie über die vielfältigen Problematiken gesprochen wird (etwa im strittigen taz-Artikel), einen entscheidenden Anteil daran hat, dass viele der Debatten mitterweile äußerst zugespitzt geführt werden – und zwar auf Kosten der Graustufen. Was Rassismus betrifft, ist es in der Tat so, dass vergleichsweise viele Migrant*innen aus afrikanischen Ländern auf der Handlungsebene einen pragmatischen Umgang mit ihren Negativerfahrungen haben – gleichsam als eine Strategie, um nicht an den Verhältnissen „verrückt“ zu werden. Dies heißt aber keineswegs, dass die Negativerfahrungen keine Spuren hinterlassen würden – das können sie in jeder x-beliebigen (kritischen) Studie zum psychischen (Nicht-)Wohlergehen von Migrant*innen nachlesen. Verwiesen sei stellvertrend auf die Studien des nigerianischen Psychologen Erhabor Sunday Idemudia, der in Südafrika lehrt, aber mehrere Forschungsprojekte in Deutschland durchgeführt hat: www.humboldt-found...m-blick-104-1.html

                • @Olaf Bernau:

                  Lieber Herr Bernau, danke für den interessanten Link, nur konnte ich da keinen Beleg im Sinne ihrer Behauptung finden? Vielleicht haben sie ja dieses Zitat des interviewten nigerianischen Psychologen Erhabor Sunday Idemudia überlesen:



                  »Kosmos: Seit zwölf Jahren kommen Sie immer wieder nach Deutschland. Wie begegnen Ihnen die Deutschen?



                  Idemudia: Ich habe sehr nette Kollegen und Freunde hier und genieße es, in ihrer Gesellschaft zu sein. Außerdem lerne ich gern neue Menschen kennen und gehe offen auf sie zu. Junge Leute reagieren oft aufgeschlossener als ältere Personen – da gibt es durchaus Unterschiede.

                  Kosmos: Sie erleben keinen Rassismus auf der Straße oder im Supermarkt?



                  Idemudia: Ich glaube, ich würde das gar nicht registrieren. Meine Antennen sind auf andere Dinge gerichtet. Wenn jemand solche Vorurteile hätte, würde das wahrscheinlich Stress auslösen – bei der anderen Person, nicht bei mir. ...«



                  Nochmal, natürlich sollte man sich auch in Deutschland gegen Rassismus engagieren. Man sollte nur tatsächlich genauer hinschauen und hören und nicht alles in den großen Topf werfen. Und bitte nicht potentiellen Opfern unterstellen, dass sie ihre "Negativerfahrungen verdrängen, um nicht verrückt zu werden". Das mag es durchaus geben, genauso aber auch Leute, die verrückt werden, weil wohlmeinende Antirassisten ihnen andauernd erklären, wie grausam sie diskriminiert werden, ohne es zu merken! Antirassismus hat auch gefährliche Seiten, die zu wenig reflektiert wird.

                  • @jan ü.:

                    Guten Morgen, so letztes Posting von meiner Seite: Zu einer guten Debatte gehört in meinen Augen auch, sich auf den Kern, nicht die Peripherie eines Arguments zu beziehen. Konkreter: Natürlich kann ein ebenfalls von Rassismus betroffener Gastprofessor in Deutschland völlig anders durchs Leben gehen als eine Migrantin aus einem westafrikanischen Land, die nicht selten 8 bis 10 Jahre braucht (oder länger), um einen Aufenthaltsstatus zu erlangen (und die währenddessen unter ständigem Druck durch ihre Familie steht). Insofern geht es mir um die Erfahrungen derer, die Herr Idemudia untersucht, nicht um ihn selbst. Abgesehen davon: Ich habe mich - um sie einfach mal von ihrem vermeintlichen Wissen abzubringen, für welche Haltung ich stünde - bereits 2012 sehr kritisch mit den hier zur Debatte stehenden Fragen beschäftigt, also zu einem Zeitpunkt, als hierzulande die entsprechenden Auseinandersetzungen gerade dabei waren, an Fahrt aufzunehmen. Aber eine solche kritische Benennung der problematischen Seiten von antirassistischer Identitätspolitik setzt voraus, dass man sich zuvor auf einige Grundannahmen verständigt hat - sonst werden falsche Positionen mit richtigen Argumenten noch verstärkt. Dennoch der Link: olafbernau.de/2012...in-koeln/#more-356

                    • @Olaf Bernau:

                      Danke auch für diesen verlinkten Artikel, der Einblick in die ziemlich vertrackte Diskussion der Aktivistenszene gibt. Bei allem löblichen Engagement der Beteiligten bestätigt sich mir der Eindruck, dass man bei diesen Camps sehr ums eigene Seelenheil kreist. Was wahrscheinlich ebenso oft zu falschen Handlungsweisen führt, wie wenn man sich einfach ohne diesen theoretischen Überbau mitmenschlich engagiert. Vermutlich stoßen Begriffe wie "critical whiteness" deshalb so auf Ablehnung, weil der banale Kern ein alter Hut ist und darauf aufbauenden Innovationen überwiegend kontraproduktiver Quatsch.



                      Wer sich in diesem Themenfeld engagieren möchte, empfehle ich weniger solche theoretischen Diskurse oder Schulungen als vielmehr die direkte, möglichst unvoreingenommene Begegnung mit Menschen anderer Herkunft und Sozialisation, zur Überprüfung der eigenen Perspektive. Ich habe übrigens schon Anfang der 90er Jahre eine Recherche über "positiven" bzw. wohlmeinenden Rassismus in der linken Szene (für die Kölner Stadtrevue) gemacht und dabei gelernt, dass es Betroffene am meisten nervte, dass sie gerade auch von "Antirassisten" fast immer auf ihre Herkunft und ihre Opferrolle reduziert wurden. Daran hat sich bis heute leider wenig geändert.

      • @jan ü.:

        Sehr gut auf den Punkt gebracht: die Institutionalisierung dieser Identitätspflege ist auch in der sozialen Arbeit auch auf dem Vormarsch, mit verheerenden Folgen für die betroffenen Zielgruppen. Diesen wird die Welt erklärt , auch wenn sie ganz andere Erfahrungen machen.

  • Sehr gut gut beschrieben.



    Der Irrsinn findet da seinen Höhepunkt, wo, z.B., Schwule für sich ein eigenes Altersheim bauen und damit die Anderen wiederum ausgrenzen.

    • @APO Pluto:

      Sind sie dann auch gegen Frauenhäuser?



      Solange Ungleicheit HERRscht ist das angreifen von Savespaces ein wenig fragwürdig.



      Und noch etwas zum Text. Sollen wir jetzt, wie im Beispiel der Stewardess einfach hinnehmen, dass Farbige diskriminiert werden?

      • @Upgrade:

        Sie implizieren dass die Stewardess diskriminiert hat aber wie kommen Sie darauf? Es wird absolut nicht deutlich was ihre Gedanken und Motivationen waren, womöglich hat sie überhaupt nicht über die Herkunft der Leute nachgedacht weil sie so etwas wie Hautfarbe als nicht relevant betrachtet und darüber nicht nachdenkt. In dieser Version wäre das Verhalten gleich aber eine Diskriminierung läge nicht vor.



        Savespaces sorgen für Segregation und schaffen damit doch letztlich genau das was sie bekämpfen sollen. Dieses Konzept ist ein trennendes was zu einer auftrennung der Gesellschaft in Teilgruppen die sich anhand von Hautfarbe Sexualität usw. abgrenzen. Ich denke nicht dass dies eine Gesellschaft ist die Sie möchten, ich zumindest nicht.

    • @APO Pluto:

      Ich denke darum geht es gerade nicht. Es geht ja nicht darum, dass es keine Benachteiligung und Diskriminierung gäbe.

    • @APO Pluto:

      Waren Sie mal in einem solchem Altersheim? Haben Sie mal mit den Menschen dort gesprochen?

      Diese Altersheime sind genau das Gegenteil der Opferagonie, hier wird praktisch gehandelt und etwas getan für Menschen, die zur Generation gehören, die diese heute ja so bunte Republik noch von ihren ganz anderen, finsteren Seiten kennengelernt haben. Schön wäre, wenn diese Menschen überall gut aufgehoben wären. Sind sie aber nicht, jedenfalls noch nicht.

      Was genau tun Sie dafür, dass existietende Strukturen sich zum Besseren für allen verwandeln?

      • @mats:

        Ach, so ein völliger Quatsch. Mit Ihrer Argumentation müssten wir dann für praktisch jede erdenkliche Minderheit ein Altersheim bauen, weil es hier und da Menschen gibt, die veraltete Ansichten vertreten.

        Das ist doch völliger Unsinn. Genau das ist es erst, was Parallelgesellschaften und Isolierung schafft. Man grenzt sich ab, baut sich sein eigenes "Safe Space" und landet in der Filterblase, sodass der Weg zur Realität immer weiter versperrt wird. Was meinen Sie wird dann das Endresultat sein? Gibt es denn hier mal ein paar, die wenigstens etwas nachdenken?

        Und noch lächerlicher, dass Sie mit ihrer Frage unten sogar andeuten, als würde diese Schnapsidee existierende Strukturen zum Besseren wandeln. Da kann ich wirklich nur den Kopf schütteln. Nein, Parallelgesellschaften und Isolierung von der Allgemeingesellschaft ist genau das Gegenteil von "besser". Es verschlimmert nur die Situation, schränkt den Horizont ein und sorgt ja erst dafür, dass veraltete Ansichten sich noch weiterhin hartnäckig in vielen Ecken erhalten werden. Es wäre klüger, mehr Aufklärung (vornehmlich in Bildung) zu betreiben und da sollten die Medien gewissermaßen auch eine Verantwortung übernehmen, dass sie bspw. von den Transsexuellen nicht immer nur diejenigen präsentieren, die einen total an der Waffel haben, sondern auch mal die Sorte Transsexuellen, die völlig normal wie jeder andere sind und nicht ständig auf jedem Protest sich entblößen.

        Dass es noch alte Menschen gibt, die z.B. Homosexualität nicht mögen, ist logisch. Sie kommen aus einer Zeit, in der diese veraltete Ansichten Gang und Gäbe waren. Und diesen Menschen kann man, so hart es auch klingt, nicht mehr wirklich "aufklären", da sich diese Ansichten schon lange fest geankert haben.

        Hier heißt es nur: Bildung für die NÄCHSTE Generation und warten bis die alte Generation vergeht. Dann werden die Menschen auch offener für solche Sachen. Und nur DAS wandelt tatsächlich existierende Strukturen zum Besseren. Sonst nichts.

        • @Kajus:

          Ihre wortgewaltige Replik einschließlich sämtlicher Unterstellungen ist obsolet, denn der Umgang mit Minderheiten in der Altenbetreuung und -pflege ist längst ein Thema, dass professionell adressiert wird. Es geht darum, das eine zu tun, ohne das andere zu lassen. Lächerlich wäre z.B. die Behauptung, das die Tafel Ausgrenzung schaffe, weil Arme dort nicht mit Wohlhabenden zusammen essen würden und so der Mittagstisch Filterblasen und Ausgrenzung schaffe. Wer jetzt Hunger hat, der braucht jetzt Nahrung, und nicht erst dann, wenn die Bildung der nächsten Generation sowie eine epochale Reformation des Arbeits- und Sozialmarkts ermöglicht haben, dass jeder sein selbsterwirtschaftetes Essen am eigenen Küchentisch einnehmen kann.

          • 0G
            08439 (Profil gelöscht)
            @mats:

            Bei der Tafel geht es um unmittelbare Not, die bestimmt würdiger und inkludierender gestillt werden könnte, wenn die Reichen tagtäglich einen Armen an ihren Tisch bäten. Das würde ihnen vielleicht auch ein wenig die Augen öffnen.

      • @mats:

        Ich habe nicht über die Menschen in solch einem Altenheim geschrieben, sondern darüber, dass es so ein Altersheim überhaupt gibt. Das ist inhaltlich schon ein Unterschied. Meinen sie nicht?



        Und lassen sie sich versichern, solange es Menschen gibt wird es Menschen geben, die aus irgendwelchen Gründen finstere Zeiten erleben. Das wird mit der Emanzipation der Schwulen nicht aufhören. Leider ist es so. Wenn sie die Lösung in separaten Altersheimen sehen, dann bauen sie welche.



        PS: Was ich zur Verbesserung der Welt beitrage, können sie zum Teil auf meiner Webseite lesen. Auch hier versichere ich ihnen, dass nebenher noch eine Menge anderer Dinge laufen.

        • @APO Pluto:

          Ach so, "Schwule für sich" ist nicht Teil einer Aussage über Menschen? Über Bauwerke dann also?

          Offensichtlich ist, dass Sie nicht kennen, über wen Sie hier schreiben. Drum bleibt Ihnen auch nichts als allgemeines Theoretisieren über das Elend der Welt.

  • Man kann Angst bekommen, irgendwas zu machen oder zu sagen, weil es immer jemanden gibt, der plötzlich auftaucht, um zu sagen, man hätte etwas Böses, Rassistisches, Diskriminierendes o.Ä. rausgehauen. Darf ich dem schwarzen Verkäufer am Gemüsestand im Markt sagen, daß sich eines seiner Schuhbänder gelöst hat? Oder ist das vielleicht irgendeine Art von Mikroagression oder Aneignung oder verbotener Sonstirgendwas? Mittlerweile kapiere ich es nicht mehr. Irgendwie kann fast alles als "böse" eingetütet werden. Ich bekomme mittlerweile Angst. Mein Vater sagte mir vor einiger Zeit, ich solle keine Leserbriefe mehr schreiben. Es würde die Zeit kommen, wie damals, wo es dann klingelt und man abgeholt wird. Bin ich jetzt hysterisch, oder was?

    • 0G
      08439 (Profil gelöscht)
      @Thomas Schöffel:

      Wenn wir so weiter machen, wird diese Zeit kommen. Denn wir hören uns nicht mehr zu und sehnen uns nach einer - noch weitgehend nebulösen - Autorität, die zu allererst unser individuelles oder gruppenspezifische Unrecht betrachtet und es ohne Blick auf das Ganze sühnt.

  • Eventuell saßen die beiden an der passenden Stelle zu einer Umpositionierung. Ein in eine reiche und wohlhabende Familie geborener Mensch, der deutlich priviligierter und akzeptierter in der Gesellschaft ist, als ein weißer Trailerparkbewohner ist, sollte seine selbstbeweihräuchernden und rassistischen Theorien besser einmal überdenken.

    • @Hampelstielz:

      Es ist nur ein erläuternder Aufhänger für die Beschreibungen der Studien Derald Wing Sues über Mikroaggressionen.

  • Das Grundproblem scheint mir, dass Menschen gerne für ihr Sein und weniger für ihr Tun bewertet werden wollen. Das ist leider nicht neu. Früher war es halt das blaue Blut ...

    Offensichtlich ist es leichter irgendein Opfer zu sein, als etwas gutes oder sinnvolles zu tun. Mit Tun wird man zudem auch eher zu irgendeiner Art von Täter. Opfer kann man einfach sein, ggf. auch ohne (Zu)Tun.

    • @TazTiz:

      Sehr schöne Betrachtung. Hinzu kommt, dass die meisten Menschen mit Widersprüchlichkeit nicht klarkommen. Sie wollen identisch mit sich und eindeutig sein - und sehen auch die anderen u deren Handeln durch diese Brille. Eine Wurzel identitären Denkens.

  • 8G
    80576 (Profil gelöscht)

    "Mikroaggressionen" erlebt wohl jeder regelmäßig, der auf andere Menschen trifft.



    Wer hat sowas noch nicht erlebt? Sehe ich mich als Mitglied der Minderheit X, schiebe ich das Erleben auf diese Zugehörigkeit und rufe "Diskriminierung!". Man wird das "Problem" nicht lösen, indem man von den Menschen erwartet, in jeder noch so kleinen Situation achtsam, sorgfältig und gründlich abzuwägen, was und wie man etwas zu jemandem sagt oder sich verhält; permanent die eigenen Motivationen erkundet und auf Diskriminierung abklopft. Das ist realitätsfremd und im Alltag nicht leistbar.



    Das Gefühl, diskriminiert zu werden, entsteht mitunter im Kopf des Empfängers. Man lese bei Schulz von Thun über die vier Seiten einer Aussage. Man kann als Sender nie hundert Prozent Kontrolle darüber haben, was beim Empfänger ankommt.



    Die Lösung liegt in der Ausbildung einer gesunden Resilienz einerseits und der Bekämpfung von handfester, offensichtlicher Diskriminierung andererseits.

    • @80576 (Profil gelöscht):

      "Aus ihrer Sicht haftet auch an den Nachfahren echter oder vermeintlicher Täter untilgbare historische Schuld. Deshalb müssten, ja dürften die Nachkommen der Opfer ihnen nie verzeihen. Die Identität als Opfer und Täter wird vererbt. Versöhnung ist ausgeschlossen."

      Man weiß ja um die "Vererbung" posttraumatischer Belastungsstörungen an Nachkommen, wo sich Traumatisierungen auch auf die Nachkommen auswirken. Und es gibt gar Untersuchungen, die auch von einer Vererbung ausgehen. www.swr.de/odysso/...1sxu422/index.html

      Insofern kann ich mir durchaus auch eine "Vererbung" von Täter/Opferrollen vorstellen.

      Nur der letzte Satz "Versöhnung ist ausgeschlossen." steht damit nicht in einem zwingenden Zusammenhang. Versöhnung ist immer möglich.

    • @80576 (Profil gelöscht):

      Sie haben recht aber auch nicht wieder recht. Im Einzelfall mag der Empfänger etwas Falsches rausgehört haben. Er kann aber durchaus auch richtig liegen.

      Dann käme man zur Frage ob eine "handfeste, offensichtliche Diskriminierung" vorliegt. Bei einem Einzelfall sicher nicht. Haben aber Mitglieder einer Minderheit geballt und andauernd den Eindruck, dass Mikroagressionen vorliegen, dann würde ich schon sagen dass das handfest ist und ungesunden Dauerstress erzeugt.

  • Sehr guter Artikel zu einem schwierigen, wichtigen Thema!

  • Ich bin froh, dass die Mechanismen dieser Strömung langsam analysiert, diskutiert und breiter wahrgenommen werden. Hierzulande ist es zum Glück weit mehr ein Netzphänomen als in den USA, aber der destruktive Effekt auf digitale Kommunikation reicht auch schon aus um ernsthafte Effekte im realen Leben nach sich zu ziehen. Vor allem bin ich froh mich als Linker nicht mehr so unverstanden und verloren zu fühlen, wie noch vor 2-3 Jahren, als der Peer-Group Druck Kritiker der Identitätspolitik nach rechts drängte. Nein, da gehöre ich nicht hin. Ich bin Humanist, ich bin für eine Aufhebung von Grenzen, nicht für eien Zersplitterung in kleinteilige Interessengruppen, die nichts gemeinsames mehr zustande bekommen. Ich bin für Umweltschutz, aber verurteile die Verunglimpfung einer Generation als "Umweltsäue". Denn ich bin ebenso für Frieden, deswegen liegt es mir fern mit Kampfbegriffen zu hantieren, die an Kriegszeiten erinnern. Die Identitätsbewegung hat mich eine Weile glauben lassen ich wüsste nicht mehr was links zu sein bedeutet. Aber wenn man mal genau hinsieht, dann haben einige Leute aus dieser Ecke es von Anfang an gar nicht erst verstanden. Sicher haben sich die Zeiten geändert und somit auch einige Themen. Viele davon sind aber künstlich hochgezogene Stellvertreter-Diskussionen, die den eigentlichen Punkt - das erst moralische und nun auch praktische Versagen des Kapitalismus und dessen globale Auswirkungen auf die Gesellschaften - völlig verschleiern. Identitätspolitik hilft somit den Profiteuren des Systems ebenso wie den Rechten, die von der Zersplitterung und Rigidität in unseren Reihen zehren.

  • Mir scheint, Identitätspipapo bietet eine Komplexitätsreduktion an in Zeiten polykontexturaler Überforderung. Indem jede:r nur noch Filialpersönlichkeit der jeweiligen "community" ist werden mitten in der Hochmoderne quasi-tribale Übersichtlichkeiten aufgezogen. Die Gesellschaft versorgt sich selbst mit Vereinfachungen, nachdem alte Selbstverständlichkeiten komplett unplausibel geeorden sind, werden laufend neue Nicht-Verhandelbarkeiten gesucht. Drum entdeckt die Philosophie den Körper (Agamben, das schiere Leben...): Leiden und Schmerzen haben alle, und wer sagt "mir tut's weh" hat erstmal Pause von sonst immer drohenden Gegenbeobachtungen. Die Hochkonjunktur von so Körper-Aufschneid-Serien wie CSI vor einigen Jahren rührt m.E. auch daher... die wissenschaftliche Sezierung ersetzt das Gerede und Motiv-Gerätsel. Pornographie ist such so eine Basta!-Chance, geil werden alle mal. Und auch das Opfer ist eine Konstellation, wo alle Sprecherpositionen schon verteilt sind und nix mehr ausgehandelt werden muss, vorübergehend.



    Nicht zu Vergessen die Drohung mit dem Weltuntergang, wenn das mal keine Nichtverhandelbarkeit ist. Interessant dabei das Basta-Add-On, das man sich von "der Wissenschaft" verspricht.



    Als ich noch jung war, hammer des "Szientismus" gehiessen und fanden's scheisse.



    Die Geburt der Tragödie aus dem Geist der Systemtheorie, Gotthard Günther steh uns bei. Mehr Rejektionswerte bitte. Too much protestsingers, not enough protest songs.

    • @Heide Gehr:

      sehr chic, ihre Gedanken!



      Filialpersönlichkeit ist mein neuer Lieblingsdiss.

  • toller Artikel, danke. Selten so klar (ausführlich genug und doch kurz genug, es zu lesen) erklärt und analysiert gelesen, wo die Probleme dieser Haltung liegen. Ähnlich gut war nur ein rund 20 Jahre altes US-Buch, das ich im Sommer las, aber das hatte 200 Seiten....(ich glaube "Willkommen im Jammertal").

  • Sehr guter Essay! Erfreulich, daß es in der TAZ (doch noch) nachdenkliche und reflektierte Stimmen gibt, die Journalismus nicht mit Propaganda verwechseln.

  • Super Beitrag: es ist aus der Depressionsforschung hinreichend bekannt, dass die Interpretation sozialer Situationen stimmungsabhängig ist. Wenn ich mich auf negative Aspekte fokusiere, dann werde ich auch viele wahrnehmen.



    Die Unterstellung unbewusster Motive mutet sich an, wie eine schlechte Psychoanalyse. Jeder seriöse Analytiker*in weiss, dass ihre Deutungen unbewusster Motive Arbeitshypothesen sind, die überprüft werden müssen. Viele identitätspolitisch Akteure scheinen Gedanken lesen zu können oder Wahrsager*innen zu sein. Ihre Vermutungen und Unterstellungen werden apodiktisch als Wahrheiten verkauft, wie z.B. auch in dem Buch von Alice Hasters u.v.m..



    Und es wird eifrig nachgeplappert, wie so bei vielem: eine Begriffsschöpfung wird oft genug öffentlichkeitswirksam positioniert, die followers retweeten und bestätigen. Da wird nix mehr hinterfragt oder gar eine offene Diskussion geführt. Bsp. ist auch der Tweet von J. Rowling und die Reaktionen darauf: sie sei eine Menschenfeindin, Aufruf zum Boykott ihrer Bücher!! Halleluja

  • Prestige-Erhöhung und moralisches Sich-unangreifbar-Machen durch Opferstatus sind eine superpraktische Umdeutung (oder psychologisch: Verschiebung) des eigenen Schuldigwerdens durch Passivität, Verdrängung, Nicht-Wahrnehmen von Verantwortung etc. Es steht jedem von uns heute gut zu Gesicht, in wenigstens einer Beziehung ein Opfer zu sein - ganz egal ob von Minderheitendiskriminierung oder von Gutmenschenterror, von satanischen Verschwörung der Eliten oder vom Rollback durch globale faschistische Netzwerke - so müssen wir unser Zutun zum gegenwärtigen Zustand der Welt nicht erörtern.

    Der Skandal an Neoliberalismus und der Ausbeutung von Mensch und Umwelt ist nicht, dass kapitalgeile 1% dies skrupellos über die anderen 99% bringen wie ein schicksalhaftes Unglück, sondern der Skandal ist, wie wir alle darin verstrickt sind - und zwar jeder mit seinem ganz persönlichen Leben.

    • @mats:

      es geht immerzu um Schuld, persönliche Schuld. Irgendwie schon religiös.



      Die Welt funktioniert aber in Strukturen und nicht in der Summe persönlicher Entscheidungen.



      Es hieß einmal, Religion ist das Opium fürs Volk...

      • @nutzer:

        "Strukture" können heute ebenfalls "schuld" sein, auch sie passen prima in den Opferdiskurs, denn gegen die übermächtigen Strukturen komme ich kleiner Mann mit mein bisschen Entscheidung natürlich nicht an. Wenn Sie Ihren Satz noch mal lesen, "Die Welt funktioniert aber in Strukturen und nicht in der Summe persönlicher Entscheidungen", schauen Sie, wie defätistisch er sein kann - zumindest dann, wenn er persönliches Handeln als "unwirksam", "nutzlos" oder gar "sinnlos" darstellt, anstatt zur Entscheidung führt, dass man es (gemeinsam) anpacken muss.

        Ansonsten sind Rationalisierungen von echtem oder empfundenem eigenem Versagen nicht neu. Früher waren es halt Schicksal oder Gottes Wille oder oder oder..

      • @nutzer:

        ...was auch immer noch zutrifft - leider!

      • @nutzer:

        Es sind haargenau die Mechanismen der Religion in ihrer schlimmsten Form. Es gibt ein Grundgerüst nichtverifizierbarer Dogmen und Axiome, die einzige Option ist totale Unterwerfung unter das System, die Vorgehensweisen - Widerspruch ist Schuldgeständnis, Aussagen beweisen das Gegenteil - sind im Grunde 1:1 von der übelsten Ausprägung der Inquisition übernommen. Die Paladine dieser Strömung wollen keinen Diskurs, sie wollen Macht. Totalitärer Mist von vorne bis hinten.



        Das wirklich gemeine daran ist aber, daß Angehörige einer akademischen Elite dabei die echten Diskriminierungserfahrung, Leiden und Kränkungen der verschiedensten tendenziell machtlosen Gruppen instrumentalisieren und die zugrundeliegenden Anliegen durch Einsatz in ihrem System ungerechtfertigten Widerständen aussetzen.

  • Der Grundfehler der Linksidentitären ist die Annahme, dass ein Mensch genau dann benachteiligt ist, wenn er einer von mehreren festgelegten Opfergruppen angehört (Frauen, PoC, Queer), während ein weißer heterosexueller Cis-Mann quasi definitionsgemäß nicht benachteiligt sein kann.

    Ich glaube hingegen, dass Menschen heute vor allem aufgrund individueller Eigenschaften benachteiligt oder bevorzugt werden und nicht aufgrund von Geschlecht, Hautfarbe und Sexualität. Ein hässlicher weißer Mann mit niedrigem IQ erfährt in seinem Leben vermutlich mehr Mikro- und Makroaggressionen als eine begabte attraktive Frau mit Migrationshintergrund.

    • @Thomas Friedrich:

      Ja intelligenz und Attraktivität sind nicht gleich verteilt. Aber dagegen lässt sich auch nichts machen es ist eine Tatsache die man hinnehmen muss. Ich denke wichtiger ist es aus seinen eigenen Fähigkeiten das beste zu machen.

    • @Thomas Friedrich:

      So ein strikt gruppenbezogenes An-Aus-Verständnis von Diskriminierung vertritt kaum jemand.

      Das Konzept der "Oppression Olympics" wurde selbst in den Social-Justice-Kreisen von Tumblr - dem Inbegriff der "Linksidentitären" für viele - schon vor zehn Jahren kritisiert und größtenteils überwunden.

      Sie stemmen sich da gegen ein größtenteils imaginäres Feindbild.

      Die Angst vor einem 'Kulturkampf der ungezügelten Minderheiten' - oder was auch immer - wurde künstlich aufgeblasen, durch eine rechte Presse, die ebensoviel Begeisterung am Opfer- und Bedrohungsdenken und am Sich-Ereifern zeigt, wie es die schlimmsten Klischees über "politisch Korrekte" behaupten.

    • @Thomas Friedrich:

      Vielleicht nicht mehr, aber sicherlich immer noch genug...

  • 4G
    4813 (Profil gelöscht)

    Hatte ich auch schon Mal im Flugzeug. Die Dicken wurden umgesetzt. Ist am effektivsten.



    War das auch wieder falsch?

    Bevor wir für alles Regeln aufstellen und Abweichungen brandmarken, wäre es da nicht besser, dass, wenn man Ungerechtigkeiten im Alltag bemerkt, man diese kritisiert? Und zwar aus dem Kontext beurteilt und nicht nach Schema F?

    • @4813 (Profil gelöscht):

      Nein, ist es nicht - denn dann würden Sie einem ganzen Wissenschaftszweig die Grundlagen entziehen und Dutzende ProfessorX, LehrbeauftragteX und AssistentX wären ihren Job los ;-)

  • Der einzige wirklich schlüssige Ansatz ist echte, ehrliche Farbenblindheit, um mal beim Beispiel der People of Color zu bleiben. Das Prinzip lässt sich natürlich auch auf andere Gruppen übertragen.

    Zum Beispiel wäre ich auch in Deutschland für anonymisierte Bewerbungsverfahren: Kein Foto, keine Altersangabe, kein Name, kein Vorname, keine Staatsangehörigkeit. Alle diese Dinge können schon zum Aussortieren einer Bewerbung führen, bevor der eigentlich relevante Inhalt eines Lebenslaufs überhaupt gelesen wird. "Kevin ist kein Vorname, sondern eine Diagnose..." heisst es ja so treffend... gilt natürlich so auch für Schlomo und Mohammed.

    • @Winnetaz:

      Das macht die Bewerber allerdings selbst zu Robotern, und die Aufgabe des Personalers zu einer rein funktionalen Auslese, die dann auch ein Computer machen kann. Persönliches kann so keine Rolle mehr spielen - und das ist mitnichten besser, oder fairer, sondern produziert nur andere Ausschlüsse.

      Den Job bekommt dann wer die Formalkriterien am besten (und ohne Abweichungen) erfüllt, der Personaler kann sich eben kein intuitives Bild der ganzen Persönlichkeit des Bewerbers machen, und wie gut z.B. eine Person in ein Team passt.

      Das ist die Kehrseite dieser Methode - und die Frage ist ob bier die Medizin aus Sicht der Unternehmen und Bewerber nicht u.U. Schlimmer ist als die Krankheit.

      Indirekt unterstellt das Personalern auch immer Rassismus, bzw. Sexismus - zumindest den weissen, männlichen...

      Und so schließt sich auch hier der Kreis von Identität und Opferkult, der jede mögliche Neutralität, bzw. Untergeordnetheit von Identitätspolitik negiert. Anders herum: identitätspolitik wird so immer zum entscheidenden Kriterium hochstilisiert.

      Sicher nicht immer zu unrecht - aber auch immer zu recht? Die Realität ist ein kompliziertes Ding und Sozialverhalten nie „clean“, sondern eben „menschlich“.

      • @hup:

        Ich würde nicht sagen das es die Bewerbe zu Robotern macht. Die Idee ist auch nicht schlecht, da zumindest beim Foto erwiesenermaßen Attraktivität die Chancen verbessert, was aufgrund unseres evolutionären Erbes nicht verwunderlich ist. Aber letztlich ist jede Bewerbung ein auslesen von geeigneten Kandidaten, dieser Prozess würde nur die Kandidaten ändern aber nicht den Prozess an sich. Schließlich ist es ja Sinn und zweck der Sache nach bestimmten Kriterien wie (Noten, Kreativität, Sozialem Engagement...) auszulesen. Und da ist die Idee alles irrelevante weg zu lassen durchaus ein sinnvoller Ansatz. Nur sollte eben für alle Branchen das seöbe Prinzip gelten, in der Modeindustrie als Model ist ja z.B. das Foto das wohl hauptsächliche Kriterium für die Auslese, eine Folge aus der Jobbeschreibubg. Es gibt sicher noch weitere, odervin der Sicherheitsbranche vielleicht anhand von Statur und Körpergröße. Wobei ich glaube dass der Name das einzige Kriterium ist, welches komplett irrelevant für jeden Job ist der mir einfällt. Namen nicht in die Berwerbung, gute Idee 👍

      • @hup:

        Anonyme Bewerbungen gibt's ja meines Wissens nach nicht, um die persönliche Komponente komplett auszublenden.

        Anonymisierte Bewerbungen sollen das Problem adressieren, dass bestimmte Personengruppen tendenziell gar nicht erst zum Vorstellungsgespräch oder Auswahlverfahren eingeladen werden. Durch die anonymisierte Bewerbung bekommen sie dann die Chance eben durch ihre Persönlichkeit zu überzeugen.

  • Jein. Man sollte nicht in jede solche Aktion Rassismus hinein interpretieren. Aber die üblichen Fragen, wenn man in Deutschland irgendwie anders aussieht "wo kommst du her? - Nein, ich meine, wo kommst du ursprünglich her/kommen deine Eltern her/du sprichst aber gut deutsch! etc. pp.) deuten auf systemische Probleme hin, Zugehörigkeit anders zu denken als vor 1000 Jahren. Ich glaube mit ein bisschen gesundem Menschenverstand kann man das auseinander halten.

    • @Daniel Roth:

      Mal von allem anderen abgesehen, was ist an der „Ursprungsfrage“ denn bitte generisch so rassistisch, so lange diese höflich und freundlich erfolgt? Gerade in einem Einwanderungsland, das Deutschland sein will, ist das erst einmal positive kulturelle Neugier.

      Rassismus wird nicht unterstellt, wenn der ghanaische Flüchtling die asiatisch aussehende Studentin nach ihrer Herkunft fragt, sondern nur wenn es der weisse (männliche) Kommilitone macht - und auch nur der wird ggf. von der Studentin zurechtgewiesen, denn im identitären linken Opferprestige steht der Ghanaer über der asiatischen Studentin. Ihn zurechtzuweisen für die gleiche Frage wäre selbst rassistisch von der asiatischen Studentin...

      • @hup:

        @daniel roth

        Es ist auch einfach kein oder ein anderer Rassismus, wenn sich people of color (PoC) fragen, woher sie kommen. Rassismus definiert sich elementar über reale historische und aktuelle Unterdrückungsverhältnisse (und das Stattfinden in jeweiligen weißen Mehrheitsgesellschaften). Es gibt keine Kontinuität der Unterdrückung weißer Menschen durch PoC. Es gibt allerdings auch eine Kontinuität der Unterdrückung arabischer Menschen und Staaten, also ebenfalls von PoC, gegenüber black people of color. Es ist eben kompliziert und einzelne Diskriminierungsformen sollten auch getrennt betrachtet werden.

        Für weiße Menschen aber ist es einfach: sie waren und sind keiner systematischen jahrhundertelangen Versklavung, Verstümmelung, Erniedrigung, Vernichtung und Ausbeutung durch Menschen anderer Hautfarbe ausgesetzt. Die Frage "woher kommst du?" kann also immer auch darauf verweisen, während sie an dich gerichtet nicht das Selbe bedeuten kann. Schwer zu verstehen, ich glaub nicht. Schwer sich einzugestehen, vielleicht eher, aber das ist eure Aufgabe.

    • @Daniel Roth:

      Die Frage "wo kommst du her?" kommt zumindest bei mir meist von anderen Leuten mit ausländischem Pass oder Eltern, die irgendwann mal nach Deutschland gekommen sind.

      • @gyakusou:

        Ich frage prinzipiell jeden Menschen mit dem ich mich unterhalte und an dem ich Interesse habe wo er oder Sie herkommt. Es ist einfach interesse an der Lebensgeschichte dieser Person und ich habe dabei nicht darüber nachgedacht ob dies Rassismus sein könnte. Ich denke ehrlich gesagt auch dass es doch aus dem Kontext, der Wortwahl, Betonung, Stimmlage/ und -höhe sowie der Mimik, Gestik und der Augen heraus passiert. Ich könnte diesen Menschen ohne ihn irgendwie zu fragen wo er herkommt und jegliche anderen rassistischen Begriffen nur anhand dieser Kriterien vermutlich auch bei den freundlichsten Worten diskriminieren indem ich alles andere was zur Kommunikation beiträgt anpasse. Daher ist doch die Frage ob eine gewisse Aussage Rassismus sein kann sondern vielmehr um das Gesamtbild und das lässt sich nicht einfach skizzieren

      • @gyakusou:

        Ich war in an die 20 Ländern tätig. Die Frage wo kommst Du her wurde immer gestellt. Habe ich nie als irgendwie problematisch sondern als Interesse empfunden. Nur die intellektuellen Mihagrus speziell aus einem Kulturkreis empfinden das in Deutschland als Microagression: Wer ist hier das Problem?

      • @gyakusou:

        Ich würde das unterstreichen wollen.

        An Schulen mit 70, 80 % Schülern nichtdeutscher Herkunftssprache ist die Frage "Wo kommst Du her?" hoch relevant.



        Geboren sind da in Deutschland fast alle.

        Auf ein systemisches Problem deutet die Feststellung "Du sprichst aber gut Deutsch." bei in Deutschland Geborenen zweifellos hin, die Frage ist nur auf welches.

        • @rero:

          Und die Frage ist dann wer an solchen Schulen für sich in Anspruch nehmen darf Mikroaggressionen ausgesetzt zu sein und von wem.

  • "Aber Verfechter wie Sue scheinen zu glauben..." -- Citation needed.

    Bei diesem Identitätsdiskurs schwingt immer ganz viel Wortverdrehung mit.

    Warum sollte das Hinweisen auf Mikroaggressionen die Gesellschaft mehr trennen, als es die Mikroaggressionen selbst tun?



    (Mikroaggressionen sind mikro, aber als Symptom sollte ihnen Aufmerksamkeit geschenkt werden.)

    Problembewusstsein ist zur Veränderung notwendig.



    Wenn das Hinweisen auf ungleiche Zustände verpönt ist, wie soll sich dann irgendwas verbessern?

    "Colourblind"-Ideologie ist ein verquerer Cocktail aus Hippiedenken und rechter Ideologie. Außer einer Verklärung gesellschaftlicher Probleme tut sie nicht viel.

    (Und nebenbei, der Skandal bei Buttigieg liegt nicht in seinen Aussagen, sondern in seiner faktisch rassistischen - und Armut verstärkenden - Politik als Bürgermeister, seiner Tätigkeit als McKinsey-Consultant, und seiner irgendwie-erfolgreichen Kampagne, trotzdem progressiv zu wirken.)

    "Identitätspolitik" ist heutzutage ein inhaltsleerer Sammelbegriff dafür, wenn Menschen aus Minderheiten sich irgendwie als Gruppe organisieren.



    Es gibt viele Spielarten, die wesentlicher Kritik bedürfen, dann aber bitte nicht so undifferenziert wie hier.

    • @Euryale:

      Danke. Sehr differenzierter Kommentar.

    • @Euryale:

      "Wenn das Hinweisen auf ungleiche Zustände verpönt ist" - Artikeltext: "Was ist daran auszusetzen, wenn die Betroffenen darauf hinweisen? Nichts, sofern wir die Wahl haben..." etc. - Sorry, aber Ihr Vorwurf der Undifferenziertheit fällt auf Sie selbst zurück.

      • @Ewald der Etrusker:

        Lohres Gegenentwurf, wie er sich eine "akzeptable" Diskussion zu Minderheiten-Themen vorstellt, ist leider mehr als dürftig.



        Er setzt den Fokus auf Positivity und verlangt zu betonen, dass wir alle gleich sind.



        Das ist als Ausgangspunkt nicht schlecht. Aber wenn der Hinweis, dass Personen in Gruppe x statistisch (!) öfter von dieser oder jener Mißhandlung betroffen sind, schon eine "Sonderstellung" ausmacht...



        ...Dann bedeutet "Friede, Freude, Eierkuchen", dass diese Mißhandlungen genauso weitergehen, weil sie in einer so seichten Atmosphäre mit oberflächlichen Gleichstellungs-Gesten komplett verschleiert werden können.

        Und Lohres Argument fällt schlussendlich umso mehr in sich sich zusammen, weil er für pauschale moralische Zuschreibung nach demographischen Kriterien - wie er sie Derald Wing Sue vorwirft - keinerlei Belege anführt.



        Bei einer so schweren Unterstellung ist das ziemlich fatal.

        • @Euryale:

          Sue schreibt, Vertreter der privilegierten Mehrheit hegten Anti-Minderheiten-Gefühle. Er bezieht das nicht auf einzelne Vertreter, seine Aussage ist allgemein gehalten. Da liegt er mit "Critical Whiteness" auf einer Linie.

          • @Ewald der Etrusker:

            Hier mein Versuch, das ein bisschen mehr im Detail auszuarbeiten und den fehlenden Kontext wiederherzustellen:



            Die Aussage, dass



            - diese Gefühle in unserer Gesellschaft allgemein existieren;



            - Individuen diese gesellschaftlichen Tendenzen mehr oder weniger verinnerlichen;



            - und die Tendenzen dann vermehrt auslösen können, dass die entsprechenden Menschen zu unterdrückenden Situationen und Strukturen beitragen...



            ergibt mMn. in langer Ausführung wesentlich mehr Sinn als ein "Weiße sind alle doof".

            Darin steckt keinerlei moralische Verurteilung.



            (Aber dass häufig Abwehrreaktionen auf Aufrufe zur Hinterfragung der eigenen Gewohnheiten folgen, ist nichts neues.)

            • @Euryale:

              Das Hinterfragen eigener Gewohnheiten kann auch zu dem Resultat führen, dass der/die sich hinterfragende sagt "Ich diskriminiere nicht aufgrund der Gruppenzugehörigkeit". Vertreter von Critical Whiteness (siehe z.B. Reni Eddo-Lodge) bzw. der Mikroaggressions-These antworten darauf: Du leugnest also deinen Rassismus, und das macht dich zum Rassisten. Es handelt sich hierbei nicht um einen Randaspekt, sondern jeweils um einen entscheidenden Kernpunkt Kern dieser Thesen.

              • @Ewald der Etrusker:

                Eddo-Lodge geht es, wenn ich sie richtig verstanden habe, nicht darum, jeden persönlich zum Täter zu machen, sondern Menschen über strukturellen Rassismus nachdenken zu lassen.

                Wer also selbst (als Weißer bzw. Vertreter der Mehrheitsgesellschaft) sagt, er sei kein Rassist, dem kann man das durchaus abnehmen - aber wer rassistische Strukturen in (europäisch/weiß geprägten) Gesellschaften leugnet, dem wirft sie Ignoranz vor. Das ist m.E. durchaus legitim, da solche Strukturen sehr weit verbreitet sind.

                Es gibt durchaus die "alle Weißen sind Rassisten"-Fraktion, aber dies sind extreme Randerscheinungen und da gehört Eddo-Lodge m.E. nicht dazu.

              • @Ewald der Etrusker:

                Ich verstehe ehrlich gesagt nicht wie aus der Aussage,, ich diskriminiere nicht nach Gruppenzugehörigkeit“ eine Leugnung des eigenen Rassismus folgt, dieser müsste ja zuerst da sein. Damit aber ist die anfängliche Überzeugung falsch, was aber nicht aus irgendeiner anderen Sache folgt, daher müsste dies ein Zirkelschluss sein.



                Vielmehr frage ich mich warum man so etwas wirklich in ein theoretisches Gebilde zu gießen?



                Ist es nicht einfach am sinnvollsten nicht nach irgendwelchen Rassismus tief in seinem Inneren zu suchen und stattdessen einfach sich darauf zu konzentrieren einen respektvollen Umgang mit seinem Umfeld zu pflegen und diesen stetig zu verbessern.

  • weshalb ist für viele das konzept von mikroaggressionen so völlig unverständlich und warum wird faktische diskriminierungserfahrung und deren benennung so häufig als "sich als opfer stilisieren" ausgelegt?

    • @matt_hias:

      Weil die "Mikroaggression" täglicher Bestandteil des Alltags aller Personengruppen ist und der Mensch vom ersten Tag seines Lebens und somit auch in seiner Entwicklung davon beeinflusst wird. Gewichtung als politisch schuldhaftes Verhalten bekommt das aber erst im Identitätsdiskurs.

  • Hat sich Lucke für seine persönliche Rolle beim Aufstieg der AfD entschuldigt?

    Falls nicht, dann passt er nicht in einen Artikel, in dem es um die Verurteilung von Personen statt Einstellungen geht. Denn bei ihm ist dann nicht seine Person das Problem (was er nicht ändern könnet), sondern gerade eine nie abgelegte Einstellung, die er ändern könnte.

    Zumindest 2016 scheint er bei sich selbst noch keine Fehler gesehen zu haben: www.tagesschau.de/...iew-lucke-101.html

    Falls doch, wäre das ein gutes Thema für einen Artikel, damit die Entschuldigung endlich sichtbarer wird.

    • @Arne Babenhauserheide:

      „Hat sich Lucke für seine persönliche Rolle beim Aufstieg der AfD entschuldigt?“

      Wir sind hier nicht in der stalinistischen Sovietunion, öffentliche Demutsgesten für nicht justiziable politische Einstellungen und Handlungen sind daher eher unüblich. Selbiges verlangt ja auch keiner von Joschka Fischer für seine frühere militanz - und beide haben sich von ihrer Vergangenheit prinzipiell distanziert.

      Wenn Lucke Politikwissenschaft lehren würde, wäre das vielleicht etwas anderes, aber seine Ökonomievorlesung hat mit seinem politischen Leben nichts zu tun.



      Nach der Logik müsste er sich auch für die AfD entschuldigen bevor er vom



      Bäcker ein Brötchen bekommt, ins Kino darf oder gar ein Interview gibt.

      Die Gegenfrage an die Störer von mir ist: was ist euer Verständnis von der Freiheit der Lehre, die ihr nicht nur Lucke, sondern auch euren Kommilitonen verweigert? Ihr habt jedes Recht auf Meinungsäusserung und Protest gegen Lucke - aber nicht auf das Stören von Lehrveranstaltungen.

      • @hup:

        Ja ich gebe dir Recht würde aber noch etwas hinzufügen, es gibt keinen Anspruch auf eine Entschuldigung. Ich bin auch absolut dagegen von einem Wildfremden eine einzufordern, da diese dann wahrscheinlich nicht ernst gemeint ist.



        Damit wird aus einer Entschuldigung, wenn diese Haltung nachbdem Recht auf Entschuldigung in einer Gesellschaft praktiziert wird immer weiter zu eine leere Worthülse. Damit wären irgendwann Entschuldigungen wertlos, was sich negativ auf das Konzept der Reue auswirken wird.

      • 6G
        65334 (Profil gelöscht)
        @hup:

        Das Märchen, dass Lucke sich seit seinem Ausscheiden aus der AFD, von deren Weltbild distanziert hätte, wird in der taz und in Kommentaren immer wieder erzählt. Dass dies nicht der Fall ist, sollte jedem klar werden, der sich die Verlautbarungen seiner neuen Partei, der LKR, z.B. auf Facebook ansieht: Ganz im Sinne der AFD wird dort der Islam als nicht zu Deutschland gehörend propagiert, werden Muslime zu Kriminellen erklärt, die Seenotrettung zur linken Agitation verklärt und Merkel eine Mitschuld an deutschen Terroropfern unterstellt.

        Ob das den Boykott seiner Lehrveranstaltungen rechtfertigt, sei dahingestellt, aber dir Mär vom geläuterten Bernd möchte ich bitte nicht mehr hören!

        Ansonsten: Vielen Dank für diesen interessanten Artikel!

  • "Das Ausmaß alltäglicher Diskriminierung erkenne nur, wer selbst einer Minderheit"

    Ich denke auch, dass Mikroaggressionen nur in der Menge als Diskriminierung sichtbar werden können. Der konkrete Fall muss keiner sein. Nicht jede Bitte an PoC um einen Platzwechsel in einem Flugzeug ist nicht automatisch eine Milroagression. Da besteht kein automatischer Zusammenhang.

  • Shitstorm aus der PoMo-Bubble in 3..2..1..

    • @Kaktus:

      Was ist eine PoMo Bubble?

  • Das gibt Ärger

    • @Kenni303:

      Warum?

  • 7G
    76530 (Profil gelöscht)

    Endlich mal ein Autor, der Ahnung von dem hat, worüber er schreibt.

    Doch wehe: Milde Kerle taugen nicht als Projektionsflächen. Sie sind selbstreflexiv und leben ihre weichen Anteile.

    Schrecklich.

  • Wie wahr.