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Habecks RückzugQuittung für den angepassten Wahlkampf

Ulrike Winkelmann
Kommentar von Ulrike Winkelmann

Robert Habeck kündigt seinen Rückzug aus der Spitzenpolitik an. Sein vermittelnder Politikstil war eine Bereicherung, wurde ihm aber letztlich zum Verhängnis.

Da war noch Zuversicht: Wahlplakat von Robert Habeck Foto: Marc John/imago

D er Abschied von Robert Habeck aus der ersten Reihe der Grünen ist bitter. Die Partei hat lange kein solches Redetalent gehabt. Es geht dabei nicht um bloße Artikulationsbegabung: Habeck hat ein Talent, auszudrücken, dass in Gegnerschaft auch Vermittelndes stecken kann, dass es selbst in der Politik möglich ist, Fehler einzugestehen, dass man außerdem nicht zwingend klingen muss, als läse man die Pressemitteilung von letzter Woche vor. Es ist der souveräne Ton eines liberalen Grundkonsenses, den Habeck trifft und der in der öffentlichen Debatte zu oft fehlt.

Doch haben die WählerInnen eben kein Kommunikationsvermögen belohnt, sondern die Ampel insgesamt für eine weithin als ungenügend wahrgenommene Politik bestraft. Alle drei Parteien hatten entschieden, die wichtigsten Ampel-Gesichter zu Spitzenkandidaten zu machen – und hatten damit keinen Erfolg. Ein Rückzug aller drei Ampel-Männer Scholz, Lindner und Habeck ist da nur naheliegend.

Zwar haben die Grünen im Vergleich zu SPD und FDP noch relativ viel rausgeholt: 11,6 Prozent sind das zweitbeste Ergebnis seit ihrer Gründung. Darin steckt auch Anerkennung, dass nicht die Grünen das Projekt Ampel maßgeblich verbockt haben. Möglicherweise ist auch manchem erregten Hausbesitzer längst aufgefallen, dass Wärmepumpen kein Folterinstrument von Habeck persönlich sind, sondern eine großenteils steuerbezahlte Heizungsalternative, wenn Gaspreise rasant steigen.

Aber nach einem ganz auf Habeck zugeschnittenen Wahlkampf, der darauf abzielte, den Volksparteianspruch von 2021 wiederzubeleben, sind 11,6 Prozent eben zu schlecht. Habecks Programm war, die Merz-scheuen Merkel-WählerInnen zu gewinnen – in einem schwarz-grünen Geist, wie er ja in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen auch weht. Das hat ausweislich der Wählerwanderungsdaten null geklappt. Stattdessen haben die Grünen Hunderttausende Stimmen an die Union abgegeben.

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Widerstand war für diese Grünen keine Option

Am meisten aber hat den Grünen die Linkspartei abgenommen. Als Merz im Bundestag ein Loch in die Brandmauer gegen die AfD riss, profilierte sich die Linke als einzige Widerstandskraft gegen jede künftige Merz-Regierung.

Habeck hat recht, wenn er sagt, diese Option hätten die Grünen nicht gehabt und deshalb viele „junge progressive Leute“ verloren. Doch wirkten die Grünen schon vorher streckenweise, als sei die Anschlussfähigkeit an die Union ihr wichtigstes Merkmal. Grüne Themen und Haltungen verschwanden praktisch in der fortlaufenden Anpassungs- und Vernunftbeteuerung. Dass sie sich so klein machten, dankten Merz und Söder den Grünen vor allem damit, dass sie nur immer hämischer auf sie eindroschen.

Insofern war es nicht nur der schwarz-grüne Kurs, der den Grünen geschadet hat, sondern eben auch der Sound von Robert Habeck. Wer vermitteln will, braucht ein Gegenüber.

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Ulrike Winkelmann
Chefredakteurin
Chefredakteurin der taz seit Sommer 2020 - zusammen mit Barbara Junge in einer Doppelspitze. Von 2014 bis 2020 beim Deutschlandfunk in Köln als Politikredakteurin in der Abteilung "Hintergrund". Davor von 1999 bis 2014 in der taz als Chefin vom Dienst, Sozialredakteurin, Parlamentskorrespondentin, Inlandsressortleiterin. Zwischendurch (2010/2011) auch ein Jahr Politikchefin bei der Wochenzeitung „der Freitag“.
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40 Kommentare

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  • "Dass sie sich so klein machten, dankten Merz und Söder den Grünen vor allem damit, dass sie nur immer hämischer auf sie eindroschen." Nun werden Merz und Söder beweisen müssen, dass sie mehr können. Der Klimawandel und andere Themen werden das beweisen. Blackrock-Erfahrung und Bratwurst reichen da nicht.

  • "Quittung für den angepassten Wahlkampf"

    Ich glaube nicht dass das Ergenis in irgendeiner Form mit dem Wahlkampf zu tun hatte, die Leute hatten einfach so die Schnauze voll von der Ampel, FDP, SDP und Grüne hätten machen können was sie wollen, die Ergebnisse wären nicht besser geworden.

  • Noch beim Gang in das Wahllokal im Wahlkreis 1 habe ich mit mir gehadert, ob ich Habeck oder lieber Stefan Seidler vom SSW meine Stimme geben soll.

    So sehr ich Verständnis habe, dass Habeck nach der Aktion in Schlüttsiel hinschmeissen wollte und sich nun schlussendlich zurückzieht: gut fühlt sich das nicht an...

  • Der Weggang von Habeck ist eine Katastrophe für die Grünen und damit für Deutschland. Und das sage ich als Linken-Wähler. So jemanden müssen sie erstmal wieder finden.



    Es ist mir auch unverständlich, dass Habeck, der ja immer alles fürs Gestalten gegeben hat (inkl. fragwürdiger Kompromisse), nun vollends das Handtuch wirft.



    Ich frage mich fast, ob es ihm nicht intern nahegelegt wurde. Am Tag vor der Wahl sah man ihn noch sehr entspannt in Interviews. Die Wahl ging schlechter aus als die Prognosen davor, aber dass die Grünen nicht mal 15% bekommen würden, war so schon klar.



    In der BPK war er so angepisst und biestig wie ich ihn noch nie gesehen habe.



    Mehr als schade, dass er geht.

  • Die Text Bild Schere bei den „Zuversicht“ Plakaten war schon beeindruckend. Hab die auch nur aus Gewohnheit gewählt. Ich hätte mir gewünscht das Baerbock Konsequenzen zieht, immerhin ist sie nach eigener Aussage so viel gebildeter als Habeck, geliefert hat sie null.

  • Es gibt über Nacht schon 40.000 Unterschriften für einen offenen Brief an Robert Habeck, in dem man ihn bittet, weiter politische Verantwortung zu übernehmen.

  • Die Grünen haben sich unter Habeck, Özdemir und Hofreiter inhaltlich praktisch völlig entkernt.



    Lützerath, der krasse Bellizismus, rassistische Andienungen an den Zeitgeist, der Austritt der eigenen Jugendorganisation, eine industriefreundliche Landwirtschaftspolitik und eine praktisch nicht existente Umweltpoltitik waren (und sind) Entscheidungen gegen die eigene Wählerschaft.



    Habeck selbst wollte raus aus der „Nische“, um noch mehr Macht zu bekommen.



    Nur: Macht wofür denn eigentlich?

    In dem Film „Act now“ wird vermutet, das die Gründerin Petra Kelly heute schon lange nicht mehr Mitglied der Grünen wäre.

    Sie war rhetorisch sicherlich nicht so begabt wie RG - aber politisch dafür umso wichtiger.

    Meine Empfehlung als ehemaliger Grünen Wähler: Mehr Kelly wagen.

    • @hsqmyp:

      Interessant, dass die asymmetrische Demobilisierung (genau das versucht Habeck, und 2021 hat es auch funktioniert, da stand eher die Unfähigkeit der Kandidatin im Weg), die bei Merkel begrüßt wurde, bei Habeck plötzlich Teufelswerk sein soll.

      Wenn sich die CDU entkernt, ist es Dienst an der Demokratie, entkernen sich die Grünen, ist es Verrat an der reinen Lehre.

    • @hsqmyp:

      Frau Kelly und ihr General hätten seinerzeit im Gleichschritt mit Frau Dittfurth und Herrn Ebermann das grüne Projekt ohne die „Realos“ schon ganz schnell vor die Wand gefahren.

  • "Der Abschied von Robert Habeck aus der ersten Reihe der Grünen ist bitter. Die Partei hat lange kein solches Redetalent gehabt."



    Wie man bei ihm hören konnte, ist Rhetorik nicht Populismus und die Präsentation einer Agenda keine Agitation, eine Konfrontation keine Kriegserklärung und der politische Gegn_er im Lager der DemokratInnen wird nicht wie bei Söder "verteufelt", sondern er ist Konkurrenz. Das zeichnet wissenschaftliches Denken in ähnlicher Weise aus. Es ist nach dem Rückzug von Kevin Kühnert ein weiterer herber Verlust für die demokratische Kultur. Über Politik und Wissenschaft schrieb erst kürzlich Prof Strohschneider. Manch AnhängerIn der Grünen könnte sich wiederfinden in der Skepsis zur neuen Politik unter der jetzt unvermeidlichen und alternativlosen Unions-Führung.



    "Wahrheiten und Mehrheiten



    Kritik des autoritären Szientismus"



    So der Titel.

  • Wer, wie die Grünen in der Ampel, Dinge wie die Bezahlkarte für Flüchtlinge oder Abschiebungen nach Afghanistan mitträgt, muss sich hinterher nicht wundern, wenn etliche Wähler:innen sich abwenden.



    Im Wahlkampf als CDU mit ein wenig mehr Klimaschutz und etwas weniger sozialer Kälte aufzutreten, dürfte ebenfalls kaum dazu beigetragen haben, neue hinzu zu gewinnen. Auch für die Grünen gilt eben, dass im Zweifel das Original und nicht die Kopie gewählt wird.



    Die Thematisierung von Migration mit dem Tenor "Wir können auch rechts" ausgerechnet in der Bild dürfte mehr Wähler:innen abgeschreckt als angezogen haben.



    Zumindest in meinem Familien- und Bekanntenkreis war der Umgang der Grünen mit dem Thema Migration der Grund, diese nicht mehr zu wählen.

  • Habeck war sehr staatsmännisch-verantwortungsvoll, wo Druff auf die Union mehr Prozente gebracht, wo Anwanzen an Springer eine bequemere Presse gewährt und kürzere Sätze im Wahlkampf mehr Ergebnis erzeugt hätten.

    Schade um die Stimmen, bleibt aber richtig. Ich bin über jeden Politiker m/w/d froh, der noch argumentiert, abwägt und mich als Erwachsenen anspricht.

    • @Janix:

      Wie geht "druff auf die Union" bei gleichzeitigem "Anwanzen an Springer"?

      Btw halte ich den Einfluss der Springermedien auf Habecks Wahlschlappe für überschätzt. Habeck hatte ÖR (Miosga), ZEIT (Jana Hensel und die Ode an die Löcher in seinen Socken), Spiegel (Melanie Amann, die sich seinem Charisma nicht entziehen konnte) fest an seiner Seite. Das sind alles Medien, die viel mehr potenzielle grüne Wähler bedienen als WELT, BILD und BZ, deren Leser von Haus aus allenfalls noch SPD, aber meistens konservativ oder rechts wählen. Welche Wähler könnte er da verloren haben?

  • Schade. Habeck ist ein Guter. Deutschland ist für so manchen großen Geist zu engstirnig. Beschämend, dass die Menschen in Deutschland die besten Gelegenheiten sausen lassen und sich dadurch erst von äußeren Kräften abhängig machen, aber man kann offenbar nicht mehr erwarten.

    • @Die heilige Corona der Schlachthöfe:

      Die Bildungsmisere in Deutschland zeigt sich eben nicht nur in verrotteten Schulklos.

  • Die Grünen haben in der letzen Regierung zu viele wichtige und versprochene Ziele aufgegeben. Das war nicht nur Habecks Fehler. Die ganze Truppe hat versagt. Zu nett. Zu wenig kampfeswillen.



    Wenn Tarek al Wasir es nicht mal schaft für das Glyphosat-Verbot zu stimmen, das klar im Koalitionsvertrag stand, ist dem Grünen Spitzenpersonal jede verlorene Wählerstimme direkt anzulasten.

  • Wenn etwas schief geht, ist es immer wieder gut, einen Sündenbock zu finden.

    Allerdings erklärt das nicht, warum das Wahlergebnis in den USA ganz ähnlich aussah, auch ohne Herrn Habeck.

  • Schon Johannes Rau musste erkennen, dass es in diesem Land nur dem Bundespräsidenten auf Bundesebene erlaubt ist zu versöhnen, statt zu spalten. Vielleicht wäre das auch ein guter Platz für Habeck. Sofern die nervnölenden Karrieristen unter den Politikern und Journalisten denn die Größe hätten, auch das Amt zu sehen - und nicht nur ihre persönlichen Feldzüge.

  • Ja, Habecks Zurücktreten in die zweite Reihe ist tatsächlich ein Verlust für die Debattenkultur.



    Allerdings macht ihn dieser Schritt umso sympathischer.



    Leider war im Vorfeld nämlich der Eindruck entstanden, die Grünen wollten vor Allem eins: an der Macht bleiben.



    Merz ist ein Amateur und es ist dramatisch, dass in einer solchen Krisensituation einer Kanzler wird, der Null Erfahrung hat.



    Dass er sich emotional nicht im Griff hat, ist ebenfalls schlecht für den Job.



    Habeck wäre ein Kandidat für's Volk gewesen, doch das ist derzeit von rechtem Gedankengut durchdrungen und somit blind für Qualität.



    Gut, Robert Habeck ist ja nicht aus der



    Welt und wer weiß, was die Zukunft noch bringt.



    Von meiner Seite aus:" Danke, für die Arbeit für die Bevölkerung"!

  • Da darf man weit höher gehen. Nicht nur die Grünen, Deutschland hat lange kein solches Redetalent wie Habeck gehabt. Verbindend, den Gegner wertschätzend aber wenns sein muss auch messerscharf zerlegend. Habeck hat auch die Fähigkeit zum Kontakt mit Bürgern.



    Sprachlich ist der Mann ein Genie, da merkt man woher er kommt - die unbeholfene Häme 'Kinderbuchautor' hat ihn für mich gar immer mehr geehrt als befleckt.



    Aber, aber - und das muss man auch sagen, leider mit einem Hang zum 'Schwafeln'.



    Als Philosoph kann man laut vor sich hinspinnen, eruieren, Ideen verbalisieren, durchspielen und wieder verwerfen - als Wirtschaftsminister ist das Selbstmord.



    Überhaupt, was Wirtschaft betrifft war das ungenügend. Schwierige Zeiten, riesige Herausforderungen, katastrophaler Finanzminister - alles richtig, aber alles keine Entschuldigung. Als Wirtschaftsminister hat er das Klassenziel verfehlt.



    Ich war nie Freund seiner Politik - und doch tuts mir nun leid um ihn. Als Wirtschaftsminister werden ihn die wenigsten vermissen - als Mensch, als Stimme, als Geist gegen die AfD wird er weit über die Grünen hinaus vermisst werden. Auch von mir. Hoffentlich bleibt er dem politischen Berlin erhalten.

    • @Farang:

      "Schwierige Zeiten, riesige Herausforderungen, katastrophaler Finanzminister - alles richtig, aber alles keine Entschuldigung. "

      Doch! Das ist eine Entschuldigung. Was soll ein Wirtschaftsminister tun, dem vom Staatssaboteur Lindner die Hände auf den Rücken gebunden werden? Und das gilt nicht nur für Habecks Wirtschaftsministerium, sondern für viele sinnvolle Projekte, die Lindner verhindert hat. Ich bin heilfroh, dass ihn das wenigstens zerlegt hat.



      Aber was hätte Habeck ohne Geld tun können, was er nicht getan hat? Und dass die verwöhnten Gören von WählerInnen sich nicht mehr daran erinnern können, dass Habeck ihnen vor ein paar Jahren den Hinter gewärmt hat, indem er unter großer Anstrengung für Gas gesorgt hat, ist unglaublich. Und es hat ihm sicher keinen Spaß gemacht, für die Baggage hier fossile Brennstoffe zu besorgen.

    • @Farang:

      nur zur Erinnerung: ursprünglich hatte er das Amt des Finanzministers angestrebt, was ihm von CL streitig gemacht wurde. Das Wirtschaftsministerium war ein Kompromiss, nicht das ursprüngliche Ziel. 🤷🏼‍♂️

  • Es ist immer dasselbe : wer Habeck liebt, weiß auch, was und wen er genau meint, wenn er so Ideen wie z B. die



    Besteuerung von Kapitalerträgen ins Land ruft. Details muss ein amtierender Wirtschaftsminister dazu auch gar nicht liefern.



    Ich verstehe echt nicht, wie ein "Gegenüber" von Habeck gebaut sein sollte - was heute auch schon gar nicht mehr relevant ist.

  • Ich finde Robert Habeck ist wirklich ein außergewöhnlicher Politiker: Mit Ecken und Kanten, konziliant, fähig zur Selbstironie ...

    In diesem Wahlkampf hatte er die an sich gute Idee, Friedrich Merz und Markus Söder die Merkelwähler streitig zu machen. Moderat-progressivbürgerlich Gesinnte für die Grünen zu gewinnen, sollte bei dem burschikosen Männlichkeitsduo nicht allzu schwierig sein.

    Habeck ist bei aller Freundlichkeit ein Ultrarealo, weswegen es inhaltlich passte. Aber dies war ein rein taktischer Move.

    Und weil er nicht auf echte Überzeugungen gestützt war, wirkte es unecht und überstürzt.

    Angela Merkel ist ein politisches Ausnahmetalent: Hätte sie sich zu einem eigenen 10-Punkte-Plan gegen Migration herabgelassen? Oder hätte sie nicht vielmehr erkannt, dass das kein Gewinnerthema ist und es ins Leere laufen lassen?

    Die Grünen haben es bei dieser Wahl weder geschafft, stark werteorientierte Wählende nicht an die Linkspartei zu verlieren, noch konnten sie Mittewählende mit der neuen Härte in Migrationsfragen beeindrucken.

    Das sollte zu denken geben: Vielleicht sollten die Grünen einfach wieder die Grünen sein. Was auch immer das ist.

  • Ich habe Habeck nicht gewählt. Dennoch kann ich mich gar nicht genug über diese beliebige, ja uninspirierte Habeck Beschreibung wundern. "Redetalent" "Artikulationsbegabung".... geht es nicht noch platter?



    Habeck war stets ein brillianter Analytiker der politischen Situation und auch Erklärer. Insbesondere auch der der eigenen Truppe. Was ihm aber total danebenging war, daraus die richtigen Schlüsse und praktischen Entscheidungen im Jetzt zu treffen. Man könnte auch mangelndes Gespür und Timing für Menschen und Themen attestieren.



    Nun (junge) Linke-Protestwähler bzw. den prozentualen Zuwachs der Linken als Beweis für richtige/falsche Inhalte heranzuziehen. Ja das kann man, aber führt in die Irre.

  • Indeed. But - Ja wie? Bitter? Why?

    “Doch wirkten die Grünen schon vorher streckenweise, als sei die Anschlussfähigkeit an die Union ihr wichtigstes Merkmal. Grüne Themen und Haltungen verschwanden praktisch in der fortlaufenden Anpassungs- und Vernunftbeteuerung. Dass sie sich so klein machten, dankten Merz und Söder den Grünen vor allem damit, dass sie nur immer hämischer auf sie eindroschen.“

    Korrekt - Wer sich derart selbst den Strick um den Hals knüpft - desouvriert sich selbst als zoon politicon - steht als Windbeutel für Nichts & tut gut daran - die Platte zu putzen •

  • "Am meisten aber hat den Grünen die Linkspartei abgenommen. Als Merz im Bundestag ein Loch in die Brandmauer gegen die AfD riss, profilierte sich die Linke als einzige Widerstandskraft gegen jede künftige Merz-Regierung.



    Habeck hat recht, wenn er sagt, diese Option hätten die Grünen nicht gehabt und deshalb viele „junge progressive Leute“ verloren."



    Keine Option, wie auch in Zempin auf Usedom? Dort wählten laut NDR 45 Prozent der Bewohner AFD. Der örtliche Tourismuschef sieht kein Problem darin, dass die blaue Welle der AFD dem Tourismus schaden könne. Denn die Urlauber würden wegen Sonne, Strand und Erholung kommen!

    Diese gesellschaftliche Ignoranz könnte man als Politiker begegnen, indem man zum Boykott der Insel aufruft, so dass die gutverdienende Mitte (auch viele Grüne?), die hier urlaubt, Stellung beziehen müsste.



    Denn jüdische Bürger und Ausländer werden sich angesichts dieses Wahlergebnisses im vielen Urlaubsorten in MV zehnmal überlegen, ob sie hier noch Urlaub machen können.

    Also: warum hatte Habeck keine Option gegenüber der CDU? Geht es in Wahrheit nicht darum, endlich massiv Stellung zu beziehen angesichts des aufziehenden Faschismus in Deutschland?

  • Die große Chance zur Profilierung wurde vertan. Mit Küppersbusch auf den Punkt: "Das neue Wahlplakat von den Grünen, jetzt ganz ohne Worte". youtu.be/rTweD_RCiEg



    Immer sollen *wir* was machen, "Zuversicht" üben, "Vertrauen" haben ... doch meine Frage ist, was macht *sie*, diese Partei, wenn sie regiert, und was fordert *sie* von den anderen (z.B. den schwarzbraunen Brandbeschleunigern).



    Der Satz, der einem die Tage aus den Medien ins Gesicht springt und in den Ohren klingelt: "Die Linke zeigt, wie es geht".

  • "Habeck hat recht, wenn er sagt, diese Option hätten die Grünen nicht gehabt und deshalb viele „junge progressive Leute“ verloren."

    Hat er? Ich seh den Grund nicht. Warum konnten die Grünen nicht - spätestens nach dem Ampel-Aus - klar machen, dass ein Punkt erreicht ist, an dem die "Mitte" ein Korrektiv und die liberalen und progressiven Krãfte Solidaritãt brauchen? Wenn das Gegenüber sich beständig weg und weiter nach rechts bewegt, ist Aufeinanderzugehen nur noch Hinterherlaufen.

  • Seltsame Analyse. Die Grünen(oder hier Habeck) hätten sich nicht gegen eine künftige Merz-Regierung stellen müssen, sondern eindeutig gegen Rassismus, eine menschenfeindliche Asylpolitik und für grüne Kernthemen.

    Dass das mit Habeck und gegen Merz kaum möglich ist, ist vielleicht Zeitgeist, aber sollte nicht Problem der Grünen sein. Das verpassen sie grösstenteils seit Beginn des Ukrainekriegs und das Wahlergebnis ist da noch gnädig/der Einschätzung geschuldet, daß sie jetzt bürgerliche Mitte sind.

    Die angesprochene Spitzenkommunikation Habecks schöpft er offensichtlich nicht aus, wenn das klimapolitisch notwendige Heizungsgesetz nur als Nachteil kommuniziert wird. Und die Kompromissbereitschaft wirkt masochistisch wie schon in den Landtagen, wenn die Ergebnisse den Wünschen der anderen Parteien entsprechen und als alternativlos weitergegeben werden.

  • Vernunft und Pragmatismus allein reißen einen nicht vom Hocker - dazu muss sich schon etwas Leidenschaft, Polemik, Kampfesgeist und zäher Widerstand gesellen (was Habeck durchaus hatte, aber es gab mächtige



    Interessen, die sich gegen ihn verschworen haben, denken wir nur an die Kumpanei deutscher Medien wie Springer - auch der AfD auf Tiktok - mit Klimaleugnern).



    Diese Wahlkampagne zeichnete sich durch die Regression auf einen Personenkult aus - einen Kult von Menschen, denen außer Machtgelüsten kaum inspirierende Eigenschaften nachgesagt werden konnten (Merz, Lindner, Scholz und die aus der Schweiz).



    Nach dieser Ampel hätte eine freundlichere, weniger knurrende CDU/CSU locker 40% erhalten können.



    Die realen Existenzängste von Millionen (Wohnung, Rente, Pflege, kaputte Infrastruktur) fanden in dieser komischen Kampagne kaum Platz.

  • Das schlimme ist weder Habecks heutige eher aggressive Performance oder Baerbocks, die scheinbar nicht verstanden hat, wie der Stand der Dinge ist, auch wenn die Presse amüsiert darüber berichtet, schlimm ist, dass diese Leute der grünen idee ziemlichen Schaden zugefügt haben.

  • Mal sachte, bitte! Es ist ja nicht so, als wäre die "Widerstandskraft" der Grünen erst nach dem demokratischen Foulspiel von Merz mit seinem "Zustrom-(AfD-sprech: Asylantenflut-)begrenzungsgesetz" erloschen gewesen. Vergessen wir bitte nicht, dass sie ihr Wahlprogramm 2021 bereits opportunistisch für ein schwarz/grünes Bündnis geschrieben haben. Da war es mit Blick auf den kommenden Wahltermin natürlich keine Option, wenigstens mal links zu blinken.



    Dass Vorstände der Grünen-Jugend zurückgetreten sind, war für die grüne Regierungselite kein Warnzeichen, sondern offenbar eher beruhigend; potenzielle "Querulanten" waren für eine erhoffte schwarz/grüne Regierung weg. Die außerparlamentarische Umwelt- und Klimabewegung fand kaum noch Gehör, weil sie das Märchen vom "grünen Wachstum" nicht glaubte. Dem Märchen, mit dem schwarz/grün möglich werden sollte.



    Es bleibt zu hoffen, dass die Grünen sich in der Opposition an ihre Wurzeln erinnern. Mit ihnen in der Regierung wurde keine Autobahn weniger gebaut, kein Wald weniger abgeholzt, kein Milliardär ärmer und auch kein Klimaschutzgesetz eingehalten.

  • Für mich sind die Grünen eine Partei, ähnlich wie die FDP, der Besserverdienenden. In meiner Familie wohnt eine Grünen-Abgeordnete direkt neben einer Rothschild-Villa im Taunus. Das ist vollkommen in Ordnung, aber nicht das Milieu vieler.

  • Ja, wirklich schade. Als Person hätte ich Robert Habeck schon vor 3 Jahren gern als Kanzler gesehen. Leider fehlt der Grünen Partei der absolute Machtwille, sonst wäre Analena Baerbock nicht Spitzenkandidatin gewesen. Das war eine Einmalige Chance.

    Darüber hinaus fehlt der Kernwählerschaft der Grünen die pragmatische Kompromissfähigkeit im Sinne maximal viele relevante Entscheidungen je Stimmenprozent zu erlangen. Stattdessen das Beharren auf der endgültigen Abschaltung der AKW JETZT obwohl längst irrelevant unf nur noch Munition für den politischen Gegner. Den schwarzen Peter hätte sehr gut Olaf Scholz per Richtlinienkompetenz nehmen können, in der SPD wäre das gut angekommen. Usw. usw. Schade!

  • Für den Wähler wird zum Verhängnis, wenn sämtliche Parteien sich dem vermeintlichen Willen der Mitte versuchen anzubiedern. Das kann (je nach vermittelter Glaubwürdigkeit) auch mal ein paar Prozentpunkte bringen, führt aber dazu, dass ein Wähler gar nicht mehr so viele echte Alternativen sieht. Zudem ist auch die allgemeine Stimmung der Mitte volatil und durch Kampagnen getrieben - da immer hinterherzurennen kann doch höchstens kurzfristig mal zu einem guten Ergebnis führen. Ich wünsche mir wieder die Grünen, die für echte Umweltthemen stehen, und nicht nur für technikorientierten Klimaschutz (der selbstverständlich auch wichtig ist) und Wohlfühlthemen der Besserverdiener. Die vielleicht als 10% Koalitionspartei in einer Regierung etwas mehr Profil zeigen (aber bitte nicht so viel wie die nun glücklicherweise untergegangene FDP).

    • @Axel Donning:

      Das war doch nur ein gefühlter Willen der Mitte, eher eine Kampagne der Rechten in den sog. sozialen Medien. Das waren grobe Klötze, da hätte man mit groben Keilen gegenhalten müssen, dafür hätte Habeck Hilfe gebraucht, er kann vermitteln, wer anders hätte die groben Keile einschlagen müssen, damit es glaubwürdig bleibt.

  • Habeck sieht sich als Brückenbauer, achtet aber nicht darauf, dass an den beiden Enden auch eine Straße sein muss. Das eine Ende ist die bürgerliche Mitte (vulgo: Merkelianer). Denen wollte er in der Migrationsfrage entgegenkommen, hat aber übersehen, dass er sie mit seiner Bilanz als Wirtschaftsminister bereits verprellt hatte. Die anderen sind die Anhänger der reinen Lehre (Merz würde sagen: grüne Spinner), die den Gang in die Opposition einem Kompromiss bei der Migration vorziehen. Die hat er an die Linke verloren, denn Habeck ist kein Mann für die Opposition, wie er heute mit seinem Rückzug bewiesen hat.

  • Während andere am Wahlabend auf dem Migrantenthema weiter ritten, hat Habeck mit Weitsicht die echten Problemfelder aufgezeigt. Er wird mir persönlich sehr fehlen.

  • Sehr gut geschrieben und leider sehr schwer zu verkraften. Er war der einzige, der wirklich das Zeug zum neuen Bundeskanzler gehabt hätte. Ich hoffe, er kommt doppelt so stark zurück! Ich will nicht, dass die CDU den Klimaschutz komplett einsargt!