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Greenpeace-Chef zum Krieg in der Ukraine„Wir lehnen Waffen als Lösung ab“

Martin Kaiser erklärt das Dilemma der Friedensbewegung: Greenpeace ist gegen Krieg und Rüstung, aber auch für die Verteidigung der Ukraine.

Grenzen des Pazifismus? Helm eines ukrainischen Soldaten in Kiew Foto: Efrem Lukatsky/ap
Jost Maurin
Interview von Jost Maurin

taz: Herr Kaiser, Greenpeace ist von Pazifisten mitgegründet worden und kämpft außer für Umweltschutz auch für Frieden. Sie lehnen kriegerische Konflikte aller Art ab. Darf sich die ukrainische Armee mit Gewalt gegen den russischen Überfall wehren?

Martin Kaiser: Wir verurteilen den Überfall Russlands auf die Ukraine aufs Schärfste und fordern die russische Regierung auf, sich sofort zurückzuziehen. Grundsätzlich stehen wir für Konfliktlösungen ohne kriegerische Auseinandersetzung.

Sie haben meine Frage nicht beantwortet: Ist es okay, dass die Ukraine sich auch mit Gewalt wehrt?

Die Ausgangslage ist ja: Russland hat den Krieg begonnen. Dass sich die Ukraine wehrt, ist nach Artikel 51 der UN-Charta legitim, und dieses Recht finden wir auch richtig.

Warum schreiben Sie dann auf Ihrer Internetseite, dass sie jegliche Kriege ablehnen? Dieser Krieg wäre ja schnell vorbei, wenn die Ukrainer sich den Angreifern ergeben würden.

Die Geschichte hat gezeigt, dass kriegerische Auseinandersetzungen nie einen Konflikt besser gelöst haben als nichtkriegerische Mittel.

Würden Sie der Ukraine raten, sich zu ergeben, um Tote zu vermeiden?

Es liegt nicht an mir, der Ukrai­ne einen Rat zu geben. Aber wir fordern von der Bundesregierung und den anderen europäischen Regierungen, zusätzlichen ökonomischen Druck auf die russische Regierung zu erzeugen durch ein möglichst baldiges Importverbot von Kohle, Öl und Gas. Es kann nicht sein, dass jetzt noch täglich bis zu 500 Millionen Euro in Europa alleine für Kohle, Öl und Gas gezahlt werden, die Geld für den Kriegstreiber Putin bedeuten.

Wenn Sie dafür Verständnis haben, dass sich die ukrainische Armee wehrt, muss Deutschland ihr dann auch mit militärischen Mitteln helfen?

Wir können es nachvollziehen, dass die Bundesregierung aus moralischen Gründen jetzt Waffen geliefert hat und liefert. Aber wir als Umwelt- und Friedensorganisation lehnen die Auseinandersetzung mit Waffen ab.

Ist das nicht ein Widerspruch?

Das ist ein vermeintlicher Widerspruch, aber Sie werden von mir nicht hören, dass wir grundsätzlich für Waffenlieferungen sind, um Konflikte zu lösen. Ich kann es nachvollziehen, dass die Bundesregierung das jetzt gemacht hat. Aber wir lehnen Waffen oder eine kriegerische Auseinandersetzung als Lösungsmittel für Konflikte ab. Daran hat sich grundsätzlich nichts geändert.

Sie haben Verständnis dafür, dass Deutschland der Ukraine Waffen liefert. Gleichzeitig sagen Sie, dass die Bundesregierung noch nicht alle zivilen Mittel ausgeschöpft hat. Wie passt das zusammen?

Die Isolation der russischen Regierung ist ja schon beispiellos. Das ist der richtige Weg. Aber es muss auch ein möglichst weit gehendes Embargo für den Import von Kohle, Öl und Gas aus Russland geben.

Auch diese Frage haben Sie nicht klar beantwortet. Wie ist es mit der hier: Was halten Sie von den Forderungen der Ukraine, dass die Nato-Staaten zumindest eine Flugverbotszone über dem Land durchsetzen, also russische Flugzeuge und Raketen abschießen?

Unsere Position ist es, Menschenleben zu schützen. Eine Ausweitung der kriegerischen Auseinandersetzungen muss daher unbedingt vermieden werden, da sie zu einem dritten Weltkrieg führen könnte.

Wie stehen Sie zu der Ankündigung von Bundeskanzler Olaf Scholz, die Bundeswehr für 100 Milliarden Euro aufzurüsten?

Diese 100 Milliarden als Zahl lehnen wir ab, da sie ohne Debatte im Bundestag zur strategischen Ausrichtung angekündigt wurde. Zudem ist nicht diskutiert, ob diese Höhe überhaupt notwendig ist. So viel Geld sollten wir nicht ohne genaue Analyse und Zielrichtung allein in die Bundeswehr stecken. Bisher wurden die Prioritäten falsch gesetzt: Die Bundeswehr war bislang sehr stark auf Aus­lands­ein­sät­ze ausgerichtet. Um Krisenprävention zu betreiben, müssen wir aber auch in anderen Bereichen investieren, zum Beispiel in Klimaschutz. Das bringt nicht nur Unabhängigkeit von fossilen Energieträgern, sondern macht auch autark gegenüber Autokraten wie Putin. Die hohen Energiepreise sind eine riesige soziale Herausforderung. Wir müssen unsere Abhängigkeit von fossilen Energieträgern sehr schnell abbauen. Auch das kostet Geld.

Sind Sie jetzt dafür, die Bundeswehr aufzurüsten, oder nicht?

Es geht nicht um Aufrüstung, sondern um Ausstattung und eine strategische Ausrichtung der Bundeswehr. Seit 2014 wurde der Bundeswehretat bereits von 32 Milliarden auf 47 Milliarden Euro erhöht, Deutschland hat bereits den siebt­größten Militäretat der Welt. Die Frage ist doch, warum es dennoch an allen Ecken zu mangeln scheint. Wir unterstützen eine auf Landesverteidigung ausgerichtete Bundeswehr mit einer angemessenen Ausrüstung. Wir sind aber dagegen, einen riesigen Betrag in den Raum zu stellen, der auch in so kurzer Zeit kaum abrufbar ist, und erst dann zu überlegen, wofür wir das Geld überhaupt brauchen. Wir müssen unbedingt eine neue Spirale der internationalen Aufrüstung verhindern.

Bild: imago
Im Interview: Martin Kaiser

Der 57-Jährige ist geschäfts­führender Vorstand von Greenpeace Deutschland. Er ist Diplomforstingenieur und Diplomgeoökologe.

Sind die 100 Milliarden Euro nötig als Symbol, dass sich Deutschland gegen einen Angriff Putins auf Deutschland oder unsere Verbündeten wehren könnte und würde?

Ich kann nachvollziehen, dass Olaf Scholz das Signal setzt: Wir müssen die Ausrüstung der Bundeswehr angehen. Dafür hätte es die 100 Milliarden nicht gebraucht. Viel entscheidender waren die Ankündigung, russische Banken aus dem Swift-Überweisungssystem auszuschließen, und andere ökonomische Maßnahmen.

Putin hat ja im Ukrainekrieg kaum verhehlt mit Atombomben gedroht. Sind Sie immer noch gegen die US-Atomwaffen in Deutschland, die im Ernstfall auch von der Bundeswehr eingesetzt würden?

Ja.

Atomwaffen scheinen aber ein wirksames Mittel zu sein, um Putin vor Angriffen abzuschrecken.

Gerade die Drohungen vonseiten Putins zeigen, wie verheerend es ist, wenn Atomwaffen in die Hand solcher Machthaber kommen. Deswegen ist dringend nukleare Abrüstung notwendig – und keine Aufrüstung. Und deswegen lehnen wir auch weiterhin die nukleare Teilhabe Deutschlands ab.

Putin hat aber nun mal Atombomben, und wir können ihn nicht dazu zwingen, dass er abrüstet, oder?

Das ist in der derzeitigen Situation absolut richtig. Aber die Frage ist: Was passiert nach dem Krieg, wenn hoffentlich eine diplomatische Lösung gefunden ist? Dann besteht hoffentlich auch wieder eine Atmosphäre, in der über nukleare Abrüstung verhandelt wird. Der nun angekündigte Kauf des Kampfflugzeugs F35 als neues Atomwaffenträgersystem der Bundeswehr und damit die Fortschreibung der nuklearen Teilhabe Deutschlands auf Jahrzehnte sind daher falsch.

Bietet dieser Krieg eine Chance für den Umweltschutz?

Das ist mir zu zynisch. Wir sehen ja das Leid in der Ukraine, zum Beispiel die Fluchtbewegung, wo Familien zerrissen werden. Das ist wirklich fürchterlich. Der Krieg zeigt aber auch, dass wir in der Energiepolitik und anderen zentralen Versorgungsbereichen unabhängig sein müssen von Staaten, die sehr autokratisch regiert werden und die Zivilgesellschaft unterdrücken. In den letzten Jahren ist ein Mythos aufgebaut worden über Gas als Brücke zu Klimaneutralität. Der erweist sich jetzt allein aus klima-, aber auch aus sicherheitspolitischen Gründen als Irrtum. Und insofern macht es doppelt Sinn zu sagen: Wir machen uns unabhängig von den Importen fossiler Energieträger. Das erhöht die Unabhängigkeit von solchen Regierungen, und es ist gut für das Klima.

Herr Kaiser, haben Sie auch den Kriegsdienst damals verweigert?

Ja, ich habe den verweigert.

Würden Sie das heute auch noch tun?

Ich würde es heute auch noch tun. Meine Entscheidung fiel damals im Kalten Krieg, als es auch um den Nato-Doppelbeschluss ging. Da gab es schon diese Konfliktlage zwischen Ost und West. Das ist eine sehr persönliche Entscheidung, ob man den Einsatz von Waffen und Militär unterstützt. Das muss auch weiterhin so sein.

Ihre Antworten waren jetzt teilweise nicht so klar.

Das stimmt. Aber die aktuelle ­Situation ist nicht dazu gemacht, um in Schwarz-Weiß-Rastern ein­geordnet zu werden. Sie ist komplex und muss entsprechend behandelt werden. Wir alle stehen vor großen Herausforderungen, und genau diesen müssen wir uns auch durch Reflexion stellen. Das tue ich.

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113 Kommentare

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  • Es ist doch ganz einfach:

    Frieden hängt immer von 2 Seiten ab

    Wenn eine Seite ihn bereit ist zu brechen, dann kann diejenige, die ihn weiter sucht, nur nachgeben und den Kriegsbereiten gewähren lassen, oder es kommt zum Krieg.

    Aber wenn es einfach damit getan wäre, nachzugeben: Nachgeben heißt, Land zu verlieren, es heißt für Völker Freiheit zu verlieren (es gibt verschiedene Qualitäten von Leben und Gesellschaft, Freiheit udn Selbstregierung steht nun mal höher als Knechtschaft!).

    Und wenn es nur das wäre: Einer, der über Morde und Krieg als Mittel vorgeht - das hat Putin schon mehrfach getan - der wird durch Nachgeben auch nicht aufgehalten. Wo ist die Grenze, da man nicht mehr nachgeben kann - wenn er den Pazifisten das Baltikum abgepresst hat? Wann?

    Und einem, der immerzu lügt und Verträge bricht, wie soll man mit dem ein Abkommen schließen, was Bedeutung hat? Und wenn er es bricht, dann hebt man wieder die Hände, sagt "kein Krieg" und lässt den nächsten Staat "Hops" gehen?

    Und die Leute die hier meinen eine Deutungshoheit auf die Geschichte zu haben, sei gesagt: Es gibt auch eine Geschichte vor und nach Nazideutschland, da gibt es auch viele schlimme Verbrechen. Es braucht nicht einen zweiten Hitler, um es mit schlimmsten und inakzeptablen Menschheitsverbrechen zu tun zu haben. Putin ist da schon länger dabei. Und Verantwortung bezieht sich auf das Heute: Es geht darum, die Welt heute frei von diesen Verbrechen zu halten, aber schlimme Verbrecher gehen so weit sie ihr Militär und ihr Geheimdienst tragen. Und die finden nur Grenzen - zu jeder Zeit - wenn ihnen unerbittlicher und letztlich stärkerer Widerstand entgegengesetzt wird. Wir aber haben genug Grund es stark zu bezweifeln, dass dies bald von Innen - aus Russland selbst - kommt. Also muss es von außen kommen. Nazideutschland tut im Blick auf Russland heute nichts zur Sache und falls doch., so genau andersherum als Pazifisten es sich vorstellen (okay), vielmehr uns weismachen wollen (abgelehnt).

  • 2G
    2422 (Profil gelöscht)

    Mich erschüttert, wie einige Redakteure der TAZ mit pazifistischen Positionen umgehen. Solche Interviews lassen dem Interviewten keine Chance. Und der Leser wird dabei behandelt, als könnte er sich nicht selber eine Meinung bilden.

    • @2422 (Profil gelöscht):

      Warum sollte Interviewer dem Teilnehmer "eine Chance" geben?

      Ist doch gut, wenn in solchen Interviews die Widersprüche, Scheinlösungen und Vereinfachungen in den Positionen aufgedeckt werden.

      Sollte zu allen Themen so gehandhabt werden.

      • @gyakusou:

        Ja so kann man es auffassen.

        Ich jedoch höre eine Aggressivität in den Fragestellungen, die eigentlich aus meiner Sicht nur zwei Gründe haben kann:



        1.) Entweder der Fragesteller ärgert sich über eine angeblich indifferent Antwort, weil er die Haltung vertritt: Ukraine Hurra! - liefern wir alles rein, erklären wir die militärische Lösung für den gerechten Krieg!



        2.) Oder er wird von Selbstzweifeln gequält und projiziert seine Verzweiflung mit Aggression auf den Befragten.



        Der doch qua Funktion bei Greenpeace eine anschlussfähige Grundrichtig-Toll-Klingende Rundumzufrieden-Twitter Satz zu Krieg und Frieden formulieren müsste.

        Jedenfalls kommt der Fragesteller aus meiner Sicht leider gar nicht auf die Idee, dass er vielleicht die falschen Fragen stellt.

        Aber Sie sind scheinbar zufrieden: Dieses Greenpeace-Friedens-Geeiere finden Sie furchtbar. Das wollten Sie bestätigt haben.

        Oder irre ich mich? Sie hätten ja sonst präziser werden müssen.



        Ich sage nämlich: Genau. Die Fragenstellungen decken die Vereinfachungen des Fragestellers auf.

        Darum kommt bei dem Interview auch nix Substantielles rum.



        Ausser das Greenpeace Friedensweicheier sind. Die die Fragen des Kriegsdienstverweigerungs-Tribunals scheinheilig beantworten.

        Während doch jeder weiss: Ob Land, Nation - oder die der Vergewaltigung bedrohte Freundin: Natürlich darf man schiessen.

  • „… Wir verurteilen den Überfall Russlands auf die Ukraine aufs Schärfste und fordern die russische Regierung auf, sich sofort zurückzuziehen. Grundsätzlich stehen wir für Konfliktlösungen ohne kriegerische Auseinandersetzung. …“

    Na, bravo, Greenpeace, gehe mal einer von euch zu Putin, auf euch wird er hören!

  • Der allenorts gewählte Vergleich zwischen Russland und Nazi-Deutschland ist eine Ungeheuerlichkeit.



    Wir feinen Deutschen haben damals nämlich mal eben 24 Millionen Russen (!!!) umgebracht.

    Ja, es mag für einige plausibel sein, wenn Deutschland grundgesetzwidrig in einen ausländischen Krieg eingreift.



    Und damit vielleicht den 3. und letzten WK auslöst.

    Für mich nicht. Ich stehe zu unserem GG, das auf 2 angezettelten und verlorenen Weltkriegen fusst.

    • @neu_mann:

      „… Wir feinen Deutschen ….“

      Wir Deutschen geht grundsätzlich für gar nichts, ich lasse mich nämlich nicht in ein „wir“ vereinnahmen, selbst für Heutiges nicht.



      Für damals gilt es schon gar nicht. Richtig ist: Deutsche haben damals eine der größten Menschheitsverbrechen begangen (wobei sich Massen von Menschen zu Werkzeugen verführen haben lassen - und schlimmerweise danach zu viele Verantwortliche nicht bestraft wurden bzw. sogar wieder zu Amt, Macht, Geld und „Würden“ gekommen sind).



      Die gleichen Mechanismen laufen jetzt in Russland ab Fehlinformation des Volkes, Verfolgung, Bedrohung und schärfste Bestrafung von Kritikern, Massen-Hysterie-Veranstaltungen zur Einschwörung, Blitzüberfall autonomer Regionen und Ermordung dort lebender Bürger, ….



      Das geschieht, perfektioniert durch neue Medien.



      Also erfinden Sie nicht das Recht eines eines alten Mannes auf Vernichtung fremder Völker und einen neuen Stalinismus (schauen Sie sich die Todeszahlen dieser Zeit an) im eigenen Lande.

      • @snowgoose:

        "Also erfinden Sie nicht das Recht eines alten Mannes auf Vernichtung fremder Völker": Das NEU-MANN nicht getan. Aber er möchte nicht in einen Krieg verwickelt werden, der zu noch viel mehr Elend und Zerstörung führen wird - am Ende kommt nämlich nichts dabei raus. Welcher Krieg in den letzten 70 Jahren hat denn zum "Erfolg" geführt (Vietnam, Irak...), außer zu Millionen Toten?

        • @resto:

          Nein, die Zentralpunkte waren eine angebliche Bringschuld der Deutschen gegenüber Russland (mit einem unzulässigen „wir“) und der Vergleich von Putin mit Hitler. Dieser wird nun immer passender, nachdem dieser nun Menschen nach Russland verschleppt und von „Endlösung“ spricht.

    • @neu_mann:

      Die 24 Millionen Tote waren Sowjet und beileibe nicht alle ethnische Russen. Da sind zum Beispiel auch alle ukrainischen Opfer mit drin. In Russland gibt es auch immer diese Gleichsetzung um den Beitrag der anderen Ethnien der Sowjetunion im Kampf gegen den deutschen Hitler Faschismus zu marginalisieren.

    • @neu_mann:

      Sie irren.

      Das Grundgesetz verbietet einen Angriffskrieg und Handlungen, die dazu geeignet sind, das friedliche Zusammenleben der Völker zu stören.

      Unterstützt das deutsche Militär einen anderen Staat auf seinem Gebiet gegen einen Invasoren, wäre kein Angriffskrieg.

      Man würde es auch als Wiederherstellung des friedlichen Zusammenlebens der Völker betrachten.

      Insofern können Sie eine Grundgesetzwidrigkeit hier schlecht begründen.

      • @rero:

        Das GG bezieht sich aber auf die BRD und nicht darauf, andere Länder zu verteidigen. Und die NATO eben auf die NATO-Länder.

        • @resto:

          Das Grundgesetz sagt deutlich, worauf es sich bezieht.

  • Pazifismus ist gut und wichtig, funktioniert aber nur bis zu einem gewissen (Zeit)Punkt. Ab dem muss man Freiheit und Leben auch mit Gewalt verteidigen, so schmerzhaft das auch ist.

    Wer aufgrund seiner absoluten Gewaltlosigkeit tatenlos dabei zusieht, wie jemand von Neonazis erschlagen wird, der macht sich an dessen Tod mitschuldig.

    Immer dran denken: Ausschwitz ist nicht aufgrund einer Petition geschlossen worden.

    • @Jürgen Meyer:

      Zu den unangenehmen Seiten der Kritik am Pazifismus gehört, dass niemand den Pazifisten zuhört, bevor es zu spät ist - danach müssen sie natürlich als Sündenbock herhalten.



      Ich erinnere gerne daran, das Pazifismus sich nicht auf die Ablehnung von Gewalt beschränkt, sondern eine Politik anstrebt, die frühzeitig die Ursachen von Gewalt und Kriegen bekämpft und das Militärische auf diesem Wege überflüssig macht. An dem Krieg in der Ukraine sieht man das beispielhaft: seit Jahren wurde davor dem Eskalationspotential dort gewarnt, sollte man keinen modus vivendi finden, der auch legitime russische Interessen berücksichtigt. All diese Warnungen sind ungehört geblieben. Den Krieg jetzt ohne diese Vorgeschichte allein mit Putins persönlicher Bosheit zu erklären und sich über naive Pazifisten lustig zu machen, finde ich einigermaßen billig - genau wie die diskursive Instrumentalisierung von Auschwitz.

      • @O.F.:

        So ist es. Die Politik muss schon in Friedenszeiten pazifistisch sein.

      • @O.F.:

        Mein Eindruck ist, dass Pazifist:innen durchaus zugehört wird, allerdings ohne von ihnen überzeugt zu werden. Was offenkundig besonders für Putin und seinen obskuren Zirkel gilt.



        Die Idee des Pazifismus zur erfolgssicheren Lösung von Konflikten ist wie alle zur Wahrheit erhobenen Glaubenshaltungen: davon abhängig, dass ihr alle folgen. Was eine Illusion darstellt, die man weder beweisen noch widerlegen kann. Aber man kann sie als universelles Erklärungsmodell, warum immer alles schief geht, verwenden und damit scheinbar immer Recht haben. Sich sogar die mühevolle Suche, Auseinandersetzung und Abwägung anderer Aspekte, schwieriger Umstände, sperriger Tatsachen, vom Hals halten und immer frisch wie der Igel gegenüber dem Hasen seine These unwiderlegbar auf den Tisch knallen.



        Wenn Sie schreiben 'wurde gewarnt ,,,sollte man keinen modus vivendi finden, der auch legitime russische Interessen berücksichtigt ...'



        dann erklären Sie aus meiner Sicht nichts mit nichts, weil 'legitime Interessen' eine leere (in diesem Fall eindeutig instrumentalisierte) Formel ist, die man je nach Perspektive mit beliebigem Inhalt, Lügen, Taktik, sogar Irrsinn, füllen kann.



        Bezüglich stärkerer Bemühungen, ‚die Ursachen von Gewalt und Kriegen zu bekämpfen‘, stimme ich Ihnen zu. Wobei mir auffällt, dass ‚bekämpfen‘ ein eher kriegerischer Begriff ist, der zu Ihrer pazifistischen Idee nicht so ganz zu passen scheint.

      • @O.F.:

        Wo hörte niemand den Pazifisten zu?

        In diesem Land ist Pazifismus Mainstream.

        Beim Eingriff in den Kosovo-Krieg kochten hier die Emotionen hoch.

        Baerbocks 5.000 Helme belegen, dass Pazifismus bisher Staatsdoktrin war.

        • @rero:

          Und etliche Bundeswehreinsätze in den letzten Jahren beweisen, dass Pazifismus eben keine Staatsdoktrin ist; und gerade der "Eingriff in den Kosovo-Krieg", bei dem es sich um einen Abgriffskrieg ohne UN-Mandat handelte, zeigt, dass man es auch mit dem Völkerrecht nicht allzu streng sieht, sofern eigene Interessen anderes diktieren. Ich verstehe ja die Kritik an Russland - aber muss diese immer durch eine Verharmlosung der eigenen Regierungen unterstrichen werden?

          • @O.F.:

            Gerade in Bezug auf den Kosovo wurde den Pazifisten zugehört, was das Zeug hält.

            Rot-Grün hat dann nur eine andere Entscheidung getroffen.

            Sie erinnern sich schon an den Grund für den Eingriff?

            Es waren die Massenerschießungen in Bosnien, die man nun auch im Kosovo befürchtete.

            Ob die Prognose richtig oder berechtigt war, kann man unterschiedlich sehen.

            Der Einsatz hat die Grünen jedenfalls fast gesprengt.

            Ein besseres Beispiel für Pazifismus als Mainstream kaum geben.

            • @rero:

              Die Tatsache, dass sich die rot-grüne Regierung zu einem Angriffskrieg ohne UN-Mandat entschlossen hat, zeigt allerdings schon, dass der Pazifismus keineswegs dominant war; nicht einmal bei den Grünen konnte er sich durchsetzen, erst recht nicht SPD, Union und FDP. Die Tatsache, dass die Bundeswehr seitdem immer wieder militärisch im Ausland tätig war und ist, spricht Bände. Der angeblich "pazifistische Mainstream" ist eine Erfindung, die von der Realität deutscher Außenpolitik widerlegt wird.



              Eine gewisse Kriegsunwilligkeit in der breiten BEvölkerung hat wiederum wenig mit Pazifismus zu tun; in beinahe allen Ländern und zu allen Zeiten, ist die Begeisterung dafür, die eigene Jugend in den Krieg zu schicken, eher gering; genau deshalb ist auch immer ein so großer propagandistischer Aufwand nötig.

              • @O.F.:

                Nee.

                Kriegsunwilligkeit hat viel mit Pazifismus zu tun.

                Kriegsunwilligkeit ist Pazifismus in seiner pragmatischen Form.

                Sie befriedigt nur die pazifistischen Ideologen nicht.

                Man findet nicht genug moralische Bestätigung.

                Aber das ist ein Nebenthema.

                Den Pazifismus fanden Sie hier bis zu Putins Einmarsch in fast allen Medien.

                Jeder einzelne Auslandseinsatz musste gut begründet werden, um in den Medien halbwegs Akzeptanz zu finden.

                Bei einem Mainstream mit bellizistischer Tendenz wäre es genau umgekehrt.

                • @rero:

                  1. Pazifismus ist die grundsätzliche Ablehnung militärischer Gewalt; das hat nicht mit einer allgemeinen Kriegsunwilligkeit zu tun, die (zum Glück) eher Normalfall ist. Die meisten Menschen lösen Konflikte lieber am Verhandlungstisch als auf dem Schlachtfeld. Gut so!



                  2. Der Pazifismus hat auch keineswegs die Medienlandschaft dominiert; die Auslandseinsätze der Bundeswehr wurden von einem Großteil der Berichterstattung unterstützt. Dass man auf eine gute Begründung wert gelegt hat, ist wiederum kein Pazifismus, sondern gesunder Menschenverstand. Wenn eine Regierung Krieg führt, sollte sie in der Lage sein, auch zu erklären, warum das nötig ist.

  • Auch Greenpeace scheint in dieser Krise verzweifelt eine glaubwürdige Position zu suchen. Das klingt alles nicht überzeugend …

  • Danke für die sehr gute Interviewführung.

  • 2G
    2422 (Profil gelöscht)

    Solange es in Deutschland dreifach soviel Straßen gibt, die nach unserem großen Tannenbergsieger (gegen die Russen!!) und Hitler-Ins-Amt-Bringer Hindenburg benannt (ca 440 Straßen) sind als nach dem Pazifisten Carl von Ossietzky (ca 130 Straßen), werde ich bei Pazifistenbeschimpfungen hellwach - auch und gerade, wenn diese in der TAZ erfolgen. Wers überprüfen will, siehe: www.zeit.de/interactive/strassennamen/

    • @2422 (Profil gelöscht):

      Es ist ein Interview mit kritischen Fragen.

    • @2422 (Profil gelöscht):

      Sind Straßenumbenennungen für Sie ein tauglicher Ersatz für Politik?

    • @2422 (Profil gelöscht):

      Tja, und dabei wurde in dem Interview gar nicht beschimpft.

      Es wurden sachliche Fragen gestellt.

      Dafür sind Interviews unabhängiger Medien da.

      Es ist spannend, dass Sie das als Beschimpfung erleben.

  • 'Martin Kaiser erklärt das Dilemma der Friedensbewegung: Greenpeace ist gegen Krieg und Rüstung, aber auch für die Verteidigung der Ukraine.'



    In diesem Fall hat Greenpeace keine Alleinstellungsmerkmale. Es geht doch fast allen so.



    Für mich ein weiterer Beweis, dass Begriffe wie Pazifismus, Militarismus, Appeasement etc realitätsfern sind und Scheinlösungen und -konzepte vorgaukeln.



    Die Wirklichkeit entzieht sich bei jeder etwas komplizierteren Fragestellung diesen kategorischen Glaubenshaltungen, die die eigentliche Ursache für die sogenannten Dilemmata sind. Das Dilemma ist auch ein Zufluchtsort, um einer Entscheidung auszuweichen. Und das Selbstbekenntnis dazu vielleicht sogar eine plakative Leidensäußerung, die in diesem Fall den Blick vom wirklichen Leiden ablenkt (ablenken soll?) und ihm den Rang abläuft.



    Bei allem Respekt vor Herrn Kaisers Dilemmaproblem haben seine Äußerungen für mich auch etwas von Rumeiern.



    Ich lehne Rumeiern als Lösung ab.

    • @Jossito:

      "Bei allem Respekt vor Herrn Kaisers Dilemmaproblem haben seine Äußerungen für mich auch etwas von Rumeiern.

      Ich lehne Rumeiern als Lösung ab."

      Wobei es noch schlimmer geht. Neulich kam im Deutschlandfunk ein Betrag über eine Veranstaltung der Friedensbewegung in Rheinland-Pfalz. Da hat einer der Aktivisten tatsächlich gefordert, die Ukraine solle sich einfach ergeben.

      Als ich das gehört habe, dachte ich daran, dass genau dieses "sich kampflos ergeben" in der Geschichte meistens dazu geführt hat, dass der Aggressor dann die Opfer trotzdem brutal angriff und versuchte zu unterdrücken oder teilweise sogar zu vernichten, siehe z. B. Russlands Aggression nach der friedlichen Krim-Annektion oder der Umgang weißer Siedler mit den Ureinwohnern Nordamerikas, die sich oft auch einfach ergaben und trotzdem keinen Frieden bekamen.

      Ich teile zwar auch nicht Hr. Kaisers Ansicht, aber immerhin erspart er uns solche geschichtsvergessenen Appeasement-Forderungen.

    • @Jossito:

      "Begriffe wie Pazifismus, Militarismus, Appeasement etc realitätsfern sind und Scheinlösungen und -konzepte vorgaukeln."

      Ein weitestgehender Energieboykott ist keine Scheinlösung.

      • @Rudolf Fissner:

        Jede nichtrealisierbare Lösung ist eine Scheinlösung.



        Und mit realisierbar meine ich nicht im Kopf von Greenpeace realisierbar, sondern auf dem platten Boden der Wirklichkeit einer konkreten Gesellschaft.

  • Danke!

  • Ich erkenne da keine Haltung, es ist ein Sich-Winden und ein Herumgeeiere.

  • @MICHAEL WEISS

    Netter Strohmann, den Sie da mit "Kumbaja" haben.

    Herr Kaiser macht im Interview niemanden Vorschriften, kann sogar die Waffenlieferungen an die Ukraine nachvollziehen.

    Sie sind derjenige, der im ganz klassischen Muster polarisiert. Da scheint mir Herrn Kaisers Position wesentlich ausgewogener und durchdachter.

    • @tomás zerolo:

      Er kann sie nachvollziehen, sagt aber im nächsten Satz, dass Greenpeace sie eigentlich ablehnt. Das ist schizophren und nicht ausgewogen.

      • @grüzi:

        Wenn das für Sie "schizophren" ist, dann wissen Sie halt nicht was Schizophrenie ist. Das ist nicht weiter schlimm. Aber dann sollten Sie halt auch Begriffe aus der Psychopathologie als Kampfbegriffe missbrauchen.

        • @LittleRedRooster:

          Sorry - das sollte natürlich lauten: Begriffe aus der Psychopathologie NICHT als Kampfbegriffe missbrauchen.

      • @grüzi:

        Nein, das ist ein Dilemma. Und das macht Herr Kaiser sehr gut deutlich.



        Und ich finde es nicht falsch, sich das einfach einzugestehen.



        Wer hier entscheiden muss, kann da niemals sauber rauskommen, wenn er/sie ein Gewissen hat.



        Herr Müller muss es nicht entscheiden, deshalb darf er herzlich unentschieden sein.



        Mich zerreißt es auch.



        Alle diejenigen, die hier behaupten, sie hätten die Weisheit mit Löffeln gefressen, denken nicht über ihren Tellerrand hinaus.

        • @Life is Life:

          Er hätte sagen können: "Sorry, unsere bisherige Haltung zu dem Thema war falsch, in manchen Fällen wie jetzt in der Ukraine sind Waffenlieferung richtig." Oder eben: "Ich bleibe dabei, Waffenlieferungen am Konfliktparteien sind falsch, auch an die Ukraine."

          Er legt sich aber nicht fest, weil er es sich nicht traut. Da ist weder edel noch reflektiert, sondern ein Versuch die eigene Agenda zu retten und sich dabei nicht vollständig ins Abseits zu stellen.

        • @Life is Life:

          Er ist nicht unentschieden, sondern versucht zwei sich gegenseitig ausschließende Positionen zu vertreten, damit es ihn eben nicht zerreißt. Freundlich ausgedrück eine feige "Haltung".

          • @BluesBrothers:

            Die Realität ist halt etwas komplizierter als "schwarz-weiß". Ich bin froh, dass bei der gegenwärtigen Stimmung Pazifist:innen überhaupt zu Wort kommen. Chapeau.

  • Wieso müssen sich in der TAZ neuerdings die Pazifisten unter dem höhnischen Beifall der Bellizisten für ihre Haltung rechtfertigen?



    Wieso erklären Letztere nicht, warum angeblich Vietnam, Korea, Afghanistan, Geo4gien, Syrien, Irak, Kosovo ihrer Meinung nach Erfolgsgeschichten und nicht völliges Scheitern der Humanität waren.

    • @neu_mann:

      Wen kennen Sie denn, der Vietnam, Korea, Afghanistan, Georgien oder den Irak oder den Kosovo heute als Erfolgsgeschichte verkauft?

      Mit wem sollten die von Ihnen geforderten Interviews geführt werden?

      Mir fällt keiner ein.

      Aber zu Afghanistan und dem Kosovo gab es zu seiner Zeit reihenweise kritische Interviews in der Taz.

      Klingt stark nach Whataboutism, was Sie schreiben.

    • @neu_mann:

      Ich finde es nicht so falsch, wenn auch Pazifisten auf die Stichhaltigkeit ihrer Argumente befragt werden. Die Fragen des Journalisten waren alles, aber nicht unfair.

    • @neu_mann:

      Genau das ärgert mich zu an der gegenwärtigen Reaktion auf den Krieg in der Ukraine: die Kritik an Russland ist ja durchaus berechtigt; allerdings verstehe ich nicht recht, warum sich sogar eher linke Medien wie die taz auf ein manichäisches Weltbild einlassen, laut dem ein finsteres, nationalistisches Russland gegen Freiheit und Demokratie ins Feld zieht - und dabei ausblenden, dass der sog. Westen seine Interessen auch nicht anders umsetzt; man sollte in der Lage sein, den Krieg zu kritisieren, ohne zur Jubeltruppe für die eigenen Regierungen zu werden.

      • @O.F.:

        Das manichaeische Weltbild gehörte doch stets zur DNA des innerlinken Diskurses … die Einteilung der Welt in Gut und Böse, wobei klar war, dass man selbst natürlich immer auf der richtigen Seite stand. Wer aus 1989/90 nichts gelernt hat, muss es jetzt - spätestens mit dem Krieg Russlands gegen die Ukraine - erfahren, dass uns dieses Weltbild gehörig vor die Füße fällt. Lernen auf die harte Tour nennt man das.

        • @Abdurchdiemitte:

          Der Hang zum Manichäischen (genauso wie die Überzeugung, auf der richtigen Seite zu stehen), ist kein linkes Spezifikum, sondern allzu menschlich: Kalte Krieger findet man nun wirklich in jedem politischen Lager; nur hat die Linke bisher zumindest, wenngleich ritualisiert, das caveat zur offiziellen Politik formuliert. Und egal wie platt sie dabei war: allein dadurch hat sie eine Kontrollfunktion erfüllt.



          Dass der gegenwärtige Krieg das linke/pazifistische Weltbild widerlegt, bestreite ich übrigens: es ist genau die Eskalation eingetreten, vor der Linke seit c. 20 Jahren gewarnt haben. Wir hatten - mal wieder - recht.

          • @O.F.:

            Ja, das stimmt natürlich … Freund/Feind-Schemata, Sündenbocktheorien etc. sind ein allgemein menschlicher Zug, das zeigt u.a. die sozialpsychologische Forschung eindrucksvoll auf. Als Linke sind wir allerdings besonders gefordert, die Diskurse aus einer selbstreflexiven Perspektive zu betrachten … wie bei der Debatte über den Antisemitismus vermisse ich das zuweilen auch im Kontext über den faschistischen Charakter des Putin-Regimes in Russland.



            Wobei ich in dem Kontext feststelle - auch wenn ich manche Kommentare hier lese - , dass das Problem weniger bei den Pazifisten liegt (die ihrer Haltung treu bleiben, wie immer man dazu stehen mag), sondern wohl eher bei den linken „Kritikern der Elche, die früher selber welche waren“, die jetzt mit demonstrativem Hardcore-Bellizismus meinen beweisen zu müssen, dass sie diesmal auf der ideologisch richtigen Seite der Geschichte stehen bzw. ihre Lektion gelernt hätten … diese sitzen mit ihrer Widerlegung des Pazifismus auch nur als Zuschauer auf dem Sofa und nicht in einem Luftschutzkeller in Mariupol.



            Gerade das meinte ich nicht Selbstreflexion und Lernen auf die harte Tour … da hätten Sie mich missverstanden.

      • @O.F.:

        "laut dem ein finsteres, nationalistisches Russland gegen Freiheit und Demokratie ins Feld zieht"



        Einfach mal den Ententest machen.

        "und ausblenden, dass der sog. Westen seine Interessen auch nicht anders umsetzt;"



        Der Irakkrieg und ähnliches wurde in der taz ebenso angemessen kritisiert. Jetzt mit "aber der Westen" zu kommen ist Whataboutism weil kein Verhalten des Westens den russischen Angriff rechtfertigt.

        "man sollte in der Lage sein, den Krieg zu kritisieren, ohne zur Jubeltruppe für die eigenen Regierungen zu werden."



        Strohmann. Gerade jubeln weder Unterstützer noch Gegner von Waffenlieferungen über die Bundesregierung.

        • @grüzi:

          Im Bundestag wurde gejubelt, sind die Abgeordneten begeistert von den Sitzen aufgesprungen, als Scholz die sicherheitspolitische 180-Grad-Wende der Ampelkoalition verkündete … so als wenn ein Knoten geplatzt wäre, der mich doch sehr an die Situation vom Sommer 1914 erinnerte. Haben Sie das nicht wahrgenommen?



          Okay, auf die Reaktionen auf dem äußerst linken und rechten Flügel des Plenums habe ich nicht so geachtet, ich habe mich in besagter Bundestagsdebatte eher auf die Reaktionen der sozialdemokratischen und grünen Parlamentarier konzentriert.

  • Und ich lehne vages Herumeiern als Argumentationsmuster ab.

    • @Deep South:

      Der ist nebenbei auch noch der Chef von greenpeace und ich rate mal, daß dort Meinungsvielfalt herrscht.

  • "Es kann nicht sein, dass jetzt noch täglich bis zu 500 Millionen Euro in Europa alleine für Kohle, Öl und Gas gezahlt werden, die Geld für den Kriegstreiber Putin bedeuten."

    Das ist DIE zentrale pazifistische Antwort von Greenpeace.

    Die Antwort wird im Internet Interview schlichtweg ignoriert. Stattdessen wird in einem fort der Pazifismus von Greenpeace hinterfragt und Waffengewalt als die einzige valide Antwort hin gestellt.

    Dabei geht diese pazifistische Forderung nach einem Energieboykott noch sehr viel weiter als die Politik der Bundesregierung, die sowohl eine weitergehende militärische Antwort wie auch die pazifistische Energieboykott-Bazzoka scheut.

    • @Rudolf Fissner:

      Ich glaube es wird im Interview nicht darauf eingegangen, weil es keine besonders originelle und spezielle Greenpeace-Forderung ist. Der Energieboykott wird ja von allen möglichen Seiten gefordert.

      Sehe auch nicht dass es da ein entweder-oder gibt. Man muss beides machen Waffen liefern und Energieimporte stoppen.

      Greenpeace hat hier übrigens auch keine weißere Weste als andere politische Akteure und Firmen: Der Greenpeace Energieableger "Greenpeace Energy" macht seit Jahren Geld mit russischem Erdgas und verkauft es auch noch dreist als "Prowindgas".

    • @Rudolf Fissner:

      Ja, es ist DIE zentrale pazifistische Antwort.

      Sie ist nur neben der Frage.

      Da Herr Kaiser weiß, dass aufgrund der wirtschaftlichen Verpflechtung es nicht möglich ist, diese morgen auf annähernd 0 runterzufahren, hofft er, sich vor einer Antwort drücken zu können.

      Wahrscheinlich ist Herr Kaiser dankbar, dass es diesen erfolglosen pazifistischen Versuch gab, Russland wirtschaftlich so einzubinden, dass ein Krieg unwahrscheinlich würde.

      Sonst müsste er nämlich erklären, wie er zu Waffenlieferungen steht, nachdem die EU dort keine fossilen Energieträger mehr kauft und der Krief trotzdem weitergeht.

      • @rero:

        "dass aufgrund der wirtschaftlichen Verpflechtung es nicht möglich"

        Was wollen Sie damit sagen? Dass es möglich ist dem Morden im Fernsehsessel zuzuschauen und indirekt dabei involviert zu sein? Aber dass es nicht möglich ist, einen unblutigen Energieboykott durchzuführen, der das Morden beenden kann?

        • @Rudolf Fissner:

          Was ich damit sagen wollte, steht doch eigentlich dahinter, so dachte ich zumindest.

          Ein Scheinargument.

          Herr Kaiser nutzt misslungene pazifistische Politik der Vergangenheit, um sie gegen die Befürworter einer nun weniger pazifistischen Haltung zu verwenden.

          Ich bin neugierig, wie Herr Kaiser rumeiern wird, sobald der Energieboykott Deutschlands weitgehend funktioniert.

          Ja, ich denke nicht, dass die Sanktionen den Krieg beenden werden.

          Sanktionen waren absehbar, und ich glaube, Putin ist da gut vorbereitet.

          Was ich glaube, ist aber unerheblich.

          Die Sanktionen sollten so groß ausfallen wie nur irgendmöglich.

          • @rero:

            Eine noch nicht umgesetzte pazifistische Politik kann schlecht als eine "misslungene pazifistische Politik der Vergangenheit" bezeichnet werden.

      • @rero:

        "Ich glaube es wird im Interview nicht darauf eingegangen, weil es keine besonders originelle und spezielle Greenpeace-Forderung ist."

        Da Waffenlösungen erst recht keine Lösung von Greepeace ist, hätte man sich auch gleich das ganze Interview sparen können. Es zeigt aber sehr schön wo die Interessenlage von Herr Maurin liegt.

        • @Rudolf Fissner:

          Ob es nun die Interessenlage von Herrn Maurin zeigt, weiß ich nicht.

          Er sucht sich einfach so seine Themen, das ist mein Eindruck.

          Nun habe ich von Greenpeace keine Lösungsvorschläge zur Krisenpolitik in der Welt erwartet.

          Ich staune eigentlich, dass die zu diesem Thema überhaupt was sagen wollten.

  • Gestern wurde protestiert, dass man nach Selinskis Rede im Bundesag sofort zur Tagessordnung überging. Putin traue ich mitlerweile alles zu Selinski ist ein Medienprofi und ich habe Bedenken, dass er die Nato mit in den Krieg zieht. Keine Waffen an die. Ukraine!

  • Die Unfähigkeit Ungewissheiten und Widersprüchlichkeiten auszuhalten trägt nicht gerade zum friedlichen Umgang miteinander bei.

    Es gibt Fragen die nicht einfach mit Ja/Nein zu beantworten sind.



    Der Konflikt in der Frage des Pazifismus beschäftigt mich persönlich auch.

    www.youtube.com/watch?v=WDTtMTcj8X0

    • @Bürger L.:

      Auf alle Fälle habe ich gegenwärtig mehr Fragen als antworten.







      Ich bin erschrocken, wie schnell sich das rein militärisch/strategische Denken und Argumentieren durchsetzt und eine pazifistische Haltungen als verantwortungslos und feige diskriminiert wird.

      • @Bürger L.:

        Ungewissheiten und Widersprüchlichkeit mögen ja ihre Berechtigung haben wenn die Fragestellung komplex ist. Ob man aber die Waffenlieferungen an die Ukraine in Ordnung findet oder nicht ist nun mal eine relativ klare und einfache Frage und Martin Kaiser windet sich um die Antwort. Warum ist auch ziemlich durchschaubar: Wenn er die Lieferungen ablehnt, stellt er sich politisch ins Abseits, sie in Ordnung zu finden wäre das Eingeständnis, dass die bisherige Haltung von Greenpeace nicht uneingeschränkt gültig ist. Die vagen Antworten zeigen nicht, dass er irgendwie besonders reflektiert ist, sondern dass er zu wenig Rückgrat hat Stellung zu beziehen.

        • @grüzi:

          Ich liefere keine Waffen an ein Land, ein Militär, in dessen Reihen und für dessen Ziele ein Asov-Regiment kämpft.



          DAS ist eine relativ einfache und klare Frage.



          Falls - und eben nur falls - man sich dafür verantwortlich fühlt, was die grössten bewaffneten Verbände seit 1945 bedeuten, die auf europäischen Boden behaupten, für die Werte Europas zu kämpfen. Als Ultranationalisten, Rassisten, völkische Milizen in der Tradition der SS.

          Alle die dies gerade beschönigen, bestreiten, relativieren, funktional-pragmatisch wegschauen, werden mit grosser Sicherheit die Verantwortung nicht für das übernehmen, was in der langen Welle daraus folgt.

          Ich habe das hier schon oft geschrieben: DAS ist es, was Europa, was jeden redlichen Menschen, gegenüber dem verbrecherischen Angriffskrieger Putinrussland NACKT macht.



          Man kann sich das in seinem nordatlantisch-liberal-demokratischen Chauvinsmus schön- und wegreden.

          Das ändert aber am geschichtlichen Sachverhalt nichts. Der hängt nicht an der niederträchtigen Funktionalisierung durch den Angriffskrieger Putinrussland.



          Er liegt voll und ganz in der Verantwortung jener, die diese Milizen zu Freiheitskämpfern für Europa stilisieren und ausrüsten.



          Aber gut. Vielleicht bin ich da auch zu pessimistisch. Die USA/NATO gelten ja immer noch als Demokratiekämpfer.



          Weshalb sie in Afghanistan den islamistischen Terror erschufen. Der die sowjetischen Besatzer besiegen würde.

          • @Martinxyz:

            @MARTINXYZ, ich unterstelle mal, dass diejenigen Mitforisten, die in dieser Frage eine konträre Position zu der Ihren beziehen, eben keine „nordatlantisch-liberal-demokratische Chauvinisten“ sind … vielmehr tobt auf der taz-Forumsseite ein innerlinker Diskurs, wie das System Putin und in welchen geopolitischen Kontext die russische Aggression gegen die Ukraine einzuordnen sei … letztendlich geht es auch um Glaubensfragen („Werte“), was mir in linken Diskursen immer problematisch bzw. suspekt erscheint, verstellt es doch nur allzu oft den Blick auf die analytische Betrachtung des Streitgegenstandes.



            Wäre ich Bürger der Ukraine, würde ich jetzt wahrscheinlich keine Kommentare schreiben, sondern um das Überleben meiner Lieben bangen und irgendwas Nützliches tun … z.B. Strassenbarrikaden errichten oder Molotowcocktails bauen. Pazifismus hin oder her.



            So bleibt mir vorerst nur, einige entbehrliche Möbelstücke für ukrainische Geflüchtete zur Verfügung zu stellen, damit sie ihrer Notunterkunft nicht im Kahlen sitzen müssen.

          • @Martinxyz:

            Witzig. Russland hat weitaus mehr rassistische, nationalistische und faschistische Organisationen aufzuweisen, aber Sie regen sich darüber auf, dass man die - zugegeben widerlichen - Asow-Leute jetzt gegen die russische Aggression kämpfen lässt. Nach der gleichen Logik müsste man dann auch jegliche Förderung für Projekte gegen Rechts sofort einstellen, wenn sich rausstellte, dass in deren Reihen auch nur ein nicht ganz lupenreiner Demokrat wäre.

            Mit dem Asow-Problem muss man sich nach dem Krieg beschäftigen, vor allem die Ukrainer selber, wenn sie näher an Europa und die NATO wollen. Für den Moment kann ich damit leben, dass diese Leute in vorderster Front stehen. Eventuell ist das Problem nach dem Krieg dann auch gar nicht mehr so virulent.

            Und die USA/NATO haben NICHT den islamistischen Terror in Afghanistan geschaffen, da haben Saudi Arabien und Pakistan ideologisch den Löwenanteil geleistet...

    • 2G
      2422 (Profil gelöscht)
      @Bürger L.:

      Ich brauche nichts mehr zu schreiben. Sie haben alles gesagt. Die Fragen erinnern mich an meine erste Verhandlung als Kriegsdienst-verweigerer in den 70-er Jahren, da waren die Fragen von der selben Qualität.

  • AHA: Der Mann des Grünfriedens sieht es als besser an, wenn mam die Ukraine und ihre Bewohner ihrem Schicksal überlässt. Sie sollen also ruhig in die Klauen dieses Kriegsverbrechers geraten, Die 'drogensüchtigen Faschisten' dieser Regierung sollen gefälligst mit Freude ihr Leben für die Herrschaft dieses durchgeknallten Kranken lassen. (Hat dieser Zar ja als Ziel ausgegeben. ...

    Haben die Greenpeacler auch so weit gedacht. Sollen die Russen doch gefälligst in die baltischen Staaten, Polen usw einmarschieren! Böse, wer an Waffen denkt, wenn die Banditen auch in Berlin wieder einrücken! Dann werden sie die extra eingebürgerte und verbeamtete Staatssekretärin und Ex-Greenpeaclerin. und



    -funktionärinin unter der selbstherrlichen Ministerin absetzen.

    Sie können sich wohl nicht vorstellen, wenn heut noch Milosevicz, Karadžić oder Mladić an der Macht wären. Srebrenica war wohl ein Fanal für den Frieden in deren Augen?

    Über langfristige Konsequenzen nachzudenken . dazu reicht ihre Vorstellungswelt nicht aus.

    Ich bin über mich selbst emport, dass ich schon so einiges von meinem Gehalt und der Mindestrente an diese Kurzdenker überwiesen habe.

    • @fvaderno:

      AHA: „...wenn die Banditen wieder in Berlin einrücken...“ Moment mal, weshalb sind die damals eingerückt? Ah ja!

      Wie banal Sie irgendwelche Namen, Länder, Orte, Kriegsverbrechen vermengen und vermischen. Das muss man erstmal schaffen: Über Greenpeace, durch die Ukraine, zurück nach 45, vor nach 1995, bis die Reise schließlich in ihrem Geldbeutel endet.

  • "Die Geschichte hat gezeigt, dass kriegerische Auseinandersetzungen nie einen Konflikt besser gelöst haben als nichtkriegerische Mittel."



    Mit solchen Phrasen kommen wir nicht weiter gegen Kriegstreiber à la Putin.

    Diese Art von Greenpeacern ist nicht zielführend, im Konfliktfall sogar gefährlich für uns.

  • Gutes Interview.

    Es zeigt das Dilemma des Pazifismus. Er ist eine Schönwetterhaltung.

    Was wohl Putin über Pazifismus denkt?

    Oder auch die Ukrainer?

    Der Kalte Krieg blieb ja auch deshalb kalt, weil beide Seiten genug zum mehrfachen Overkill im Schrank hatten.

    Nur mit "We shall overcome" wäre es vielleicht anders gekommen.

    • @Jim Hawkins:

      Eine Schönwetterhaltung kann es ja nicht sein, denn Pazifist in Friedenszeiten zu sein, ist nicht besonders schwer. Im Krieg zeigt es sich, ob es auch wirklich eine Haltung ist oder nur eine kurzfristige Ansicht.



      Da sollten sie eher Ihre eigenen Ansichten dahingehend hinterfragen, bevor Sie vorschnelle Urteile gegenüber anderen fällen.



      Zu fragen, was ein Kriegstreiber von Pazifismus hält, ist als würde man fragen, was ein leidenschaftlicher SUV-Fahrer vom Fahrradfahren hält. Solch banale Fragen erübrigen sich, noch bevor man sie zu Ende gespro......

    • @Jim Hawkins:

      Nein. Pazifismus ist eine langfristige Haltung.

      Putin fürchtet den Pazifismus: Wenn es Pazifisten gelingt, Putins Soldaten zu überzeugen, nicht mehr zu kämpfen, dann zerbröselt seine Macht.

      Pazifismus bedeutet Abrüstung auf beiden Seiten — kein Aufrüsten über das Maß hinaus, das nötig ist, um Aggressionen der anderen Seite zur unnützen Resourcenverschwendung werden zu lassen.

    • 2G
      2422 (Profil gelöscht)
      @Jim Hawkins:

      Haben Sie sich mal die Entstehungsgeschichte dieses Liedes angeschaut. Das war ein Streiklied, ein Kampflied. Und Gorbatschow kam dann an die Macht, weil wir mit unseren Atomwaffen gewunken haben, wenn ich Sie richtig verstehe?

    • @Jim Hawkins:

      So ist es leider. Pazifismus funktioniert nur, wenn die Welt ausschließlich aus Pazifisten besteht.

  • Wer schwarz weiß fragt ist natürlich bei grauen Antworten enttäuscht. Sich der russischen Armee ergeben ist die falsche Frage. Als militärisch unterlegenen Staat gibt es auch noch die Möglichkeit eines zivilen Widerstands mit deutlich weniger Schäden an der Infrastruktur und menschlichem Leid. Doch im schwarz weiß Denken des Redakteur kommt das nicht vor.



    www.sicherheitneudenken.de/

    • @Reinhard Muth:

      Ziviler Widerstand funktioniert nur, wenn man ein Gegenüber hat, das zumindest grundsätzlich gewillt ist, sich ebenfalls an zivile Regeln zu halten. Wem Menschenrechte egal sind, demgegenüber wirkt ziviler Widerstand nicht. Der freut sich höchstens, dass er seinen Völkermord so reibungslos hinbekommt.

    • @Reinhard Muth:

      So sehe ich das auch. 15 Jahre Haft als Androhung für ein Pappschild, das muss man aushalten können und zivilen Ungehorsam üben.

    • @Reinhard Muth:

      Klarer Fall.

      Putin reagiert ja auch im eigenen Land recht feinfühlig auf zivilen Widerstand.

      • @Jim Hawkins:

        Richtige Anmerkung

  • @MARKUS WENDT, @MICHAEL WEISS

    Sie hätten ein prima Tribunal für Kriegsdienstverweigerer in den 1980ern abgegeben.

    Die pazifistische Position ist derzeit eine heikle, gewiss, aber eine überaus repkektable. Respektabler jedenfalls als Ihr jeweiliges (ja, ich gebe es zurück) Geschwurbel.

    • @tomás zerolo:

      Ob man eine radikal pazifistische Position wirklich durchhalten kann, weiß ich nicht - aber im Fall der Ukraine ist der Furor, mit dem man über sie herfällt, unangenehm plump: der Krieg ist ja nicht aus heiterem Himmel über die Welt hereingebrochen, sondern der traurige Höhepunkt einer Eskalationsspirale, vor der nicht nur Pazifisten, sondern auch graue Realpolitiker gewarnt haben. Solche Warnungen 20 Jahre lang zu ignorieren, um dann, wenn die Krise wirklich da ist, in ein geradezu manichäisches Deutungsschema zu verfallen und sich gleichzeitig über die naiven Linken, Pazifisten etc. lustig zu machen, ist vieles, aber sicher nicht überzeugend. Dass sich dieses Muster auch noch mit trauriger Regelmäßigkeit wiederholt, ist umso ärgerlicher.

      • @O.F.:

        Man hat also 20 Jahre davor gewarnt, Putin könnte einen Angriffskrieg führen, wenn man ihm nicht entgegen kommt.

        20 Jahre hat kein Mensch mit ihm geredet, keiner mit ihm verhandelt.

        War ja klar, wohin das führen musste.

        • @Jim Hawkins:

          "20 Jahre davor gewarnt ... 20 Jahre hat kein Mensch mit ihm geredet, keiner mit ihm verhandelt."

          So war die Geschichte nun aber nicht.

          • @Rudolf Fissner:

            Sorry, Ironieschild vergessen.

    • @tomás zerolo:

      Pazifusmus ist ja ne tolle Idee. Was aber ist die Altenrative wenn man angegriffen wird? Wunderkerzen, Kumbaja my Lord ? Gerne Abrüsten, aber alle, bis auf die letzte Patrone. Aber nicht wenn Irre wie derzeit andere Länder überfallen und morden.

      • @maestroblanco:

        Ja, wurde denn in den letzten Jahrzehnten abgerüstet oder aufgerüstet?

        www.fr.de/politik/...2021-90475375.html

        Wo Waffen sich stapeln, ist der Krieg nicht weit. Das gilt für alle! (Siehe beliebiges Geschichtsbuch)

  • Besser kann man Geschwurbel nicht entlarven, danke. Brutale Angriffe auf Menschen verurteilen, milde die Gegenwehr mit Waffen abnicken, aber gleichzeitig gegen Waffen sein – für dieses aalglatte Winden von Martin Kaiser ist mir selbst das Kopfschütteln zu schade. Gut gefragt, Jost Maurin.

  • Ein abschreckendes, aber lehrreiches Beispiel dafür war passiert und wie man sich anhört, wenn man krampfhaft versucht, seine an der Wirklichkeit scheiternde Ideologie um jeden Preis zu retten. Dann ist kein Widerspruch zu viel. Würdelos.

  • Na ja, dann also - um es schwarz oder weiss zu machen - lieber ROT als TOT? Diesen pazifistischen Standpunkt kann ich aufgrund der Realität nicht nachvollziehen. Wenn Barbaren und Schlächter Kriege starten und Zivilbevölkerung ermorden, dann ist das pure Gewalt und muss eben mit purer Gewalt beantwortet werden. Adere Sprachen verstehen solche Psychos anscheinend nicht.

    • @maestroblanco:

      Na dann ... hat Putin doch völlig recht, rein vorbeugend, den - nicht bestreitbaren - rechtsnationalradikalen *Tendenzen* in der Ukraine mit Waffengewalt nachzugehen ...

      Selenskys Regierung könnte sich ja offen gegen diese Kräfte stellen. Momentan scheint jedoch auch er eher auf diese zu bauen ... wie der Westen der diese mit Waffen beliefert.

      Ein anderer Punkt von dem hier wenig berichtet wird, ist dass die Ukraine bis zum Zusammenfall der SU oft jährlich 1/3 der Grundlegenden Nahrungsbedurfnisse der Russen Gedekt hat, des war die Kornkammer der UDSSR, und jetzt merken wir das auch in unseren Supermärkten, z.B. Produkte aus Ölsaten von dort sind nicht mehr vorhanden, und ich war ehrlich gesagt erschrocken wie Runtergekommen das Land bzw. dessen Orte allgemein aussehen völlig unabhängig angesichts der auf Presse-Bildern zu sehenden Kriegschäden. Das deutet auf eine ausgesprochene Misswirtschaft hin, wo wir doch so viel dafür getan haben:

      "Deutschland ist überdies mit bislang 11,5 Millionen Euro auch größter Einzahler in den 2019 von den Vereinten Nationen eingerichteten humanitären Länderfonds Ukraine."

      Sprich wir haben 2019 ein Gehalt eines nicht so gut bezahlten Managers in eine humanitären Länderfond für 40Mio Bewohner eines Landes gegeben ... d.H. pro Bewohner nicht einmal 30 Eurocent.

      "Auch bei der Bewältigung der Corona-Pandemie unterstützt Deutschland die Ukraine, zum Beispiel mit Schutzmitteln, Beatmungs- und Diagnostikgeräten oder Impfstoffen im Gesamtwert von rund 63 Millionen Euro. Ferner stellte Deutschland 2020 mehr als 24 Millionen Euro für die Bewältigung der Covid-19 Pandemie in der Ukraine bereit. Der von den Vereinten Nationen verwaltete humanitäre Länderfonds wurde um 2,5 Millionen Euro aufgestockt."

      ihr könnt euch diesen Fliegenschiss selbst ausrechnen, das reicht nichteinmal fürs durchschmieren von einem Euro.

      Auch die Wehr mach ganz großügig mit: "Bisher konnten insgesamt 551 ukrainische Soldaten und Soldatinnen ihre Ausbildung in De...

      • @Moe479:

        de.m.wikipedia.org/wiki/Regiment_Asow

        Haben Sie sich mal ueber "rechtsnationalradikale Tendenzen" hierzulande oder gar in Russland informiert? Haben Sie mal Reden von Putin in letzter Zeit gehoert? Und Sie haben die Stirn, die 2,4 % Waehlerstimmen fuer das rechtsradikale Waehlerbuendnis zu einem Popanz aufzubauen, der Putins Angriff auf die Ukraine rechtfertigen soll!

        • @Volker Scheunert:

          "Sie haben die Stirn, die 2,4 % Waehlerstimmen fuer das rechtsradikale Waehlerbuendnis zu einem Popanz aufzubauen, (...)" (Scheunert)



          Sorry, wenn ich mich da mal kurz einmische!: Sie reden einerseits von dem 2,4% Wahlergebnis der rechtsradikalen Swoboda-Partei (ohne diese zu nennen), andererseits vom Asow-Regiment und werfen beide einfach in einen Topf, relativieren damit Asow, so als wäre Asow in Wahlen durchgefallen zu denen sie ja nie antraten.



          Asow ist ein bewaffnetes und offen faschistisches Regiment, mittlerweile sogar eingegliedert in die ofizielle ukrainische Nationalgarde. Asow beruft sich auf SS-Traditionen und liefert sich seit nunmehr 8 Jahren Gefechte mit Separatisten im Donbass. Und - Asow ist nicht allein:

          taz.de/Rechtsextre...-Ukraine/!5426354/

          Die Ukraine hat also sehr wohl ein Rechtsradikalismusproblem! Selbstverständlich ist es unglaubwürdig wenn nun ausgerechnet Putin das als Vorwand für seinen vermeintlich "antifaschistischen" Krieg benützt. Der hat natürlich ganz andere Ziele.



          Allerdings wäre es auch durchaus angebracht, wenn sich die Ukraine mal daran machen würde selber den eigenen Stall auszumisten. Minimum wäre da schon mal die in den letzten Jahren aufgestellten 40 Ehrenmale für den SS-Kolaborateur Bandera wieder abzureissen und dessen Verehrer zu entwaffnen die mit Demokratie absolut nichts im Sinn haben. Stattdessen werden bei uns Neonazis angeworben um in der Ukraine zu kämpfen.



          Tja - Es ist halt alles nicht mehr ganz so einfach wenn mal die groben Schwarz/Weiß-Filter ablegt. Da wird der Dreck auf beiden Seiten sichtbar.

          • @LittleRedRooster:

            Und das ist - wie MOE479 behauptet - ein Grund, die Ukraine zu ueberfallen?! Russland hat ein ungleich groesseres Faschismus-Problem als die Ukraine, auch wenn sich der Faschistenfuehrer im Kreml nie als solcher bezeichnen wuerde!

            • @Volker Scheunert:

              Und wieso erzählen Sie mir das? Ich habe mich ja wohl deutlich genug von BEIDEN Seiten distanziert.



              Diese ganzen Schwarz-Weiss/Gut-Boese/Freund-Feind-Schematas kotzen mich an. Das ist ja nur noch apocalyptische Kriegsrhetorik. Und daraus soll noch irgendwas Gutes entstehen?



              OHNE MICH !!! Das ist mir zu irre!

              • @LittleRedRooster:

                Danke fuer die Klarstellung, wer sich von "BEIDEN Seiten distanziert", nimmt dann halt billigend in Kauf, dass die Dinge so laufen, wie sie eben laufen...

          • @LittleRedRooster:

            Wie gut das Deutschland kein Faschistenproblem hat. Sonst müssten wir ja bei uns anfangen, den Stall auszumisten.

            • @Leichtmatrose:

              Ja, das könnte auch nicht schaden.

          • @LittleRedRooster:

            Danke für diesen Kommentar!

          • @LittleRedRooster:

            Das fordert sich so leicht vom sicheren Deutschland aus, wo regelmäßig rechte Chatgruppen bei Bundeswehr und Polizei empört diskutiert werden. Ich denke die Ukraine hat gerade ganz andere Probleme und nicht den Luxus über derartige Problemstellungen nachzudenken. Dank der Verweigerung von Waffenlieferungen an die Ukraine bei gleichzeitiger finanzieller und materieller Aufrüstung des russischen Militärs insbesondere durch Deutschland kann das Land diese Einheit schlicht nicht entbehren.

    • 0G
      05867 (Profil gelöscht)
      @maestroblanco:

      "Wenn Barbaren und Schlächter Kriege starten und Zivilbevölkerung ermorden, dann ist das pure Gewalt und muss eben mit purer Gewalt beantwortet werden."

      Ich habe Herrn Kaiser so verstanden, das er diese Sprache nicht teilt und sie für unangemessen hält. Diese Meinung teile ich.

      Aber vielleicht lesen sie nochmal nach, bevor Sie, der sich ja nicht einmal selbst in einer rechtfertigenden Notwehrsituation befindet, hier in der (ehemals) pazifistisch orientierten TAZ selbst zu "purer Gewalt" aufrufen.

      • @05867 (Profil gelöscht):

        Russland führt einen Angriffskrieg und Sie stellen ab auf die Sprache die Ihnen nicht genehm ist. Derailment ein Reinform. btw da Sie mit Begriffen um sich werfen deren Bedeutung Sie nicht kennen, es gibt nicht nur Notwehr sondern auch Nothilfe und, auch oh Schreck manchmal sogar Garantenpflicheten. Aber solange es Fremde sind die verrecken, da bleibt man doch lieber "pazifistisch".

        • @BluesBrothers:

          " Aber solange es Fremde sind die verrecken, da bleibt man doch lieber "pazifistisch". (Bluesbrothers)



          Wer mit derartig kränkenden Unterstellungen um sich wirft, der sollte zumindest anderen nicht vorwerfen sie würden ein "Derailment" der Debatte betreiben.



          Spieglein, Spieglein an der Wand...

          • @LittleRedRooster:

            Nicht nur in "" setzen sondern mal nachschlagen. Nicht jedes Wort passt in jeden Kontext (meine Güte welch tiefe Weisheiten mir wieder entspringen). Sie gehen also tatsächlich davon aus, dass der Mitforist diese Position beibehalten würde, wenn es um sein eigenes Leben (Partner, Kinder, usw.) gehen würde, denn nur dann ist es eine Unterstellung statt einer Feststellung.



            Btw Ihr letzter Satz ist eine Beleidigung, suggeriert er doch ich wäre nur die Nr. 2.

  • ist nicht gerade eine ehemalige Greenpeace-Vorsitzende ins Auswärtige Amt geholt worden? Wie sollen denn Leute aus einer Organisation die inhaltlich zu diesem Thema derart rumeiert eine kohärente Aussenpolitik machen können, in Krisen- und Kriegszeiten?

    • @Gerald Müller:

      Och, mir ist bei denjenigen, die Verantwortung tragen, lieber, sie sind nachdenklich und wägen ab.



      Wenn Sie meinen, es gäbe da eine einfache Lösung, bin ich froh, dass Sie das im Zweifel auf Ihrem warmen und sicheren Sofa exklusiv haben.

      • @Life is Life:

        Keine Position zu haben ist kein Abwägen, dieser wäre ein vorgeschalteter Prozess.