Protest gegen Maskenpflicht: Schwindel, Atemnot, tränende Augen
Die Maskenpflicht sei wichtig, um Corona einzudämmen, sagt die Politik. Das Personal in bayerischen Biofachmärkten begehrt nun dagegen auf.
Härter sendete den Brief am 29. April per E-Mail an das Bayrische Gesundheitsministerium – zwei Tage nachdem die Maskenpflicht für Personal in Bayern eingeführt wurde. Bei Naturkost Süd sind knapp 40 Bio-Einzelhändler*innen vor allem aus Bayern organisiert.Zusammen mit Partnern aus Herstellung und Großhandel sind es über 80 Unternehmen.
Durch die Corona-Maßnahmen arbeiteten die Mitarbeiter*innen im Einzelhandel seit Wochen „an ihrer Belastungsgrenze“, so Härter. Die Pflicht, Mund und Nasen zu bedecken, habe die Situation so erschwert, „dass diese mittlerweile für das Bestehen von Geschäften eine größere Gefahr birgt als das Auftreten eines Corona-positiv getesteten Mitarbeiters und die möglicherweise folgende Quarantäne anderer Mitarbeiter“, heißt es in dem Brief.
Das Maskentragen führe zu Kopfschmerzen, Kreislaufproblemen, Kratzen und Brennen im Hals und in der Lunge. Man trinke zu wenig und schwitze viel. Ältere Kunden verstünden die MitarbeiterInnen akustisch schlechter. Die Konzentrationsfähigkeit sinke rapide – das führe verstärkt zu Fehlern. Die Gummibänder reizten die Haut hinter den Ohren und Brillenträgern beschlügen die Gläser.
„Verkraften das nicht“
„Bei uns haben nach einiger Zeit ausnahmslos alle Verkäuferinnen und Verkäufer unter den Masken mit Schwindel, Atemnot und tränenden Augen zu kämpfen“, beklagt ein Bio-Laden. Ein anderer: „Wir hatten während der ganzen Zeit – trotz der Mehrbelastung – nicht einen krankheitsbedingten Ausfall im Team. Es sieht aus, als würde sich das jetzt ändern. Die Verkäuferinnen verkraften das Masken-Prozedere einfach nicht.“ Die Überstundenkonten seien prall gefüllt, um alle zu versorgen, so eine weitere Unternehmerin: „Und jetzt bekommt man durch diese willkürliche Anordnung der bayerischen Staatsregierung den Dank dafür“.
Naturkost Süd hat bis jetzt keine Antwort vom Gesundheitsministerium bekommen. Auf die taz-Anfrage an das Ministerium antwortete das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL): Das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung sei „in bestimmten Situationen im öffentlichen Raum – so auch im Einzelhandel – ein zusätzlicher Baustein“, um die Ausbreitungsgeschwindigkeit des Coronavirus zu reduzieren.
Die Masken ersetzten keine Hygieneregeln und die Abstandsregelung von mindestens 1,5 Meter zu anderen habe oberste Priorität, schreibt LGL. „Community-Masken sollte man, abhängig von der körperlichen Aktivität, maximal drei bis vier Stunden tragen. Dann sollte eine Pause eingelegt werden“, so die Empfehlung des LGL. Masken seien auch für Brillenträger „ohne Probleme zu tragen“, da nur die Mund-Nasen-Region bedeckt werde. „Wir wissen, dass gerade die Beschäftigten im Einzelhandel im Moment großen Belastungen ausgesetzt sind und bitten weiterhin um deren aktive Unterstützung, um das gemeinsam Erreichte nicht zu gefährden.“
Maskenpflicht auf Bundesebene
Noch keine Rückmeldungen zur Maskenpflicht auf Bundesebene liegen dem Handelsverband Deutschland vor, wie er auf Anfrage mitteilt. Von „ersten wenigen Rückmeldungen“ zur Maskenpflicht für Personal berichtet Erika Ritter, Leiterin des Verdi-Landesfachbereiches Berlin-Brandenburg. In Berlin gibt es zwar keine Tragepflicht für Personal, aber Arbeitgeber*innen können sie einfordern.
„Gefahren müssen gebannt sein, aber da gibt es andere Möglichkeiten“, findet Ritter. „Eine Masken-Tragepflicht halte ich für unzumutbar.“ Ob das Berliner oder Bayrische Modell besser sei, werde sich zeigen. Masken seien aber kein Selbstzweck: „Wir plädieren dafür, dass es mehr technische, arbeitsorganisatorische und hygienische Maßnahmen gibt, um das Infektionsrisiko herunterzufahren“, so Ritter. Durch die Maskenpflicht, organisiere man andere Schwierigkeiten, die nicht gesünder machten: „Die Masken dürfen am Ende nicht zur Waffe werden.“
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