Progressive Verkehrspolitik scheitert: Das Hannover-Desaster

Hannover wird nicht autofrei. Ist das schlimm? Ja, denn es steht für das Scheitern sämtlicher Ansätze für eine progressive Verkehrs- und Klimapolitik.

Verkehrsstau

Verkehrschaos in der Hannoveraner Innenstadt Foto: localpic/imago

In Hannover hat die SPD den Grünen die Unterstützung aufgekündigt. Der grüne Oberbürgermeister Belit Onay kann zwar im Amt bleiben. Für seinen Plan, die Autostadt in eine zukunftsangemesse autofreie City zu verwandeln, hat er aber keine Mehrheit mehr.

Ja nun, wen interessiert schon Hannover? Aber es geht um mehr. Das Hannover-Desaster ist nur ein Zeichen unter vielen für das Scheitern nahezu sämtlicher Ansätze für eine progressive Verkehrs- und Klimapolitik.

Kein Wunder. Die CDU kann Verkehr nur denken, wenn sie hinter einer Windschutzscheibe sitzt. Die FDP glaubt, dass Freiheit erst ab 130 Stundenkilometern existiert. Die AfD …, ach herrje, die AfD. Und die SPD? Die versteht sich im Zweifel immer noch als Vertretung des malochenden Kfz-Mechanikers, nicht nur, aber erst recht in der Hauptstadt des autobaufinanzierten Bundeslandes Niedersachsen.

Das Schlimme daran: All diese Parteien machen das ja nicht einfach so. Sie verweisen auf den Willen der Wähler:innen. Zu Recht, denn der spricht Bände. Als im Frühjahr die Ber­li­ne­r:in­nen für eine klimaneutrale Hauptstadt schon 2035 votieren konnten, stürmten sie die Wahllokale, um mit Nein zu stimmen. Als sie kurz vorher ihre Abgeordnetenhauswahl wiederholen durften, lenkten sie stark nach rechts, weil es offenbar nichts Wichtigeres gibt als eine autofrei-freie Friedrichstraße. Und wenn Robert Habeck die CO2-schleudernde Heizrepublik zukunftsfest dimmen will, steht er kurz vor einer Revolution.

Sind progressive Konzepte in einer Demokratie also per se zum Scheitern verurteilt? Nein! Denn verantwortungsvolle Politik bedeutet auch, die Menschen zu informieren. Das unbedingt Notwendige durchzusetzen. Dazu aber gehören nicht nur Visionen, sondern Mut. Die große SPD-CDU-FPD-Koalition der Zukunftsverweigerer aber hat nichts zu bieten als populistische Ignoranz. Die erhält nicht nur die innenstädtischen Highways in Hannover, sie steuert letztlich auch die Autorepublik Deutschlands gegen die Wand. Garantiert ohne Tempolimit. Na danke.

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Leiter des Regie-Ressorts, das die zentrale Planung der taz-Themen für Online und Print koordiniert. Seit 1995 bei der taz als Autor, CvD und ab 2005 Leiter der Berlin-Redaktion. 2012 bis 2019 Leiter der taz.eins-Redaktion, die die ersten fünf Seiten der gedruckten taz produziert. Hat in Bochum, Berlin und Barcelona Wirtschaft, Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation und ein wenig Kunst studiert. Mehr unter gereonasmuth.de. Twitter: @gereonas Mastodon: @gereonas@social.anoxinon.de Foto: Anke Phoebe Peters

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