Linke streitet wegen Ukraine-Flagge: Blau-Gelb an der Parteizentrale
Soll vor dem Berliner Karl-Liebknecht-Haus die Ukraine-Flagge hängen? Darüber ist bei der Linken vor dem Landesparteitag ein Streit entbrannt.
Aber er hängt die blau-gelbe Fahne nicht einfach dort auf, wie es viele andere Institutionen taten, sondern schrieb einen Antrag an den Landesparteitag. Der Antrag soll die Landesgeschäftsstelle, die auch im Karl-Liebknecht-Haus sitzt, verpflichten, „aus Solidarität mit dem angegriffenen Land die ukrainische Fahne“ aufzuhängen. Den Bundesvorstand selbst kann der Landesparteitag aus formalen Gründen zu nichts verpflichten.
Gerade weil sich die Linke „dem nicht unbegründeten Verdacht einer politischen Nähe zu Moskau aussetze“, so der Antrag, soll deutlich werden, „wem die Sympathien des Landesverbandes gelten“. Wohlfeil sagt der taz, er habe den Eindruck, dass Teilen seiner Partei Kritik an westlichen Waffenlieferungen an die Ukraine wichtiger sei als die Verurteilung des russischen Eroberungskrieges. „Das ist schief. Hier gilt es, etwas geradezurücken.“
Der Vorstoß blieb nicht unwidersprochen. Auf Twitter ergoss sich ein regelrechter Shitstorm über Wohlfeil, teilweise mit russischen Propagandaelementen vermischt von allerdings anonymen Linken. „Eine Schande für das Haus“, „Liebknecht dreht sich im Grab um“ oder „Am besten als Zeichen der antifaschistischen Solidarität das Karl-Liebknecht-Haus gleich in Bandera-Haus umbenennen“, hieß es. Oder auch: „Geht mal scheißen mit eurem Stellvertreternationalismus. Davon gewinnen eure Opas nicht rückwirkend die Schlacht um Stalingrad.“
Zwei Gegenanträge
Es gibt auch zwei offizielle Gegenanträge für den Landesparteitag. Die kommen von dem Abgeordneten Ferat Kocak und Mitgliedern aus Neukölln sowie aus Treptow-Köpenick und sind deutlich seriöser formuliert. Der Treptow-Köpenicker Antrag will, dass am Karl-Liebknecht-Haus die Friedensfahne und die Losung „Die Waffen nieder“ hängen, laut dem Neuköllner Antrag soll dort auf Deutsch, Russisch und Ukrainisch stehen: „Nein zum Krieg“. Die Ukraine-Fahne sei, so steht es dort, „die Nationalfahne eines bürgerlich-kapitalistischen Staates“, der vor und während des Krieges „gewerkschaftliche und andere Grundrechte abgebaut hat“ und männliche Kriegsdienstverweigerer nicht ausreisen lässt.
Der Antrag aus Treptow-Köpenick lehnt hingegen die Heraushebung der Opfer des Krieges in der Ukraine gegenüber Kriegsopfern beispielsweise im Jemen ab. Für Philipp Wohlfeil benennen die Gegenvorschläge „weder Ross noch Reiter“ und seien darum für ihn nicht akzeptabel.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Proteste bei Nan Goldin
Logiken des Boykotts
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Gewalt an Frauen
Ein Femizid ist ein Femizid und bleibt ein Femizid
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestsellerautor will in den Bundestag
Bundeskongress der Jusos
Was Scholz von Esken lernen kann