Interner Zwist bei Springer: Musk spaltet die „Welt“
Die Chefin der Meinungsredaktion der Zeitung Welt, Eva Marie Kogel, wirft hin, weil das Blatt Elon Musk Raum für AfD-Wahlwerbung gibt. Das bleibt nicht unkommentiert.
taz | Der Tech-Mlliardär, Polit-Hau-Drauf und Trump-Buddy Elon Musk sorgt nun auch für einen Eklat in der deutschen Medienlandschaft. Eva Marie Kogel, Chefin der Meinungsredaktion der Zeitung Welt, hat ihren Job hingeschmissen, nachdem das Blatt einen Text von Musk in der Sonntagsausgabe veröffentlicht hat.
Darin führt Musk einen Tweet von vor Weihnachten aus, in dem er behauptet hatte, nur die AfD könne Deutschland retten. In dem Meinungsbeitrag in der Welt schreibt Musk unter anderem, Deutschland habe es sich in der Mittelmäßigkeit bequem gemacht. Das Land taumele am Rande seines „wirtschaftlichen und kulturellen Zusammenbruchs“. Die AfD sei die einzige Partei, die den Weg für mutige Veränderungen öffne, so Musk. Rechtsextrem könne die rechtsextreme Partei nicht sein, argumentiert Musk, weil AfD-Chefin Alice Weidel eine Partnerin aus Sri Lanka habe.
Musk Text erschien als Teil eines Pro und Contra. Den Gegenpart lieferte ihr designierter Chefredakteur Jan Philipp Burgard. Er bezeichnete den von Musk vorgeschlagenen „Therapieansatz“ als „fatal falsch“.
Musks offensive Wahlwerbung für die AfD hatte laut dem Branchenportal medieninsider schon Tage vor der Veröffentlichung zu heftigen Debatten in der Redaktion geführt. Am Samstag verkündete Eva Marie Kogel, Meinungschefin der Welt: „Ich habe immer gerne das Meinungsressort von WELT und WAMS geleitet. Heute ist in der Welt am Sonntag ein Text von Elon Musk erschienen. Ich habe gestern nach Andruck meine Kündigung eingereicht“. Ihr Post erschien wohlgemerkt per Tweet bei X (vormals Twitter), dem Kurznachrichtendienst des Tech-Milliardärs.
In verschiedenen Social-Media-Kanälen gab es einige Respektsbekundungen für Kogels Schritt.
Die auf X vorherrschende rechte Bubble kriegt sich jedoch gar nicht mehr ein. Annabel Schunke, einst selbst Welt-Kolumnistin, ereiferte sich: „Die Welt sollt solchen Journalistendarstellern, die ein Problem mit der Meinungsfreiheit hätten, keine Träne nachweinen.“ Kogel solle doch „bei der TAZ anheuern“.
Und Julian Reichelt, Ex-Chef der Bild und heutige Leiter des extrem rechten Mediums Nius, twitterte: „Wenn man als Leiterin Meinung kündigt, weil man andere Meinungen nicht aushält, war man für den Job eher ungeeignet“.
Dem widersprach ebenfalls auf X Robin Alexander, stellvertretender Chefredakteur der Welt: „Interne Debatten sind interne Debatten, aber diesem Unsinn muss widersprochen werden.“ Kogel sei eine großartige Kollegin. Sie habe viele Kommentare der Welt klüger gemacht, „darunter auch meine, gerade weil wir nicht immer einer Meinung waren“. Ihr Weggang sei ein schwerer Verlust.
Und was sagt Ulf Poschardt, bis Jahresende noch Chefredakteur der Welt und danach Herausgeber einer neuen Springer-„Premium“-Marke? Er ergötzt sich auf Twitter wie gewohnt in Sottisen, die vieles offen lassen: „Der größte Witz der Gegenwart: dass die Opportunisten im Rebellengewand durchs Leben laufen“. Wenig später legt er nach und repostet einen Tweet zum Musk-Text.
Gemeinsam für freie Presse
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Alle Artikel stellen wir frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade in diesen Zeiten müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass kritischer, unabhängiger Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert