Deutsche Welle in Russland: Nord Stream 2 muss auf den Tisch
Bei der Schließung des Büros der Deutschen Welle geht es nur vordergründig um Medienpolitik. Es geht um die Ukraine – es wird Zeit für eine Ansage.
D er russische Präsident Wladimir Putin hat dem Deutschen Auslandssender Deutsche Welle nun den Garaus gemacht. Vordergründig geht es um eine Reaktion auf das Sendeverbot für den russischen Staatssender RT. Doch jedem dürfte klar sein, dass dieses Scharmützel nur eine Stellvertreterschlacht für den großen Konflikt ist: den russischen Truppenaufmarsch an der ukrainischen Grenze.
Deshalb ergibt es auch wenig Sinn, die Eskalationsspirale auf der Medienebene voranzutreiben. Deutschland ist bisher in der Ukraine-Krise zu uneindeutig geblieben. Die Regierung zieht nicht an einem Strang, sondern in entgegengesetzte Richtungen. Und die Debatte um Waffenlieferungen an die Ukraine ist tatsächlich eine Ablenkungsdiskussion. Erstens muss man sich angesichts der vielen Materialprobleme der Bundeswehr tatsächlich fragen, ob Kiew mit deutscher Militärhilfe tatsächlich so sehr geholfen wäre. Militärhelme scheinen da doch eine sicherere Alternative zu sein.
Vor allem aber ist das Thema Waffenlieferung viel zu national gedacht. Sowohl aus der EU als auch aus der Nato erfolgen bereits Waffenlieferungen – ob man das hierzulande nun gut findet oder nicht. Deutschland sollte lieber sein schärfstes Schwert offen auf den Tisch legen: Nord Stream 2. Bisher hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) nur sehr verhalten gedroht, es wäre alles an Sanktionen möglich, sollte Russland in die Ukraine einmarschieren.
Es wird Zeit für eine neue Ansage: Nord Stream 2 ist beendet, wenn Putin sein imperialistisches Gebaren gegenüber den Ukrainern nicht beendet. Punkt. Das wäre weitaus wirkungsvoller als jedes andere Mittel. Russland braucht die Erlöse aus den Gaslieferungen, sie machen einen substanziellen Teil des staatlichen Budgets aus. Ein Lieferboykott ist unwahrscheinlich.
Für die SPD ist es kein leichter Schritt, schließlich gehört die Entspannungspolitik von Willy Brandt zur sozialdemokratischen Identität. Doch nur aus Nostalgie an einer Politik festzuhalten, die zu der aktuellen Krise nicht passt, ist keine Außenpolitik, sondern eine Bankrotterklärung.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Bis Freitag war er einer von uns
Elon Musk und die AfD
Die Welt zerstören und dann ab auf den Mars
Magdeburg nach dem Anschlag
Atempause und stilles Gedenken
Bankkarten für Geflüchtete
Bezahlkarte – rassistisch oder smart?
Tarifeinigung bei Volkswagen
IG Metall erlebt ihr blaues „Weihnachtswunder“ bei VW
Nordkoreas Soldaten in Russland
Kim Jong Un liefert Kanonenfutter