Deutsche Israel-Politik: 130 Diplomaten im Außenministerium fordern härteren Kurs
Im Auswärtigen Amt machen Diplomaten Druck auf den Außenminister. Die Koalition selbst ist uneins über ihren Umgang mit dem Krieg in Nahost.

rtr | Offenbar wächst im Auswärtigen Amt der Wunsch nach einer härteren Israel-Politik der Bundesregierung angesichts der Entwicklung im Gazastreifen. Nach Angaben des Spiegel haben sich im Außenministerium rund 130 vor allem jüngere Diplomaten zu einer Gruppe zusammengeschlossen, die eine deutlichere Kritik an der israelischen Regierung fordert. Das Motto der Gruppe laute „loyal nonkonform“, schreibt der Spiegel. Ein Sprecher des Ministeriums bestätigte die Existenz der Gruppe am Abend. Es gebe auch Planungen für ein Treffen mit Außenminister Johann Wadephul (CDU).
Für das deutsche Außenministerium ist die Bildung einer solchen Gruppe eher ungewöhnlich. In den vergangenen Wochen ist jedoch auch in der schwarz-roten Koalition die Forderung lauter geworden, dass die Bundesregierung angesichts der immer weiter wachsenden Zahl an Toten unter der palästinensischen Zivilbevölkerung härter mit der israelischen Regierung umgehen sollte. Zuletzt hatte Entwicklungsministerin Reem Alabali Radovan (SPD) gefordert, dass Deutschland eine etwa von Frankreich und Großbritannien mitgetragene Erklärung unterzeichnen solle, in der ein Ende des Gazakrieges gefordert wird.
In den vergangenen Wochen hatte es mehr als 1.000 Tote bei Zwischenfällen an Lebensmittelausgabestellen im Gazastreifen gegeben. Die Bundesregierung und die Europäer fordern Israel seit längerem auf, die humanitäre Versorgung der rund zwei Millionen Palästinenser im Gazastreifen sicherzustellen. Einige israelische Kabinettsmitglieder fordern aber offen die Vertreibung oder Umsiedlung der Palästinenser aus dem Gazastreifen.
Kanzler Friedrich Merz (CDU) hatte die Situation mehrfach „inakzeptabel“ genannt und am vergangenen Freitag gesagt, dass er sich den Ausdruck „bedingungslose Unterstützung“ für Israel nicht zu eigen mache.
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