Carolin Emcke auf dem Grünen-Parteitag: Eklat entdeckt

Äußerungen der Publizistin Carolin Emcke auf dem Grünen-Parteitag veranlasst die CDU zu Antisemitismus-Vorwürfen. Was ist dran?

Porträt von Carolin Emcke

Publizistin Carolin Emcke nahm eine Videobotschaft für den Grünen-Parteitag auf Foto: dpa

BERLIN taz | Ein ungeheuerlicher Vorwurf liegt seit dem Parteitag im Raum: Begeben sich die Grünen in die Nähe von Antisemiten? Das impliziert der Vorwurf von CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak, der am Samstag auf Twitter von einer „unglaublichen + geschichtsvergessenen Entgleisung auf dem Parteitag der Grünen“ schrieb. Beim Thema Antisemitismus dürfe es keinen Raum für Interpretationen geben. Er erwarte von Annalena Baer­bock dazu „heute absolute Klarheit“. Wenig später war von der „Entgleisung“ auch in der Zeitung Welt zu lesen, andere Medien folgten.

Was ist passiert? Die Grünen hatten auf ihrem Parteitag eine Videobotschaft der preisgekrönten Publizistin Carolin Emcke eingespielt. Die dort von ihr geäußerten inkriminierten Sätze lauten: „Die radikale Wissenschaftsfeindlichkeit, die zynische Ausbeutung sozialer Unsicherheit, die populistische Mobilisierung und die Bereitschaft zu Ressentiment und Gewalt werden bleiben. Es wird sicher wieder von Elite gesprochen werden. Und vermutlich werden es dann nicht die Juden und Kosmopoliten, nicht die Feministinnen oder die Virologinnen sein, vor denen gewarnt wird, sondern die Klimaforscherinnen.“

Der Bundesgeschäftsführer der Grünen, Michael Kellner, schrieb zu den Vorwürfen auf Twitter: „Dass Paul Ziemiak Carolin Emcke und den Antisemitismus-Vorwurf für ein billiges Wahlkampfmanöver instrumentalisiert, ist daneben. Dafür ist der Kampf gegen Antisemitismus zu wichtig und zu ernst.“

SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil nannte es „schäbig“, der Trägerin des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels Antisemitismus zu unterstellen. Emcke ist bekannt dafür, in ihren Schriften gegen Ausgrenzung und Diskriminierung zu schreiben – etwa in ihrem Buch „Gegen den Hass“.

Grünen-Politiker Cem Özdemir

„Vergleiche mit dem Hass, dem Menschen jüdischen Glaubens ausgesetzt sind, sind nicht angemessen“

Tatsächlich beschreibt Emcke in ihren nun geäußerten Sätzen den Mechanismus von Ausgrenzung und Stigmatisierung bestimmter Personengruppen. Zu den Betroffenen zählt sie auch die Juden – eine angesichts der deutschen Geschichte zweifellos richtige Einschätzung. Kritiker stoßen sich nun daran, dass Emcke Juden damit für ihre Zwecke instrumentalisiert und mit Klimaforschern gleichgesetzt habe.

Während Virologen und Klimaforscher sich ihren Beruf aussuchen können, besitzen Jüdinnen und Juden tatsächlich nicht die Möglichkeit, ihre Herkunft zu wechseln.

Der Grünen-Politiker Cem Özdemir, der Emckes Stellungnahme ansonsten verteidigte, sagte dazu: „Vergleiche mit dem Hass, dem Menschen jüdischen Glaubens ausgesetzt sind, sind nicht angemessen.“

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