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Offener Brief jüdischer IntellektuellerDie Freiheit der Andersdenkenden

Über 100 in Deutschland beheimatete jüdische Künstler:innen, Schrift­stel­le­r:in­nen und Wis­sen­schaft­le­r:in­nen unterzeichnen diesen offenen Brief. Sie appellieren für Frieden und Meinungsfreiheit.

De­mons­tra­n:in­nen an einer Kundgebung in Berlin-Kreuzberg am 21. Oktober Foto: Florian Boillot

Eine englische Version des Briefs ist bei n+1 erschienen.

Wir, die unterzeichnenden jüdischen Künstler, Schriftsteller und Wissenschaftler, die in Deutschland leben, verurteilen in diesem Schreiben das beunruhigende Vorgehen gegen die demokratische Öffentlichkeit nach den schrecklichen Gewalttaten in Israel und Palästina in diesem Monat.

Es gibt keine Rechtfertigung für vorsätzliche Angriffe auf Zivilisten durch die Hamas. Wir verurteilen vorbehaltlos die terroristischen Angriffe auf Zivilisten in Israel. Viele von uns haben Familie und Freunde in Israel, die von dieser Gewalt direkt betroffen sind. Mit gleicher Schärfe verurteilen wir die Tötung von Zivilisten in Gaza.

In den letzten Wochen haben Landes- und Stadtregierungen in ganz Deutschland öffentliche Versammlungen mit mutmaßlichen Sympathien für Palästinenser verboten. Diese Repressionen bestrafen auch Demonstrationen wie „Jugend gegen Rassismus“ und „Jüdische Ber­li­ne­r*in­nen gegen Gewalt in Nahost“. In einem besonders absurden Fall wurde eine jüdische Israelin festgenommen, weil sie ein Schild in der Hand hielt, auf dem sie den Krieg, den ihr Land führt, anprangerte.

Die Polizei hat keine glaubwürdige Verteidigung für diese Entscheidungen geliefert. Praktisch alle Absagen, einschließlich derjenigen, die von jüdischen Gruppen organisierte Versammlungen verbieten, wurden von der Polizei zum Teil mit der „unmittelbaren Gefahr“ von „volksverhetzenden, antisemitischen Ausrufen“ begründet. Diese Behauptungen dienen unserer Meinung nach dazu, legitime und gewaltfreie politische Äußerungen, die auch Kritik an Israel beinhalten dürfen, zu unterdrücken.

Rassistische Vorverurteilungen

Versuche, sich diesen willkürlichen Einschränkungen zu widersetzen, werden mit wahlloser Brutalität beantwortet. Die Behörden haben Menschen mit Migrationshintergrund in ganz Deutschland ins Visier genommen und Zivilisten belästigt, verhaftet und verprügelt, oft unter den fadenscheinigsten Vorwänden.

In Berlin ist der Bezirk Neukölln, in dem große türkische und arabische Gemeinschaften leben, heute ein von der Polizei besetztes Viertel. Gepanzerte Lieferwagen und bewaffnete Bereitschaftspolizisten patrouillieren durch die Straßen und suchen nach spontanen Unterstützungsbekundungen für die Palästinenser oder nach Symbolen der palästinensischen Identität. Fußgänger werden auf dem Bürgersteig angerempelt und mit Pfefferspray attackiert. Kinder werden rücksichtslos angegriffen und verhaftet. Zu den Festgenommenen gehören bekannte syrische und palästinensische Aktivisten.

In den Schulen sind palästinensische Flaggen und Keffiyeh verboten. Obwohl der Besitz dieser Gegenstände in der Öffentlichkeit gesetzlich erlaubt ist, führt er zu Polizeigewalt und Verhaftungen. Anfang dieses Jahres gaben Berliner Polizeibeamte vor Gericht zu, dass sie bei der Niederschlagung von Protesten gegen Zivilisten vorgegangen sind, die dadurch „auffielen, dass sie Farben der palästinensischen Flagge trugen oder Schals, die mit der palästinensischen Solidarität in Verbindung gebracht werden.“ Eine Vielzahl von Filmaufnahmen deutet darauf hin, dass dies nach wie vor der Fall ist und dass rassistische Vorverurteilungen bei der gezielten Verfolgung von Verdächtigen eine wichtige Rolle spielt.

Diese Verstöße gegen die Bürgerrechte rufen bei den kulturellen Eliten in Deutschland kaum einen Aufschrei hervor. Große Kultureinrichtungen haben sich wie synchronisiert selbst zum Schweigen gebracht, indem sie Theaterstücke, die sich mit dem Konflikt befassen, abgesagt haben und Persönlichkeiten, die Israels Aktionen kritisch gegenüberstehen könnten – oder die einfach selbst Palästinenser sind –, das Rederecht entzogen wurde. Diese freiwillige Selbstzensur hat ein Klima der Angst, der Wut und des Schweigens geschaffen. All dies geschieht unter dem Vorwand, Juden zu schützen und den Staat Israel zu unterstützen.

Als Jüdinnen und Juden lehnen wir diese Gewalt ab

Als Jüdinnen und Juden lehnen wir diesen Vorwand für rassistische Gewalt ab und bekunden unsere volle Solidarität mit unseren arabischen, muslimischen und insbesondere palästinensischen Nachbarn. Wir weigern uns, in vorurteilsbehafteter Angst zu leben. Was uns Angst macht, ist die in Deutschland vorherrschende Atmosphäre von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit, die Hand in Hand mit einem zwanghaften und paternalistischen Philo-Semitismus geht. Wir lehnen insbesondere die Gleichsetzung von Antisemitismus und jeglicher Kritik am Staat Israel ab.

Zur gleichen Zeit, in der die meisten Formen des gewaltlosen Widerstands für den Gazastreifen unterdrückt werden, finden auch antisemitische Gewalttaten und Einschüchterungen statt: ein Molotowcocktail, der auf eine Synagoge geworfen wurde; Davidsterne, die auf die Türen jüdischer Häuser gezeichnet wurden. Die Beweggründe für diese nicht zu rechtfertigenden antisemitischen Straftaten und ihre Täter bleiben unbekannt.

Juden bereits eine gefährdete Minderheit

Klar ist jedoch: Es macht Juden nicht sicherer, wenn Deutschland das Recht auf öffentliche Trauerbekundung um verlorene Menschenleben in Gaza verweigert.

Juden sind bereits eine gefährdete Minderheit; einige Israelis berichten, dass sie Angst haben, auf der Straße Hebräisch zu sprechen. Demonstrationsverbote und ihre gewaltsame Durchsetzung provozieren und eskalieren nur die Gewalt.

Wir prangern an, dass die gefühlte Bedrohung durch solche Versammlungen die tatsächliche Bedrohung des jüdischen Lebens in Deutschland grob ins Gegenteil verkehrt, wo nach Angaben der Bundespolizei die „überwiegende Mehrheit“ der antisemitischen Straftaten – etwa 84 Prozent – von deutschen extremen Rechten begangen wird. Die Versammlungsverbote sollen ein Versuch sein, die deutsche Geschichte aufzuarbeiten, doch vielmehr besteht die Gefahr, dass man sie genau dadurch wiederholt.

Freie Meinungsäußerung und Versammlungsfreiheit

Dissens ist eine Voraussetzung für jede freie und demokratische Gesellschaft. Freiheit, schrieb Rosa Luxemburg, „ist immer Freiheit der Andersdenkenden“. Wir befürchten, dass mit der derzeitigen Unterdrückung der freien Meinungsäußerung die Atmosphäre in Deutschland gefährlicher geworden ist – für Juden und Muslime gleichermaßen – als jemals zuvor in der jüngeren Geschichte des Landes. Wir verurteilen diese in unserem Namen begangenen Taten.

Wir fordern Deutschland auf, sich an seine eigenen Verpflichtungen zur freien Meinungsäußerung und zum Versammlungsrecht zu halten, wie sie im Grundgesetz verankert sind, das wie folgt beginnt: „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen, ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.“

Die Unterzeichnenden:

Yoav Admoni, Künstler

Abigail Akavia

Hila Amit, Schriftstellerin und Lehrerin

Maja Avnat, Wissenschaftlerin

Lyu Azbel, Professor

Gilad Baram, Filmemacher und Fotograf

Yossi Bartal

Alice Bayandin, Fotografin und Filmemacherin

Eliana Ben-David

Anna Berlin, Künstlerin

Sanders Isaac Bernstein, Schriftsteller

Adam Berry, Fotojournalist und TV-Nachrichtenproduzent

Jackson Beyda, Künstler

Julia Bosson, Schriftstellerin

Ethan Braun, Komponist

Candice Breitz, Künstlerin

Adam Broomberg, Künstler

Jeffrey Arlo Braun

Noam Brusilovsky, Theater- und Radiomacher

Cristina Burack

Dalia Castel, Filmemacherin

Alexander Theodore Moshe Cocotas, Schriftsteller und Fotograf

Eli Cohen, Tänzer

Zoe Cooper, Schriftstellerin

Miriam Maimouni Dayan, Schriftstellerin und Künstlerin

Dana Dimant, Filmemacherin

Emily Dische-Becker

Esther Dischereit, Schriftstellerin

Tomer Dotan-Dreyfus, Schriftsteller

Shelley Etkin, Künstlerin

Emet Ezell

Deborah Feldman, Schriftstellerin

Sylvia Finzi

Erica Fischer, Schriftstellerin

Nimrod Flaschenberg

Ruth Fruchtman, Schriftstellerin

Olivia Giovetti, Schriftstellerin und Kulturkritikerin

Harry Glass, Kurator

William Noah Glucroft

A.J. Goldmann, Schriftsteller und Fotograf

Jason Goldmann

Noam Gorbat, Filmemacher

Avery Gosfield

Max Haiven, Professor

Yara Haskiel, Künstlerin

Iris Hefets, Psychoanalytikerin und Autorin

Marc Herbst

Wieland Hoban, Komponist und Übersetzer

Sam Hunter, Schriftsteller/Regisseur

Alma Itzhaky, Künstlerin und Schriftstellerin

Eliana Pliskin Jacobs

Eugene Jarecki

Roni Katz, Choreographin und Tänzerin

Marett Katalin Klahn

Michaela Kobsa-Mark, Dokumentarfilmerin

David Krippendorff, Künstler

Quill R. Kukla, Philosoph

Sara Krumminga

Jenna Krumminga, Schriftstellerin und Historikerin

Matt Lambert, Künstler

Na'ama Landau, Filmemacherin

Elad Lapidot, Professor

Danny Lash, Musiker

Shai Levy, Filmemacher und Fotograf

Eliza Levinson, Journalistin und Schriftstellerin

Rapha Linden, Schriftsteller

Adi Liraz, Künstler

Anna Lublina

Sasha Lurje

Roni Mann, Professor

Ben Mauk, Schriftsteller

Lee Méir, Choreograph

Dovrat Meron

Aaron Miller, Wissenschaftler und Künstler

Ben Miller

Carolyn Mimran

Shana Minkin, Wissenschaftlerin

Susan Neiman, Philosophin

Gilad Nir, Philosoph

Ben Osborn, Musiker und Schriftsteller

Rachel Pafe, Schriftstellerin und Forscherin

Peaches, Mu­si­ke­r*in

Siena Powers, Künstlerin und Schriftstellerin

Udi Raz

Aurelie Richards, Kunstvermittlerin

Kari Leigh Rosenfeld

Liz Rosenfeld

Ryan Ruby, Schriftsteller

Rebecca Rukeyser, Schriftstellerin

Alon Sahar

Tamara Saphir

Eran Schaerf

Anne Schechner

Oded Schechter, Wissenschaftler

Jake Schneider

Ali Schwartz

Cari Sekendur, Designerin

Yael Sela (Teichler), Historikerin

Mati Shemoelof, Dichter und Schriftsteller

Maya Steinberg, Filmemacherin

Robert Yerachmiel Sniderman, Dichter und Künstler

Avinoam J. Stillman

Virgil B/G Taylor

Tanya Ury, Künstlerin und Schriftstellerin

Ian Waelder, Künstler und Verleger

Rachel Wells, Performerin und Produzentin

Sarah Woolf

Yehudit Yinhar

Sivan Ben Yishai, Schriftsteller

Dafna Zalonis, Künstlerin

* Anmerkung der Redaktion: Eine kürzere Version dieses Briefes wird in der Printversion der taz gedruckt.

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79 Kommentare

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  • Hat nicht ein Ministerpräsident, namens F.J. Strauß, seinerzeit getönt "er könne doch nicht den ganzen Tag mit dem Grundgesetz unterm Arm rumlaufen" o.s.ä.



    Jetzt wird der noch verbleibende Rest in die Tonne gekloppt.



    Bravo

  • 84 % der antisemitischen Straftaten kommen von deutschen Rechten. 80% der antisemitischen Straftaten sind Symbolikdelikte. 20% Gewalt-Delikte. Und wie viele extreme deutsche Rechte in dieser Statistik haben einen Migrationshintergrund? Einfach die Zahl 84% ohne Kontext zu verwenden, ist der illustren Intellektuellen-Kreises der Unterzeichner unwürdig.

  • „Die Polizei hat keine glaubwürdige Verteidigung für diese Entscheidungen geliefert. Praktisch alle Absagen, einschließlich derjenigen, die von jüdischen Gruppen organisierte Versammlungen verbieten, wurden von der Polizei zum Teil mit der „unmittelbaren Gefahr“ von „volksverhetzenden, antisemitischen Ausrufen“ begründet.“

    Das stimmt so einfach nicht. Bei manchen Demos waren schon in den Aufrufen Aussagen enthalten, die den Straftatbestand „Billigung von Straftaten“ (§140) erfüllen. Dann ist ein Demonstrationsverbot rechtlich geboten.



    Bei diversen Demos, bei denen das Verbot rechtswidrig war, wurde es auch wieder aufgehoben.

  • Es ist bezeichnend für das derzeitige Klima in dem Land, in dem 25% kein Problem mit Rechtsextremisten haben, dass über diesen Aufruf in der Presse geschwiegen wird.



    Genau wie darüber, dass der Oppositionsführer mittlerweile biologischen Rassismus als Mittel gegen den Antisemitismus propagiert.

    • @BommelDrommel:

      Ich verstehe den Zusammenhang nicht, denn Sie hier aufzeigen wollen.

      Die Hamas sind nicht nur radikale Islamisten und Terroristen ,sondern haben historische Verbindungen zum Nationalsozialismus.

  • Ich muss sagen, dass ich es sehr spannend finde, was hier in D gerade passiert.



    Vor allem deshalb, weil etwas völlig anderes passiert, als wenn deutsche - oder sagen wir besser toitsche Rechte dasselbe tun.



    Als die AfD gemeinsam mit Faschos in Chemnitz marschierte, kam kein Mensch auf die Idee, das zu verbieten. Als regelmäßig bei Blögida



    oder den Nichtdenkern antisemitische Reden geschwungen wurden, wurde das nicht nur nicht verboten, sondern man meinte, man müsse "Verständnis für die Sorgen der Bürger haben"



    Etc. pp.



    Und wir lernen: Nicht Antisemitismus per se ist hierzulande ein Problem. Nur wenn die "falschen" Leute Antisemiten sind, gibt es ein Problem.

    • @Kaboom:

      "Nur wenn die "falschen" Leute Antisemiten sind, gibt es ein Problem."



      Horch. Horch. Wer schreit am lautesten "haltet den Dieb" ?

  • "In einem besonders absurden Fall wurde eine jüdische Israelin festgenommen, weil sie ein Schild in der Hand hielt, auf dem sie den Krieg, den ihr Land führt, anprangerte."

    Weshalb sollte das absurd sein?

    Wenn eine Demonstration verboten ist, ist sie für jeden verboten, unabhängig von Religion oder Staatsangehörigkeit.

    Da funktionierte der Rechtsstaat.

    Zumal es ja nicht ungewöhnlich ist, dass Juden bei antisemitischen Demonstrationen mitlaufen.

    Die Al-Quds-Demo hatte mehrfach Juden in der ersten Reihe.

    Offenbar wissen die Unterzeichner das nicht?

    Es scheint überhaupt, dass sie von den aus dem Ruder laufenden Palästinenser-Demos wenig wissen.

    • @rero:

      Verboten werden können Versammlungen. Eine einzelne Person, die ein Schild hochhält, ist keine Versammlung. Und eine Festnahme ist völlig unverhältnismäßig. Es hätte genügt, die Personalien festzustellen.

  • Das, was sich an blankem Judenhass in auf der ganzen Welt erlaubten Pro-Palästinenserdemos entfesselt hat, u.a. in London, Wien, New York u. Sydney, zeigt, wie sehr die Unterzeichner irren. Ich bin froh, dass es im Land des Holocaust nicht erlaubt war, unter dem Deckmantel der Solidarität mit Hamas-Gaza "Juden ins Gas" zu skandieren und daher solche Demos prophylaktisch verboten wurden. Die Anschläge auf eine Synagoge und das Jüdische Krankenhaus in Berlin sind für mich Meinung genug.

    • @Elena Levi:

      "In Berlin ist der Bezirk Neukölln, in dem große türkische und arabische Gemeinschaften leben, heute ein von der Polizei besetztes Viertel. Gepanzerte Lieferwagen und bewaffnete Bereitschaftspolizisten patrouillieren durch die Straßen"

      welches Neukölln soll das sein? nicht das in meinem Berlin. mich würde interessieren, woher die Autoren derart plakative Beschreibungen nehmen. Dass es Polizeibegleitung bei den Demos gibt, ist klar vor dem aufgeladenen Feld. aber das was da oben beschrieben wird, ist sicher kein Normalzustand in Neukölln.

    • @Elena Levi:

      Holocaust-Leugnen und Volksverhetzung sind nach wie vor und zum Glück in Deutschland verboten. Die Unterzeichnenden prangern zu Recht die Einschränkung der Versammlungsfreiheit an. Das Skandieren antisemitischer Parolen auf diesen Versammlungen muss SELBSTVERSTÄNDLICH unterbunden werden.

      • @Maja Sinthra:

        So selbstverständlich ist es in der Praxis nicht, solche Exzesse zu untebinden. Es ist ja nicht so, als würden sich die die Judenhass,er an fromme Wünsche der Veranstalter halten. Im Moment, wo sie die missachten, ist der Verstoß schon passiert, und dann zur Verhinderung weiterer Exzesse einzuschreiten, trifft im Zweifel auf Gewalt. Das ist die nächste Eskalationsgefahr, die die Polizei präventiv abwenden soll, wenn sie sie absehen kann.

        • @Normalo:

          Na das ist aber auf vielen Demos der Fall. Wenn man jede öffentliche Versammlung verbieten würde, wo es potentiell zu Verstößen und Straftaten kommen kann, wo die Polizei im Zweifel mit Gewalt eingreifen muss, dann könnte man jede zweite Demo im Vorfeld verbieten. Gegendemos, wo sich Demonstrierende gegenseitig nahekommen sowieso.



          Alles wo (z.Bsp.!) der schwarze Block mitläuft, könntest du so im Vorfeld verbieten. Da hält sich auch nicht jeder an die "frommen Wünsche" der Veranstalter.

          • @Deep South:

            Bei Risikoeinschätzungen gibt es immer zwei wesentliche Faktoren: Risikohöhe und Eintrittswahrscheinlichkeit. Letztere wird gern übersehen und dürfte hier der Knackpunkt sein, denn NATÜRLICH kann die bloße theoretische Möglichkeit von Ausschreitungen nicht für ein Verbot ausreichen.

            Konkreter: Der Schwarze Block ist zwar in der Regel mit von der Partie, WENN es auf linken Demos zu Randale kommt, geht aber, soweit ich weiß, weit überwiegend bei Demos friedlich mit. Das gilt auch für die meisten anderen Demos mit Konfliktpotenzial: In der Regel verwirklicht sich das Potenzial nicht, also gibt es keine hinreichende Eintrittswahrscheinlichkeit, um das Risiko als Verbotsgrund heranzuziehen. Bei den propalästinensischen Veranstaltungen der letzten Wochen waren dagegen die Demos OHNE Exzesse eher die Ausnahme als die Regel.

            Speziell der "Schwarze Block" geht zudem tatsächlich IMMER als geschlossener, kleidungsmäßig abgesetzter Block - daher der Name. Das macht es deutlich leichter, sein Risikopotenzial quantitativ, nämlich auf einen Teil der jeweiligen Kundgebung einzuschränken: Die Einsatzkräfte können sehen, wo es krachen wird, wenn es kracht, und wieviele Randalinskis dann maximal beteiligt sind. Da fällt es leicht, einen entsprechenden Kontereingriff bereitzuhalten. Auf Pro-Palästina-Kundgebungen geht sowas nicht. Denn wie will man da eingrenzen? Allen Menschen mit Kufiya oder Palästinafahne (oder gar Bart oder Kopftuch) präventiv eine Sondereskorte zu verpassen, wäre im Zweifel exzessiv, trotzdem ungeeignet UND racial profiling vom Feinsten.

  • 9G
    94799 (Profil gelöscht)

    Die bösartige Polemik der Medien in der Angelegenheit erkennt man schon daran das man Juden mit Doppelpaß wahlweise als Deutsche oder Israelis, Amerikaner oder Israelis etc. bezeichnet.



    Streiten sich mittlerweile auch schon die diplomatischen Vertretungen wer Vorrang hat zu diesen Personen wenn diese in zB. völkerrechtliche Verwicklungen geraten? Wie sieht das zB. die UN?



    Die die Presse mehrheitlich beherrschende, opportunistische Moral - einfach zum kotzen!

  • ...und damit nimmt wieder alles sein geregelten Gang. " Business as usual" könnte man sagen.

    Wenn die Hamas wie 2021 nur 13 israelische Zivilisten per Raktenangriff ermordet, dann hält die Israelsolidarität medial maximal zwei Tage, bevor im Sinne der "Ausgewogenheit" wieder relativiert wird was das Zeug hält.



    Dieses mal waren es 1400 israelische zivile Opfer und immerhin war man medial eine Woche lang erschüttert und empört und gestand Israel das Recht ein, die Hamas besiegen zu dürfen.

    Heute ist schon wieder jeder zweite Artikel in der Tendenz pro-palästinensisch. Noch eine Woche warten und dann ist der 7 Oktober wieder vergessen. Dann steht Israel als alleiniger Sündenbock wieder öffentlich am Pranger.



    Wie immer halt....

    Wahrscheinlich fände man gerade Millionen jüdischer Unterzeichner und Intellektuelle, die einen Artikel verfassen würden der davon handelt, warum es keine andere Option gibt als die Hamas mit allen Mitteln auszuschalten, aber das passt vielleicht nicht ins Narrativ.

  • Es war schon bitter, dass bei der Neukonstituierung Alt-Nazis immer noch eine Rolle gespielt haben, so dass viele vor dem Hitler-Regime Geflüchtete nicht das Vertrauen hatten, wieder zurückzukehren, um gleichberechtigt an unserer Demokratie mitzuzimmern als ein Beispiel dafür, wie ein tolerantes Miteinander funktioniert, jede/r seinen/ihren Glauben leben kann, ohne dass dieser in der Politik relevant sein muss. Es ist nicht zuletzt immer noch ein tragisches Nachwirken des Holocaust, dass es eines Fluchtpunktes wie Israel bedurfte, damit jüdisches Leben nur durch Juden selbst geschützt werden kann und dafür wesentlich ärmere, friedlich (?) lebende Menschen weichen mussten. Ich wünschte mir eine Rückbesinnung an eine gemeinsame Kultur des Zusammenlebens, die es vermeidet, dass noch mehr jüdische Menschen in ein gelobtes Land umsiedeln und noch mehr ärmere Palästinenser weichen müssen.

  • Vorab: Auch beim BDS hat es jüdische Aktivisten, die mit Hamas gemeinsame Sache machen. Die Identität der Briefautoren ist daher sekundär. Recht gilt für Alle und kann nicht auf Zuruf einiger Weniger, die es schützen soll, außer Kraft gesetzt werden. Diese sollten sich auch nicht aufschwingen, für Alle Betroffenen zu sprechen (was Formulierungen wie "wir als Jüdinnen und Juden" zumindest andeuten).

    Das gesagt braucht die Polizei natürlich mehr Indizien, um eine Demo zu verbieten, als dass dort NICHT kritiklos die Position der israelischen Regierung übernommen wird, keine Frage. Wir müssen ein freies Land bleiben, das die Grenze zur verbotenen Meinungsäußerung zwar scharf, aber eben auch möglichst weit hinten zieht. Deshalb sind schon konkrete Hinweise und nicht bloß theoretische Möglichkeiten notwendig.

    ...die es aber umgekehrt - und dazu schweigt dieser Brief leider - erschreckend zahlreich und durchgehend in den vergangenen Wochen gegeben hat: REGELMÄSSIG blieb es (trotz eventuell entgegenstehender Intentionen der jeweiligen Veranstalter) eben NICHT bei "defensiven" Solidaritätsbekundungen oder Trauer um die Opfer auf beiden Seiten des Konflikts, sondern solche Demos wurden von teilweise gewaltbereiten Israel- und Judenhassern gekapert. Das pauschal zu ignorieren, ist auch nicht besser oder den betroffenen Menschen würdiger, als es pauschal für Demonstrationsverbote zu missbrauchen.

    Daher meine Bitte an die Briefschreiber: Ihr wollt differenziertes Verhalten der Staatsgewalt einfordern? Das ist Euer gutes Recht, und gehört unterstützt! Aber wenn Ihr das selbst UNdifferenziert tut, hilft es Eurer Sache nicht weiter.

    • @Normalo:

      Ich finde nicht, dass sich da jemand „aufschwingt, für Alle Betroffenen zu sprechen“ (Sie schreiben ja selbst, das würde durch die Formulierung „Wir als Jüdinnen und Juden“ ZUMINDEST ANGEDEUTET. Das ist dann schon ein wenig reininterpretiert und unterstellt). Wenn die Unterzeichner so denken und empfinden, ist es ihr gutes Recht. Wir nichtjüdischen Zeitgenossen sollten uns doch vor dem treffend kritisierten Paternalismus hüten.

      • @Earl Offa:

        "...zumindest angedeutet" gibt sich durchaus damit zufrieden, dass es WIRKLICH nur "angedeutet" sein könnte. Und dabei bleibe ich auch.

        Tatsächlich ist jeder hervorghobene Hinweis, "als XY" zu sprechen, immer mindestens ein subtiler Claim von Repräsentativität: Er impliziert, dass die genannte Identität XY eine spezielle Sichtweise auf das Sujet gebe, die logisch allen Mitgliedern dieser Identität innewohnen muss. Sonst wäre die Erwähnung nämlich redundant. Ersetzen Sie "ich als XY" durch etwas selbstverständliches wie "ich als Mensch" oder "ich persönlich", und sie merken, wie genau die repräsentativ klingende Nuance verloren geht.

        • @Normalo:

          Neben ihrer privaten Interpretation gibt es auch noch die Grammatik, bestimmte und unbestimmte Artikel usw. "Wir als Juden" ist ungefähr genauso allumfassend wie "wir als Menschen". Hingegen denjenigen Juden, die nicht mit Netanjahus Okkupations, Annexions- und Unterdrückungspolitik mitgehen den Mund zu verbieten, auch außerhalb Israels, à la Ron Prosors 'Wer nicht mit uns ist —und zwar ohne wenn und aber - ist gegen uns' (George W. lässt grüßen), ist nichts weiter als der durchsichtige Versuch selbst die Alleinvertretung zu beanspruchen.

          • @ingrid werner:

            Wer etwas so allumfassend wie "wir als Menschen" rüberkommen will, kann auch "wir als Menschen" sagen, würde ich meinen. Wieso dann einschränken?

            Hier geht es darum, dass einige Menschen die Anwendung geltenden Polizeirechts als "rassistische Gewalt" anprangern (und dabei ausdrücklich betonen, das "als Juden" zu tun). Das deutsche Polizieirecht stellt ganz sicher keinen Alleinvertretungsanspruch für die Juden oder den Staat Israel oder wen auch immer sonst auf. Der ist konstruiert.

            Und ja, es IST geltendes Recht, dass eine öffentliche Versammlung unter freiem Himmel angemeldet werden muss und dass die Polizei dann prüfen muss, ob sie eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstellt. Und wenn das mit hinreichender Wahrscheinlichkeit in ausreichend schwerem Maße der Fall ist, dann wird die Versammlung untersagt - egal, wer das politisch gut findet und wer nicht.

            Dass dabei die Gefahr öffentlicher Äußerung von antisemitischen und insbesondere antisemitisch volksverhetzenden Parolen als besonders schwerwiegend eingestuft wird, hat wenig mit einem Vertretungsanspruch für die Interessen der Juden in Deutschland oder anderswo zu tun, sondern mit einem Anspruch, den der deutsche Staat selbständig an SICH stellt: Nie wieder soll Judenhass von Deutschland ausgehen oder als gesellschaftliche Strömung geduldet werden.

            Wer diesen Anspruch gefährdet, bekommt es hierzulande mit einer deutlich robusteren Abwehrhaltung zu tun als anderswo. Auch DAS ist keine (Allein-)Vertretung irgendwelcher identitätsspezifischer oder ausländischer Interessen, sondern hiesiger (= "deutscher" mit Allem, was das heißt) demokratischer Konsens.

        • @Normalo:

          Ich habe den Aufruf auf ihren Kommentar hin noch einmal durchgelesen und kann die von Ihnen kolportierte "Andeutung", für alle Juden zu sprechen nicht nachvollziehen.

          Die Unterzeichner widersprechen hier offen und ganz klar als Minderheit praktisch allen öffentlichen Äußerungen der jüdischen Nomenkaltura und der deutschen Politik in Deutschland. Das ist ja auch der Sinn dieses Briefes.

          Auf diesem Hintergrund einen Alleinvertretungsansptuch der Unterzeichner zu postulieren ist schon ziemlich mutig. Würde der Brief alle Juden vertreten wollen, müssten die Unterzeichner nicht einzeln unterschreiben, um mit ihrem Namen für den Inhalt einzustehen.

          • @Sonntagssegler:

            Ich bezog mich auf den Satz "Als Jüdinnen und Juden lehnen wir diesen Vorwand für rassistische Gewalt ab und bekunden unsere volle Solidarität mit unseren arabischen, muslimischen und insbesondere palästinensischen Nachbarn."

            Sie haben Recht, dass man das auch als Abgrenzung gegen Jene, die jetzt kritiklose Unterstützung für Israel fordern, verstehen KANN. Man muss aber nicht. Mir war es z. B. beim ersten (und zweiten) Lesen nicht in den Sinn gekommen. Das mag sicher teils einer gewissen Voreingenommenheit gegen jede Argumentation mit der eigenen Identität geschuldet sein, wurde aber auch durch die Buzzwords "rassistische Gewalt" zumindest verstärkt: Dieser Vorwurf, von Juden explizit als solche gegen den deutschen Staat erhoben, trägt für mich unweigerlich die volle Wucht der Holocaust-Erinnerung in sich - und die ist ein politisches Argument, das ALLEN Juden kollektiv zusteht und daher sie auch alle rhetorisch einbezieht, wenn es gebracht wird. Ich werde auch schwer zu überzeugen sein, dass den Autoren das nicht klar war, als sie die Formulierung wählten.

  • Danke für diesen absolut zutreffenden und längst überfälligen Beitrag. Es ist bezeichnend, dass es dafür heutzutage so großen Mutes bedarf. Doch wir dürfen uns nicht einschüchtern lassen. Gerade in diesen Zeiten ist es von größter Bedeutung, für Gerechtigkeit und Frieden einzustehen, bevor die Situation noch weiter eskaliert. Wir müssen uns erinnern, dass Veränderung oft von mutigen Einzelpersonen ausgeht, die den ersten Schritt wagen.

    Es ist entscheidend, dass wir unsere Stimmen erheben und uns für das einsetzen, woran wir glauben. Denn wenn wir schweigen, geben wir den Ungerechtigkeiten und Konflikten Raum, sich auszubreiten. Jetzt, mehr denn je, müssen wir Solidarität und Empathie zeigen. Wir müssen Brücken des Verständnisses bauen und uns gegen Hass und Gewalt stellen.

    Nochmal herzlichen Dank an alle, die sich mit diesem Schreiben für eine bessere Welt einsetzen. Ich hoffe, gemeinsam können wir die Zukunft gestalten, die wir uns wünschen und die unsere Welt dringend benötigt!

  • Sehr gut, danke!

  • In der Darstellung fehlt die Vorgeschichte der Palästinademonstrationen: Viele der vergangenen Demonstrationen waren durch volksverhetzende Parolen gekennzeichnet und eine Polizei, die nicht eingriff.

    Inzwischen hat die Polizei gelernt.

    Und vorgestern gab es eine große Demonstration, die vom Oranienplatz zum Hermannplatz ging.

    • @Gesunder Menschenverstand:

      Möglich aber in dem Brief geht es um die pauschalisierten Verbote und quasirassistischen Reaktionen der deutschen Institutionen, die in voreilenedem Gehorsam jede Unterstützung der palästinensichen Seite kriminalisieren.

      Und um die Freiheit der Andersdenkenden.

  • Was für ein wichtiger, guter Brief.



    Danke an alle Unterzeichner:innen.

  • Danke, schließe mich an.

  • "Wir prangern an, dass die gefühlte Bedrohung durch solche Versammlungen die tatsächliche Bedrohung des jüdischen Lebens in Deutschland grob ins Gegenteil verkehrt, wo nach Angaben der Bundespolizei die „überwiegende Mehrheit“ der antisemitischen Straftaten – etwa 84 Prozent – von deutschen extremen Rechten begangen wird..."

    Sowas in der Art denke ich auch, wenn ich den Enthusiasmus wahrnehme, mit dem über die Versammlungsverbote und Polizeieinsätze lese. Die lenken wunderbar ab von der Frage, was passiert wenn der Polizeischutz vor jüdischen Einrichtungen abgezogen würde und wie dann die mutmaßliche Täterschaft aussehen würde.

    • @Nansen:

      Na ja , falls die Zahlen stimmen, es gibt durchaus auch andere, entsprechen die antisemitischen Straftaten von Ausländern dann etwa ihrem Bevölkerungsanteil, also kein Grund zum relativieren oder entwarnen.

  • Ja, danke für diesen Hoffnungsschimmer!



    Es tut gut, noch Menschen zu lesen,



    die hinterfragen und Zweifel haben



    an diesen Vergeltungsmaßnahmen.



    Egal, von welcher Seite auch immer!



    Ich meine, ,daß Fragen und Zweifel zur Intelligenz gehören.



    Ohne sie gäbe es kein Wissen, keinen Fortschritt, kein Verständnis.



    Ohne Verständnis gibt es keine Hilfe,



    keine Hoffnung und auch keine Liebe.



    Wollen wir das alles aufgeben?



    Wir habe nicht genug hingeschaut.



    Jetzt m ü s s e n wir doppelt und



    dreifach hinschauen. Uns nicht abbringen, ja verbieten lassen, Fragen



    und Zweifel zu haben, und sie zu äußern.. Wo auch immer. . ..



    s i c h n i c h t e n t m u t i g e n



    l a s s e n !

  • die erste lösung muß sein, eine green zone zwischen gaza und israel zu schaffen. die zweite lösung muß sein, sowohl für palästina und israel jerusalem als hauptstadt anzuerkennen. die dritte lösung muß sein, weitere siedlungsaktivitäten der israelis im westjordanland einzustellen. und die vierte lösung muß sein, daß palästina international globale hilfen für die entwicklung eigener infrastruktur und wirtschaft im westjordanland erhält.

  • Hamas zwingt die israelischen SoldatInnen in die Situation, ZivilistInnen anzugreifen. Gibt es auf Demos für die Palästinenser die Meinungsfreiheit, das anzusprechen?



    Muss Politik und Verwaltung die Möglichkeit zu antisemitischen Äußerungen einräumen?



    Sehe ich anders.

    • @aujau:

      Die Meinung können Sie haben, aber sie entspricht (zum Glück) nicht unserer aktuellen Rechtslage.

      Ja, man hat in Deutschland die Pflicht, Anderen die Möglichkeit !! zu antisemitischen und auch rassistischen Äußerungen einzuräumen.

      Genau das ist die Meinungsfreiheit.

      D.h. man darf einschreiten, wenn es passiert ist. Leute bereits vorsorglich einzusperren oder zu verprügeln, ist eines Irans würdig, aber hier geht das nicht.

      • @Sonntagssegler:

        Nein, Meinungsfreiheit hat juristische und ethische Grenzen, ansonsten wäre es Anarchie. Die Regeln sind in demokratischen Ländern mehrheitlich bestimmt.

  • Endlich! Dieser Brief ist für mich ein Zeichen, daß es noch Hoffnung gibt.



    Fragen und Zweifel müssen erlaubt sein; Sie sind a u c h Zeichen der Zivilisation!



    Ohne Fragen, ohne Zweifel keine Intelligenz, kein Wissen, kein Verständnis. Nichts, was gerade j e t z t so wichtig wäre in dieser verrückten Zeit..



    Also, nicht entmutigen lassen!

  • Vielleicht könnte man aber auch mal erwähnen, dass regierungskritische Demonstrationen und freie Meinungsäußerung nur noch in einer verschwindend kleinen Zahl von Ländern auf dieser Welt erlaubt sind.

    • @Kommen Tier:

      Was folgt aber daraus? Bzw.: Es kämpfen Menschen in der ganzen Welt darum. Meinungsfreiheit zu schätzen: ja, manchmal gibt es meiner Ansicht nach etwas zu viel von „Hier darfst du (gnädigerweise?) demonstrieren, das sähe in … anders aus.“ Aber gut, auch das ist eine Meinung.

  • Neukölln, das polizeibesetzte Viertel, in dem arglose Kufiya-TrägerInnen von brutalen Bullenbanden ins Krankenhaus geprügelt werden, nur weil sie öffentlich ihre Trauer bekunden wollten.

    Das ist eine durchaus interessante Verkürzung der Realität der Palästinademonstrationen, wie man es aus BDS-Kreisen auch nicht anders erwarten konnte.

    Ich bin nun wirklich nicht glücklich mit Demonstrationsverboten, die zur Zeit ja in der Tat in den Bereich der Meinungsverbote hineinragen - und auch nicht damit, dass Solidarität mit zivilen Opfern egal welcher Herkunft pauschal antisemitische Hintergedanken unterstellt werden. Aber beim Lesen dieser Zeilen frage ich mich dennoch, ob hier nicht Ursache und Wirkung vertauscht werden.

    Das geht los mit der Verurteilung der Tötung von Zivilisten in Gaza "in gleicher Schärfe". Gleicher? Die Hamas hat Raketen auf Zivilisten geschossen, in Dörfern Zivilisten massakriert, Zivilisten als Geiseln in ihre Kerker in Gaza geschleift - nicht, weil sie eigentlich die israelische Armee treffen wollten, sondern weil Zivilisten das ZIEL waren und sind. Die IDF hingegen kann die Hamas-Abschussrampen, -Kommandostände, -Trainingsstätten und -Waffenlager nicht ohne Gefahr für Zivilisten angreifen, weil die Hamas in all ihrer so gern vergessenen Menschlichkeit diese absichtlich zwischen der Zivilbevölkerung versteckt. Das macht die in Kauf genommene Tötung von Zivilisten bei der Selbstverteidigung nicht moralisch blütenrein und es ist richtig und nötig, auch die IDF an humanitäre Grundsätze zu erinnern - aber eine GLEICHsetzung mit den Taten der Hamas verbietet sich.

    Spannend auch die Aussage, man "lehne insbesondere die Gleichsetzung von Antisemitismus und jeglicher Kritik am Staat Israel ab" in dieser Situation - also doch nicht nur Trauerbekundung, sondern Kritik an Israels Selbstverteidigung. Und ab und zu ein paar Judensterne an Türen geschmiert - das muss man eben aushalten.

    Der Gipfel dann das Luxemburgzitat. In diesem Zusammenhang. Wow.

    • @Desillusio:

      Es geht in dem Brief um Deutschland nicht um Gaza.

      • @Sonntagssegler:

        Im zweiten Absatz - dem mit der impliziten Gleichsetzung - geht es um Gaza. Der Rest des Briefes dreht sich um Demonstrationen, in denen es um Gaza geht. Dieser Brief existiert doch nicht im luftleeren Raum - um mal Guterres zu paraphrasieren.

  • Es bräuchte mehr solcher Leute. Leider gibts vor allem Deutsche, die viel von der Vergangenheit und Verantwortung schwafeln und gar net auf die Idee kommen, dass sie 1. keine Ahnung vom Nahost Konflikt haben und 2. nicht für die Juden sprechen (können).



    Es gibt leider, wie bei vielem Themen, eine starke Doppelmoral. Vor allem Juden haben die Möglichkeit diese anzuprangern und alle daran zu erinnern, dass es in diesem Konflikt net um Religion geht sondern um Menschen, daher ist dieser offene Brief unfassbar wichtig und bekommt hoffentlich die Aufmerksamkeit die er verdient

  • Danke!!

  • Die Hamas tötet vorsätzlich Zivilisten, die IDF hat das vorsätzlich noch nie gemacht. Israel schießt auch keine ungelegten Raketen auf beliebige Ziele im Gazastreifen. Unerhört beides gleich zu setzen. Kritik an der Existenz Israels ist ebenfalls nicht akzeptabel. Es spielt keine Rolle, ob die Palästinenser rechtskonform um ihr Land betrogen wurden oder nicht. Israel besteht als demokratischer Staat - damit sind die Würfel gefallen. Demonstrationen mit offensichtlicher Tendenz zu antisemitischen Ausfällen sind mit dem Rechtsstaat nicht vereinbar - wer den Frieden will, muss sich zivilisierten, in Berlin genauso wie im Gazastreifen.

    • @Nachtsonne:

      "... die IDF hat das vorsätzlich noch nie gemacht."

      Das ist nur eine unbewiesene Behauptung ihrerseits. Schon die Vorgänge um den Tod der Journalistin Shireen Abu Akleh lassen stark daran zweifeln.

      • @h4nsel:

        Es gibt in der Vergangenheit gut dokumentierte Massaker, die die IDF verübt hat.

    • @Nachtsonne:

      Das Handeln eines Staates kritisch zu betrachten und gegebenenfalls zu kritisieren ist etwas anderes, als ihm die Existenz abzusprechen. Ersteres ist Teil einer guten Demokratie, zweiterem ist, speziell in diesem Fall, entschieden entgegenzutreten.

      • @Ben Gel:

        Wie war das bei Südafrika zur Zeit der Apartheid? Wie mit Rhodesien?

    • @Nachtsonne:

      "die IDF hat das vorsätzlich noch nie gemacht"

      Israel hat wortwörtlich eine Ermutigung zu "überzogener Gewalt" gegen zivile bystanders in seiner offiziellen Antiterrordoktrin drinstehen.

      "Israel besteht als demokratischer Staat"

      Voll der demokratische Staat, wo der Regierungschef das Verfassungsgericht ausschalten will, um seine Verurteilung wegen Bandenkriminalität abzuwenden, und seine Koalitionspartner Rassisten sind die die allgemeinen Bürgerrechte einschränken und eine Art jüdischen Iran errichten wollen, wo Frauen im Bus hinten sitzen und sich verhüllen müssen.

    • @Nachtsonne:

      Sie sprechen also den Menschen, "in Berlin genauso wie im Gazastreifen" an, zivilisiert zu sein? Was Sie im letzten Satz implizieren ist problematisch genug.



      Kaum weniger problematisch ist es, in einem Rechtsstaat das Recht auf Versammlungsfreiheit einzuschränken aufgrund einer (in einigen der im Brief genannten Fälle eher sehr geringen) Möglichkeit antisemitischer Äußerungen. Diese können geahndet werden, wenn sie geschehen. Als Begründung für die Einschränkung der Bürgerrechte halten sie kaum her.



      Und schließlich: Stimmt, Israel tötet nicht vorsätzlich Zivilisten. Aktuell nimmt die IDF das aber billigend in Kauf. Ich bin mir nicht sicher, ob mir die Intention deren, die mich töten werden so sehr interessieren würde. Natürlich ist das Vorgehen der Hamas in keiner Weise zu rechtfertigen. Und klar, die IDF ist nicht so inhuman. Für die Opfer auf beiden Seiten ändert das jedoch wenig. Auch die Zivilisten in Gaza verdienen unser Mitgefühl.

      • @Iguana:

        Das ist eine - wie ich meine - falsche Behauptung, daß die israelische Armee es billigen würde, Zivilisten zu töten. Wer solches definitiv billigt, ist die Hamas - nicht Israel.

      • @Iguana:

        Israel hat sich 2005 vollständig aus dem Gazastreifen zurückgezogen. 2006 haben die Bewohner des Gazastreifen der Hamas zur Macht verholfen. Manchmal muss man als Folge seiner Stimmabgabe mit den Konsequenzen leben. Und ja, ich spreche es den Hamas-Unterstützern ab, zivilisiert zu sein, ebenso wie den Hamas-Mitgliedern. Wer diese Leute als Widerstandskämpfer verklärt, dem ist nicht zu helfen. Ab der Stelle braucht man auch kein Gespräch mehr zu führen.

        • @Nachtsonne:

          Das sehe ich ähnlich.

    • @Nachtsonne:

      Da schließe ich mich an.

      Diese Darstellung der Geschichte als einer, in der sich zwei letztendlich ähnliche Parteien gegenüberstehen ist unangemessen.

      Es ist so, als würde man sagen, der IS ist eben auch nur eine Kriegspartei, so wie bei kriegerischen Auseinandersetzungen unter Staaten.

      • @Jim Hawkins:

        "Israel besteht als demokratischer Staat - "



        Das wurde uns über Südafrika auch immer erzählt. Auch die Kolonialmächte Frankreich und Großbritannien waren Demokratien. Auch die USA, die den Vietnamkrieg geführt hat, war eine Demokratie.

      • @Jim Hawkins:

        Nein, natürlich sind sich die beiden Parteien nicht ähnlich. Die eine ist Besatzungsmacht und benutzt ihr Militär um die Besatzung aufrecht- und die Bevölkerung der besetzten Gebiete klein zu halten. Die andere begehrt mit untauglichen Mitteln gegen diese Situation auf.

    • @Nachtsonne:

      "Die Palästinenser wurden rechtskonform um ihr Land betrogen". Orwell lässt grüßen.



      Ich nehme an, es ist der UNO-Teilungsplan von 1947 gemeint. Ja, selber schuld, sollen sich mal nicht so anstellen, die Palästinenser.



      Wie steht es mit der völkerrechtswidrigen Besatzung und Siedlerexpansion im Westjordanland?



      Das rechtfertigt keine Hinrichtung von Israelis durch die Hamas. Aber irgendwann muss man ja eine Perspektive für beide Seiten entwickeln. Durch solche Radikalpositionen wird dies nicht möglich sein und auch kurzfristig nützt dies keinem Opfer der Hamas.

  • "All dies geschieht unter dem Vorwand, Juden zu schützen und den Staat Israel zu unterstützen."

    Was wollen die Verfasser und Unterzeichner mit diesem Satz eigentlich andeuten? Dass die deutschen Sicherheitsbehörden in Wahrheit irgendetwas ganz anderes, Finsteres im Schilde führen? Dass es ihnen nicht darum gehe, die unübersehbaren Ausbrüche von Judenhass einzudämmen, sondern in Wirklichkeit darum, ja um was eigentlich?

    Ich habe doch den starken Eindruck, dass die Mehrzahl der deutschen Juden durchaus froh sind, dass ihre Synogogen, Schulen und Kindergärten durch eben jene Sicherheitskräfte geschützt werden, in denen die Unterzeichner offenbar nur einen Hort schlimmsten Rassismus sehen.

    Aber die Beharrlichkeit, mit der ein bestimmtes Milieu einfach nicht wahrhaben will, dass es unter den hier lebenden arabischstämmigen Menschen einen beträchtlichen Anteil gibt, der nicht nur dem jüdischen Staat, sondern Juden insgesamt mit äußerst aggressiver Ablehnung gegenüberstehen und dass es einen ganz massiven muslimischen Antisemitismus gibt, ist in seiner Realitätsverweigerung eigentlich nur noch absurd.

    • @Schalamow:

      Danke, dass Sie dem offenen Brief eine andere Haltung gegenüber stellen. Ich erachte es als sehr wichtig, Demonstrationen, mit denen illegale Äußerungen getätigt werden z.B. zur Forderung den Staat Israel abzuschaffen, nicht zugelassen werden.

    • @Schalamow:

      es ist wohl offensichtlich, dass islamophobe Teile der Polizei nicht ganz unglücklich über die Situation sind.

      • @TAE EZR:

        Die Entscheidung über die Genehmigung und Absage einer Demo liegt nicht in der Hand einzelner Polizisten.

        • @Schalamow:

          ich habe die Frage von Ihnen / Dir "Was wollen die Verfasser und Unterzeichner mit diesem Satz eigentlich andeuten? .... Dass es ihnen nicht darum gehe, die unübersehbaren Ausbrüche von Judenhass einzudämmen, sondern in Wirklichkeit darum, ja um was eigentlich?" beantwortet.

  • Danke!

  • Bravo! Danke! Und nochmals von ganzen Herzen Danke. Ich bin 49 Jahre alt, & seit ich denken kann, habe ich mich als Jurist, Historiker & linker Patriot mit keinem anderen Thema so viel & tief befasst, wie mit den deutschen Verbrechen & ihrer Geschichte. Genau deshalb begrüße ich diesen klaren & richtigen Appell.

  • Diesen Artikel sollten sich die Grünen mal gut durchlesen, die ja auch vorbehaltlos in die Einseitigkeit der Betrachtung einstimmen.

  • Liebe Autoren und Autorinnen dieses offenen Briefes. Ich danke euch für eure klaren Worte, die die bestehende Situation perfekt erfasst und adäquat verurteilt. Ich hoffe eure Worte werden gehört!

  • Großartig.



    Ich kann mich nur auf's allerherzlichste bei diesen Menschen bedanken.



    Wenn es mal eine Zeit gibt, wo man wieder fragt, was hast Du damals gemacht, haben diese beherzten Leute im Gegensatz zu vielen anderen eine wunderbare Antwort.

  • "Die Beweggründe für diese nicht zu rechtfertigenden antisemitischen Straftaten und ihre Täter bleiben unbekannt."

    Vielleicht ist der Grund für diese Taten Antisemitismus? Nur so als Gedanke.

    • @Jim Hawkins:

      Meine erste Antwort hat Sie nicht erreicht. Also versuche ich es, etwas gemäßigter, noch einmal.



      Es geht um die Beweggründe, weil: antisemitische Straftaten sind immanent Antisemitismus.



      Nur: wer hat es getan? Pro-Hamas-Täter oder der in der Wolle braun gefärbte bio-deutsche Bürger?



      Das war hier die Frage.

      Kommentar gekürzt.

      Die Moderation

    • @Jim Hawkins:

      Ich denke, das ist auch genau so gemeint, wenn auch etwas verschroben ausgedrückt.

      Als Gegenpol haben die Palästinenser als Betroffene gute Gründe, auf Israel sauer zu sein.



      Das ist aus Sicht der Unterzeichner weniger schlimm, weil der Konflikt ist existent aber lässt sich - vielleicht - auch irgendwann lösen.

      Die deutschen Antisemiten bleiben dagegen immer welche weil sie brauchen keinen Grund.

      so in etwa..

  • Danke. Danke. Danke.

  • Man kann den Initiatorinnen und Initiatoren dieses Aufrufes nur dankbar sein, denn sie sind wirklich glaubwürdig, wenn es um den Erhalt der Meinungsfreiheit in Deutschland geht bzw. um den drohenden Verlust oder der Einschränkung der Meinungsfreiheit.



    Das grausame Massaker der Hamas an Israelis darf nicht dazu instrumentalisiert werden, die Interessen der Menschen im Gazastreifen zu delegitimieren.

  • Ich schließe mich diesem offenen Brief an!

  • Vollumfängliche Zustimmung, dass unschwer zu erkennen sei:



    "... Es macht Juden nicht sicherer, wenn Deutschland das Recht auf öffentliche Trauerbekundung um verlorene Menschenleben in Gaza verweigert."

    GG - ergänzend und vollständig zitiert aus Art. 1 (Schutz der Menschenwürde) Abs. 1:



    "Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt."

    Abs. 2:



    "Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt."

    Abs. 3:



    "Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht."

    Grundgesetz, 33. neubearbeitete Auflage, Stand: 1. Juni 1996, Seite 15, dtv

    • @Peter Bähr:

      Öffentliche Trauerbekundungen waren aber nicht das Problem.

      Das Problem waren Jubeldemonstrationen über ermordete Menschen in Israel, bevor auch nur ein Mensch in Gaza starb.

      Das ist auch durch das Grundgesetz nicht gedeckt.

      Auch Israelis und Menschen anderer Nationalitäten haben ja irgendwie Menschenwürde.