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Politologe über AfD-WählerInnen„Sie sehen sich als Teil einer Elite“

Philipp Rhein hat die Endzeit-Vorstellungen von AfD-WählerInnen untersucht. Abstiegsängste und nostalgische Sehnsüchte spielen bei ihnen keine Rolle.

Beim Landesparteitag der AfD in Celle, 19. August 2023 Foto: Julian stratenschulte/dpa
Interview von Till Schmidt

Wochentaz: Sie haben detailliert die Zukunftsvorstellungen von AfD-WählerInnen analysiert. Warum haben Sie diesen Ansatz gewählt?

Philipp Rhein: Wissenschaft und Öffentlichkeit haben sich in den letzten Jahren stark auf die Ideologie der AfD und ihre Politiker fokussiert. Die handlungsleitenden Orientierungen und Selbstbilder, Biografien und kollektiven Erfahrungen ihrer WählerInnen gerieten aber kaum in den Blick. Für meine Studie habe ich daher 17 mehrstündige, narrative Interviews mit sozio-demografisch sehr verschiedenen Personen geführt: mit Frauen, Männern, mit Wohlsituierten sowie Prekarisierten, die meisten aus Baden-Württemberg.

Im Interview: Philipp Rhein

ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Politikwissenschaft der Universität Kassel.

Was treibt Menschen an, die AfD zu wählen – wo die Partei kaum durch inhaltliche Konzepte auffällt, sondern vor allem durch interne Zerstrittenheit und destruktives Auftreten?

Zunächst hatte ich als Motive Ängste vor Abstieg oder Deklassierung erwartet. Doch letztlich hat das keine Rolle gespielt. Genauso wenig wie die nostalgischen Sehnsüchte nach einer verklärten Vergangenheit. Mit Zuordnungen wie „Ewiggestrige“ würde man die AfD-WählerInnen nur verharmlosen. Das zentrale Charakteristikum meiner InterviewpartnerInnen ist eine nihilistische Wut. Sie entzündet sich an einem Unvermögen, sich eine Zukunft vorzustellen.

Können Sie das genauer ausführen?

Die Zukunftsvorstellungen meiner InterviewpartnerInnen umfassen keine konkreten politischen Visionen oder Utopien, sondern sind äußerst bilderarm. Sie sind eigentlich nur definiert durch eine sehr abstrakte Negation des Status quo. Die Jetzt-Zeit wird durchweg als Katastrophe wahrgenommen. Für meine InterviewpartnerInnen ist die „Normalität“, die meist auf die Lebensform einer heterosexuellen Kleinfamilie bezogen ist und auf weißen, deutschen Identitätsprivilegien beruht, abhandengekommen; Krise ist zum Dauerzustand und Zukunft zu einem Bedrohungsszenario geworden. Sie blicken auf die Welt mit apokalyptischen Bildern und vertreten Endzeitdystopien.

Zukunftsvorstellungen dieser und ähnlicher Art finden sich aktuell allerdings nicht nur unter Rechten. Zudem sind gegenwärtige Gesellschaften insgesamt kaum durch lebhafte, vorwärtsgerichtete Visionen geprägt. Was genau versprechen sich Ihre InterviewpartnerInnen von ihrer Entscheidung für die AfD?

Das Buch

„Rechte Zeitverhältnisse. Eine soziologische Analyse von Endzeitvorstellungen im Rechtspopulismus“. Campus Verlag, Frankfurt a. M. 2023, 401 Seiten, 45 Euro

Auf narzisstisch hohle Weise begreifen sie sich als Teil einer Elite, die als vermeintlich auserwählte Gruppe den Untergang der Gesellschaft durchschaut. Das lesen sie vor allem daran ab, dass sie glauben, beständig Opfer von Ausgrenzungen und Anfeindungen zu werden, nur weil sie nonkonformistisch unterwegs seien. Gerade dieses Erleben aber ist es, das sie als eine Art Vorherbestimmung dafür deuten, nach dem erwarteten Untergang als auserwählte Elite das Ruder an sich reißen zu können. Streng genommen passt deshalb der Begriff des Populismus nicht mehr. Denn meine InterviewpartnerInnen verstehen sich nicht als „schweigende Mehrheit“, sondern als Elite inmitten einer Endzeit.

Welche Rolle spielen dabei die Idee eines Ausnahmezustands sowie Gewalt- und Reinheitsfantasien?

Gerade wegen ihrer zukunftsverschlossenen Endzeitvorstellungen und Untergangserwartungen könne aus ihrer Sicht auf „Befindlichkeiten“ wie Demokratie sowie Pluralismus keine Rücksicht mehr genommen werden. Notfalls müsse mit Gewalt „durchregiert“ werden. Einer meiner Interviewpartner bemühte ein Bild, wonach unsere Gesellschaft mit Booten auf einen Wasserfall hinzurudere. Ein Boot aber fange an, gegen den Strom zurückzurudern. Darauf, dass „ausgerechnet“ in diesem Boot Rechtsextreme und Gewaltbereite sitzen, könne keine Rücksicht genommen werden – wo das Boot doch das einzige ist, das das Unheil vorhersieht und Rettung verspricht. Wozu sind Menschen bereit, die in solchen Zukunftsbildern denken?

An dieser Stelle drängen sich Parallelen zu Vorformen des Faschismus des 20. Jahrhunderts auf. Gibt es bei ihren InterviewpartnerInnen auch die Sehnsucht nach einer starken, charismatischen Führungsfigur, die für den Eintritt in die ersehnte neue Welt sorgt?

In der Tat hat etwa bei Autoren der Konservativen Revolution die Sehnsucht nach einem chiliastischen Ausbruch aus der Gegenwart eine wichtige Rolle gespielt. Politische Eschatologie ist anschlussfähig an grundlegende Dynamiken des Autoritarismus. Doch die AfD zeichnet sich aktuell nicht durch charismatische Führungsfiguren aus. Womöglich liegt die Bedrohung woanders. Besonders besorgt mich, dass mit der AfD eine Partei in der politischen Institutionenordnung vertreten ist, die destruktive und elitär-abgesonderte Geisteshaltungen versammelt und damit den Verlust geteilter Welterfahrungen und Realitäten salonfähig macht. Damit laufen nicht nur Routinen des sozialen Ausgleichs und der politischen Konfliktbewältigung beständig ins Leere, sondern auch die politisch-demokratische Gestaltung von Zukunft. Das ist eine große Gefahr für die deliberative Demokratie, in der wir eine gemeinsame Zukunft politisch aushandeln müssen.

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95 Kommentare

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  • Vielen Dank für eure Beiträge. Wir haben die Kommentarfunktion geschlossen. Die Moderation

  • Eigentlich geht es im Artikel doch um etwas ganz anderes. Das populistische Gerede eines Söders, man könne AfDler zurückholen, ist Irrglaube. Viele AfDler haben ein verfestigtes Weltbild und wählen bewusst AfD, weil sie genau deren Inhalte wollen. Das sollte Politik endlich begreifen. Da ist nichts zu holen. In dieser BRD hat es 20 Prozent Rechte. Diesen Fakt sollte Politik zur Kenntnis nehmen. Alles andere wäre Leugnen der Realität. Wie man als linksgrüne Mehrheitsgesellschaft damit umgeht, steht auf einem anderen Blatt. Da sind Ideen und Konzepte oder Ablehnung gefragt. Politik beginnt aber mit dem Eingestehen der Realität.

  • der narzistische glaube daran, zu einer elite zu gehören, den kenne ich (75 j.alt) von meinem vater, der in der adolf-hitler-parteischule sonthofen (keine napola!) vermutlich die erste klasse besuchte, die dort unterrichtet wurde. könnte sein, daß baldu von schirach ihm zum abitur gratuliert hat.

    dort sollten praktich nachfolger vom kinderlosen hitler herangezogen werden. hart wie kruppstahl ...sportlich (segelfliegen, skilaufen + vieles andere), militärisch ausgebildet, einzelkämpferaubildung, wie bei den green berrets uswusf.

    mein vater fühlte sich immer als elite, besuchte seine sonthofener lehrer noch jahrelang nach dem 2.wk ... mich beschuldigte er, eine "nestbeschmutzerin" zu sein (da war ich so etwa 14 + schon seit den filmen zu kz (die ich mit 6 oder 7 jahren sah voller haß auf hitler + die verdammten nazis.

    • @Brot&Rosen:

      Moin, irgendwie sehr witzig! In den 80er Jahren war ich auf dem Uffz-LG in der GOB-Kaserne in Sonthofen! Ja, jene ehemalige Ordensschule! Mein deutscher Opa ist zusammengezuckt! Später hat er verstanden, dass die Bw nicht die Wehrmacht ist. Viele Grüße

  • Ohne da jetzt verharmlosen (die Rechten wären eh dumm) zu wollen - bei dem Thema muss ich an den Unterschied zwischen Selbsteinschätzung und Kompetenz denken.(Dunning-Kugler-Effekt)[1] ... die Fehleinschätzung einiger Rechter, nicht nur einer Elite anzugehören, sondern sich auch fälschlicherweise für schlau zu halten.



    [1] de.wikipedia.org/w...ning-Kruger-Effekt

  • "Elite inmitten einer Endzeit."

    Gibt es nun auch schon letzte Generation bei der AfD? 🤓

  • Für mich ist immer wieder erschreckend, dass THEORETIKER stets nur von Verlustängsten sprechen - als gäbe es die Verluste NICHT. Dabei sind sie für viele ganz KONKRET. Nicht jeder lebt in einer privilegierten Blase. Nicht jedenfalls die Millionen Arbeitenden, die uns tagtäglich das LEBENSNOTWENDIGE schaffen. In nicht enden wollender Arbeit. Während andere nur noch von WorkeLife-Balance sprechen - und Kürzung der Arbeitswoche.

    Auf den Baustellen rackern sich die Zugewanderten ihre Knochen kapuut, weil die Deutschen sich längst zu fein. Die träumen lieber vom Grundeinkommen und Arbeit, die nur noch Vergnügen ist. was anderes draf's nicht mehr sein ...

  • …wonach unsere Gesellschaft mit Booten auf einen Wasserfall hinzurudere… ist durchaus realistisch, denn das trifft auf den Klimawandel und seine Kipppunkte ja zu. Nur das genau diese Realität von dem AFD Jüngern geleugnet wird. Life is weird.

  • Das Interview und die Kommentare sind beispielhaft für die geistige Selbsteinmauerung der Linken. Nirgendwo ein Funke Verständnis für die gegnerische Position. Ja ja, Verständnis darf man mit solchen Leuten natürlich nicht haben - aber Verständnis kommt von Verstehen und zu kritisieren was man nicht einmal verstanden hat ist mit Verlaub völlig sinnlos. Jede Befürchtung der AfD-Anhänger ist anscheinend vollkommen (!) unbegründet, glauben Sie das im Ernst? Markenkern der AfD ist das Thema Migration, halten Sie es für ausgeschlossen, dass sich daraus jemals Probleme ergeben werden? Gibt es nicht historische Beispiele, die das Gegenteil nahelegen? Gibt es nicht schon jetzt viele Probleme?



    Die Linke scheut seit Jahren die inhaltliche Konfrontation und beim Lesen des Interviews begreift man auch wieso - sie hätte inhaltlich nichts zu sagen, denn gegen demographische Berechnungen, Kriminalstatistiken und Wirtschaftsdaten nimmt sich das Argument "nihilistischer Wahn" doch recht dünn aus. Wenn Sie überzeugen wollen, verraten Sie mir bitte ihr Geheimrezept um ein gutes Leben auch dann noch zu garantieren, wenn die Hälfte der Bevölkerung eine gänzlich andere Sozialisation aufweist.



    Die Realitätslücke der Linken ist so groß geworden, dass ich mir ihre Aufrechterhaltung nur mit einem tief verinnerlichten rassistischen Vorurteil erklären kann: Man hält die europäischen Völker für derart überlegen, dass man nicht glaubt mit dem Zersägen noch so vieler Stützbalken jemals eine wirklich schlimme Situation herbei führen zu können. Aber Mogadischu ist auch in Mitteleuropa möglich, die Rechte hat das verstanden.

    • @Jakob M:

      'Ihr Vorwurf ist also letztlich, dass die politische Linke nicht über Dinge diskutiert, die nicht existieren.



      Denn die Themen der Blaunen waren seit Gründung (habe bestimmt viele vergessen):



      - Der angebliche Untergang des Euro



      - der angebliche Untergang der EU



      - der angebliche Untergang Deutschlands wegen der Griechen



      - der angebliche Untergang Deutschlands wegen der Flüchtlinge



      - der angebliche Untergang Deutschlands wegen der Muslime



      - der "große Austausch"



      . Die Diktatur Merkels



      - Die Auslöschung von Millionen durch die Corona-Impfung



      etc-. pp.

      NICHTS davon hat stattgefunden oder findet statt. Hat das Nicht-Eintreten der vielen von rechts prognostizierten Katastrophen irgendjemand im rechten Lager beeindruckt? Mein Eindruck ist das nicht. Im Gegenteil, wenn wieder mal eine Katastrophe nicht stattfindet, wird sich um so leidenschaftlicher in die Prognose der nächsten gestürzt.



      Und die Realitätslücke gibt es - wie an den Beispielen oben IMHO ganz gut zu erkennen ist - am rechten Rand. Bei den Anhängern der AfD

      Achja, und ein Satz noch zur (zit: ) "gänzlich anderen Sozialisation":



      Gilt das eigentlich auch für die Bürger der Gebiete der ehemaligen DDR? Die sind schließlich ebenfalls völlig anders sozialisiert. Und nach mehr als 30 Jahren Wiedervereinigung hat sich daran nichts geändert.

  • Dass ißt ein PildungsBroblem

  • 6G
    665119 (Profil gelöscht)

    Das müssen wirklich furchtbare Menschen sein, die sich all den aufmunternden, fortschrittlichen Zukunftsvisionen verweigern, mit denen wir rund um die Uhr aus unserem Mediendiskursen bombardiert werden, und die stattdessen lieber trotzig in ihrer nihilistischen Wut verharren.

    • @665119 (Profil gelöscht):

      Und welche fortschrittlichen Zukunftsvisionen, durch deren Dauersendung Sie sich so belästigt fühlen, meinen Sie? Ich kann nichts fortschrittliches entdecken, alles, was ich höre, ist defensiv: wie verteidigen wir Wohlstand, Lebensgrundlagen, demokratische Freiheiten usw. gegen eine Welt, die durch unser eigenes Zutun aus den Fugen geraten ist?

  • Also geht es da nicht um Politik sondern eher um Religion ja? Weil das hat ja nichts mit objektiver Abschätzung und Auswertung der Realität zu tun sondern mit Glauben. Am Ende erklärt das auch viel besser wieso es so viele Leute gibt, die Die AfD wählen. Religion war schon immer anschlussfähig..

  • "sie glauben, beständig Opfer von Ausgrenzungen und Anfeindungen zu werden" - eine interessante Beobachtung. Und wie sich die gesellschaftlichen Gruppen doch gleichen. Denn genau dieselbe weinerliche Opfer-Mentalität scheint sich seit einiger Zeit durch alle Grüppchen, Gruppen und Schichten zu ziehen. Selbst ein Friedrich Merz leidet ja erklärtermaßen als Zugehöriger zur "gehobenen Mittelschicht", die ja soooo viele Steuern zahlen muss.

    Es gibt im Endergebnis kaum noch jemanden, der sich nicht irgendeiner - oder "intersektional" sogar mehreren - Opfergruppe(n) zugehörig fühlt.

  • "Auf narzisstisch hohle Weise begreifen sie sich als Teil einer Elite, die als vermeintlich auserwählte Gruppe den Untergang der Gesellschaft durchschaut." Genau wie die Grünen. Scheinbar haben Sie viel miteinander gemein.

    • @Kristina Ihle:

      ah....der typische AfD-Sprech, sinnfreier Grünen-Hass während die AfD seit Beginn Hass, Hetze und Gewalt verbreitet.

      Sich selbst als "Elite" sehen, jedoch bildungstechnisch das absolute Schlusslicht bilden.

      Allein schon - wer aus Frust Nazis wählt, das wäre ungefähr so, wenn einem das Essen in einem Restaurant nicht schmeckt, und dann aus Frust auf die Toilette geht und dort aus der Schüssel isst.

      #facepalm

      • @Tyramizou:

        Ich find es überhaupt bemerkenswert, welche Menge an AfD-Propaganda hier im Forum so durchgeht.

        Danke für den Toilettenvergleich. Werd ich gnadenlos klauen ;-)

    • @Kristina Ihle:

      Unsinn, Frau Ihle!

    • @Kristina Ihle:

      Bin kein Riesenfan der Grünen (in ökologischen Fragen aber oft bei ihnen), aber das ist doch Unsinn, was Sie da schreiben (oder Satire?). Es gibt einen Unterschied zwischen der Überzeugung, eine korrektere Problemanalyse und effektivere Maßnahmen formuliert zu haben als andere (wie die Grünen), und sich in einem ideologischen Dachsbau aus Fake News und Verschwörungsmythen zu verschanzen (wie die AfD plus intellektuellem Vorfeldmorast). Die einen (die Grünen) liefern empirisch unterfütterte und ethisch zumindest halbwegs abgewogene Versuche von Politik (= Problemlösung), die anderen (AfD) liefern gefährliches Geschwätz: Verneinung der Realität, Verneinung von Ethik, Verneinung/Zerstörung von Politik. Es gibt also wenig Ähnlichkeiten in der Substanz dieser beiden Parteien.

      • @My Sharona:

        Vorsicht.

        Natürlich haben auch die schrägsten AfD-Anhänger eine Form von Ethik und politischen Vorstellungen. Darum wählen sie ja die AfD. Und natürlich erleben sie eine Realität.

        Den Leuten das abzusprechen, hilft nicht weiter.

        Die Grünen haben traditionell einen Flügel, der den Untergang der Gesellschaft oder der Welt aufziehen sieht.

        Der steht gerade allerdings im Schatten, weil mit Habeck und Baerbock der Realo-Flügel die Politik macht.

        Sehen Sie sich die parteiinternen Kritiker beider an, und Sie finden die Ähnlichkeiten.

        Ich habe in meinem privaten Umfeld eine Grünen-Anhängerin, die mittlerweile in ihrer Demokratiekritik und mit ihrem elitären Selbstverständnis in Richtung Autoritarismus rutscht.

        Ich bin übrigens jemand, derzum potentiellen Wählerkreis der Grünen gehört. Trotzdem sehe ich, was Kristina Ihle meint.

        • @rero:

          Die innere Verfasstheit der Grünen interessiert mich nur am Rande. Mein Punkt ist der folgende: öffentliche, politikbezogene Debatten sind kein Anything Goes, kein Feuerwerk alternativer Fakten, sondern haben inhaltlich Minimalanforderungen an Rationalität. Diese Mnimalanforderungen können sehr weit gefasst sein, auch hochnormativ oder idealistisch oder kontrovers oder radikal. Wenn man jedoch Dinge behauptet, die sich empirisch nicht belegen lassen, und Dinge fordert, die einerseits rechts- und sittenwidrig sind (und man das sogar weiß und trotzdem die Stimmung anfacht) und andererseits auch kein einziges Problem lösen, dann ist das Anti-Politik und die Verneinung von politischer Ethik. Und das finde ich nur bei der AfD oder noch weiter rechts (ja, ich kenne auch einen NPD-Wähler). Was die schrägen (oder geraden) AfD-Wähler*innen wählen ist eben keine Politik, sondern Verarsche der gesellschaftszerstörenden Art.

      • @My Sharona:

        Das mit dem “intellektuellen Vorfeldmorast” finde ich sehr schön formuliert. Ich stimme zu.

    • @Kristina Ihle:

      Wenn man sich auf post-faktische Argumentationen einlassen will haben sie recht, wenn nicht könnte man anerkennen, dass die Erzählung vom 'Großen Bevölkerungsaustausch' ein rechtes Märchen, die Klimakatastrophe aber durchaus real ist.

      • @Ingo Bernable:

        Können Sie näher erläutern, wieso es ein Märchen ist?

      • @Ingo Bernable:

        @Ingo Bernable: Klimakatastrophe - Sie blicken wohl auf die Welt mit apokalyptischen Bildern und vertreten Endzeitdystopien, oder?

        Es geht bei der Diskussion um den Klimawandel um die damit verbundenen Folgeerscheinungen, die wohl signifikant sein können, aber doch nicht um den Untergang der Welt den das Wort "Katastrophe" impliziert.

        Aber, ich hoffe Sie haben das Zitat aus dem Artikel erkannt...

        • @Gerald Müller:

          +2° Erwärmung sind nach wissenschaftlicher Konsensmeinung ungefähr die Grenze bei der wir uns an die Folgen noch anpassen können. Auf dem derzeitigen Kurs werden wir diese Grenze sehr weit verfehlen. Für eine Klimaveränderung weit jenseits der Grenzen menschlicher Anpassungsfähigkeit scheint mir die Bezeichnung Katastrophe durchaus angemessen, auch dann wenn sie nicht das Ende der Welt, sondern 'nur' das Ende menschlicher Zivilisation bedeutet.

          • @Ingo Bernable:

            "Auf dem derzeitigen Kurs werden wir diese Grenze sehr weit verfehlen."



            Nur zu wahr. Mit den 81,5 Grundlast der Wärmepumpen werden wir die Braunkohle noch weit über 2045 noch brauchen.

          • @Ingo Bernable:

            Jepp. 2 Kelvin sind die natürliche Schwankungsbreite (vorwiegend durch die zyklisch schwankende Sonnenaktivität), die Ökosysteme aushalten können.

            Wird das nicht nur kurzfristig (wenige Jahre) überschritten, kommt es zu flächendeckendem Kollaps der Stoffkreisläufe und zu einem forcierten Umbau der betroffenen Ökosysteme: aus Wald wird Buschland, aus Wiese Steppe, aus Steppe Wüste.



            Das geht mit einem Verlust an Biodiversität einher, die trophischen Netze verlieren "Knoten", und damit Resilienz.

            In 2 Generationen wird die Welt von heute nur noch in ihren Grundzügen wiedererkennbar sein, in 4 Generationen wird sie irreal wie Grimms Märchen auf LSD erscheinen. Das ist jetzt schon unvermeidlich.

            Die Frage ist lediglich: wollen wir die Zivilisation *komplett* verlieren, oder noch genug retten, dass man mit der gleichzeitig stattfindenden Verknappung von Schlüsselrohstoffen umgehen kann?

            Und abgesehen vom *Betrag* der Erwärmung ist es ja auch noch die *Geschwindigkeit*. Die ist wesentlich schädlicher als der reine Betrag. Würde es 4 Kelvin wärmer, aber über einen Zeitraum von 2 Millionen Jahren, ist das kompensierbar. Wenn es aber nur 200 Jahre sind, dann schlägt das so sehr vom Klima aufs Wetter durch, dass Dinge wie ozeanische Seefahrt und Luftfahrt ganz allgemein pointless werden, weil das thermische Ungleichgewicht der Atmosphäre zu Stürmen und Starkniederschlägen, die die hohe See und die höhere Atmosphäre für Menschen zu Gebieten werden, die man nicht mehr gefahrlos betreten kann. Platt gesagt: es wird dann keine sicheren See- und Flughäfen mehr geben. Nirgendwo.



            Und spätestens dann - ohne Fernhandel - ist alle Wirtschaft auf der Welt hartlimitiert auf ein mittelalterliches Subsistenzniveau. Nur mit viel mehr Plastikabfall und Giftmüll, und so wenig Stahl, dass der mehr wert ist als Gold.

            • @Ajuga:

              "Jepp. 2 Kelvin sind die natürliche Schwankungsbreite (vorwiegend durch die zyklisch schwankende Sonnenaktivität), die Ökosysteme aushalten können."

              Sorry, aber: Blödsinn.

        • @Gerald Müller:

          “ Klimakatastrophe - Sie blicken wohl auf die Welt mit apokalyptischen Bildern und vertreten Endzeitdystopien, oder?”

          Haben Sie in der letzten Zeit mal Nachrichten gelesen/ geschaut?

        • @Gerald Müller:

          Eine Katastrophe ist zu benennen. Der Unterschied ist vielleicht das Ausmaß. Wenn Menschen sich grundsätzlich an eine neue Situation anpassen können, ist das vielleicht weniger Katastrophe. Im Klimawandel ist das für viele Menschen auf dem gesamten Globus nicht mehr möglich, weil die Lebensgrundlagen einfach verschwinden. Der durchschnittliche AFD Wähler dagegen muss höchsten auf das ein oder andere verzichten und lebt in einem Vergleich in extremen Wohstand. Darüber geht der Klimawandel über das was wir als menschliche Kultur empfinden hinaus: Artensterben und ganze Landschaften veröden.

        • @Gerald Müller:

          Ich empfinde die "Schlagworthysterie" aller Medien in den letzten 3-5 Jahren äußerst anstrengend und stimme ihnen soweit zu, dass das katastrophisieren noch nie genutzt hat.

          Die Frage ist für mich, wenn der Klimawandel für uns deutsche gerade keine Katastrophe ist, wie denken die Slowenen, Griechen, Pakistaner, Hongkonger darüber, denen binnen 2-3 Tagen bis zu 600 Liter Wasser auf den Kopf gefallen sind.



          Ich denke, deren Wahrnehmung und Bewertung des Wortes "Krise",ist eine essentiell andere als unsere.



          Und ehrlich, ich warte nur auf ein vergleichbares Starkregenereignis in Deutschland, wünsch es keinem Menschen auf der Welt und denke, unsere kontinentale Wetter-Lage in Europa schützt uns davor. Frankreich, Spanien,Italien haben vielleicht nicht das Glück.

          Und dann ist die Frage für mich: kann Mensch dann noch immer vor der realen Veränderung, vor der Haustür, die Augen verschließen. Und ist eine Krise erst eine Krise, wenn sie mich betrifft?

          Leid in 1000de Kilometer Entfernung ist ja sehr leicht zu ignorieren.

          Ich Stelle nur Fragen, die Antworten findet bitte jeder für sich.

      • @Ingo Bernable:

        Sie treffen den Nagel auf den Kopf.

  • Interessante, wenngleich auch bestürzende Analyse. Die AfD-Mitglieder und Anhänger hängen also nicht einer Partei an, sondern sind eher Teil einer wirr-destruktiven Weltuntergangssekte, die sich als Partei tarnt. Da fehlt einem die Fantasie, wie man diese Menschen für Demokratie und einen halbwegs sachlichen Diskurs zurückgewinnen will.

    • @Bambus05:

      Das ist relativ simpel.

      Sie brauchen ein positives Narrativ.

      Eine optimistische Gesellschaftserzählung.

      Daran fehlt es gerade.

      Im Prinzip glaubt hier doch gerade niemand daran, dass derzeit irgendwas besser wird.

      Die AfDler sind nur besonders gut im Pessimismus.

    • @Bambus05:

      Faschismus war *immer* ein Todeskult.

      Nur hat er gelernt, das nicht mehr offen raushängen zu lassen, bis die Macht gesichert ist.

      Man redet sich gern ein, dass die AfD ja nicht wie die NSDAP ist - aber die NSDAP hatte es mit einem Wahlvolk zu tun, von dem allemal 25% Dinge wie "Gasangriff", "Beinamputation im Schlamm" und "Trommelfeuer" aus eigener Anschauung kannten. Und deswegen konnte die NSDAP offen zugeben, was sie vorhatte.



      Die AfD *kann* das nicht, wenn sie mehr Zuspruch haben will als die "Borussenfront" oder so; die Deutschen sind heute überwiegend friedliebend und zartbesaitet, und kein Volk von Leuten die wissen, wie menschliche Eingeweide stinken (so ähnlich wie die von Schweinen; aber wer hausschlachtet denn heute noch?).

      Das limitiert *zwangsläufig* die möglichen Parallelen zwischen den beiden Parteien.



      Man müsste also stattdessen fragen: wie groß sind die nicht trivial aus der unterschiedlichen gesellschftlichen Befindlichkeit zu erklärenden *Unterschiede* zwischen NSDAP und AfD?



      Und die sind, bei genauer Betrachtung, erstaunlich klein.

  • N=17 ist jetzt nich unbedingt aussagekräftig, aber es ist zumindest in meinem Erfahrungsumfeld plausibel.

    • @metalhead86:

      Die Studie basiert auf narrativen Interviews, ist also qualitative, nicht quantitative Forschung und sie werden kaum eine so angelegte Forschungsargeit finden die auf einer ihnen genehmen Samplegröße basiert, was aber auch egal ist weil sich die so erhobenen Berichte ohnehin nicht sonderlich gut mit statistischen Methoden auswerten lassen.

      • @Ingo Bernable:

        Es überrascht trotzdem, dass die Befragten hauptsächlich aus Baden-Württemberg stammen. Warum wurde nicht auch in den Hochburgen der AfD befragt?



        Noch dazu würde mich interessieren, ob Herr Rhein auch während der Interviews einen solch akademischen Duktus ("chiliastischen Ausbruch", "Eschatologie") an den Tag gelegt hat. Da würde mich als Interviewtem womöglich auch die "nihilistische Wut" packen, wenn ich nicht mitkomme.

  • "Das zentrale Charakteristikum meiner InterviewpartnerInnen ist eine nihilistische Wut. Sie entzündet sich an einem Unvermögen, sich eine Zukunft vorzustellen."



    Kann das jemand aus der Psychopathologie mit pädagogischem Hintergrund erklären, was da auch wo es aus dem Ruder gelaufen ist und welche Einflussnahme von Massenmedien dazu beigetragen hat, dass wir heute als Resümee lesen:



    "Womöglich liegt die Bedrohung woanders. Besonders besorgt mich, dass mit der AfD eine Partei in der politischen Institutionenordnung vertreten ist, die destruktive und elitär-abgesonderte Geisteshaltungen versammelt und damit den Verlust geteilter Welterfahrungen und Realitäten salonfähig macht.



    Wenn es nicht so traurig und tragisch wäre, ein Tipp:



    ER (... UND ES) IST WIEDER DA:



    "David Wnendt lässt in „Er ist wieder da“ Adolf Hitler auferstehen und als Medienstar durch die Republik reisen. Keiner nimmt den Diktator ernst. Aber die Aussagen der Gesprächspartner, teilweise nicht-fiktive Szenen, sind erschreckend. Als Satire taugt der Film aber nur bedingt."



    www.deutschlandfun...olitische-100.html

    "Zwei deutsche Autoren von Rang, beide Nietzscheaner durch und durch und dem NS-Regime um 1933 mit einer Mischung aus Nähe und Distanz begegnend, äußern sich damals zum „Neuen Menschen“, der bei beiden nur ein heroischer sein kann: Ernst Jünger und Gottfried Benn.



    Jünger hat seinen neuen Menschen nach dem Vorbild des kaltblütigen Kriegers modelliert. „Der Arbeiter. Herrschaft und Gestalt“ ist, als Essay, eine kulturanthropologische Vision, in der sich alle anderen früheren Bestimmungen des Arbeiters – auch ökonomische und soziale – auflösen. Ähnlich dem Übermenschen Nietzsches ist der Typ des Arbeiters von spartanischer Selbstzucht und zynischer Härte, von heroischer Pflichterfüllung, immun gegen Schmerz und Tod, gegen Glück und Unglück; er gehört zu einer neuen Aristokratie, ist Krieger eines planetarischen Imperialismus."



    Aus dlf.de

    • @Martin Rees:

      1/2



      Ich kann keine psychologischen Erklärungen einbringen, was da aus dem Ruder gelaufen ist. Stelle mir Ihre Frage aber auch.



      Ihr Kommentar gibt zu denken. Deshalb füge ich einen Gedanken bei - ohne dass ich sagen könnte, er wäre richtig. Aber vielleicht kann man eine Spur weiterverfolgen, wenn es um das Verständnis jener nihilistischen "Vision" geht, die Sie nach meinem Verständnis kulturanthropologisch auf die Spur kommen wollen?



      Jünger entwirft eine schreckliche Vision des "Arbeiters". Kein Glück kein Unglück - Ist dieses Wesen eigentlich am Leben? Wie kommt es zu einem solchen Wesen, in dem man schon den Größenwahn sieht? Ist es ein menschlicher Körper, den ein Maschinengeist/“Maschinenpsyche“ antreibt? Der (klassische) Arbeiter ist auch der Lohnabhängige. Doch ungeachtet dessen heroisiert Jünger den Arbeiter im eben angedeuteten Sinn. Ein Blick auf reales Leben:



      Christine Morgenroth



      „Arbeitsidentität und Arbeitslosigkeit – ein depressiver Zirkel“ Quelle:



      www.bpb.de/shop/ze...epressiver-zirkel/



      Zitiereaus Abschnitt IV des Aufsatzes:

    • @Martin Rees:

      2/2



      „…in komprimierter Form das ganze Spektrum der Folgen langfristiger Arbeitslosigkeit: schwere psychische Belastungen, Frustration und Unverständnis, Wut und Tendenzen, sich resignativ zu betäuben. In den ersten Beiträgen äußern sich die Teilnehmenden in kurzen, schlaglichtartigen Bemerkungen über ihre Befindlichkeit. Die Ausdrücke "Durchdrehen", "Leerlauf" und "Kurzschluss" verweisen auf ein fast instrumentelles Verhältnis zu ihrer eigenen psychischen Situation. Sie erleben ihren Zustand übereinstimmend wie den einer Maschine, die nicht mehr gemäß ihrer ursprünglichen Bestimmung funktioniert, deren Systematik vielmehr durcheinander geraten ist, sich daher der Steuerung entzieht und einen Kurzschluss produziert. Es ist ein sich entfremdetes Selbstgefühl, das in dieser Maschinenanalogie enthalten ist; die eigene Lage wird vom Ich als derart fremd erlebt, dass in dem Bemühen um angemessenen Ausdruck zu Bildern aus handwerklichen und industriellen Fertigungsprozessen gegriffen wird, um das Selbsterleben von tief greifender Störung zu beschreiben.“



      Auch als Lohnabhängiger bleibt der Arbeiter selbstbewusst. Er bezieht seine Stärke u. Lebensgefühl auch in der Solidarität mit anderen u. dem Stolz auf seine KONKRETE Arbeit. Dahingehend scheint mir Jünger den Arbeiter zu heroisieren. Und landet m. M. n. in einer entmenschlichten Maschinenanalogie.

    • @Martin Rees:

      3/3



      Genau DIE aber erleben Arbeitslose beim Verlust ihrer Arbeit und damit ihrer Identität.



      Kann es sein, dass bei dem „versammelten Nihilismus“ der AfD nicht doch Verlusterlebnisse, Identitätsverluste vorangegangen sind, die promt als Ausländerhass projiziert werden. Worauf Phillip Rhein nicht näher eingeht und quasi zuerst vom „Ergebnis“ spricht?



      Erwerbslose (ich kenne das) wählen nicht signifikant mehr AfD als andere Gruppen. Das hier soll kein Bashing sein. Aber was auffällt ist die Ähnlichkeit der Maschinenanalogien. Einmal als Heroisierung, einmal in Folge eines niederschmetternden Ereignisses.



      Vielleicht konnte ich etwas beitragen?

  • Worin liegt der Nutzen einer solchen Studie, welche Konsequenzen sollten daraus entstehen?

    • @Alterchen:

      Der Nutzen liegt wohl darin zu verstehen, dass eine solche Partei für die meisten Zeitgenossen keine Lösung, sondern eher ein Problem darstellen würde, käme sie zur Macht.

      • @Aurego:

        und die Konsequenzen?

        • @Alterchen:

          Organisierter und wirksamer Antifaschismus.

        • @Alterchen:

          Die Konsequenzen zu ziehen ist Aufgabe der Politik, nicht der Wissenschaft.



          Für mich ist die politische Konsequenz übrigens klar, wenn sich eine Weltuntergangssekte als politische Partei tarnt und versucht, Mehrheiten zu erringen, um die verfassungsmäßige Ordnung abzuschaffen. Stichwort: Wehrhafte Demokratie.

  • Nun ist Krise als Dauerzustand und Zukunft als Bedrohungsszenario nichts, worauf AfD-Anhänger ein Monopol hätten.

    Auch bei den anderen nehme ich einen Hang zum Autoritarismus war.

    Schade, dass nicht gefragt wurde, wie man diese Leute nach der Analyse denn nun einfangen könnte.

    Ich meine, der Mann ist Politikwissenschaftler. Da wird er ja Ideen zu haben.

    So reiht sich das Interview ein in die vielen dystopischen Erwartungen.

    • @rero:

      Allein, der Unterschied ist der:

      COVID war echt.



      Der Klimawandel ist echt.



      Die Folgen des Spätkapitalismus sind echt.

      Dagegen etwas zu tun, ist für die Menschheit lebenswichtig, und wenn die Maßnahmen einigen nicht gefallen, Pech.

      Die Bedrohungsszenarien der Rechten sind allesamt Hirngespinste.

      Und man KANN sie nicht "einfangen".

      • @Jegudiel:

        Sie liefern gute Beispiele.

        Bei manchen apokalyptischen Positionen zu diesen Themen hört es auf, "echt" zu sein.

        "Dagegen etwas zu tun, ist für die Menschheit lebenswichtig, und wenn die Maßnahmen einigen nicht gefallen, Pech."



        Exakt so argumentieren Rechte auch. Ich erlebe es mehrfach wöchentlich.

  • Sehr interessante Arbeit. Sie bestätigt, dass der Erfolg der AFD auf Wohlstandsverwahrlosung zurückzuführen ist.

    • @shitstormcowboy:

      Das müssten Sie erklären. Da wäre ich nicht drauf gekommen.

      • @rero:

        Nu, ich versuchs mal:

        Person lebt über die vom Planeten lieferbaren Verhältnisse. Nicht allzu sehr, aber in aktiver Ignoranz: Das Leben ist ein Ponyhof.

        Person kann nicht mehr verdrängen, dass Schlüsselressourcen knapp werden (Inflation, Lücken in den regalen, pfandflaschensammelnde Omis usw): Die Welt ist böse, aber *meine* Habgier hat damit *nix* zu tun.

        Person ist ein angstgesteuerter, bildungsdefizitärer Persönlichkeitstyp, kriegt richtig die Düse, aber ist zu einer Analyse unfähig sondern glaubt jedes Märchen, solange es nur seine Vorurteile bestätigt: "It was so much easier to blame it on Them. [...] We're always one of Us. It's Them that do the bad things." (Pratchett, ""Jingo")

        Person sieht sich selbst Pfandflaschen sammeln, das Eigenheim und beide Autos verlieren: Und daran sind die Grünen schuld. Und die Sozialisten. Und die Gender. Und die Klimalügner.

        Person reagiert, indem sie nach unten tritt - gegen weitaus Ärmere, Schwächere, Minderheiten: die Nafris, die Sozialschmarotzer, die Transen, die hüpfenden Schulschwänzer müssen weggemacht werden, damit *ich* leben kann.

        -----

        Dieser Kreislauf kann bereits mit nur einem Jahr "höherer" (akademischer) Bildung - konkret: Grundlagen empirischen Denkens, Epistemologie, und Quelleanalyse - durchbrochen werden.



        Und so ein lowkey-Wissenschaftsmethodenseminar geht auch bei Leuten mit Hauptschulabschluss; es muss nur mit Leichter Sprache usw vermittelt werden.

        Aber hier ist Deutschland. Hier werden Heranwachsende als irreparabel dumm behandelt, wenn sie bloß langsam denken, und als ewig brilliant, wenn sie nichts weiter als fast-talking Blender und Schwätzer sind. Kaum eine andere Kultur stellt die Form so sehr über den Inhalt wie die deutsche. (Die USA haben da zwar auch Defizite, aber die haben die moderne pluralistische Demokratie erfunden, während Deutschland sie literally ins Hirn gebombt kriegen musste.)

      • @rero:

        So weit weg ist SHITSTORMCOWBOY mit dem Begriff Wohlstandsverwahrlosung nicht.



        Meinte er die in der sogenannten "Sozialen Hängematte".



        Ober meinte er die. die mit den besten Beziehungen zu höchsten Ämtern und Profiten, z.B. Rheinmetall und StraZi?

  • Danke!



    Herr Rhein verdichtet, was ich für mich selber in vielen Gesprächen, zu allen möglichen Anlässen, ebenso erschließen muss.



    Dabei ist die Clickbait-Industrie mit ihren Schlagzeilen nur ein mephistofelischer Akteur: die Rezipienten selbst suchen nach den Botschaften, die sie in ihrer Ersatzhandlung erregen sollen.



    Die Johannes-Apokalypse als ein sich verselbständigendes Gegenwartsdrama.



    Und Kritik an dieser Weltsicht wird nur als Kriegerklärung verstanden.

    • @Vidocq:

      Er sagt doch gar nichts zu den Medien?

  • (Zitat)



    Für meine InterviewpartnerInnen ist die „Normalität“, die meist auf die Lebensform einer heterosexuellen Kleinfamilie bezogen ist und auf weißen, deutschen Identitätsprivilegien beruht, abhandengekommen; Krise ist zum Dauerzustand und Zukunft zu einem Bedrohungsszenario geworden. Sie blicken auf die Welt mit apokalyptischen Bildern und vertreten Endzeitdystopien.



    (/Zitat)



    Das sind für mich Abstiegsängste oder besser Verlustängste. Sie sehen ihre Privilegien durch die heteronormative patriarchale Gesellschaft bedroht. Nach der Prospektheorie werden mögliche Verluste stärker empfunden als mögliche Gewinne. Vielleicht verteidigen die deshalb so aggressiv den Status Quo und rückwärtsgewandt Gesellschaftsnormen. Es gibt zu viele Bedrohungen, die Verlustängste aktivieren, wie Klimawandel zb.

    • @bio:

      Ich würde hier "Verlustängste" von "rückwärtsgewandt" unterscheiden. Eine "weiße" Gesellschaft ist vielleicht etwas rückwärtsgewandt - wozu auch all die "weißen" Erzählungen gehören, von klassischer Musik, über Brüder Grimm, deutsche Geschichte, bis letztlich auch die deutsche Sprache, die immer bestimmte Menschen bevorzugen wird, die hier aufgewachsen sind, und auch das eher aus bestimmten Kreisen. Aber ich würde es da auch nicht übertreiben, weil alle Menschen in solchen Zusammenhängen leben, nur in jeweils anderen.

      Die heterosexuelle Familie ist, Stand heute, gar nicht rückwärtsgewandt, sie ist eben nur noch ein Modell unter vielen, aber, Stand heute, genauso zukünftig wie die vielen anderen Modelle.

      Es geht also mehr um Verlustgefühle. Ein Teil davon ist die Einsicht, dass die eigenen Modelle nicht mehr die einzigen sind - das ist real und man kann diese Sorge den Leuten nicht nehmen. Das andere ist aber der echte Verlust, weil die eigenen Modelle als rückwärtsgewandt abgeschafft werden sollen - das ist doch aber nicht so. Hier geht man doch in Scheinkämpfe, die die Dinge nur unnötig schwierig machen. Zumindest Stand heute, wird die heterosexuelle Familie nicht verboten, sie wird vielleicht nur relativ etwas weniger gefördert. Auch klassische Musik wird nicht verboten, nur etwas weniger gefördert, weil man vieles Neue fördern will. Usw. Also: weniger rückwärtsgewandt, sondern viel Neues dazu.

      • @Markus Michaelis:

        Danke für ihre Gedanke.

    • @bio:

      Sie meinen wohl, das die Betroffenen ihre Privilegien in der heteronormativen, patriarchalen, (weißen) Gesellschaft bedroht sehen?



      (nicht "durch").

      • @Sonntagssegler:

        Genau

  • Viszeralere Beschreibungen des hier angesprochenen Nihilismus (eigentlich ein viel zu schwaches Wort) finden sich in Rudolf Vrbas immer lesenswerteren Buch "I cannot forgive".

    Und Vrbas wütender Epilog ist zwar für uns "zivilisierte Deutsche" von heute schwer zu verdauen, aber wichtiger denn je.

  • (fast) hervorragend!!!!

    wie ich schon in unzähligen kommentaren sagte,



    WISSEN ist das A und O!



    Die leute wussten weder bei der cdu was den sozialen raum und dessen effzizienz aussmacht, noch wissen sie es bei der afd.



    Eine massive unwissenheit und nicht nut bei den afd und cdu wählern.



    Die masse hat null ahnung von wissenschaft, weil wissenschaft immer noch eine NERD- und FREAKdasein für die meisten ist.



    Nix mit stark und sexy.



    Und genau desewgen ist die mitte so wie sie ist - liest weiter bild und konsumiert BILLIGEN porno!!!

    doch die ideologie ist natürlich teil davon, das wird hier und überall leider wieder mal nicht in zusamenhang gebracht!!! was fatal ist!!!



    Die logische qualität und die soziale qualität der ideologiee, ist doch teil der wissenskultur und eben auch teil der bildungskultur ... ja jeglicher kultur.

    eine ideologie funktioniert ohne selbst- und weltbild nicht. das alles hängt zusamen, deswegen muss man es eben auch zusammen und mit viel mehr tiefgang unterrichten, was stetig von der oberflächlichen CDU und SPD und allen neoliberalen als auch sozialiberalen NICHT UND ZU WENIG BETRIEBEN WIRD!!!!



    wo man eben eine konsequete und gute leitkultur brauch ... ergo ... eine populäre aber ganzheitliche wissenschaft und eine sexy wissenschfat. eine wissenschaftliche KULTUR, die jedem seinen sozialen raum erklären kann und nutzen lässt und eine politik und allgemeinkultur, die sich auf die wissenschaft bezieht und nicht auf lobbyisten und unternehmer und religiöse oder ökonomische fanatiker!!

    Alle leute versuchen mit dem sozialen raum fertig zu werden!



    Wenn die bildung mit inklusion oder exklusion aufwartet, wird das individuum das reproduzieren.



    wenn die bildung mangelhaft ist, wird auch das verhalten mangelhaft sein. sowohl in der inklusion als auch in der exklusion.



    gute führung ist immer wichtig.



    man muss vor allem wissen, wie genau das aussieht, sonst wählt man immer wieder das falsche. nchct nur vor 100 jahren, das ging schon so vor >2000 jahren!

    • @Christian Will:

      Der Siegeszug Asiens liegt auch daran, daß im Gegensatz zum Westen dort Antiintellektualismus keine wesentliche Strömung der Gesellschaft darstellt.

      Selbst rechtspopulistische Koreaner- und Japaner*innen haben Maske getragen, weil Professor*innen ihnen dies empfahlen.

    • @Christian Will:

      Ich habe den Überblick verloren.

  • An dieser Stelle wäre es aus meiner Sicht sehr wichtig darzustellen, wie ein Teil der AFdler:innen wieder für die Demokratie "einzufangen" wären. Fact of life ist doch, diese Gruppierung ist existent, ob es uns gefällt oder nicht. Es wäre spätestens jetzt an der Zeit, dass die auf Demokratie basierenden Entscheider:innen gemeinsam analysieren (lassen) welche AFDler:innen Gruppierungen sich erkennen lassen und darauf aufbauend schlüssige "zielgruppenspezifische" Maßnahmen/Argumente/Narrative zu entwickeln. Die Doktorarbeit von Philipp Rhein liefert zwar einen guten Fingerzeig. Mit der Stichprobe von 17 Interviews ist es jedoch schwer vernunftbasierte Initiativen zu erarbeiten.



    Hier sind aus meiner Sicht die Sozialwissenschaften weiter gefordert sich mit konkreten Vorschlägen einzubringen.

    • @Tepan:

      Gar nicht.

      Wenn jemand seine Identität komplett um die Wahnvorstellung herum aufbaut, daß seine weiße Hautfarbe ihm das Recht gebe, andere Menschen auszurotten, dann DARF diese Person nicht "eingefangen" werden.

      • @Jegudiel:

        Sie meinen also eher "gefangen" oder wäre ihre Richtung?



        Die bisherige Strategie zum Umgang mit denen hat vom Ergebnis her leider dazu geführt, dass mittlerweile unsägliche 21% Zustimmung gemeldet werden. Deshalb sehe ich es weiterhin als zielführend an, sich die (Unter-)zielgruppen genauer anzuschauen, um dann eine erfolgversprechenden Umgang zu erarbeiten und umzusetzen. Ich kann Ihnen jedoch beipflichten, dass sich die Gruppen im extrem rechten Spektrum kaum auf die Schnelle auf den Vernunftpfad bringen lassen. Ziel einer Analyse wäre es ja auch, herauszufinden bei welcher Untergruppe es sich lohnt diese wieder "einzufangen". Da wiederhole ich mich gerne, es sind insbesondere Bereiche aus den Sozialwissenschaften gefordert entsprechende Ansätze zu liefern.

  • Willy Brand war cool. Habe ihn selber mal reden gehört . Das besondere an ihm war seine Menschlichkeit: "Wenn diese Politik nicht gut ist für die Menschen , dann zum Teufel damit " o.so ähnlich..

  • Fühlt sich nicht jeder, der eine Partei wählt, auf der richtigen Seite? Grüne für Öko, FDP für viel ehrlich verdientes Geld , CDU für Häuslebauer und Erbschaft, SPD für ..äh... Willi Brand. Ne Chancengleichheit!

    • @A.S.:

      Nein, ich weiß schon seit Jahren nicht mehr welche der Marketinggesellschaften ich wählen soll.

      Es gibt keine "richtige Seite" mehr, weil auch keine Partei mehr konsequent für eine bestimmte Seite steht.



      Oh, außer der FDP natürlich - und der AFD.

    • @A.S.:

      "..... FDP für viel ehrlich verdientes Geld ...."



      🤣 you made my day

    • @A.S.:

      selbst meine linken Eltern, ich und viele Menschen in meiner Umgebung haben meistens mindestens drei verschiedene Parteien in ihrem Leben gewählt. Die wenigsten aus voller Überzeugung sondern immer abhängig von aktuellen politischen Stimmungen und Vorgängen. Der ideologische Absolutismus, den Sie da unterstellen, ist den meisten Menschen ziemlich fremd. AfD-Anhängern halt oft nicht.

    • @A.S.:

      Das ist aber nur der eine Teil, den anderen Teil aus dem Artikel sollten Sie nicht weglassen.

    • @A.S.:

      Und wie viele davon sind dermaßen von sich überzeugt, dass sie die gewaltsame Machtergreifung anstreben?

      Rechtsextremisten werden in Deutschland wieder bis tief ins linke Lager hinein verharmlost, aber wehe Klimaproteste blockieren Autos … dann ist das sofort Terrorismus.

    • 3G
      31841 (Profil gelöscht)
      @A.S.:

      Nur sich selbst fühlen führt nicht nur nicht zu Mitgefühl, sondern auch in die Täusching über sich selbst. Politik wird als Durchsetzungstheater erlebt. Da entwickeln sich "alternative " Strömungen und Strategien um Gruppenselbstwirksamkeit zu erleben.



      Das Rudel heult sich gerne zum vereint sein.

  • Endzeit-Fantasien sind tatsächlich lächerlich. Bei allem Leid sind hunderte Millionen Menschen, eher im Aufbruch und vor einer Zukunft mit mehr Wohlstand und Sicherheit. Zumindest nach dem, was man heute sieht und was viele Menschen glaube ich auch so empfinden.

    "Für meine InterviewpartnerInnen ist die „Normalität“, die meist auf die Lebensform einer heterosexuellen Kleinfamilie bezogen ist und auf weißen, deutschen Identitätsprivilegien beruht, abhandengekommen!"

    Das würde ich allerdings nicht ganz so lächerlich machen. Mir scheint, dass die meisten der Milliarden Menschen ihre "Normalität" leben und ohne diese auch schnell heimat- oder orientierungslos sind. Zu dieser "Normalität" gehören immer Konstrukte wie Geschlecht, Familie, Geschichte, Nation, Religion, Wertesysteme, Gerechtigkeit, Freiheit etc. - nur eben ein Sammelsurium sehr verschiedener Konstrukte. Man sollte zwar schon die Größe haben, zu kapieren, wann die eigenen Konstrukte am Ende sind und jetzt mal andere dran sind. Man sollte Menschen aber auch zugestehen, dass sie immer in solchen Konstrukten leben werden - die dürfen, werden und müssen sich eben nur ab und an ändern.

    • @Markus Michaelis:

      " Mir scheint, dass die meisten der Milliarden Menschen ihre "Normalität" leben"

      Dagegen hat ja auch niemand etwas. Niemand verbietet christliche Religion, Heterosexualität, "klassische" Familien, "deutsche" Kultur, usw.

      Menschen haben sich als soziale Wesen schon immer der einen oder anderen Gruppe zugehörig gefühlt, das war schon immer so und wird immer so bleiben.

      Niemand versucht den Menschen diese Zugehörigkeit zu nehmen. Das ist auch gar nicht möglich.

      Das Problem ist nicht die "Zugehörigkeit" an sich.

      Ein Problem gibt es erst wenn die eine "Gruppe" eine andere unterdrückt.

      Sei es durch Transfeindlichkeit, Sexismus, Rassismus oder ein Kreuzzug.

      Kurz: das Problem ist der HASS.

      Auch Hass / gemeinsame Feindbilder führen zu Zugehörigkeit.

      Diese sollte unter keinen Umständen toleriert werden.

      Keine Toleranz für Intoleranz!

  • Finde es methodisch fragwürdig vom Querdenkerland Badenwürtenberg auf gesamt Deutschland zu schließen.

    Ansonsten sehr spannende Ausführungen. Wie kriegt man einen AfDler dazu zu sagen was er/sie wirklich denkt?

    • @Lighfe:

      Die genannte methodische Fragwürdigkeit kam mir auch in den Sinn. Außerdem sehe ich einen Widerspruch in der Interpretation: Verlust/Abstiegsängste sollen keine Rolle spielen. Gleichzeitig wird aber ausgeführt, dass der Verlust der "Normalität" eine große Rolle spielt. Mir scheint, dass sowohl Verlustängste als auch "nihilistische Wut" eine Rolle spielen.



      Zu Ihrer Frage: meiner Erfahrung nach muss man Menschen mit diesem dystopisch elitären (Querdenker)Weltbild gar nicht groß nach ihrer Meinung fragen. Es sprudelt quasi aus ihnen heraus. Vielleicht sagt diese Studie also nur zum Teil etwas über die AFD aus. Was damit aber nicht weniger bedrohlich für unsere Gesellschaft wäre.

    • @Lighfe:

      Vielleicht haben Sie einen im Freundes- oder Bekanntenkreis und fragen ihn einfach.

  • "Die Zukunftsvorstellungen meiner InterviewpartnerInnen umfassen keine konkreten politischen Visionen oder Utopien, sondern sind äußerst bilderarm. Sie sind eigentlich nur definiert durch eine sehr abstrakte Negation des Status quo."

    Ich habs befürchtet.

    Das ist just die Mentalität, die von dem bescheuerten aber immerhin noch mit einem Fuß in der Realität[*] verhafteten "Madagaskarplan" zum nackten blinden rasenden[**] scheiß-auf-alle-Konsequenzen-Vernichtungswahn von Auschwitz führte.

    Und zwischen dem einen und dem anderen lagen gerade mal 5 Jahre.

    Was die Nazis über gewöhnliche Faschisten, Rassisten, Massenmörder, die es in der Zeit zu Millionen und Abermillionen gab, hinausgehen ließ, war *exakt diese* abstrakte Negation der beobachtbaren Realität, dieser heideggersche Hass auf alles Reale, Materielle, Fassbare, und die Hinwendung zu einer ultratoxischen Form eines platonischen Id(e)ealismus:



    Sie wollten nicht aus der Welt, die ist, eine Welt, wie sie sein soll, erschaffen, so wie der Kommunismus das beanspruchte.



    Sondern sie wollten die Welt, die ist, zerschlagen, ihre Trümmer verbrennen bis nicht einmal Bakterien in der Asche lebten, und auf dieser tabula rasa ihr "Paradies auf Erden" errichten.

    "Wozu sind Menschen bereit, die in solchen Zukunftsbildern denken?"

    Zu Dingen, zu denen *kein menschliches Wesen* bereit ist. Denn aus *ihrer* Sicht sind sie *keine* Menschen, sondern Übermenschen.

    Rheins letzte Antwort ist schwer leserlich, aber die Mühe wert. Denn sie ist brilliant; unheimlich brilliant: was, wenn die AfD, so wie einst Boeckels ASVP-DRP, "nur" Wegbereiter für noch Schlimmeres ist.

    [*] Bis auf die widerliche ideologische Basis kein Unterschied zur etablierten und bis in die 1930er üblichen und allgemein akzeptierten imperialen Praxis.

    [**] Himmlers Posener Reden wurden nicht veröffentlicht, und vor ausgewählter geschlossener Gesellschaft gehalten; d.h. selbst Himmler war klar, das es zwischen Nazis und Menschen keinen common ground mehr gab.

  • Vielleicht denken die AfDwähler/innen in Bad.Württ.anders. Oder aber sie haben das Interview für Veräppelung genutzt.



    Ich arbeite ehrenamtlich mit vielen Mennschen zusammen. Sie wollen die Partei wählen gerade wegen ihrer Armut und Abstiegsangst. Sie wollen der jetzigen Politik einen Denkzettel verpassen.



    Deshalb kann ich diese Studie so nicht bestätigen.

    • @H.L:

      Die Denkzettel Geschichte ist eine Schutzbehauptung. Sie wollen nicht direkt sagen, dass sie Faschismus wollen und glauben, dieser würde sie bevorzugen.

      • @myron:

        Nein, so ist es nicht!!!



        Ich kenne die Menschen seit vielen, vielen Jahren.



        Sie sind verzweifelt!



        Es geht n u r um einen Denkzettel bei der Mehrheit und Hoffnung vir allem auf eine SPD, die sich dadurch ändert.

        • @H.L:

          Sie wollen uns aber nicht ernsthaft verkaufen, dass diese Leute eine Partei wählen, die den Sozialstaat nach neoliberaler Fasson zusammenstreichen will, gegen den Mindestlohn war, Arbeitslose zu einem Reichsarbeitsdienst 2.0 zwingen will, bis heute kein Rentenkonzept hat etc. pp., damit die SPD wieder nach links rückt?



          Wenn ich mal nachfragen darf: Ziehen sich diese Leute die Hose mit der Kneifzange an?

    • @H.L:

      Das muss oberflächlich kein Widerspruch sein.

      Aber man wählt nicht aus "Armut" oder Trotz eine Partei, die ausdrücklich unsere bestehende Ordnung vernichten will, ohne eine positive Perpektive für das "danach" zu bieten.

      Da steckt also noch mehr dahinter. Gut möglich, das Ihre Klientel Ihnen das nicht so sagt oder auch nicht so sagen kann.

      Die Studie hat ja präziser nachgefragt als man das auf dem Gang so tut.

      • @Sonntagssegler:

        Ich spreche nicht mit den Leuten auf dem Gang

        Sie haben von den Menschen und der Situation ein völlig falsches Bild.

        Ich kann diese oberflächlichen Bewertungen nicht mehr hören.



        17 Leute zu befragen und das als Wahrheit hinzustellen, finde ich sehr fragwürdig.

  • 17 Interviews für eine Studie finde ich ziemlich mager.

    • @Andreas J:

      Für narrative Interviews im Rahmen der qualitativen Sozialforschung kann es genügen. Es ist besser, als 6000 Personen die falschen Fragen zu stellen... kommt natürlich immer auf das Untersuchungsinteresse an.

  • Interessant! Danke!

  • n=17



    Stochastik war nicht meine Stärke, aber ist das nicht ein bißchen arg wenig um ein generalisiertes Bild von AfD-Wählern zu bilden?

    • @zio pipo:

      Nein, denn hier geht es nicht um die statistische Schätzung von Anteilen, sondern um das Herausarbeiten von Erzählstrukturen. Nennt sich "qualitative Forschung" und ist schon seit Jahrzehnten in den Sozialwissenschaften etabliert. Man kann halt nicht daraus ableiten, dass alle AfD-Wähler:innen so ticken, aber das Muster ist interessant, weil unerwartet. Mit einer herkömmlichen Umfrage kommt man da nicht drauf, sondern frägt dran vorbei.