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AfD gewinnt Landratswahl in SonnebergKein braunes Wunder

Gareth Joswig
Kommentar von Gareth Joswig

Dort, wo die AfD normalisiert ist, feiert sie Erfolge: Der Sieg der Landratswahl in Sonneberg sollte insbesondere der Union zu denken geben.

Höcke, Sesselmann, Brandner und Chrupalla am Sonntagabend in Sonneberg Foto: Martin Schutt/dpa

E s ist ein Fiasko mit Ansage: Die extrem rechte AfD hat im thüringischen Sonneberg erstmals eine Landratswahl gewonnen. Die AfD in Thüringen ist mit ihrem Anführer Björn Höcke die Speerspitze der völkischen Strömung in der Partei. Sie verfolgt eine neofaschistische Agenda, hetzt gegen Minderheiten, verstößt damit gegen grundsätzliche Demokratieprinzipien, verharmlost den historischen Nationalsozialismus und will den völkisch-autoritären Umbau des Staates.

Die Wäh­le­r*in­nen aus dem 56.000-Einwohner-Landkreis Sonneberg in Thüringen haben bei der Stichwahl für den Landrat trotzdem und zu einem großen Teil sicher auch genau deswegen für den AfD-Kandidaten Robert Sesselmann gestimmt. Die Wahlbeteiligung lag bei 58,2 Prozent, Sesselmann kam auf 52,8 Prozent der Stimmen.

Es ist ein Landkreis, in dem die AfD weitgehend normalisiert ist und in dem auch der CDU-Kandidat Jürgen Köpper mit knallhart-populistischen Parolen gegen die Bundesregierung in Berlin in den Wahlkampf gezogen ist. Die CDU hat hier 2021 für den Bundestag den rechten Schwurbler Hans-Georg Maaßen aufgestellt und im Kreistag ist es normal, mit der AfD zusammenzuarbeiten. Die Brandmauer ist in Sonneberg nicht erst diesen Sonntag gefallen.

Vollumfänglich ausschlachten

Für die AfD ist die gewonnene Wahl ein lang ersehnter Meilenstein auf dem Weg zur Normalisierung. Obwohl es nur eine Landratswahl ist, werden die Rechten Sonneberg nun vollumfänglich ausschlachten, um sich vor der Landtagswahl 2024 in Stellung zu bringen: Die Parteispitze spricht vom „blauen Wunder“, das nur der Anfang sei und einer „Wende“ – absurde DDR-Vergleiche intendiert.

Tatsächlich wäre es dann auch eher ein „braunes Wunder“, denn kaum irgendwo ist die AfD so offen rechtsextrem wie in Thüringen. Dass sie ausgerechnet hier diesen in erster Linie symbolischen Erfolg einfährt, spricht dafür, wie weit in einigen Teilen insbesondere Ostdeutschlands die rechte Hegemonie – nicht nur durch die AfD – bereits etabliert ist.

Aber auch wenn sich die Wahl in Sonneberg nicht verallgemeinern lässt: Begünstigt wurde sie durch die Krise der Ampel und einen nach rechts kippenden öffentlichen Diskurs sowie multiple Krisen der Gegenwart: Eine im Geldbeutel spürbare Wirtschaftskrise und hohe Inflation infolge des russischen Angriffs auf die Ukraine, keine gleichmäßige Verteilung der Krisenlast und zu wenig soziale Gegenmaßnahmen, ein Heizungsgesetz ohne soziale Abfederung und vermeintliche Christdemokrat*innen, die Stimmung mit rechtem Kulturkampf und plumpen Rassismus machen.

Trifft diese toxische Mischung dann noch auf vorhandene rassistische und systemfeindliche Einstellungsmuster, sorgt das für einen Aufschwung der AfD, wie er hier zu beobachten ist.

Insbesondere die CDU sollte aus der Gesamtlage endlich Lehren ziehen. Wenn schon nicht aus intrinsischen humanistischen oder gar christlichen Motiven, dann doch bitte zumindest aus strategischen: Die CDU gefährdet mit ihrem Larifari-Abgrenzungskurs und der Anbiederung an AfD-Positionen nicht weniger als die Demokratie und erweitert die Grenzen des Sagbaren.

Begünstigt wurde sie durch die Krise der Ampel und einen nach rechts kippenden öffentlichen Diskurs sowie multiple Krisen der Gegenwart

Es sollte der Union zu denken geben, dass sie in Umfragen nicht von den Problemen der Ampel-Koalition profitiert. Der aktuelle Rechtsdrall der Union stärkt allein die AfD. Die Christdemokraten sollten rigoros umlenken, mit dem rechten Kulturkampf aufhören, sich auf Sachthemen und vernünftige demokratische Oppositionspolitik konzentrieren – und nicht den Diskurs verrohen.

Eines sollte man nicht tun angesichts von Sonneberg: resignieren. Sonneberg sollte Anlass für kritische Selbstreflektion sein und eine Stärkung inhaltlich unterscheidbarer und vernünftiger Positionen nach sich ziehen. Die Parteien sollten ohne populistische Entgleisungen um reale Alternativen streiten.

Denn die AfD hat nichts außer Fundamentalopposition zu bieten, sie schürt Abstiegsängste, gibt auf soziale Verteilungsfragen nur rassistische Antworten und vergiftet den demokratischen Diskurs. Bundesregierung und demokratische Opposition sind gefordert, gerade in der Krise auf tatsächlich soziale Verwerfung geeignete und vernünftige Antworten finden.

Es sollte der Union zu denken geben, dass sie in Umfragen nicht von den Problemen der Ampel-Koalition profitiert

Besonders bitter ist die Wahl natürlich für Geflüchtete und Minderheiten vor Ort – denn hier ist der Wahlausgang alles andere als symbolisch: Der Spitzenbeamte des Landkreises ist zwar an Bundesrecht gebunden, gleichwohl kann er in sechs Jahren Amtszeit viel Schaden anrichten.

Die AfD wird versuchen diese Position ausnutzen, um die Demokratie weiter auszuhöhlen: Sie wird Spielräume bei der Geflüchtetenunterbringung zu Ungunsten Schutzbedürftiger auslegen, denkbar wäre auch ziviler Ungehorsam gegenüber der Landesregierung und Missachtung geltender Praxis – etwa, wenn man Geflüchteten kein Geld, sondern nur noch Sachleistungen auszahlt.

Ebenso wird die AfD ihre extrem rechte Agenda aus privilegierter Position vortragen und gibt es weitere solcher Erfolge – die nächste Stichwahl im sachsen-anhaltinischen Raguhn-Jeßnitz steht schon kommenden Sonntag an – besteht die dringende Gefahr der weiteren Normalisierung.

Besonders schlimm aber ist ein Rechtsextremer als höchster Vertreter des Landkreises für dort lebende Menschen, die nicht dem regressiven Weltbild der AfD entsprechen. Hass und Hetze sind jetzt qua Amt Mainstream, Alltagsrassismus und rechte Eskalationen dürften zunehmen, rechte Tä­te­r*in­nen sich zusätzlich legitimiert fühlen.

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Gareth Joswig
Redakteur Inland
Arbeitet seit 2016 als Reporter und Redakteur bei der taz. Zunächst in den Lokalredaktionen von Bremen und Berlin, seit 2021 auch im Inland und Parlamentsbüro. Davor Geschichts- und Soziologiestudium in Potsdam. Themenschwerpunkte: extreme Rechte, AfD, soziale Bewegungen, Mietenpolitik, dies, das, verschiedene Dinge.
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46 Kommentare

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  • Paula , Moderatorin

    Wir haben die Kommentarfuntion zu diesem Artikel geschlossen. Vielen Dank für die zahlreichen Beiträge.

  • Und wieder diese gegenseitigen Schuldzuweisungen wer ist Schuld am Erfolg des AfD Kandidsten.



    Es sollte sich jede Partei, insbesondere die Regierungsparteien , fragen warum ihre Politik viele Menschen nicht mehr erreicht und mitnimmt. Ein weiter so wird die AfD wohl nicht schwächen. Die Parteien müssen wieder lernen Klinken zu putzen, auf die Menschen zuzugehen, mit ihnen zu reden und ihr Handeln verständlich zu erklären.

  • Ich teile die Meinung des Kommentators in Bezug auf die CDU nicht, warum sie nicht von der Ampel-Schwäche profitieren kann.

    Der wahre Grund dafür ist, dass die CDU einfach vielen zur AfD hin abgewanderten Wählern nach wie vor deutlich zu links ist, und zu wenig konservatives Profil hat.

    Das bedeutet als Konsequenz, dass Merz Versuche die CDU wieder in die Richtung zu bewegen für diese Wähler zu zaghaft sind, zu klein, zu wenig.

  • Brandmauern

    Zitat: „Die Brandmauer ist in Sonneberg nicht erst diesen Sonntag gefallen.“

    Dies ist wohl war. Man fragt sich allerdings, ob es sie überhaupt je gegeben hat. In der frühen Bonner Republik jedenfalls nicht.

    Im allgemeinen Entsetzen über den Wahlausgang wird geflissentlich verdrängt, daß Relativierungen des „Nationalsozialismus'“ (ohnehin ein verlogener Euphemismus), Rassismus, Antisemitismus, Revanchegelüste gegenüber dem Kreml nach dem verlorenen Krieg usw. in den ersten Nachkriegsjahren dortzulande kein Randphänomen waren, sondern sich in der politischen Mitte behaglich räkelten: Die FDP-Landesverband NRW entpuppte sich bald als Quasi-Nachfolgepartei der NSdAP und mußte von der britischen Besatzungsmacht aufgelöst werden. Die AfD-Vorgängerparteien «Deutsche Partei» und BHE saßen nicht nur in allen Länderparlamenten, sondern auch im Bundestag und bildeten mit der Union sogar mehrere Koalitionsregierungen. DP-Chef H. C. Seebohm, unter Hitler ein Chef-Arisierer jüdischen Eigentums, saß bis 1966 im Bundeskabinett und war kurz gar Vize-Kanzler. Seine Fusionspläne mit der NPD scheiterten nur am Widerstand der Besatzungsmächte. Seine Reden trieften vor Ehrfurcht vor den Hakenkreuzlern und Abscheu vor dem Grundgesetz („von den Alliierten aufgezwungen“). Der Sozialdemokratie dichtete er „asiatische Wurzeln“ an, die daher nicht zum „Deutschtum“ führen könne. Bundesvertriebenenminister T. Oberländer (NSDAP-MitgliedsNr. 2.331.552), zunächst FDP, dann BHE, schließlich CDU mit Direktmandat, warnte vor dem „Anschwellen der slawischen Bevölkerung als Gefahr für Europa“, nachdem er bereits 1937 das "Judentum" für die Verbreitung des Kommunismus‘ verantwortlich gemacht hatte. Er trat öffentlich für die Wiederherstellung des Deutschen Reiches in den Grenzen von 1937 ein, gewissermaßen ein Reichsbürger avant la lettre. Usw. Usw.

    So viel zu den Brandmauern zwischen der Union und den Rechtsrandigen. Für FJS bestand sie ohnehin nur in Gestalt eines Blattes Papier...

  • Hier haben nicht die Parteien versagt, hier bietet eine Partei einfache Lösungen für einfache Gemüter. Da geht dann auch mal einer Wählen, der es bisher nicht tat. Die wählen nicht aus Protest rechts, die verstehen die Zusammenhänge nicht mehr. Einfach Antworten und Schuldzuweisungen an die da Oben, in der EU oder die Flüchtlinge. Es wird zu viel Veränderung gebraucht/abverlangt, das nimmt nicht mehr jeden mit. Beschlüsse sind oft Kompromisse, weil es keine Volksparteien mehr gibt. Da gehen dann auch wirkliche soziale Erfolge unter. Was nützt mehr ALG, wenn es nicht mit eigenen Händen verdient werden konnte? Oder die Erhöhung des Kindergeldes, wenn das Dorf im Osten ausstirbt?

    • @Narrenfell:

      "Es wird zu viel Veränderung gebraucht/abverlangt, das nimmt nicht mehr jeden mit."

      Der Klimawandel wird noch wesentlich mehr und drastischere Veränderungen bringen.

      Und wir können nicht jeden merkbefreiten Torfkopp durchfüttern, wenn wir überleben wollen. Wenn die Leute sich dumm stellen und lieber Märchen von der linksgrünversifften Klimaverschwörung glauben statt den Tatsachen ins Auge zu sehen und dementsprechend zu handeln, dann dürfen sie eben keinen Platz mehr im Rettungsboot bekommen.

      Die haben das selber so gewollt.

  • Im Übrigen empfehle ich das Buch von Ingo Oschmann " Der Osten: eine westdeutsche Erfindung".

  • Es ist interessant, ob alle dienstrechtlichen Voraussetzungen für den Landrat gegeben sind. Zu Beamtenstatus und Verfassungsrecht gibt es schon einige Gutachten. Neuralgische Punkte könnten sich bei sog. Geheimnisträgerschaft ergeben.



    //



    https://www.zeit.d...ngsrecht-gutachten



    //



    Zitat (Quelle s.o.)



    "Beamte müssten "durch ihr gesamtes Verhalten für die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes" eintreten, sagte Cremer. Gerade wenn der Grundsatz der allen Menschen gleichermaßen zustehenden Menschenwürde abgelehnt werde, sei eine Grenze überschritten.



    Personen, auf die dies zuträfe, dürften nicht mit der Gewährleistung des Rechtsstaats betraut werden. Wenn der Rechtsstaat hieraus keine Konsequenzen ziehe, riskiere er seine eigene Existenz. Das Institut spricht sich zudem in jedem Fall für eine Einzelfallprüfung aus."



    //



    Gegen eine etwaige Einzelfallprüfung, z.B. bei gegebenen Voraussetzungen, wird hoffentlich niemand Einwände erheben.

  • 9G
    95820 (Profil gelöscht)

    „Kein braunes Wunder“.



    Richtig. Wir erleben die Folge schwarzer Wunderlichkeiten. Es hat leider nicht geklappt mit dem Versprechen der „Blühenden Landschaften“. Es wurde nicht geschafft, Gesamtdeutschland auf Niveau der Weltspitze zu bringen. Aber das Führungspersonal aus den FNL, das dann nach Berlin kam, hat Deutschland auf DDR-Niveau gebracht. Das war nicht „alternativlos“ aber einfacher. Unbehandelte Krankheiten führen zu Siechtum und frühem Exitus. [/sarkasmus off]

    • @95820 (Profil gelöscht):

      schrieb: "Es hat leider nicht geklappt mit dem Versprechen der „Blühenden Landschaften“.

      Lt. dem, was ich bis jetzt gelesen habe, soll die Wirtschaft im Landkreis Sonneberg doch ganz gut laufen.

  • Da wird mir schon angst und bange...



    Und ich glaube, die ampelkoalition hat versäumt die ökologische transformation von anfang an sozial abzufedern.



    Die Story um das heinzugsgesetz zeigt das.



    und eine erhöhung des mindestlohns um sage und schreibe 40 cent im Januar, wobei expertInnen eine erhöhung um 2 euro fordern:



    das ist wasser auf die mühlen der afd... wenn auch sicher nicht die alleinige ursache

    • @degouges:

      schrieb: "Und ich glaube, die ampelkoalition hat versäumt die ökologische transformation von anfang an sozial abzufedern."

      Dem muss ich hier ganz konkret widersprechen:

      1) 2-malige Anhebung der Midijob-Grenze (im Oktober 2022 und ab 01.01.2023) - wodurch die betroffenen Arbeitnehmer durch weniger Sozialabgaben mehr netto vom brutto haben

      2) erhebliche Verbesserung beim Wohngeld ("Wohngeld Plus" - dieses kann nicht nur von MieterInnen als Mietzuschuss, sondern auch von Haus- und WohnungseigentümerInnen als Lastenzuschuss beantragt werden!)

      3) deutliche Anhebung des Kinderzuschlages (der zusätzlich zum normalen Kindergeld ausbezahlt wird) ab 01.01.2023

      4) deutlichere Anhebung der Regelbedarfe beim Bürgergeld und im SGB XII als in all den Jahren zuvor (die nächste Anhebung ab 01.01.2024 wurde ja auch schon angekündigt).

      5) Und das neue Heizungsgesetz soll - dem aktuellen Stand der Nachverhandlungen entsprechend - nun doch sozial flankiert werden (das ist bei den AfD-ProtestwählerInnen womöglich untergegangen).

      Das Problem ist, dass viele Berechtigte die o. g. erhöhten staatlichen Leistungen (aus Bequemlichkeit oder falscher Scham?) nicht beantragen - und ihren Frust dann an der Wahlurne geltend machen. Dass dies bei Unterstützung der AfD unsere Demokratie massiv gefährdet, ist ihnen entweder sch...egal oder nicht wirklich bekannt.

  • "Aber auch wenn sich die Wahl in Sonneberg nicht verallgemeinern lässt: Begünstigt wurde sie durch die Krise der Ampel und einen nach rechts kippenden öffentlichen Diskurs sowie multiple Krisen der Gegenwart: Eine im Geldbeutel spürbare Wirtschaftskrise und hohe Inflation infolge des russischen Angriffs auf die Ukraine, keine gleichmäßige Verteilung der Krisenlast und zu wenig soziale Gegenmaßnahmen, ein Heizungsgesetz ohne soziale Abfederung und vermeintliche Christdemokrat*innen, die Stimmung mit rechtem Kulturkampf und plumpen Rassismus machen."

    Für Menschen mit wenig Geld hat die Ampel-Koaltion erhebliche Entlastungsmaßnahmen umgesetzt, die bereits real in Kraft getreten sind: 2-malige Anhebung der Midijob-Grenze (im Oktober 2022 und ab 01.01.2023) - wodurch die betroffenen Arbeitnehmer durch weniger Sozialabgaben mehr netto vom brutto haben, erhebliche Verbesserung beim Wohngeld ("Wohngeld Plus" - dieses kann nicht nur von MieterInnen als Mietzuschuss, sondern auch von Haus- und WohnungseigentümerInnen als Lastenzuschuss beantragt werden!), deutliche Anhebung des Kinderzuschlages (der zusätzlich zum normalen Kindergeld ausbezahlt wird) ab 01.01.2023, deutlichere Anhebung der Regelbedarfe beim Bürgergeld und im SGB XII als in all den Jahren zuvor (die nächste Anhebung ab 01.01.2024 wurde ja auch schon angekündigt). Und das neue Heizungsgesetz soll - dem aktuellen Stand der Nachverhandlungen entsprechend - nun doch sozial flankiert werden (das ist bei den AfD-ProtestwählerInnen womöglich untergegangen).

    Das Problem ist, dass viele Berechtigte die o. g. erhöhten staatlichen Leistungen (aus Bequemlichkeit oder falscher Scham?) nicht beantragen - und ihren Frust dann an der Wahlurne geltend machen. Dass dies bei Unterstützung der AfD unsere Demokratie massiv gefährdet, ist ihnen entweder sch...egal oder nicht wirklich bekannt.

  • "sollte insbesondere der Union zu denken geben."



    Es sollte allen Parteien zu denken geben. Wobei "denken" schon lange nicht mehr reicht und endlich handeln angesagt ist.

    • @Rudi Hamm:

      Es sollte den regierenden Parteien zu denken geben. Die Union regiert weder in Thüringen noch im Bund.

  • Ein kluger Kommentar, danke! Unbeantwortet bleibt, warum statt der etablierten Parteien in so starken Maß AFD gewählt wird. Laut Bild liegt die AFD bundesweit bei 20 Prozent. Da müssten bei den etablierten Parteien und auch in den Medien doch alle Alarmglocken klingeln!



    Hat es mit dem grundlegenden Defiziten des ökonomischen Systems (Neoliberalismus) zu tun, dass viele ärmer und wenige viel reicher machte, so dass bei einem Drittel der Gesellschaft das Gefühl enstand, ökonomisch abgehängt zu sein und mit der AFD paradoxerweise eine Partei gewählt wird, die ökonomisch gesehen sogar gegen das ökonomische Interesse der AFD-Wähler Politik macht?



    Die ökonomische Frage ist so wichtig, weil Parteien wie die AFD in ganz Europa (Österreich, Italien, Frankreich, Ungarn etc.) erfolgreich sind und etablierte Politik keine Antwort darauf findet.



    Ist das ökonomische System (Neoliberalismus) der weiße Elefant im Raum, der von den etablierten Parteien mit ziemlich viel Tünche (angebliche soziale Marktwirtschaft) überzogen wird, dessen knallharter neoliberaler Kern von Medien und Parteien nicht kritisch angetastet wird, so dass eine paradoxe ökonomische Alternative wie die AFD aufgrund vieler geschickt gesetzter rassistischer Triggerpunkte (Haß auf Migranen, völkische Anleihen etc.) emotional möglicht wird?



    Was hat die gute verdienende Mitte der deutschen Gesellschaft, die vom Neoliberalismus (globalisierte Exportwirtschaft bei Auslagerung wichtiger Produktionsstädten nach China) ungemein profitierte, mit dem Aufkommen der AFD zu tun?



    Der Erfolg von Trump in den USA hat mit genau diesen ökonomischen Faktoren zu tun. Es war die linke Politik von Clinton, die die Finanzindustrie entfesselte und enorme industrielle Brachen in den USA hinterließ mit dem Nebeneffekt, dass die Gewerkschaften massiv geschwächt wurden.



    Trotz der Finanzkrisen wurde das weltweite Finanzsystem kaum reformiert, die Inflation ist auch eine Folge der laxen neoliberalen Geldpolitik der Zentralbanken.

  • Zitat TAZ:



    "Besonders schlimm aber ist ein Rechtsextremer als höchster Vertreter des Landkreises für dort lebende Menschen, die nicht dem regressiven Weltbild der AfD entsprechen. Hass und Hetze sind jetzt qua Amt Mainstream, Alltagsrassismus..."

    Ich finde, das hier ist kein guter Journalismus, gibt es denn Belege, daß Robert Sesselmann ein Rechtsextremer Politiker und Rassist ist und gegen Menschen hetzt? Wenn ja, warum werden diese Fakten nicht aufgeführt, so könnte der Leser sich ein vollständiges Bild machen.

    Mit sachlichen Journalismus könnte einer weiteren Polarisierung der Gesellschaft entgegengewirkt werden.

    • @Jörg Radestock:

      Wie weit kann man sich eigentlich von der Realität verabschieden? Jeder, der sich mit Björn Höcke gemeinsam im politischen Raum inszeniert, ist rechtsextrem. Da kann es keine zwei Meinungen geben. Warum sollen hier Belege angehäuft werden für Tatsachen, die jedem politischen Beobachter vollkommen klar vor Augen stehen?

    • @Jörg Radestock:

      "...ich finde, das hier ist kein guter Journalismus, gibt es denn Belege, daß Robert Sesselmann ein Rechtsextremer Politiker und Rassist ist und gegen Menschen hetzt?"

      Beleg ist, dass der neue Landrat Mitglied er Thüringer AFD ist und somit die ganze rehtsextreme Hetze und Politik von Höke und Konsorten unterstützt. W äre es nicht so,wäre der Landrat nicht in der Rechtsterroristischen, nationalkonservativen, faschistischen AFD!

  • in Deutschland ist man - wenn man selbst vom Rassismus betroffen ist - sofort "linksradikal".

    Wen wundert es da, dass in Deutschland wieder Nazis bejubelt werden?

    Wer jetzt von einer "Spaltung" faselt, der ignoriert, dass die deutsche Bevölkerung noch nie "einig" war - weder vor hunderten von Jahren noch heute.

    • @Tyramizou:

      Es ist doch in Wahrheit viel schlimmer: Die deutsche Kultur hat – wie die meisten anderen auch – davon gelebt, dass sie gespalten war, und zwar an ganz vielen Grenzlinien: Einheimisch und zugezogen, männlich und weiblich, selbständig und abhängig beschäftigt, mit Abitur und ohne. Und das war (und ist) notwendig, um die „Abgespaltenen“ auszubeuten. Wer hier von „Spaltung“ faselt, fordert letztlich Unterwerfung! Aber Heinrich Manns „Untertan“ ist immer noch lebendig, er buckelt nach oben und tritt nach unten wie eh und je.

  • Ich glaube (vielleicht ist auch Wunsch der Vater des Gedanken), dass die meisten AFD-Wähler "Protest-Wähler" sind.



    In einer Demokratie muss mittelfristig Politik nach den Wünschen der Mehrheit durchgesetzt werden. Gleichzeitig sind die Interessen und der Schutz von Minderheiten zu wahren.



    Politik, die sich überwiegend nach Minderheiten ausrichtet, hat in einer Demokratie - wo jeder genau eine Stimme hat - keine Chance.

    Überspitzt formuliert: Die Menschen wollen nicht Berlin, sondern München (Ordnung, Sicherheit und Wohlstand).

    • @Schildbürger:

      "Politik, die sich überwiegend nach Minderheiten ausrichtet"



      Nur wo ist das denn tatsächlich der Fall? Den Refrentenentwurf für die grüne Zwangsveganisierung gegen die etwa Söder polemisiert konnte ich bis heute genausowenig finden wie die Paragraphen die Menschen die das Gendersternchen nicht mitsprechen irgendwelche Strafen androhen.



      Die Story, von der Politik gegen die Mehrheit ist eben doch eine alter Hut rechter Rhetorik die sich allzu gern als die einzig wahre Stimme der angeblich schweigenden und nicht vertretenen Mehrheit geriert.

    • @Schildbürger:

      Oder wollen sie Athen?

      „Oh Volk, wie du doch mächtig bist, denn verehrt und gefürchtet von jedermann regierst du als unumschränkter Herr und Gebieter. Doch schwatzt dir einer was vor, sperrst Maul und Nase du auf, der Verstand aber ist verschwunden.“ (Aristophanes vor knapp 2500 Jahren)

      Es führt kein Weg dran vorbei, die Vernünftigen müssen lernen, effektiv was vorzuschwatzen und dürfen das Feld nicht immer den Rechten überlassen. Die Politik der AfD ist schlecht und für wenige, die der meisten demokratischen Parteien halbwegs okay und für alle. Es wird aber überall gerade andersherum verkauft.

  • Ich bezweifle, dass die Haltung "wer nicht links ist ist kein Demokrat" sich auf Dauer bewährt.

    Der Kommentar fällt in altbekannte Muster, die allesamt in Frankreich nicht funktioniert haben.

    Nur eine sachliche Auseinandersetzung mit konkreten Vorhaben und Vorschlägen wird auf Dauer erfolgreich sein.

    Es hilft auch nichts, Herrn Sesselmann als rechtsextrem zu bezeichnen, da müssen schon Fakten her.

    Sicher, Bernd Höcke und eine Reihe seiner Volksgenossen kann man klar als rechtsextremistisch einordnen.

    Aber qua Kontaktschuld jetzt jeden thüringischen AfD-ler als "Neo-Nazi" zu klassifizieren ist erstens falsch, zweitens tatsächlich undemokratisch und drittens unsachlich.

    Das merken die Bürger und nehmen so etwas nicht ernst.

    Bitte lautstarke Kritik an der AfD, aber nicht pauschal, sondern konkret.

    • @u62:

      Als Mitglied des auch offiziell als 'gesichert rechtsextrem' geltenden Thüringer Landesverbands wird er sich wohl mit Ideologie und Zielen seiner Partei identifizieren können. Die Annahme, dass jemand als überzeugter Demokrat für die AfD antreten sollte scheint jedenfalls nicht allzu plausibel.



      Und die Bedrohung demokratischer Mitbewerber und Hetze gegen „Staats- und Systemmedien“ sind auch nicht gerde Indizien für demokratische Überzeugung und Praxis.



      www.spiegel.de/pan...-90fd-3abfc38bca41



      www.rnd.de/politik...CDA57FURHQBRA.html

    • @u62:

      "Ich bezweifle, dass die Haltung "wer nicht links ist ist kein Demokrat" sich auf Dauer bewährt." --> Sehe ich exakt genauso.

      "Bitte lautstarke Kritik an der AfD, aber nicht pauschal, sondern konkret." --> Und aufhören, sich in Wählerbeschimpfung zu üben.

      "Es hilft auch nichts, Herrn Sesselmann als rechtsextrem zu bezeichnen, da müssen schon Fakten her." --> Die Schlussfolgerung, dass Sesselmann rechtsextrem ist, trifft meines Erachtens voll ins Schwarze. Hierzu reicht der Blick auf Sesselmanns Agenda auf der eigenen Internetseite und der dort verwendeten Sprache (robert-sesselmann....politische-ziele/).

      Allerdings stimme ich Ihnen zu, dass Herr Joswig sich schon die Recherche- und Begründungsmühe hätte machen sollen, statt auf eine Kontaktschuld qua Höcke zu springen.

  • Es gibt bei den älteren Parteien den fatalen Irrglauben die AfD mit Verteufelung bekämpfen zu können, anstatt mit solider und gesellschaftlich akzeptierter Sachpolitik.

    Diese Strategie wird sich rächen, wenn die AfD-Wähler aus ihrer Sicht jetzt erwartungsgemäß festststellen werden, dass im Landkreis Sonneberg weder die Welt untergeht, noch der Faschismus Einzug hält.

    Diese Partei wird damit einen weiteren Schritt machen in Richtung Wählbarkeit für das bürgerliche Klientel.

    Verhindern läßt sich das nur mit solider Sachpolitik, auch für das bürgerliche Klientel, und nicht gegen sie.

    Leider entsteht der Eindruck, dass die Ampel-Regierung damit überfordert ist.

  • Im ersten Wahlgang ging es ja so aus:



    CDU-Kandidat: 35%



    SPD-SPD-Kandidatin: 13%



    gemeinsame Kandidatin der Linken und Grünen: 4%

    Warum der Sieg angesichts dieses Ergebnisses insbesondere der Union zu denken geben sollte, erschließt sich mir nicht. SPD, Linke und Grüne sind in diesem Landkreis ein Totalausfall. Haben die überhaupt Wahlkampf gemacht? Wenn ja, mit welchen Argumenten haben sie versucht, die Wählerinnen und Wähler zu überzeugen?

    Man kann doch ein schlechtes Wahlergebnis nicht einfach auf den Populismus der Wettbewerber schieben. Dass sich Populisten zur Wahl stellen, wird man einer Demokratie kaum verhindern können.

    Populismus ist in der Regel leicht zu entlarven. Man muss es den Wählern nur richtig erklären und für die realen Probleme schlüssige Lösungsangebote machen. Da kommt von den demokratischen Parteien einfach zu wenig.

  • "Der aktuelle Rechtsdrall der Union stärkt allein die AfD."

    Ein ziemlich sinnfreies Statement ohne jede Begründung.

    Auf Bundesebene regiert eine Ampel, die seit langem in den Umfragen keine Mehrheit mehr hat. Der Pseudo-Oppositionspolitik der Union merkt man an, daß sie keiner der drei Ampelparteien als potentiellen zukünftigen Koalitionspartner verärgern will.

    In Thüringen regiert ein knallrotes Linksbündnis, obwohl es seit der letzten Landtagswahl 2019 mit gerade mal 44,4 Prozent der Stimmen die parlamentarische Mehrheit verloren hatte. Nebenbei bemerkt, auch bei der Wahl 2014 hatte dieses Bündnis nur 46,3 Prozent, das reichte aber knapp zu einer Mehrheit im Landtag.



    Seit 2014 regieren also in Thüringen Parteien, die niemals die Mehrheit der Wähler hinter sich hatten.

    Verständlich, daß irgendwann die Wähler den größtmöglichen Gegensatz wählen. Die CDU ist das schon lange nicht mehr, sie hat ja die Regierung Ramelow im Amt gehalten und Neuwahlen verhindert.

  • Die Analyse teile ich, in Teilen.

    Thüringen, das ist nicht nur Höcke, das ist auch eine antidemokrtaisch reaktionäre CDU (Maßen und Landratswahl Kandidat), das ist eine nationalistisch populistische FDP und eine marginalisierte SPD; bleiben noch die Linke und Grüne im freien Fall.



    Es stimmt also nicht, dass alle, die sich als solche bezeichnen, Demokraten gegen die AFD zusammen standen, sondern die Demokraten eine Minderheit sind.

  • Mal wieder ein Kommentar nach dem Strickmuster: Wenn die AfD wächst, kann nur die CDU daran schuld sein. Zwar ist die CDU sowohl in Thüringen wie im Bund in der Opposition, aber die Erklärung hat natürlich den großen Vorzug, dass man die eigenen Positionen nicht überprüfen oder gar in Frage stellen muss. Am besten, so geht das Narrativ ja weiter, übernehme die CDU bei bestimmten Themen entweder die Positionen der Grünen/Linken oder schweige ganz dazu. Alle anderen können mehr oder weniger weitermachen wie bisher, dann erledige sich das Thema AfD ganz von alleine.



    Da wünsche ich dann viel Erfolg!

  • Guter Artikel, leider wird die CDU wohl genau das Gegenteil von dem machen was empfohlen wird

  • Seit Jahren sind Nazis wieder in der Mitte der Gesellschaft angekommen.



    Aus Frust wählt niemand Nazis. Das ist Unsinn. Die werden nur von Menschen mit Überzeugung gewählt.

    Man erzählt sich von "nie wieder" oder "wir sind doch mehr", aber 'Erzählungen' sind heiße Luft.



    Man schaut halt weg.



    Wie schon 1933.

    Man poliert Stolpersteine während die AfD schon immer hetzt - gegen alle Menschen, die anders sind, egal ob von der Hautfarbe her, von der Religion oder von der sexuellen Ausrichtung her. Das ist der AfD egal.



    Auch sind politische Erfolge mit Substanz der AfD egal. Hauptsache "dagegen brüllen", das ist wichtig.

    Was lese ich da? "christliche Erfolge" in der Politik?



    Die CDU und auch die CSU konnten noch nie Kirche und Staat trennen.



    "christliche Politik" ist ganz grober Mist.

    Denn was christliche Fanatiker angeht, auch da ist man weitgehend blind auf diesem Auge.



    Warum?



    Die Täter sind alle weiß.

    Ebenso findet die AfD christliche Fundamentalisten toll - in den U.S. wollen genau diese Gruppierungen einen Gottesstaat errichten.

    Der "braune Erfolg" ist also die Konsequenz durch das Nicht-Handeln der restlichen Parteien und das Wegsehen der deutschen Bevölkerung.

    Seit 1980 versagt die deutsche Politik bei rechtsradikalem Terror, samt Anschlägen.



    Der rechtsradikale Terrorakt, wo ein junger Mann in einer Tankstelle hingerichtet worden ist, dieser wurde nicht einmal als 'rechtsradikal' aufgenommen.



    Die Dunkelziffer ist also dementsprechend hoch.



    In Deutschland konzentriert man sich lieber auf "links eingestellte Menschen", man benutzt faschistische Maßnahmen um gegen Klimaaktivisten vorzugehen.

    Man ist in Deutschland auch sofort "linksextrem" wenn man gegen Rassismus und Nazis vorgeht.



    Allein DAS ist das Hauptproblem in Deutschland, "nie wieder" die größte Lüge.

    Deutsche müssen wohl das Alles nochmals erleben damit sie draus lernen.

  • Es ist spannend wie alle Seiten in erster Linie ihr eigenes Narrativ bemühen wenn es um die Ursachen geht, frei nach: Egal was passiert - es bestätigt meine These.

    Unangenehme Erklärungsansätze werden konsequent ausgeblendet. In diesem Fall vielleicht die immer wieder aufgestellte These der Nähe zwischen Union und AfD - Könnte dieses Narrativ vielleicht bei Wählern den Eindruck hinterlassen, dass es fast egal ist ob man Union oder AfD wählt? Nein, in unserem Rucksack haben wir zum Glück Erklärungen die besser zu der gewünschten Lektion passen.

    Ich erinnere mich an die Zeit in der einer nach links rutschende Merkel-CDU unterstellt wurde der SPD Wähler abspenstig zu machen und gleichzeitig der AfD Räume zu öffnen. Jetzt rückt die Union nach rechts und da gilt plötzlich "das bringt gar nichts, die wählen das Original".

    Ich sehe dieses Instrumentalisieren (so ärgerlich es auch ist) positiv. Solange Konsens darüber herrscht, dass man ein Ereignis ruhig zugunsten eigener Interessen instrumentalisieren kann, solange herrscht implizit auch der Konsens, dass das Ereignis gar nicht so schlimm ist

    • @Questor:

      schrieb: " Unangenehme Erklärungsansätze werden konsequent ausgeblendet.... Nein, in unserem Rucksack haben wir zum Glück Erklärungen die besser zu der gewünschten Lektion passen."

      Welche denn?

  • Gute Zusammenfassung und Analyse.

  • Das Ergebnis kann einem schon mächtig erschrecken. Eine 'völkische Partei' auf dem Weg zur 'Volkspartei', das ist gar nicht so weit hergeholt. Im Kreis Sonneberg trifft das Narrativ vom 'abgehängten Osten' nämlich nicht zu. Eine der niedrigsten Arbeitslosenzahlen, hohe Prosperität, Industriebetriebe, die (zur Zeit noch) gut ausgelastet sind, Was also veranlasste die zur Wahl gegangenen, mehrheitlich jemanden zu Wählen, der eine rechtsextreme Partei vertritt?



    Protest? Gegen was?



    Überzeugung? Schon eher. Sesselmann hat ja eindeutig zu verstehen gegeben, wessen geistes Kind er ist.



    Wahnsinn? Das sicherlich!

  • Das zentrale Problem ist doch das die anderen Parteien ausser einer Auflage der immer gleichen "Die sind Rechts und wer die wählt ist auch Rechts - wir müssen eine Einheitsfront gehen Rechts aufbauen und einen Einheitskandidaten präsentieren"-Platte keine Angebote auf Lager haben, die sie diesen Wählern machen können...oder wollen.



    Die Platte allein reicht halt nicht mehr. Macht den Menschen realistische Angebote, dann kehren die Wähler auch wieder zurück. Macht so weiter wie bisher, dann wird der Gewinn der Landratswahl nicht der letzte Erfolg der AfD gewesen sein.

    • @SeppW:

      Was denn für Angebote? Die AfD hat genau nix im Angebot außer Kulturkampf. Die Kultur, die man verteidigen muss: Deutschtümelei, viel Öl verbrennen, viel Fleisch essen, sich über Linke und Ökos echauffieren. Das Angebot: so ist das und so wird es immer bleiben. Man muss es nur wollen! Ob das sozial ausgwogen ist, ob die Umwelt vor die Hunde geht, ob die Wirtschaft leidet, ob Teile der Bevölkerung ausgegrenzt werden, spielt alles überhaupt keine Rolle. Also alles was anderen Parteien wichtig ist. Mit welchen Angeboten soll dann dagegengehalten werden? Beim Kulturkampf ist es den Leuten egal, wie es ihnen tatsächlich geht. Der Glaube ist entscheidend.

  • Nein. Der Sieg der AfD sollte auch den Grünen zu denken geben: Ossi-Bashing wie seit eh und je, Ageism, akademische Überheblichkeit. Und "Veränderung". Die Menschen in Ostdeutschland haben mehr "Veränderung" erfahren müssen als ursprünglich mit der Wende gemeint war. Vernichtung von Arbeitsplätzen, Ausplünderung des Volksvermögens durch die Treuhand statt "blühender Landschaften", westliche Glücksritter, die die unerfahrenen Menschen über den Tisch gezogen haben (ich kenne selbst solche), revanchistische "Gebietsansprüche" auf den Wald oder das Schloß der Großeltern, ... und jetzt kommen Grüne und Linke daher und wollen noch mehr "Wenden", Verkehrswende (dort, wo der ÖPNV noch schlechter ist als im Westen), Heizungswende (dort, wo die Gebäude noch schlechter sind), Ernährungwende ... usw. ...

    • @FalconFutura:

      Ja und wenn man den Leuten weismacht, dass es das alles nicht braucht, wie es Teile der FDP und CDU nicht müde werden zu tun, dann spielt das eben der AfD in die Hände. Der Sieg der AfD sollte also nicht den Grünen zu denken geben, sondern den Parteien, die den Leuten Sand in die Augen streuen. Oder haben Sie eine Idee, wie die Klimaziele, die ja von ALLEN Parteien außer der AfD vertreten werden, ohne Veränderung erreicht werden sollen?

    • @FalconFutura:

      schrieb: "Und "Veränderung". Die Menschen in Ostdeutschland haben mehr "Veränderung" erfahren müssen als ursprünglich mit der Wende gemeint war. Vernichtung von Arbeitsplätzen, Ausplünderung des Volksvermögens durch die Treuhand statt "blühender Landschaften", westliche Glücksritter, die die unerfahrenen Menschen über den Tisch gezogen haben (ich kenne selbst solche), revanchistische "Gebietsansprüche" auf den Wald oder das Schloß der Großeltern, ... und jetzt kommen Grüne und Linke daher und wollen noch mehr "Wenden", Verkehrswende (dort, wo der ÖPNV noch schlechter ist als im Westen), Heizungswende (dort, wo die Gebäude noch schlechter sind), Ernährungwende ... usw. ..."

      Die derzeitigen ökologischen und sozialen Veränderungen (weg von fossilen Energieträgern, Verkehrswende, umweltfreundliche BIO-Ernährung, interkulturelle Gesellschaft etc.) haben wir früher an der Waldorfschule bereits im Kleinen ganz real praktiziert (weshalb WaldorschülerInnen in den 1970er und 1980er Jahren als "Ökos" verschrien waren - was ich jedoch jetzt im Nachhinein positiv sehe, denn wir waren damals unserer Zeit voraus - wie sich nun herausstellt!). Zudem hatten meine Eltern ohnehin kein Auto - d. h. ich bin von vorneherein ohne klimaschädliches Autofahren aufgewachsen und benötige auch heute kein Auto als äußerliches "Prestigeobjekt".

      Dass bei wirtschaftlichem Strukturwandel Arbeitsplätze wegfallen und dafür auf der anderen Seite in anderen Branchen neue Jobs entstehen, kenne ich ebenfalls - denn ich bin in NRW in der Nähe des Ruhrgebietes aufgewachsen. Kein Problem, wenn man als QuereinsteigerIn einen beruflichen Neuanfang wagt (so wie ich). Die Betriebe suchen doch heute angesichts des allgemeinen Arbeitskräftemangels nicht mehr nur "die Eier legende Wolfsmilchsau" - sondern sind heute auch bereit, MitarbeiterInnen aus anderen Branchen einzuarbeiten. Und im Landkreis Sonneberg soll - lt. dem, was ich bisher diesbezüglich gelesen habe - die Wirtschaft doch ganz gut laufen.

    • @FalconFutura:

      Nun gut, das eine oder andere Beispiele trifft sicherlich zu.



      Wenn ich dann die Grünen oder LINKEn dafür verantwortlich mache und sie deshalb nicht wähle, auch gut. Aber weshalb wähle ich dann eine faschistische Partei, das geht mir nicht in die Birne. Das hat dann aber so gar nichts mehr mit Protestwahl zu tun, sondern ist nur nochverantwortungslos und undemokratisch.

      • @Klaus Waldhans:

        Einfache Antwort: wenn man das Fass aufmacht, dass alle Veränderungen unnötig sind, und nur links-grünen Fantasien entspringen, dann erscheinen alle Parteien, die noch Ansätze von Vernunft zeigen, als Kollaborateure, und es wird die Partei gewählt, die garantiert frei von jeglicher Zusammenarbeit mit "links-grün" ist.