Abschneiden von BSW und Linkspartei: Wagenknecht schrumpft Linke
Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) holt bei der EU-Wahl einen Achtungserfolg. Die Linke erlebt ein Debakel und steht vor schwierigen Landtagswahlen.
Neben dem eigenen Abschneiden sorgen vor allem die großen Verluste für die verhassten Grünen für Begeisterung. Mit Genugtuung und Hohn reagieren die Versammelten auf das desaströse Ergebnis der Linkspartei, der die große Mehrzahl hier bis vor Kurzem noch angehört hatte.
Der Plan Sahra Wagenknechts und ihrer Getreuen ist aufgegangen. Nach einer mehr als einjährigen generalstabsmäßig organisierten Vorbereitungsphase hinter den Kulissen, hatten sie sich erst im Oktober 2023 offiziell von der Linkspartei abgespalten, im Januar folgte die Parteigründung. Keine 700 Mitglieder hat das BSW bislang, alle sind handverlesen. Gleichwohl ist ihr populistisches Angebot für Unzufriedene jedweder Couleur angenommen worden. „Wir haben Parteigeschichte geschrieben“, sagt BSW-Generalsekretär Christian Leye am Wahlabend. „Das ist historisch.“
Spannend wird nun sein, ob es dem BSW gelingt eine neue „linkskonservative“ Fraktion im EU-Parlament zu bilden. Dazu bedarf es mindestens 23 Mitgliedern aus insgesamt mindestens sieben Mitgliedstaaten. Seit Wochen laufen Gespräche dafür hinter verschlossenen Türen. Als mögliche Partner gelten die italienische Fünf-Sterne-Bewegung (M5S), die beiden ebenfalls populistischen slowakischen Regierungsparteien SMER und HLAS sowie mehrere kleinere russlandfreundliche Parteien aus Osteuropa. Auch mit der ein oder anderen Partei aus der bisherigen Linksfraktion soll das BSW im Gespräch sein.
Linke Katastrophe
Während beim BSW kräftig gefeiert wird, herrscht drei Kilometer entfernt im Karl-Liebknecht-Haus, der Linken-Zentrale, blankes Entsetzen. Gleichauf mit der Kleinpartei Volt, schneidet die Linkspartei mit weniger als 3 Prozent in den ersten Hochrechnungen noch deutlich schlechter ab, als ohnehin bereits erwartet. Damit hat sie sich in der Wähler:innengunst im Vergleich zu 2019 etwa halbiert und wird nur noch mit drei Abgeordneten im EU-Parlament vertreten sein. „Wir erleben einen schwierigen Abend“, sagt der Parteivorsitzende und Spitzenkandidat Martin Schirdewan sichtlich zerknirscht.
Besonders in den ostdeutschen Bundesländern hat die Partei viele Stimmen an das BSW verloren – ein böses Omen für die Landtagswahlen im Herbst in Sachsen, Thüringen und Brandenburg. Gleichzeitig ist es ihr nicht wie erhofft gelungen, mit der Kandidatur der Parteilosen Carola Rackete bei der westdeutsch geprägten Klima- und Menschenrechtsbewegung zu punkten. Offenkundig haben die jahrelangen innerparteilichen Querelen mit dem Wagenknecht-Lager einen kaum mehr reparablen Schaden angerichtet.
„Wir werden in eine grundsätzliche Debatte einsteigen“, kündigt Schirdewan an. Dass die derzeitige Parteiführung um ihn und seine Co-Vorsitzende Janine Wissler den für Oktober angesetzten nächsten Parteitag politisch überleben wird, gilt als unwahrscheinlich. Aber was kommt dann? Wahrscheinlich ist, dass ein neuer Richtungsstreit in der Linkspartei ausbrechen wird. Ob dadurch der weitere Fall in die Bedeutungslosigkeit aufzuhalten ist, erscheint allerdings fraglich.
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