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Philosoph über Moral in der Klimakrise„Sie wissen ganz genau, was richtig ist“

Fliegen trotz Klimakrise? Philosoph Arnd Pollmann spricht darüber, ob klimaschädliches Verhalten uns zu unmoralischen Menschen macht.

Dass Ak­ti­vis­t*in­nen der Letzten Generation nach Thailand flogen, sorgte für große Empörung Foto: Marina13/imago
Susanne Schwarz
Interview von Susanne Schwarz

taz: Herr Pollmann, die Menschheit rast auf eine Zukunft in chaotischem Klima zu, das zu mehr Hitzetoten, Sturm­opfern und Hungernden führen wird. Trotzdem steigen viele Menschen weiter ins Flugzeug, essen Fleisch, fahren SUV. Ist das unmoralisch?

Arnd Pollmann: Es kommt darauf an, wie so oft. Da konkurrieren in der philosophischen Ethik recht unterschiedliche Ansätze und im Alltag übrigens auch. Wenn Sie etwa an eine unbedingte Pflicht glauben, dem Klima und der Umwelt nicht unnötig zu schaden, dann werden Sie sehr viel zu Hause bleiben und Ihre Ernährung umstellen müssen. Wenn Sie jedoch eine sogenannte Utilitaristin sind und Ihren moralischen Output nüchtern bilanzieren, dürfen Sie munter weiter in die Ferne schweifen – solange Sie als Aktivistin viele andere davon überzeugen, es nicht zu tun.

privat
Im Interview: Arnd Pollmann

wurde 1970 geboren und ist Professor für Ethik und Sozialphilosophie an der Alice Salomon Hochschule Berlin.

Dem Klima nicht unnötig zu schaden, sagten Sie gerade. Unter welchen Umständen könnte es denn nötig sein?

Als Menschen und Mitmenschen haben wir teilweise sehr verschiedene Pflichten, und gelegentlich kommt es da zu Kollisionen. Nehmen wir an, Sie müssten kurzfristig zu einer Beerdigung im Familienkreis, und Sie werden das eben nur schaffen, wenn Sie das Flugzeug nehmen. Dann muss man abwägen. Und wenn Sie fliegen, dann stimmt natürlich Ihre Klimabilanz nicht mehr, Ihre Ethikbilanz aber sehr wohl.

So kann man doch aber fast jeden Klimaschaden verargumentieren. Die meisten Menschen versuchen ja nicht aktiv, unsere Lebensgrundlage zu zerstören – sie bewerten aber im Zweifelsfall andere legitime Ziele höher.

Das stimmt. Was aber noch viel häufiger vorkommt, sind Rationalisierungen: In Wahrheit wissen Sie ganz genau, was zu tun das Richtige wäre, aber Sie haben einfach keine Lust oder keine Kraft dazu, und dann reden Sie sich und anderen die eigene Willensschwäche schön. Es herrscht aber oft auch Unklarheit, worum genau es bei dem moralischen Konflikt geht. Um Schadensvermeidung, Respekt, Freiheit, Autonomie? Um Glück, Mitleid, Rücksicht, Menschenwürde? Oder vor allem darum, vernünftig oder auch ein guter Mensch zu sein? Da gibt es nicht die eine Ethik, die den Durchblick hat und alle Probleme löst. Nur wenn Sie sich für einen bestimmten Ansatz entscheiden, können Sie im konkreten Fall nachvollziehbar begründen, was zu tun ist.

Es gibt ja auch strukturelle Hemmnisse: Wer schlecht an den ÖPNV angebunden ist, kann zum Beispiel kaum aufs Auto verzichten. Spielt das für Sie eine Rolle?

Strukturelle Hindernisse und individuelle Zwänge mögen Einfluss auf unsere jeweils persönliche Motivation haben, das moralisch Richtige dann auch tatsächlich zu tun. Manchmal können sie unser Fehlverhalten auch nachträglich entschuldigen. Aber auf die Richtigkeit oder Falschheit der Handlung selbst haben sie in der Regel keinen Einfluss. Es ist und bleibt moralisch falsch, einen anderen Menschen auszubeuten, auch wenn wir im Kapitalismus leben. Und es ist und bleibt falsch, gravierend das Klima zu schädigen, solange Sie nicht mit vorgehaltener Waffe dazu gezwungen werden.

Ich fand Ihr Beispiel mit der Kli­ma­ak­ti­vis­tin vorhin interessant. Nachdem zwei von der Letzten Generation nach Thailand geflogen waren, gab es große Empörung. Viele Menschen verlangen denen also mehr Moral im Privatverhalten ab als der Durchschnittsperson.

Ich selbst würde mich auch eher auf diese Seite schlagen und für eine Art doppelten Standard plädieren. Wenn man allein auf die Konsequenzen, den konkreten Schaden der jeweiligen Handlung schaut, scheint am Ende dasselbe herauszukommen – egal, wer fliegt. Kli­ma­ak­ti­vis­t:in­nen stehen aber potenziell im Rampenlicht. Die Kritik an ihrem Fehlverhalten, an mangelnder Konsequenz, zieht größere Kreise. Im Endeffekt richtet diese Inkonsequenz dann eben doch größeren Schaden an als das Handeln einer x-beliebigen Durchschnittsperson, für die sich niemand interessiert.

Da muten Sie Kli­ma­ak­ti­vis­t:in­nen aber eine ganz schöne Verantwortung zu. Ist Doppelmoral wirklich schlimmer als keine Moral?

Das gehört zum aktivistischen Berufsrisiko. Sonst sollte man es lassen. Allerdings muss man hier unterscheiden zwischen der moralischen Richtigkeit oder Falschheit einer bestimmten Position und der persönlichen Glaubwürdigkeit, mit der jemand diese Position vertritt. Die Forderungen der Klimabewegung werden ja nicht schon dadurch falsch, dass einige ihrer Mitglieder inkonsequent handeln. Was in diesem Fall leidet, ist deren persönliche Glaubwürdigkeit. Das ist das eigentliche Problem klimaaktivistischer Doppelmoral: Diese Aktivista wollen ja andere von der Richtigkeit ihrer Auffassungen überzeugen. Diese anderen werden sich aber natürlich fragen: Warum sollte ich aufs Fliegen oder auch aufs Auto verzichten, wenn diese Typen das nicht mal selbst tun. Die handeln wie ein Vater, der mit Kippe im Maul seinem Kind einzutrichtern versucht, Rauchen sei ungesund. Das stimmt zwar, wird aber so nicht funktionieren.

Von wem die Öffentlichkeit ein besonderes Maß an Glaubwürdigkeit erwartet, ist doch manchmal gar nicht so absehbar. Wie sieht das zum Beispiel mit uns beiden aus: Ich berichte über die Klimakrise, Sie erforschen Moral – wir wären doch auch gute Kandidat:innen, oder?

Ja, natürlich. Würden Sie sich von einer Zahnärztin mit schlechten Zähnen behandeln lassen? Oder von einem Eheberater, der zum vierten Mal geschieden ist? Entsprechend sollten auch unsere Le­se­r:in­nen annähernd darauf vertrauen können, dass wir selbst zumindest anstreben, wofür wir schreibend eintreten. Gerade deshalb aber sollte man die jeweils publizierten Maßstäbe auch nicht zu hoch hängen, sondern stattdessen auch immer mit der eigenen Willensschwäche rechnen. Zumal wir in einer Welt medialer Shitstorms leben. Hochmut kommt vor dem Fall.

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83 Kommentare

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  • Vielen Dank für eure Beiträge. Wir haben die Kommentarfunktion geschlossen. Die Moderation

  • vor zig-jahren setzten wir umwelt-aktivistInnen durch aufsehenerregende müll-aktionen in supermärkten u.a. den komischen grünen punkt durch.

    immer noch gibs blödsinniges verpackungsmaterial.

    heute muß ich leider mit der mülltrennung passen, weil alt + krank + der weg zum papier-usw. container zuweit, kein auto, um sperrmüll zur städt.anlage zu bringen, viele haben zu wenig geld, um die sperrmüllabfur-gebühr v.50euro zu zahlen.

    nachbarschaftsportale organisieren umweltschutz im privaten bereich.

    staatlicher+gemeindlicherseits passiert einiges, nur zu wenig. die flugscham usw. diskussion greift zu kurz.

    anfangs der 90er jahre gabs in schwedischen supermärkten automaten für pfanddosen. bei uns erst sehr viel später ... usw.

    umweltbewußtsein ist bei uns relativ hoch mittlerweile, aber hinkt immer noch den erfordernissen hinterher.

    wozu suv? wozu immer noch autofahren? warum auf dem land keine chance ohne auto??? uswusf.

  • taz-*Foto*: "Dass Aktivist*innen der Letzten Generation nach Thailand flogen, sorgte für große Empörung"

    Ja, aber nur weil gewisse Medien damit gut von den wahren Klimaterroristen ablenken konnten. Der Bürger lässt sich aber auch gerne von den Klimazerstörern ablenken, denn dann darf er auch das Klima weiterhin zerstören und muss sich keine Gedanken über Klimaschutz machen - und gegenüber seinen Kindern und Enkelkindern muss er dann ja auch keine Schuldgefühle mehr haben. Für die Reichen und Mächtigen ist und bleibt es auch im 21. Jahrhundert immer noch sehr einfach den naiven Bürger weiterhin an der Nase herumzuführen. Zuerst waren es "böse" Klimaaktivisten die Tomatensuppe im Museum verspritzt haben und dann waren es "Thailand-Reisende-Klimaaktivsten". Was werden sich gewisse Medien wohl demnächst aus den Fingern saugen, um Klimaschützer zu verunglimpfen?

    Wie viele Mitglieder hat die Letzte Generation (LG) überhaupt? 500, 1000 oder vielleicht sogar mehr als 2200 Mitglieder, wie die Springerzeitung 'Welt am Sonntag' Anfang 2023 geschrieben hatte? Wie viele sind davon in einem Flugzeug in den Urlaub nach Thailand geflogen? Richtig, genau zwei Mitglieder (so sieht übrigens die Zahl '2' aus, falls jemand diese riesige Zahl vorher noch nie gesehen hat).

    Da haben also zwei Leute aus der LG nicht nachgedacht und Mist gemacht, und schon werden alle anderen LG-Aktivisten mit denen in einen Topf geworfen? Tja, so funktioniert wohl die 'perfekte Ablenkung' in einem kapitalistischen Staat, wo die Mainstreammedien auch schon in der Hand der Reichen und Mächtigen sind (siehe hierzu auch den Kabarettisten Volker Pispers "Wem gehören die Medien?" auf YouTube) und wo gierige CO2-Großkonzerne den Klimawandel mit ihrem Wirtschaftswachstumswahn immer mehr anwachsen lassen, während der Planet immer wärmer wird und momentan in Kanada schon 430 Waldbrände seit Mai 2023 lodern.

  • "Sonst wird das schnell zum Eigentor"



    Ja, dann ist der Aufschrei groß...und es wird zum Beispiel ein Mensch, der einen Fehler gemacht hat, mit einer ganzen Gruppe gleichgesetzt, um deren Handeln als Ganzes zu diskreditieren.



    Ein Eigentor ist es, weil es aus taktischen Gründen unklug ist, dem Gegner solch eine Vorlage zu geben.



    Dessen aufgebrachtes Geschrei dient allein dazu, nicht mehr über die Forderungen nachdenken zu müssen, nicht um Lösungen zu finden.



    ...Heraus kommt dabei ein wütender LKW-Fahrer, der, durch Hetze rechter und Konservativer aufgepeischt, bereit ist, mit deren Rückendeckung eine Straftat zu begehen.

    Wer mangelnde Moral ankreidet, sollte doch selbst auch ein moralisches Koinzept haben. Ich sehe es nicht.



    Was ich sehe, ist kaltherziges in Stellung bringen von Scheinarumenten, damit alles bleibt wie es ist.



    Worin besteht es Ihrer Meinung nach?

    • @Onkel Heinz:

      Niemand muss dazu aufgepeitscht werden, einen mutwillig provozierten Stau scheiße zu finden. Das kriegen Menschen schon ganz alleine hin.

      • @Sunnyday:

        Das stimmt genau! Nur habe ich nicht davon gesprochen.



        Es gibt einen Unterschied dazwischen, sich über etwas zu ärgern und auszurasten.

        Der Fahrer tut mir irgendwie auch Leid, weil er jetzt Job und Führerschein los ist, weil ich eben denke, dass der sich hat dazu anstacheln lassen. Wenn er einfach allgemein nicht zurechnungsfähig wäre, frage ich mich, wie er den Job machen kann.



        Kann natürlich sein, dass er sowieso schon angezählt war.



        Dann kann er sich jetzt über die rechte Spendenaktion, die ihn als Helden feiert, heimlich freuen.

    • 9G
      95820 (Profil gelöscht)
      @Onkel Heinz:

      Ich fasse mal zusammen:



      Aktionen, die den A...löchern ihre eigene A...lochhaftigkeit z.B. durch Klebeblockaden aufzeigen sollen, führten zu Stress und erreichen keine Akzeptanz. - Auch, weil der grüne „Klimaschutz“-Minister den Menschen erklärt, es müsse nur die Energieproduktion transformiert werden und Pseudo-Prominente wie Eckhard von Hirschhausen, staatstragend diese Behauptung stützen. Damit sind alle exkulpiert und dürfen sich – wie sie meinen zu Recht – über Demonstrierende aufregen.



      Dass die Grünen auch die Biodiversität überhaupt nicht mehr auf dem Schirm haben, ist ein weiteres Kapitel einer Elendsgeschichte.



      Und als Fazit: „Wenige Dinge auf Erden sind lästiger als die stumme Mahnung, die von einem guten Beispiel ausgeht.“ (Mark Twain)

  • Wer mit Moral argumentiert, muss dieser Moral eben auch genügen.

    Denn Moral ist nicht allein ein logisches Argument, sondern eines, welches sich aus der Weltanschauung ergibt. Und die Weltanschauung ist Teil der persönlichen Wahrnehmung und unterliegt auch kultureller Prägungen.

    Ein Klimakleber, welcher in den Urlaub fliegt, handelt entgegen der von ihm als richtig vertretene Moral, sprich entgegen seiner eigenen Weltanschauung und büßt damit zwingend unabhängig, ob richtig oder falsch, an Überzeugungskraft ein.

    Aber das mit dem rauchenden Vater ist auch ein tolles Beispiel.

  • Voll_Interessant🤓

  • Was darf Aktivist*in tun, um in den Augen anderer als moralisch handelnd wahrgenommen zu werden?



    Ist das überhaupt möglich? Oder findet sich nicht möglicherweise immer ein Beleg für Inkonsequenz?



    Wäre sein/ihr Handeln ein Beispiel absoluter Tugendhaftigkeit, würden sich gerade dann nicht viele an ihre eigenen Verfehlungen erinnert sehen, das als moralisierend wahrnehmen und dagegen aufbegehren?



    Dem/der Aktivist*in der/die ins Flugzeug steigt, Inkonsequenz vorwerfen halte ich deshalb für ein Ablenkungsmanöver, das nur dazu dient, das eigene Handeln zu rechtfertigen.



    Argumente sind oft nicht mehr sind als Mittel zum Zweck, die Existenz der eigenen Vorlieben zu rechtfertigen.



    Moralisch wäre, das Beste für alle zu suchen.



    Vielleicht ist es ja garnicht inkonsequent, als Klimaaktivist*in zu fliegen, sondern einfach nur realistisch, nicht zu glauben, die Welt könne dadurch gerettet werden, die für eine Welt ohne Flugverkehr eintreten.



    Fliegen ist schließlich deshalb schlecht fürs Klima, weil zu wenig Anstrengungen unternommen werden, es weniger schädlich zu machen, einfach weil es sich finanziell nicht lohnt. Das wird sich je schneller ändern, desto unwirtschaftlicher es für Fluggesellschaften wird. Ich kann es nachvollziehen, es für richtig zu halten, dass die Politik nachhilft.

    Ich fände es daher eher sympathisch, wenn der/die Aktivist*in, sollte dieses seine*ihre Motivation sein, ins Flugzeug nach Bali steigt.

    • @Onkel Heinz:

      "Was darf Aktivist*in tun, um in den Augen anderer als moralisch handelnd wahrgenommen zu werden?"

      Ein Aktivist darf auch über die schlechte Effektivität seiner Maßnahmen nachdenken und deren miese Wirkung auf die Bevölkerung. Das müssen nicht immer andere machen. Zumindest Fakten wie ganz miese Umfragewerte im Vergleich zu FFF sollte man mindestens mal zur Kenntnis nehmen.

    • @Onkel Heinz:

      "Vielleicht ist es ja garnicht inkonsequent, als Klimaaktivist zu fliegen, sondern einfach nur realistisch, nicht zu glauben, die Welt könne dadurch gerettet werden, die für eine Welt ohne Flugverkehr eintreten."

      Der Punkt ist halt, dass die Gruppe, der die beiden angehören, das sehr wohl tut. Es ist nicht gerade konsequent - plakativ ausgedrückt -, heute die Rollbahn zu blockieren und morgen im Flieger nach Thailand zu sitzen. Wenn man schon derart den Zeigefinger erhebt (und diese Blockaden sind eigentlich sogar mehr als das), dann sollte man auch mit gutem Beispiel vorangehen. Sonst wird das schnell zum Eigentor ...

    • 9G
      95820 (Profil gelöscht)
      @Onkel Heinz:

      „ Wäre sein/ihr Handeln ein Beispiel absoluter Tugendhaftigkeit, würden sich gerade dann nicht viele an ihre eigenen Verfehlungen erinnert sehen, das als moralisierend wahrnehmen und dagegen aufbegehren?“



      Die Geschichte lehrt, dass konsequente Gesinnungsethiker*innen „ans Kreuz geschlagen“ werden.

  • Interessanter Artikel, interessante Kommentare. Einmal Fliegen lässt die Polkappen nicht schmelzen und einmal nicht-Fliegen friert die Tundra nicht wieder ein.



    Nachdenken bei allem, was mensch macht. Abwägen. Und dann entscheiden. So verstehe ich Herrn Pollmann. Gerade das Beispiel mit dem Flug zu einer Beerdigung - erlebt im Bekanntenkreis - finde ich sehr treffend.

  • Wär ich von der Öllobby, hätt' ich diese "nach Thailand fliegende Klimaaktivist*innen" erfunden und gut bezahlt.

    Geiles Bild übrigens. Ich hätte hinten am Horizont noch eine Rauchsäule untergebracht.

  • Es besteht weltweit akute Lebensgefahr.



    Das wird von den Wenigerbetroffenen im Norden seit ein paar Monaten aktiv verdrängt - nachdem Laschet noch 2020/21 wegen "Klimaüberaschung" den Abgang machen musste.



    Auf einmal gibt es Gruppendynamik mit Kehrtwende, von der FDP wird jede Maßnahme torpediert und die taz interviewt einen Typ, deshalb weil er bei der Böllstiftung und der Alice Salomon Hochschule in Berlin angestellt ist.



    Er labert ausweichend opportunistisch drumrum. Als bestünse keine Lebensgefahr.



    Lytton: abgebrannt, nach 50 Grad Hitze, alle älteren Einwohner tot. Das Dorf bei Vancouver existiert nicht mehr.



    Irrational wie bei den an Covid19 gestorbenen Coronaleugnern.

  • Wie kamen Sie auf die Wahl dieses Interviewpartners?

  • Im Kapitakismus ist gegenseitige Ausbeutung mit jedem Einkauf unvermeidbar.



    Da ist der Rückzug auf das moralisch Falsche wenig sinnvoll.

    • @J_CGN:

      Absolut gesehen ja. In Teilen und graduell betrachtet nein. Mensch kann bswp. Kaffee von Kooperationen kaufen.



      Auch nochmal hier: Erhalt der Lebensgrundlagen ist ein Interesse kein moralisches Ziel.

      • @Uranus:

        Kaffee gar nicht kaufen. Muss schließlich verschifft werden. Wenn man von anderen verlangt, das Leben zu ändern (Veganer werden) muss man es auch selbst tun und kann sich nicht ein nutzloses Konsumprodukt rausgreifen und moralisch schön reden, wie Sie es machen.

        So! Jetzt habe ich ca. 3/4 des obigen Textes in meinem (nicht ganz ernst gemeinten) Kommentar untergebracht…

  • Ach, ich hatt mir was Philosophisches erhofft. Na ja, in seiner fieberhaften Bequemlichkeit entscheidet der Mensch sich für das Nichtstun. Dazu eines von Hobbes: "Die Menschen werfen alle ihre Dummheiten auf einen Haufen,



    konstruieren ein Ungeheuer und nennen es Schicksal."

    • @zeroton :

      Die "fieberhafte Bequemlichkeit" ist ein sehr einleuchtender Gedanke. Bis zur krankhaften Bequemlichkeit ist es dann nur noch ein sehr kleiner Hups.



      Das große Fieberhafte kommt. Definitiv.

  • Politik ist nicht Haände in die Hose stecken und den awähl machen zu lassen.

    Solange Fliegen im Emissionshandel noch gut wegkommt wird weitehin geflogen. Der Emissionshandel ist das beste, was die FDP in der Koalition propagiert und könnte der entscheidene Hebel für Veränderungen gegen den Klimawandel sein.

    • @Rudolf Fissner:

      Der Emissionshandel sorgt aber dafür, dass Einschränkungen noch stärker vom Geldbeutel abhängen. Letztlich soll sich die ärmere Masse einschränken, während die wohlhabende Minderheit weiter lebt, wie bisher. Die besonders Dreisten fliegen sogar aus Spaß ins All.

      Klimapolitisch mag das vielleicht funktionieren, aber eine Gesellschaft hält eine solche Politik auf Dauer nicht aus. Die Umfragewerte der AfD werden also weiter steigen...

      • @warum_denkt_keiner_nach?:

        Klimapolitik und Sozialpolitik sind nicht miteinander gekoppelt. Beides geht auch ohne.

        Kurz: Sie müssen nicht erst auf den Klimawandel warten um Sozialpolitik zu betreiben.

        "sorgt aber dafür, dass Einschränkungen noch stärker vom Geldbeutel abhängen."

        Hä??? Wollen Sie erst mehr "Gerechtigkeit" beim CO2 Ausstoß? CO2 Ausstoß für alle? Dann können Sie Klimamaßnahmen auch gleich knicken.

        • @Rudolf Fissner:

          "Sie müssen nicht erst auf den Klimawandel warten um Sozialpolitik zu betreiben."

          Natürlich. Aber CO2 Reduktion über den Preis ist das genaue Gegenteil.

          "CO2 Ausstoß für alle?"

          Genau das Gegenteil. CO2 Reduktion für alle. Nicht nur für die, die sich CO2 Ausstoß nicht mehr leisten können.

          Wenn wir die Lasten aus dem Klimawandel nicht vernünftig auf alle verteilen, wird unsere Gesellschaft implodieren.

          • @warum_denkt_keiner_nach?:

            "Natürlich. Aber CO2 Reduktion über den Preis ist das genaue Gegenteil."

            Hä? Teures Flug Benzin ist das Ende der Sozialpolitik? Das ist doch Blödsinn. Umweltverschmutzung ist kein Recht, dass der Staat auch noch fördern muss.

            • @Rudolf Fissner:

              Auch mal ein Hä?

              Niemand spricht vom Ende der Sozialpolitik.

              Was ich die ganze Zeit versuche, zu erklären, ist, dass Einschränkungen für den Klimaschutz für alle gelten müssen. Wenn man Klimaschutz über den Preis macht, können sich die Wohlhabenden freikaufen. Und das akzeptiert der Reste der Gesellschaft auf Dauer nicht. Eine solche Politik ist Gift für die Gesellschaft und hilft den Kräften, die Klimaschutz ablehnen. In D der AfD.

              Also lieber Verbote. Mit Flügen von Hamburg nach Sylt könnte man sofort anfangen...

              • @warum_denkt_keiner_nach?:

                Sie schreiben die ganze Zeit über Gerechtigkeit bei der Umweltverschmutzung und jammern, dass sich das nicht jeder leisten kann.

                Solange noch drei Hampelmänner nach Sylt fliegen scheint bei so manchem der Wutpegel wohl noch so hoch zu sein dass er sich jeder noch so effektiven Maßnahme gegen den Klimawandel versperrt.



                Das ist m.E. einfach nur eine obstrukive Grundhaltung. Nach Habeck mit dem Heizungshammer wird nun über Lindner mit dem Zertifikate-Hammer hergezogen.



                Klimaschutz ist sicherlich nicht "Gift für die Gesellschaft"!

                • @Rudolf Fissner:

                  Klimaschutz ist nicht Gift für die Gesellschaft. Gift für die Gesellschaft sind ungleich verteilte Lasten. Übrigens nicht nur beim Klimaschutz.

                  Schauen wir uns doch mal an, was im Wahlkampf versprochen wurde.

                  Die CO2 Abgabe sollte kein Geld in die Staatskasse spülen. Jeder sollte eine bestimmte Summe (ein Kontingent) bekommen. Wer im Sinne des Klimaschutzes gut wirtschaftet, macht Geld gut, wer schludert, zahlt drauf. Das klang vernünftig und gerecht.

                  Jetzt möchte Lindner nur Geld in die Kasse.

                  Und was die Kurzstreckenflüge betrifft. Es sind eben nicht "drei Hampelmänner", sondern wir reden über die meist geflogene Kurzstrecke in D. In Frankreich wurde solcher Unfug schon vor einiger Zeit stark eingeschränkt. Und Macron ist vieles, aber bestimmt kein Wutbürger.

                  Auf mich wirken die Anhänger von Union und FDP ein wenig wie der französische Adel vor 1789. Man sieht schon, dass etwas getan werden muss, ist aber nicht bereit, selbst zu verzichten und verlässt sich darauf, dass "die da unten" die Lasten schon irgendwie tragen werden. Das Ergebnis ist bekannt.

                  • @warum_denkt_keiner_nach?:

                    "Gift für die Gesellschaft sind ungleich verteilte Lasten."

                    Durch das Nichtfliegen ist man nun mit welcher Last belastet?

    • @Rudolf Fissner:

      Kann der Sache nach sein, aber für wen der nützliche Hebel?! Emissionshandel verdrängt die jeweiligen finanziell Schwachen und ist keine Garantie dafür, dass die Emissionen sinken. Stellen Sie sich einmal vor (ich meine nicht Sie: Neoliberale, wie die FDP, können sich das wohl auch vorstellen..), der Preis ist da, aber die Emissionen sinken nicht, und der Preis steigt für alle ( auch Arme) weiter, aber die Emissionen sinken weiterhin nicht, dann steigt der Preis weiterhin, sodass sich das CO2-intensive Leben nur noch "10" Menschen auf der Welt leisten können - und die Emissionen sinken weiterhin nicht .. Sogar der Inflation Reduction ACT 💩 auf Emissionshandel. M.E. zu recht.

  • "In Wahrheit wissen sie ganz genau, was zu tun das Richtige wäre, aber sie haben einfach keine Lust oder keine Kraft dazu, und dann reden sie sich und anderen die eigene Willensschwäche schön."



    Das ist nur allzu wahr. Das erlebe ich in Gesprächen mit Nichtvefaner*innen über vegane Ernährung sehr häufig. Dies oder das wäre ja so lecker. Und das, obgleich es viele leckere vegane Nahrungsmittel und Menüs gibt und gerade heutzutage auch viele Ersatzprodukte. Vegan zu leben, war nie einfacher als heute in Deutschland. Anhand der Begründung von Geschmack/Lust/Genuss werden dann wichtigere Werte wie Leidvermeidung bezüglich nichtmenschlichen Tiere ausgehebelt, die die Allermeisten gegenüber menschlichen Tieren nicht gelten lassen würden. Dabei bräuchte es nicht das Herbeibemühen von Intelligenz oder anderen Fähigkeiten der menschlichen Tiere, um bezüglich der nichtmenschlichen Tiere festzustellen, dass Schmerzempfinden (und ggf. Bewusstsein) ausreicht, um ihnen keine Schmerzen zuzufügen, sie also nicht (ohne Not) zu töten oder zu essen. Menschen im Koma oder schwer-mehrfach behinderte Menschen werden zurecht auch nicht (einfach) getötet (und gegessen).

    • @Uranus:

      Und nun : schnell kollektiv alles ausblenden ! Wo kämen wir da hin, den anderen Lebewesen des Planeten Erde das selbe Existenzrecht einzuräumen wie der "Krone der Schöpfung", uns Blöden ?

      • @Zebulon:

        Es braucht kein Ausblenden. Man kann es einfach tun. Und wenn ich mir anschaue, wie viel menschliches Leid wir durchgehen lassen und mindestens billigend in Kauf nehmen, ist diese Tierwohl Diskusssion für mich weit weg.

        • @J_CGN:

          Das "Ausblenden" war Sarkasmus und ich hätte nicht erwartet, daß jemand das ernst nimmt.



          Was ich Ihnen und Ihrer Argumentation aber deutlich ankreide, ist das Mensch-zentrierte Weltbild. Das ist komplett falsch. Spätestens, wenn wir alle Tiere ausgerottet haben, werden die Überlebenden dies leidvoll erfahren und verhungern. Und selbst wenn wir Plastikfresser werden könnten : der Mensch hat sich zwar zur Macht aufgeschwungen, aber indem er seine Mitwelt (er ist übrigens auch nur ein Tier) ausrottet, hat er moralisch seine Existenz verwirkt. Was ist ein Mensch gegen eine Tapirfrau, hm ?

        • @J_CGN:

          Sicher kann mensch einfach vegan leben. Die 2 % der Gesellschaft, die Veganer*innen sind ja keine Übermenschen. Und mensch kann sich vegan lebend auch für Menschen einsetzen.



          "Es ist ja bloß ein Tier?" Diese Betrachtung ist symptomatisch für diese Gesellschaft. Kategorien wie "Nutztier" helfen dabei, Tiere zu Objekten, zu DEN Anderen zu machen. Wäre es das geliebte Haustier, sähe es schon anders aus. Hätten Sie ein Haustier, bspw. einen Hund, und ein Mensch, würde ihn treten, dann würden Sie wohl sofort eine Verbindung dessen (Tier)leid herstellen. Das "andere" Tierleid erscheint einem nur weiter weg. Tatsächlich passiert dies millionenfach im Umland, in den Ställen von landwirtschaftlichen Betrieben, in den Schlachthöfen, auf dem Meer, in Zuchtstationen, in Tierversuchslaboren ... Und eine Blutspur führt von vielen jener Orte zumeist über Supermärkte auf die Teller der Nichtveganer*innen. Muss ja nicht sein. Einfach vegan leben.



          Zumal Tierproduktion auch Folgen für Menschen hat. Insbesondere durch Massentierhaltung wird Umwelt zerstört und vergiftet, die Ausbreitung von Krankheiten gefördert (höchstwahrscheinlich auch COVID19) usw.. Der Mensch untergräbt seine eigenen Lebensgrundlagen. Spätestens auf die Art und Weise betrifft es auch Menschen.

  • Wenn aber niemand bei sich selbt anfangen will, woher nehmen dann demokratische Politiker die Chuzpe, Änderungen anzugehen, die unbeliebt sein könnten?



    Solange die Reiselust ungebrochen ist, solange traut sich kein Politiker, der was zu sagen hat, die Kerosinsteuer wirklich umzusetzen. Und so weiter.



    Egal, wie viele Lobbyisten auf die Politiker einarbeiten, am Ende sind es doch die Wählerstimmen, um die sie zittern. Und gerade die reisende und fleischessende Mehrheit will man nicht verprellen

    • @Herma Huhn:

      Gestern gehört : TUI befördert noch Touristen nach Rhodos, obwohl es - wie man so liest - dort heftig brennt.



      Vielleicht löst sich das Problem des Übertourismus auf diese Art ?



      "Wie die Lemminge" hätte man früher konstatiert, als man noch nicht wußte, daß die intelligenten Lemminge so doof nie wären ...



      JedeR, wirklich JedeR weiß es, daß es falsch, unmoralisch und mittlerweile auch tödlich ist, mit dem Flugzeug zu verreisen. Von mir aus ist das dann die gerechte Strafe. Denn wer nicht hören will, der fühlt es dann eben.

    • @Herma Huhn:

      Grundsätzlich kommt keine Partei ohne Mehrheiten aus. Die Politik soll daher nicht erziehen, sondern Lösungen anbieten.

      • @Tom Tailor:

        Sie machen es sich zu einfach. Politiker sind auch nur Menschen, manchmal/oft sogar dämlichere als unsereins.



        Erziehen sollen die nicht, aber den Leuten mal klarmachen, was der Stand ist. Diese Pflicht haben sie, die geschworen haben, Schaden "vom dt. Volke abzuwenden".



        Und das kann doch nicht ausschließlich an den verschiedenen Lobbys liegen, daß da so wenig Klartext kommt.



        Ich vermute mal, daß die Leute ob ihrer besseren Information schlicht Schiss haben : die wissen, daß alles den Bach runter geht und versuchen, durch schweigen den Ball flach zu halten. Ein kleines Zeitspielchen, bevor es auch hier fett losgeht wie fast überall auf dem Planeten.



        Es ist tatsächlich das Phänomen des gekochten Frosches : solange man noch lebt im immer heißer werdendem Wasser "ist doch alles easy" ... aber der Punkt kommt dann eben doch, an dem man stirbt - und gar ist. Und bald ... sind wir gegessen. (die Taz liebt doch solche Wortspielchen, neuerdings)

        • @Zebulon:

          "Erziehen sollen die nicht, aber den Leuten mal klarmachen, was der Stand ist. Diese Pflicht haben sie, die geschworen haben, Schaden "vom dt. Volke abzuwenden".

          Korrekt. Aber wir eben dieser Schaden aussehen könnte, da haben die Menschen eben ganz unterschiedliche Vorstellungen. Ich persönlich wähle auch nur die Partei/Politiker, die meine Interessen vertreten und versprechen Schaden von mir abzuwenden. Eine übergeordnete allumfassende Bedrohung, die alle Menschen gleichermassen betrifft und die alle anderen Interessen in den Hintergrund drückt, die darüber hinaus nur in D von einer einzigen Partei zu lösen ist, gibt es nicht.

      • @Tom Tailor:

        Aber Lösungen für Probleme, die allem anschein nach niemand hat, weil keiner der Wähler sich um Verhaltensanpassungen kümmert?



        Wie will ein Politiker damit Wahlen gewinnen?

        • @Herma Huhn:

          Weil Moral eben keine politisch sinnvolle Ebene ist.



          Es gibt Regeln und Stellschrauben. Und man muss den Menschen eben die Veränderung einfach auf der materiellen Ebene attraktiv machen.

          • @J_CGN:

            Wobei es beim Thema Umwelt und Klima - eigentlich Erhalt der Lebensgrundlagen - um Interessen geht nicht um Moral. Das Thema auf die Moral zu schieben, machen gerne diejenigen, die nichts ändern wollen. Sie versuchen damit einen Angriffspunkt zu schaffen, anhand dessen sie die Gegner*innen angreifen und verspotten können, während sie selbst nichts ändern müssten. Jeder Mensch habe und mache Fehler, heißt dann eine Ausrede.

        • @Herma Huhn:

          Kurzfristig: gar nicht. Mittelfristig vielleicht, wenn sich die Verhaltensweisen ändern. Was aber eine einfache Wahrheit bleibt: gegen eine Mehrheit kann man dauerhaft keine Politik machen. Jedenfalls nicht in einer Demokratie.

      • @Tom Tailor:

        Und sind es wirklich rationale Lösungen, werden die abgelehnt. Die Kausalität liegt schon so, wie von @Herma Huhn beschrieben..

  • Ich sehe da mehr Zielkonflikte: Dürfen Menschen in ein reicheres Land ziehen - mit mehr Klimaverbrauch verbunden? Dürfen ärmere Menschen Karriere machen? Ist es wirklich so einfach, dass nur SUVs und Luxus-Flugreisen das Problem lösen - auch Musikkonservatorien, Parteikongresse, Readaktionsräume etc. verbrauchen Klima. Ist es so klar, was man runterfährt, was nicht? Ist es klar, dass wenn alles Dekadente, wie SUVs, runtergefahren wird, aber alles Schöne, wie Camper, Konservatorien, Bildungseinrichtungen, Unis, Krankenhäuser etc. beibehalten wird, dass es dann gut für's Klima reicht?

    Wenn es nicht so ist - wo ist dann die Grenze, dass man Menschen auch einfach symbolische Beiträge machen lässt, auch wenn es direkt für's Klima nichts ändert.

    • @Markus Michaelis:

      Auf Andere, Ärme schielen, um von sich und eigener Lebensweise abzulenken? Weniger Autos und hiervon keine Privat-PKWs hieße auch keine für Ärmere. Ein guter Level an Wohlstand-und Teilhabe hieße bereits bspw. günstiger ÖPNV und gute Fahrräder für Alle. Das haben nicht einmal viele der Ärmeren in Deutschland und das bedeutete auch für jene ein großes Plus an Teilhabe.

    • @Markus Michaelis:

      Es gibt Schätzungen nach denen der westliche Lebensstandard der 1970er-Jahre global für Alle klimaneutral möglich wäre. Das würde für sehr viele Menschen noch immer einen erheblichen Zugewinn bedeuten und selbst für so reiche Gesellschaften wie unsere, sollte sich auf einem solchen Niveau der einfache Luxus von Universitäten, Kammerkonzerten oder Campingurlaub wohl problemlos aufrecht erhalten. Aber es würde eben ein aktives Umsteuern und bewussten Verzicht erfordern um nicht ein die Folgen eines ungebremsten Klimawandels heraufzubeschwören, die sehr viel krasser ausfallen werden.

      • @Ingo Bernable:

        Oder der durchschnittliche chinesische vor dem Boom der Junginvestoren; das kommt ungefähr aufs Gleiche raus.

        Man wird halt viele Dinge *anders* angehen müssen, weite Teile der Wirtschaft regionalisieren, Transportwege straffen und altbackene Technologien ersetzen.

        Aber es geht. Denn der Unterschied zwischen Klima*wandel* und Klima*katastrophe* hängt im Prinzip an lediglich 0,1-0,01% der Weltbevölkerung. Nur dieser winzige Teil - gerade mal so viel wie die Bevölkerung Berlins - lebt dermaßen über das vom System Erde Leistbare, dass der Menschheit die Zeit ausgeht, noch auf den letzten Drücker Abhilfe zu schaffen.

        Selbst wenn Menschen "nur" maximal den Lebensstil durchschittlicher Multimillionäre hätten, würde das die Geschwindigkeit der Erderhitzung auf ein Zehntel reduzieren. Denn selbst Millionär*innen können sich nicht *jeden* Luxus zu *jeder beliebigen* Zeit leisten, wenn sie Millionär*innen bleiben wollen. Nur die Super- und Hyperreichen, deren finanzielle Mittel für praktische Belange des privaten Konsums unendlich sind, können so Scheiße bauen wie aus einer Laune heraus Frühstück, Mittag- und Abendessen in 3 verschiedenen Städten auf 2 Kontinenten einzunehmen, oder selbst aufwändig produzierte Hightech-Produkte wie Autos oder Häuser bei Nichtgefallen nicht weiterzuverkaufen, sondern ungenutzt verfallen zu lassen.

        (Wenn man 5 Luxusvillen hat, dann hat man sie als Eigentum, und zu jedem Zeitpunkt sind 4 davon leerstehender Wohnraum: kein Mensch kann gleichzeitig mehr als 1 Haus oder Wohnung, Auto, Privatjet usw *besitzen*. Denn Besitz ist die konkrete Verfügungsgewalt *im Hier und Jetzt*, die nur trivial, aber nicht grundsätzlich unterbrochen werden kann. Besitze ich eine Wohnung, dann besitze ich die auch, wenn ich einkaufen bin. Aber wenn sie monatelang leersteht, dann ist sie eben nur Eigentum.

        Insofern ist das Problem zumindest theoretisch leicht lösbar durch eine feste Koppelung von Eigentum an Besitz.)

        • @Ajuga:

          So schön es auch wäre den Klimaschutz allein auf die Superreichen abschieben zu können, klappt das einfach nicht, weil es einerseits 'zu wenige' Superreiche gibt, in DE sind es etwa 3000, selbst wenn die morgen alle klimaneutral werden würden entspräche das lediglich den Emissionen einer kleinen bis mittleren Stadt und andererseits weil auch die Emissionen der relativ Armen hierzulande deutlich jenseits der planetaren Grenzen liegen. Klimaneutral wäre Emissionen von 2t p.a., die Emissionen von Haushalten (~1,99 Personen) mit knappem Einkommen von weniger als 1000€ liegen aber immer noch bei dem knapp Dreifachen davon und damit immer noch rund 50% über der plantaren Belastungsgrenze.



          www.umweltbundesam...ie-umweltbelastung

      • @Ingo Bernable:

        Der Lebensstandard von 1970 wird sicher möglich sein, schon einfach weil die Menschen (global) es sonst nicht akzeptieren werden. Das scheint mir aber nicht die Frage. Würden wir einfach durch Verzicht auf 1970 gehen, wäre das sicher nicht haltbar - wenn auf dem Level die ganze Welt laufen kann, hätte der Westen bis 1970 keine Klimaschuld aufgebaut. Das kann so sicher nicht stimmen.

        Die Aussage des Lebensstandards geht also von einem Technologiewandel aus, mit dem der Level von 1970 tragbar ist. Dann müsste man aber auch über diesen Technologiewandel mit sprechen, nicht nur über den Verzicht.

        • @Markus Michaelis:

          "wenn auf dem Level die ganze Welt laufen kann, hätte der Westen bis 1970 keine"



          Selbstverständlich geht es um den Lebensstandard von 1970 mit der Technologie von heute und morgen und nicht darum wieder Autos die 20L schlucken, Häuser mit Asbest und Kühlschränke mit FCKW zu bauen.

          • @Ingo Bernable:

            Ok, es bleibt dann aber das Argument, dass die Diskussion irgendein Kompromiss aus Technologie und Verzicht ist.

  • 6G
    675670 (Profil gelöscht)

    Können wir nicht mal aufhören, Individuen in die Pflicht zu nehmen? Ändern müssen sich Strukturen, für alle. Wenn ich nicht fliege, mit meiner Familie im Regen versumpfe und still vor mich hin leide, der Nachbar aber dreimal im Jahr (und irgendwelche Armeen sowieso ständig), dann schade ich doch nur mir selbst.

    Politik muss bei den Unternehmen und Strukturen ansetzen, nicht bei der Individualmoral.

    • @675670 (Profil gelöscht):

      Wenn nicht Individuen in der Pflicht sind, wer denn dann? Jede "Struktur", jedes Unternehmen, Parlament, Gesellschaft besteht aus Individuen. Man kann natürlich drauf warten, dass irgendeine "Struktur" die Probleme löst. Man kann aber auch selbst anfangen, anstatt sich handlungsunfähig und - unwillig zu zeigen. Und übrigens: Sie werden sicher nicht versumpfen, wenn Sie nicht in den Urlaub fliegen. Ihr Nachbar wird vielleicht gerade eben vom brennenden Rhodos evakuiert...

      • @Felis:

        Das Individuum habdelt in Strukturen. Und der Hebel liegt in den globale Strukturen. Anstelle aktuell eine globale Konfrontation aufzubauen, wäre ein Weg zu globaler Kollaboration wesentlich sinnvoller. Ohne diese kann jedes Individuum noch so viel strampeln, wird aber nix erreichen.

    • @675670 (Profil gelöscht):

      Aber Individualmoral kostet nichts und lenkt so schoen davon ab, dass die Politik alle aktuellen Probleme in den letzten Jahren selbst verursacht hat.

    • @675670 (Profil gelöscht):

      Warum müssen sie erst darauf warten, bis der Staat Flüge für alle verbietet? Sie können selbst entscheiden, nicht mehr in ein Flugzeug zu steigen.

      Das ist eine seltsame Einstellung, im hier und jetzt nicht das richtige zu tun, weil man ja dann "leidet" und die anderen eine gute Zeit haben.

    • @675670 (Profil gelöscht):

      "Können wir nicht mal aufhören, Individuen in die Pflicht zu nehmen?"

      Damit sollte man niemals aufhören - Veratwortung für das eigene Handeln zu übernehmen ist die Bedingung für Mündigkeit.

      • @pitpit pat:

        selber kann ich mich in die pflicht nehmen, soll ich aber auch meinen nachbarn in die pflicht nehmen, ihm mit erhobenen zeigefinger begegnen? oder er mir? das ist aufgabe der politik rahmenbedingungen zu schaffen. in diesem rahmen soll sich jeder nach seinem moralischen prinzipien frei bewegen können ohne das mit dem finger irgendwer auf einen anderen zeigt.

        • @alterverwalter:

          Natürlich sollen (und werden) sie Ihren Nachbarn in die Pflicht nehmen. Denn moralische Prinzipien regeln unser Verhalten im Bezug auf andere und wenn diese Anderen das anders sehen, dann fragen Sie zurecht: "Aber warum machen Sie das? Warum ist dies das richtige Verhalten?" und erwarten eine Antwort.



          Dafür muss man keinen Zeigefinger heben, dafür muss man nur einsehen, dass wir alle im selben Boot sitzen und das Verhalten der anderen auch einen selbst betreffen kann und umgekehrt.



          Und zu den gesetzlichen Rahmenbedingungen, die Sie von der persönlichen moralischen Ebene trennen wollen: Auch die müssen moralisch überprüft werden - was Sie mutmaßlich auch meist dann machen, wenn Sie über politische Entscheidungen nachdenken, z.b. in der Wahlkabine.

          Kurz gesagt: Ein erhobener Zeigefinger ist kein Mittelfinger.

          • @pitpit pat:

            meine nachbarn werde ich definitiv nicht in die pflicht nehmen weil sie...in den urlaub fliegen, suv fahren, einen pool haben, grillen oder kinder in die welt setzen. alles co2/umwelt bedenklich aber es ist nicht verboten. ob es moralisch für den einzelnen vertretbar ist, das entscheidet jeder für sich. ja, wir sitzen alle im gleichen boot, einige sind langsamer, dümmer, desinteressiert...die gilt es mitzunehmen, aber anstatt mich an einzelnen abzuarbeiten halte ich politisch/gesellschaftliche vorgaben für sinnvoller.

      • 3G
        31841 (Profil gelöscht)
        @pitpit pat:

        Sich nach individuellen Möglichkeiten selbst in die Pflicht zu nehmen, weil Einsicht zugrunde liegt.

        Anders wäre es z. B. gar nicht möglich geworden, dass heute jemand etwas in einem Bioladen einkaufen könnte. Usw.

        Reicht für sich alleine nicht. aber so as kommt in Gang, was wir wirklich brauchen..

        • @31841 (Profil gelöscht):

          Ich würde die individuellen und kollektiven Möglichkeiten nicht derart trennen: Beispielsweise gehört in unserer Gesellschaft die Wahl des Parlaments zu unseren individuellen Möglichkeiten.



          Wer also auf der einen Seite einen von Umweltschutz und sozialer Gerechtigkeit redet und andereseits die SPD/CDU/... wählt, macht sich in meinen Augen unglaubwürdig.

          Anders gesagt: Moralische Konsistenz würde wirklich was in Gang bringen. Aber schon das Gespräch darüber wäre ein Anfang. Denn die Fragen, die sich dazu ergeben, könnten Menschen schon weiterbringen.

          • 3G
            31841 (Profil gelöscht)
            @pitpit pat:

            Schon. Manche Regierungen fördern inzwischen z.B. Biolandbau. Angefangen damit haben sie nicht.

      • @pitpit pat:

        Allerdings.



        Schön, Sie wiederzulesen.

  • Richtig beobachtet, der Philosoph: Wer Klimaktivist ist, aber nach Bali fliegt, der handelt heuchlerisch.

    Deswegen werde ich nicht fliegen. Nicht mal, wenn es die einzige Möglichkeit wäre zu einer Beerdigung zu kommen - dieses Beispiel wurde hier im Artikel erwähnt.

    Das Aktivistenleben und der Kampf gegen den Untergang des Planeten geht vor. Lieber etwas sausen lassen, anstatt meine Kredibilität zu riskieren. Weil diese brauche ich, um andere Menschen zum Umdenken zu bringen.

    • @Troll Eulenspiegel:

      Oh, man kann da endlos drüber philosophieren: was ist mit einem Flug, um Leuten in einem wissensmäßig unterprivilegierten Teil der Welt die neusten guten fachlichen Praktiken beizubringen? Die Rettung wievieler Mangroven muss ich initiieren, damit es den Flug ins Gangesdelta wert ist?

      Ist mir aber zu viel Heckmeck. Ich hatte mal die Option, aber ich habe mich entschieden, gute fachliche Praxis innerhalb ÖPNV-Reichweite zu propagieren.

      • @Ajuga:

        Das ist auch besser, innerhalb der Reichweite des Schienenverkehrs zu propagieren.

        Und wenn man mal Neuseeland dazu bringen muss, an der Welt von morgen teilzuhaben, die haben mittlerweile Internet und dort gibt es Menschen, wie du und ich, welche eine Aufgabe auf ihre eigene Art und Weise bewältigen können.

        Und ganz entfernte Ziele, wie Nauru oder Laos, nunja... das sind nicht die Verantwortlichen der Klimakatastrophe. Also muss man da auch nicht propagieren.

  • Ich finde es unmoralisch zu fliegen, habe nie eine Notwendigkeit dafür gesehen und es deshalb auch immer vermieden.



    Ich kann dieses Herumgeeiere und Selbstlegitimieren nicht akzeptieren. Es liegt doch auf der Hand, daß es im Jahr 2023 extrem unmoralisch ist, mit dem Flugzeug in den Urlaub zu fliegen.



    Hier wird ständig relativiert im eigenen Gewohnheitsinteresse.



    Entweder wir tun etwas, daß das Klima sich nicht weiter aufheizt oder wir brauchen nicht mehr weiter zu schwafeĺn. Warum greift unsere Politik nicht meinungsbildend ein ? Warum werden die Leute nicht dazu angehalten, die Wunder des Gartens zu erleben ? (Garten im Sinne von Biotop) Anstatt dessen höre ich solch dümmliche Aussagen von LandespolitikerInnen, das investieren von Wasser in einen Garten sei verzichtbar und falsch. Sind das alles Städter, daß der eklatante Unterschied zwischen einem funktionierendem Garten und einem Golfplatz nicht bewußt ist ? Wenn immer nur Konsum und Reichenförderung praktiziert wird, dann wird es nicht funktionieren.



    Ich meine, hier geht es um alles oder nichts.

    • @Zebulon:

      "Warum werden die Leute nicht dazu angehalten, die Wunder des Gartens zu erleben ?" und so weiter:

      Ich sags mal so: wer in *der* Branche tätig ist, merkt sehr unmittelbar, wer gerade die Bundesregierung anführt. Das entscheidet nämlich, wieviele Zuwendungen aus Steuermitteln an die Organisationen gehen, die diese Tätigkeiten letzendlich finanzieren, und wie sehr diese Organisationen in ihrer Arbeit gefördert oder behindert werden.

      Insofern braucht die Politik da gar nicht meinungsbildend einzugreifen. Sie muss nur dafür sorgen, dass die Leute, die "näher am Volk" sind, von ihrer Arbeit leben können. Denn die Politik kann gar nicht so detailliert auf die Bedürfnisse der "Kundschaft" eingehen, dass sie die maximale Anzahl Menschen mitnimmt; dazu ist der Bedarf in der Bevölkerung einfach zu hoch und das Zeitbudget der Politiker*innen zu klein. Und wie man das Interesse der Leute weckt, mit welchen Narrativen usw man sie bringt, aufmerksam hinzuhören und nachzudenken, und sich womöglich als Nonplusultra *eigenständig und ohne weiteren Anlass* weiterzubilden - um das zu lernen, braucht man eh mehrjährige Praxis.

      • @Ajuga:

        Was die Praxis betrifft, haben Sie bestimmt recht. Mir geht es aber erst einmal um die Kommunikation. Wir haben in Deutschland unter anderen auch noch Rundfunkanstalten, die durchaus Bildungsbewußtsein, ja sogar dazu den Auftrag haben. Leider bleibt es aber meiner Ansicht nach immer den Kultursparten überlassen, diese Informationen anzusprechen. Die anderen gewiss über 90 % der Dudelprogramme sind außen vor. Gerade deren Publikum sollte aber mal da, wo es gerade vor dem Radio/Computer/etc. sitzt "abgeholt werden", auf dass es anfange, sich die berechtigten Sorgen zu machen, die verantwortungsbewußte Menschen sich bereits seit Jahrzehnten machen.



        Ich plädiere - es geht schließlich um alles - um Zwangsbeglückung der Ignoranten.

  • Unmoralisch ist es, etwas zu fordern und die Forderung selber nicht einzuhalten, da man auch keine Idee und Plan hat. Die beiden Klimaaktivisten hätten sich auch als Leichtmatrose auf einem Frachter nach Bali verdingen können.

  • "Trotzdem steigen viele Menschen weiter ins Flugzeug, [...] Ist das unmoralisch? Arnd Pollmann: Es kommt darauf an, ..."

    Den Konfikt gibt es wohl überall. Selbst die TAZ bietet Flugreisen an (nicht so einfach auf den Webseiten zu finden, wohl aber per Anzeige in der gedruckten Ausgabe). Natürlich sind es dann Bildungs- Reisen um Gesellschaftsformen kennenzulernen. Und natürlich wird das CO2 kompensiert - übrigens kann man bei Flugreisen häufig mit einem Klick, wenn es nicht schon eingepreist ist, die CO2 Emission "kompensieren". Bei anderen Aktivitäten wird das nicht so mit angeboten, oder schon mal an der Tankstelle einen Knopf zur Kompensation gesehen? Also, wenn man CO2 kompensieren möchte: Flugreisen. Und wenn mit Gesellschaft, oder Familie (warum soll man nur zur Beerdigung zusammenkommen? Lebendig macht es mehr Spass), dann erlaubt es auch die Ethik.

    • @fly:

      Kompensationen sind auch immer nur theoretische Konstrukte. Am besten sind jene Emissionen, die erst gar nicht anfallen.



      Für mich hat das etwas von modernen Ablasshandel zur Beruhigung des Gewissens.



      Die "strafrechtliche Kompensation" würde mein Gewissen bspw. auch nicht beruhigen, wenn ich jemanden verletze. Es gibt ja auch noch die moralische Komponente eines solchen Handelns.

      • @stefschu:

        Naja, das Ablass-Narrativ wurde von der religious right etabliert.

        Emissionskompensation ist schlichte Naturwissenschaft, und vom Religiösen so weit entfernt wie es nur geht.

        Aber dessenungeachtet haben Sie völlig recht: die besten Emissionen sind die von Anfang an *vermiedenen*.

        Wir haben ja zB im letzten Winter gesehen, wieviel Strom man sparen kann, einfach nur durch Abschalten der Leuchtreklamen nach Ladenschluss. 10 solche Maßnahmen, und ohne wesentlichen Komfortverlust wären die Emissionen so weit gesenkt, dass wir fast schon im sicheren Bereich wären.



        Wenn ich Langstreckenreisen mal ausklammere, und nur das Inland betrrachte, wage ich zu behaupten, dass Nachhaltigkeit *ohne schmerzhafte Abstriche bei der Lebensqualität* selbst in einem Land wie der BRD erreichbar ist, wenn man einfach nur die *Verschwendung* hart reduziert.

        Leider hat Kapitalismus die innere Dynamik, Wertschöpfungsketten mit Mittelsmännern aufzupumpen. Damit lassen sich Umsätze auf dem Papier steigern, ohne dass irgendwelche neuen Werte geschaffen würden[*], und das ist im Kapitalismus eine Strategie, mit der man ceterum paribus sicher gewinnt, zumindest fürs Erste[*]. Denn ob hinter x Euro Kapital auch tatsächlich ein *reales* Wertäquivalent - Waren und Dienstleistungen - von x Euro steht, das die Existenz dieses Kapitals absichert[*], regelt im Kapitalismus die "unsichtbare Hand des Marktes", also nichts weiter als eine Wahnvorstellung. (In der Realität "regelt" es die Inflation - und die trifft am härtesten die, die eh schon zu wenig für ein erfülltes Leben haben.)

        Und aus persönlicher Erfahrung möchte ich noch hinzufügen: Bäume - und das dazugehörige Unterholz -. pflanz ich lieber selber. Da kann ich sicher sein, dass es die richtigen Arten für den jeweiligen Standort sind, und dass es ihnen gutgeht, und sie ihre CO2-Fixationsleistung auch tatsächlich erbringen...

        [*] Ja, Sam Bankman-Fried, Jan Marsalek und so weiter - EUCH schaue ich hier gerade an!

        • @Ajuga:

          "Das Ablass-Narrativ wurde von der religious right etabliert"



          Der Ablasshandel ist ein Mittelalterliches Konzept, ideologische Strömungen der moderne (religious right) hierauf zu projizieren zeigt eine Ideologische Grundhaltung.



          Die Ideologische Betrachtungsweise zeigt sich auch weiter unten:



          "...regelt im Kapitalismus die "unsichtbare Hand des Marktes", also nichts weiter als eine Wahnvorstellung. (In der Realität "regelt" es die Inflation - und die trifft am härtesten die, die eh schon zu wenig für ein erfülltes Leben haben.)"



          -Die Inflation, welche Sie richtigerweise als Resultat der Differenz zwischen der Schaffung von Geld und Realwert darstellen, ist exakt der Mechanismus mit dem die "Wahnvorstellung" des Marktes den Fakt korrigiert, dass Sam Bankman-Fried und Jan Marsalek erfolgreich die Öffentlichkeit bzgl. der Realwert Schaffung ihrer Unternehmen getäuscht haben.



          Die Schaffung von Geld im Verhältniss zur Schaffung von Realwert ist ein Problem, dass jedes wirtschaftliche System lösen muss. Hierbei muss auch jedes System damit umgehen können, dass Menschen versuchen werden die Schaffung von Wert vorzutäuschen.



          Der Kapitalismus korrigiert hierbei, wie sie sagen, über Inflation. Ehrliche Frage, was wäre die alternative dieses Problem zu lösen? Sie scheinen ja die Meinung zu vertreten, dass ganze wäre im Kapitalismus schlecht gelöst.

  • "Strukturelle Hindernisse und individuelle Zwänge mögen Einfluss auf unsere jeweils persönliche Motivation haben, das moralisch Richtige dann auch tatsächlich zu tun. Manchmal können sie unser Fehlverhalten auch nachträglich entschuldigen. Aber auf die Richtigkeit oder Falschheit der Handlung selbst haben sie in der Regel keinen Einfluss. Es ist und bleibt moralisch falsch, einen anderen Menschen auszubeuten, auch wenn wir im Kapitalismus leben. Und es ist und bleibt falsch, gravierend das Klima zu schädigen, solange Sie nicht mit vorgehaltener Waffe dazu gezwungen werden."

    Ich würde zwar zustimmen, dass es die Ethik nicht anfrisst, wenn die Menschen durch strukturelle Zwänge zu diesen Verhaltensweisen genötigt werden. Diese Verhaltensweisen bleiben auch dann noch objektiv verwerflich, wenn die Menschen dazu genötigt werden.



    Aber dann hätte die Ethik doch wohl bei jenem gesellschaftlichen Strukturzusammenhang anzusetzen, der den Menschen die strukturellen Zwänge auferlegt. Da kommt es ja dann nicht auf das Individuum an, denn die Einzelnen reproduzieren diesen gesellschaftlichen Zusammenhang, ob sie nun wollen oder nicht. Darin unterscheidet sich der Kapitalismus auch von Formen personaler Herrschaft. Hier kann die Moralphilosophie nicht einfach Privatethik bleiben, sondern muss zur Gesellschaftskritik übergehen.

    • @Taugenichts:

      Jupp, scheint mir auch so.

      Beim Utilitarismus ist der Philosoph auch windelweicher, als es der Utilitarismus verdient.

      Denn der Utilitarismus hat eine *einzige* erfassbare Bezugsgröße. Das "maximale Wohl" anderer Menschen ist nicht sauber erfassbar; es ist immer ein guter Teil Projektion. Die "maximale Anzahl" von Menschon hingegen ist eine exakte Größe.

      Und da wären wir dann beim springenden Punkt: Wir haben es mit weniger als 10 Millionen Menschen zu tun, deren Lebensstil eine tödliche Bedrohung für knapp 10 Milliarden Menschen darstellt.

      Ich bin kein Utilitarist, aber wäre ich einer, würde ich erkennen, dass das potentielle Überzeugen irgendwelcher mir nicht persönlich näher bekannter Leute die irgendwo sonstwo leben die eindeutig geringerwertigere Option gegenüber "direkten Aktionen" einer "Klima-RAF" ist...

  • taz: „Ich fand Ihr Beispiel mit der Klimaaktivistin vorhin interessant. Nachdem zwei von der Letzten Generation nach Thailand geflogen waren, gab es große Empörung.“

    Diesen kalten Kaffee, der von der Blödzeitung den einfältigen Bürgern eingeschenkt wurde, um von den Verursachern des Klimawandels abzulenken, muss man doch nicht immer wieder aufwärmen – und schon gar nicht in der taz. Da haben zwei Leute von der LG mal Mist gemacht und schon werden alle anderen LG-Aktivisten mit denen in einen Topf geworfen?

    Solange Politiker den Verursachern des Klimawandels den roten Teppich ausrollen und der Bürger weiterhin der Meinung ist, dass das Lebensglück im Konsumieren unnötiger Waren (oder Billigreisen) zu suchen ist, solange wird es den klimaschädlichen und ressourcenfressenden Kapitalismus auch geben. Wenn man erst abwartet bis der Mensch endlich mal vernünftig wird und den ausbeuterischen Kapitalismus überwunden hat, wird der Klimawandel schon längs die Herrschaft über diesen Planeten haben. Es muss jetzt etwas geschehen und nicht erst dann wenn der Klimawandel praktisch nicht mehr aufzuhalten ist. Der kleine Bürger wird nicht so einfach verzichten, schon gar nicht wenn er sieht, dass die Reichen und Mächtigen auf gar nichts verzichten wollen. Ohne politische Richtungsangaben wird das alles nichts werden, denn die Bürger werden kaum etwas an ihrem Verhalten ändern, wenn sie (und auch die mächtigen Großkonzerne) weiterhin machen dürfen was sie wollen. Und wie soll dann überhaupt das von unseren Politikern so 'geliebte Wirtschaftswachstum' weitergehen, wenn man den Wahnsinn der klimaschädlichen Konzerne beendet oder wenigstens mal einschränkt? Weder Politiker, noch die Bürger haben doch begriffen, dass die CO2-Party jetzt vorbei ist, und zwar für die alten Leute, die immer noch auf Kreuzfahrtschiffen sinnlos herumfahren möchten, als auch für die jungen Leute, die mit dem Flieger übers Wochenende nach Mallorca fliegen, um sich am Strand mit billigen Schnaps abzufüllen.