Verbot von „from the river to the sea“: Es ist Volksverhetzung
Die Parole ist viel älter als die Hamas. Sie zu verbieten, ist richtig, nicht aber als Terror-Symbol, sondern für das was sie ist: Vernichtungswille.
D ie Parole ist ein Dauerbrenner auf antiisraelischen Demos und bedeutet das Ende Israels als jüdischer Staat: „From the river to the sea, Palestine will be free“. Gemeint ist das Territorium zwischen dem Fluss Jordan und dem Mittelmeer, auf dem sich auch Israel befindet. Wer Zweifel hatte, wie genau diese Parole gemeint wird, konnte es am 7. Oktober mit aller Deutlichkeit sehen: mit Vernichtung. Der Slogan wurde zum antisemitischen Schlachtruf schlechthin, als die terroristische Hamas in Israel ein Blutbad anrichtete.
So ist die Entscheidung des Verwaltungsgerichts in Düsseldorf am Mittwoch, dass das Verbot dieser Parole rechtens ist, zwar begrüßenswert. Doch sie erfolgt aus dem falschen Grund – nämlich dass „From the river to the sea …“ ein Kennzeichen von Samidoun und der Hamas sei. Beide Organisationen wurden im November 2023 vom Bundesinnenministerium verboten – auch ihre „Kennzeichen“.
Das Wording taucht zwar in der Charta der Hamas von 2017 auf, die „jede Alternative zu einer kompletten und vollständigen Befreiung von Palästina vom Fluss zum Meer“ ablehne. Auch Samidoun, eine Vorfeldorganisation der terroristischen Volksfront zur Befreiung Palästinas (PFLP), verwendet die Parole.
Doch die Parole ist viel älter. In der Gründungscharta der Hamas von 1988 taucht sie nicht auf, Samidoun wurde erst 2012 gegründet. Wo und wann genau sie entstand, bleibt unklar. Ab Ende der 1960er Jahre wird sie von der PLO verwendet und seitdem von Aktivist*innen weltweit. Auf Arabisch heißt es oft, vom Fluss bis zum Meer bleibe Palästina „arabisch“ oder „islamisch“ – eine wesentlich eindeutigere Botschaft.
Inzwischen wird die Parole ins Lächerliche adaptiert, wie etwa „From Risa to the Spree“ – in Bezug auf das Berliner Schnellrestaurant. Ein pauschales Verbot jeglicher Erwähnung von Flüssen und Meeren wäre natürlich absurd. Gerichte sind bislang zu unterschiedlichen Urteilen gekommen. Gut so, denn der Kontext ist entscheidend. Der antisemitische Vernichtungswille, der allzu oft dahinter steckt und auch so verstanden wird, aber auch. Alleine deshalb ist die Parole Volksverhetzung und sollte auch entsprechend strafrechtlich verfolgt werden
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Pistorius lässt Scholz den Vortritt
Der beschädigte Kandidat
Repression gegen die linke Szene
Angst als politisches Kalkül