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Satire kann zu weit gehenRassistische Gedankenspiele

Mitsuo Iwamoto
Kommentar von Mitsuo Iwamoto

In einem satirischen Text entwirft ein taz-Autor das Szenario eines „Gaza-Erlebnisparks“. Dabei bedient er rassistische Klischees und rechte Narrative.

Darüber, was Satire darf, wird nicht zum ersten Mal gestritten Foto: Markus Tollhopf/plainpicture

U m das voranzustellen: Ja, Satire darf vieles. Ihr enge Grenzen aufzuerlegen, widerspricht ihrem Wesenskern. Und doch sollte sich linke Satire immer wieder hinterfragen: Gegen wen richtet sie sich, welche Narrative bedient sie? Wann ist sie machtkritisch und wann reproduziert sie schlicht frauenfeindliche oder rassistische Klischees, wie es Blondinen- oder Polenwitze tun? Letztes Wochenende ist einem taz-Text diese Balance gründlich misslungen.

Die Grundidee: In der Lüneburger Heide eröffnet ein fiktiver „Gaza-Erlebnispark“. Mitarbeiter in israelischen Militäroutfits kontrollieren am Einlass der Kriegsgebietskulisse Taschen, bei per Sirene angekündigten „Verpflegungsausgaben“ kommt es zu inszenierten Prügeleien und bei Attraktionen wie „Hau die Fatima“ (angelehnt an „Hau den Lukas“) können Be­su­che­r:in­nen mit faustgroßen Steinen auf Gummipuppen mit Kopftuch werfen. Das Elternpaar Jassir und Annalena H. aus Hamburg wird zitiert: Für sie sei der Besuch die „ideale Gelegenheit, um den Antisemitismus ihrer Kinder zu fördern“.

Wer an dieser Stelle entsetzt aussteigt, dem mag versichert sein: Einem Teil der taz-Redaktion ging es ähnlich.

Denn die Idee, fremde Lebensrealitäten in deutschen Parks zu inszenieren, ist nicht neu. Ausgehend von Hamburg verbreiteten sich die sogenannten Völkerschauen ab den 1870ern in ganz Europa. In diesen „Menschenzoos“ ließen die Veranstalter „Wilde“ aus Südwestafrika, aus dem Sudan und aus Grönland zur Bespaßung der Massen auftreten. Fast sechzig Jahre lang trugen sie zur Verbreitung eines rassistischen Überlegenheitsdenkens in Deutschland bei.

Kolonial-rassistisches Denken wird fortgesetzt

Im „Gaza-Erlebnispark“ scheint dieses dunkle Kapitel deutscher Geschichte gänzlich vergessen. Munter dürfen sich hier deutsche Be­su­che­r:in­nen beim Steinewerfen auf eine Gummipuppe mit Kopftuch („Hau die Fatima“) vergnügen. Instrumentalisiert der Autor hier Gewaltfantasien gegen migrantisierte Frauen, um der palästinasolidarischen Szene die Unterstützung der islamistischen Hamas zu unterstellen? Unklar. Was bleibt, ist ein Szenario, das nichtweiße Menschen zum Objekt der eigenen Unterhaltung macht – und sich damit liest wie die Fortsetzung kolonial-rassistischen Denkens.

Der Text knüpft auch an Narrative an, die in der Gegenwart existieren. Denn die Vorstellung des „inszenierten“ Leids in Gaza ist keine Erfindung des Autors, sondern eine von der israelischen Regierung verbreitete Erzählung. Auf YouTube zeigt sie Videos von Supermärkten und Konditoreien in Gaza als angeblichen Beleg dafür, dass die „voreingenommenen Medien“ lügen würden.

Unabhängige Medien berichten seit langem über katastrophalen Hunger in Gaza. Ein taz-Team vor Ort ist den Vorwürfen nachgegangen und hat die Realität beschrieben, in der es für einige wenige zu überteuerten Preisen auch Schoko-Pfannkuchen geben mag – dies aber nichts daran ändert, dass ein Großteil der Menschen hungert. Von Machtkritik ist in dieser Satire, die der Realitätsverzerrung der israelischen Regierung in die Karten spielt, wenig zu spüren.

Nahost-Debatten

Der Israel-Palästina-Konflikt wird vor allem in linken Kreisen kontrovers diskutiert. Auch in der taz existieren dazu teils grundverschiedene Positionen. In diesem Schwerpunkt finden Sie alle Kommentare und Debattenbeiträge zum Thema „Nahost“.

Narrativ des „importierten Antisemitismus“

Was könnten arabische Kinder auch anderes sein als Antisemiten in Kinderschuhen? Oder kleine Paschas, wie Friedrich Merz es ausdrücken würde

Kommen wir zum Elternpaar Jassir und Annalena H., für das der Besuch des „Gaza-Erlebnisparks“ Gelegenheit sei, „den Antisemitismus ihrer Kinder zu fördern“. Dass die Kinder des fiktiven Arabers Jassir bereits vor Antritt des Parkbesuchs antisemitisch denken, scheint hier Teil des Humors. Was könnten arabische Kinder auch anderes sein als Antisemiten in Kinderschuhen? Oder „kleine Paschas“, wie Friedrich Merz es ausdrücken würde.

Das Klischee des „antisemitischen Arabers“ funktioniert dabei ähnlich wie das Stereotyp des „kriminellen Ausländers“. Es reduziert eine Gruppe auf ein ihnen zugeschriebenes Merkmal und lässt daneben wenig Menschlichkeit zu. Die Kunstfigur Jassir und sein angeblich antisemitischer Nachwuchs bedienen damit das von CDU bis AfD propagierte Narrativ des „importierten Antisemitismus“, der Antisemitismus in Deutschland vor allem migrantischen Communities zuschiebt – und damit von dem in Deutschland zur Genüge verankerten Antisemitismus und Rassismus ablenkt.

Die Presse- und Kunstfreiheit ist ein hohes Gut. Sie schützt auch diese pietätlose und von rassistischen Klischees und rechten Narrativen gespickte Satire, die erscheint, während die israelische Regierung in Gaza mutmaßlich einen Völkermord verübt. Aber als linke Zeitung muss man sich fragen, ob man diesen diskriminierenden Humor publizistisch verstärken will. Oder ob man es einfach lässt.

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Mitsuo Iwamoto
Redakteur
Studium mit Schwerpunkt Internationale Beziehungen in Oxford, danach Ausbildung an der Deutschen Journalistenschule in München. 2025 mit dem Zukunftsressort der wochentaz zu den "Top 30 bis 30" des "Medium Magazin" gewählt. Schreibt oft über soziale Bewegungen und Lösungsansätze in der Klimakrise.
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76 Kommentare

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  • Die beiden Artikel machen mir wieder einmal deutlich, wie wichtig ein Denkanstoß aus Satire ist. Allein der Beitrag von Hanno Homie war für mich sehr erhellend. Und für mich ist das auch ein Hinweis, dass die Mitarbeiter von Charlie Hebdo damals nicht umsonst ermordet wurden.

  • Ich halte den Satiretext als ein Ausdruck zunehmender Verzweiflung an den Zuständen in Gaza.



    Vielleicht hift da nur noch galliger Humor.

  • Meine Fresse, die Linke und Humor, vor allem humorvolle Selbstkritik - das wird nichts mehr.

  • Mich stört hier viel weniger der Inhalt, als die „Entschuldigung“ dafür, nämlich es sei „Satire“, welche eben alles darf. Vielleicht sollte man einfach mal sagen was es ist: Humor, der, etwas intellektueller verpackt, sich auf dem Niveau von Moneyboy und dessen wilder Twitterphase befindet. Nur das DER im Gegensatz zu dem hier besagten Journalisten eben wirklich lustig war…

  • „Satire kann zu weit gehen.“ Sie darf das sogar. Fritz Tietz tut es aber nicht. Er führt Leser*innen vor Augen, dass mittlerweile auch dramatisches Weltgeschehen von vielen Medien-„Konsument*innen“ als Entertainment und/oder Event „wahr“genommen werden. Im Spiegel, den Fritz Tietz uns vorhält, sind die Menschen einfach zu krass ausgeleuchtet. Das sieht nicht schön aus.

  • Die jüngeren taz-Mitarbeiter*innen scheinen wohl nicht sehr oft die Wahrheitsseite zu lesen... das ist eben der Nachteil, wenn man Print abschafft, da fällt sie wegen ihrer Platzierung immer sofort ins Auge.

    Jedenfalls habe ich da schon viel krassere Satiren gelesen. Diese hier ist nicht wahnsinnig gelungen, aber wurde in ihrer Zielrichtung selbst innerhalb der taz offensichtlich nicht richtig verstanden. Jassir und Annalena sind doch wohl eher an Arafat und Baerbock angelehnt. Und Arafat hat ja immerhin den Friedensnobelpreis bekommen, auch wenn das nichts heißen soll... aber da soll mMn jedenfalls kein "stereotyper antisemitischer Araber" impliziert werden.

  • Ich habe den Beitrag auf der Wahrheit-Seite erst jetzt gelesen. Ich persönlich empfinde ihn nicht als rassistisch - dafür teilt er nach meinem Gefühl doch in so ziemlich jede Richtung aus - aber als ziemlich geschmacklos. Trotzdem hielte ich ein Verbot für überzogen, weil: Satire darf das und wir müssen es aushalten.

    Erinnern wir uns an Charlie Hebdo. Nicht jede Karikatur dort ist geschmackvoll und trotzdem waren sich alle darin einig, dass es möglich sein muss, sie zu veröffentlichen.

    • @Klabauta:

      Ja, Charlie Hebdo, manchmal stalinistisch pur (einige Texte, nicht die Zeichnungen), war oft abgrundtief geschmacklos, aber eben auch messerscharf, wenn es ums Tranchieren geht. Hier fehlt beides, schöne Provinz.

  • Bei dem mit Wahrheit überschriebenen Format habe ich schon lange aufgehört zu lesen, weil ähnliche Grenzen immer wieder überschritten werden, ohne dass ein Ziel dieser Satire erkennbar wäre.



    Meist geht es nur um den billigen Gag, der sich hinter dem Begriff Satire versteckt, um nicht moralisch belangt werden zu können.

  • Solidarität und überhaupt Auseinandersetzung mit dem Leid der Bevölkerung, befeuert durch die Kapitalinteressen einzelner (Medien?) und begründet auf einer Suche nach "Nervenkitzel", stumpfem Antisemitismus und (unsinniger) ich-bezogener Ängste bei gleichzeitiger unkritischer Übernahme rassistischer Klischees.

    Ja, kann man natürlich so sehen und schreiben. Es gibt natürlich eine Stereotypen-Brille, durch die wir alle die Welt wahrnehmen und einen medialen Einfluss, der den Fokus unserer Aufmerksamkeit und letztlich somit auch unserer Solidarität lenkt.

    Warum dies aber nur für eine Seite gelten soll erschließt sich nicht. Naheliegenderweise trifft die Kritik auf beide Seiten zu. Das nun gerade eingewanderte Menschen aus dem arabischen Raum besonders empfänglich für solcherlei Rassismus sein sollen finde ich ebenfalls nicht logisch.

    Auch ich erkenne hier die "Vibes" eines Nuhr. Ein Humor, der es sich einfach macht und auf die zielt, die eine Situation verbesser möchten und dabei einer Welt begegnen, die jegliche Solidarität und jedes Mühen aus der Perspektive eines Zynikers lächerlich und egozentrisch wirken lässt.

  • "Um das voranzustellen: Ja, Satire darf vieles."



    Und schon nicht getroffen.



    Nein, Satire darf nicht vieles. Sie darf alles. Und das ist gut so.



    Damit ist nicht gesagt, dass das immer qualitativ gut ist, oder dass man dem keine Widerworte geben dürfe. Aber erst einmal darf sie alles.

  • Richtig und in dem Artikel wurde, frei nach Tucholsky, mit schweren Säbeln gekämpft, nicht mit einem Degen oder Florett. Es war irgendwie tief provinziel und dumpf.

  • Danke für die Richtigstellung.

    nachdem hier wieder einmal die Frage aufgeworfen werden muss: Was darf Satire?

    Kann man nach kurzem Überlegen dennoch nach wie vor antworten: Alles!

    Aber die Frage, die immer wieder dialektisch diskutiert und fundiert beantwortet werden muss, ist:



    Was ist Satire?

    Der hier kritisierte Beitrag war keine, da er die Ursünde beging, die ein Ausscheidungskriterium bildet:



    Der Beitrag trat nach unten - auf die Opfer in Gaza.



    Über das Ehepaar, das seine Kinder so zum Antisemitismus erzieht - Satire,



    Der Joblose, der hier einen Job als Geiselnehmer gefunden hat - Satire.



    Das Leid der Gaza-Opfer als Theater hinzustellen - keine Satire!!

    Ein Ratschlag (an alle Feuilletonisten, aber vor allem an Satiriker und die, die es werden wollen):



    Stellt Euch immer nach Anfertigung eines Beitrags die ehrliche Frage:



    Was würde Kurt Tucholsky dazu sagen?



    Was wäre, wenn Tucholsky mein Redakteur wäre?



    Fänd er den Artikel gut?

    Wenn man hier in Zweifel kommt - immer neu schreiben.

    Wie der alte Dessauer immer sagte:



    Wat jestrichen ist, kann nich durchfallen!

  • Satire darf alles! Sie darf weh tun und sollte vor allem auch denen wehtun, die sich im Recht wähnen oder selbstgerecht als Wächter „unser“ moralischen Werte präsentieren. Nur eins sollte Satire nicht sein: pädagogisch. Egal aus welcher Ecke sie kommt, nur wenn Satire provoziert, Anregung zum Nachdenken und Diskutieren ist, erfüllt sie ihren Zweck und ist mehr als Comedy.

    Eine gewisse Tradition linker Satire ist es, dass sie sich nicht über die Schwachen lustig macht und die Starken zum Objekt ihres Spotts machen und die Erniedrigung der Schwachen bloßstellt. Im besten Fall, legt linke Satire eine Spur in Richtung struktureller und systemischer Ursachen für Ungerechtigkeit. Satire ist und bleibt eine Kunstform; sie ist keine Anweisung für Politik oder praktisches Handeln.

    Als Jonathan Swift die irischen Kinder als Nahrungsquelle anpries, stellte er u.a. auch die ökonomische Zweckrationalität, die heute wieder nationalistische Migrationspolitik bestimmt, an den Pranger. Die Erinnerung an Völkerschauen sollte dazu anregen eigene, kategoriale Menschen- und Gesellschaftsbilder zu überdenken.

  • Also ich halte der taz seit über 25 Jahren die Treue, unter anderem wegen der Wahrheit und Beiträgen wie der Gaza-Park Satire, die mich köstlich amüsiert und viele dunkle Flecken der Pali-Soli Szene getroffen hat. Hoffe dass die moralinsauren politisch Korrekten, die Taz nie völlig übernehmen. Satire darf alles! Leute die nicht über sich selbst lachen können, sind mit Vorsicht zu genießen.

  • Dem werten Leser sei dieser Artikel empfohlen:



    Anti-Zionist Jews are fringe voices – it’s time we ignore them



    www.jpost.com/opinion/article-787566

  • Den importierten Antisemitismus kann man verneinen, weil nicht sein kann, was nicht sein darf. Oder man fragt mal einen Lehrer, was abgeht, wenn das Thema Israel und Judentum angesprochen wird.

    • @Otto Mohl:

      Was ist denn dann? Sie bekommen Aussagen zu hören, die nicht von Literaturwissenschaftler*innen diskurstheoretisch auf versteckte Motive und Metaphern abgeklopft wurden. Manches ist nur rau und derbe, geboren aus Empörung und Hilflosigkeit; manches ist ekelhaft und überschreitet die Grenzen dessen, was noch akzeptabel ist - und sei es gerade so. Aber - und DAS ist die Hauptkritik an der stehenden Rede vom importierten Antisemitismus - diese Teilmenge von Aussagen (noch dazu in einer für Profilierungen anfälligen Klassensituation) wird von Mitte/Rechts genutzt, um die noch empörenderen Aussagen an Schulen in Gegenden mit faschistischer Hegemonie unsichtbar zu machen. Warum sind die Aussagen in (mal zugespitzt in einer geographischen Metapher) Spremberg empörender als die in Nordneukölln? Weil in Spremberg niemand für sich beanspruchen kann, persönlich vom Nahostkonflikt betroffen zu sein und auch nicht vom antimuslimischen Rassismus, der selbigen oft als argumentativen Knüppel verwendet. Niemand sagt, dass Muslime in Deutschland keine Judenhasser*innen sein können. Es geht ums Differenzieren und ums richtige Einordnen - dann klappt's auch besser mit der demokratischen Gegenrede.

  • Eine böse Satire ganz gewiss, aber doch keine Boshaftigkeit ggü. Palästinenser*innen in Gaza, sondern die Überspitzung des Handelns von hiesigen Anti-Israel-Demonstrant*innen.



    Ja, das schmerzt, aber das muss es auch, sonst wirkt es nicht.

    Gut, das es noch "Die Wahrheit" gibt



    Zu den Reaktionen darauf hat die Redaktion auch einen Text veröffentlicht.

  • Die tatsächliche Schwäche des kritisierten Texts ist mangelnde Dynamik und eine Pointe. Dass der Internetmob Satire nicht versteht und aufs Nahostthema anspringt - geschenkt. Dass Satire rassistische Klischees und Stereotype enthält und überspitzt - erwartbar. Dass mit plattesten Aufregern die Aufmerksamkeit eingefangen wird - gähn. Es fehlt etwas an Schärfe, trotzdem seh ich die Reproduktion rechter Narrative nicht, vielmehr deren Zuspitzung.

    All das funktioniert aber nur weil die Realität eben zurzeit grausam ist, die hat die wirklichen Aufreger verdient. Also eher danke für den mässigen Text, dass er so vielen offenbar den Spiegel vorgehalten hat. Der Kommentar dazu geht eher am Thema vorbei. Es lohnt sich mehr über Rassisten aufzuregen, als über die, die sie persiflieren (wenn mensch sich denn aufregen will).

  • Der Artikel ist nicht rassistisch, Sie haben ihn missverstanden. Der Autor karikiert nicht das Leben im Gaza, um sich darüber lustig zu machen, wie Sie behaupten. Er nimmt ein Anti- Disneyland als Allegorie, um zu beschreiben, was ein bestimmter Teil der westlichen Palästina-Szene aus dem NO-Konflikt macht- eine globale Marke mit gemeinsamkeits- und identitätsstiftenden Eventcharakter. Dabei wird die Realität der Palästinenser eher zweitrangig.

    Es geht um das Paradox, dass der anti-imperialistische Befreiungskampf der Verwertungslogik des Konsums folgt. Die Marke Coca Cola, die früher mit dem Slogan “Freiheit” den amerikanischen Lebensstil global verkauft hat, ist out. Die neue Anti-Cola ist die Wassermelonen-Limo. Befreiungskampf ist der neue Slogan. Die neuen Trend-Marken sind die Gaza Flagge/ die Keffiyeh.

    Während wir im Westen in den rechtsextremen Faschismus rutschen und Flüchtlinge mittlerweile unbeachtet im Mittelmeer ertrinken, wird der Befreiungskampf zwar als Event simuliert und fetischisiert aber er findet irgendwie nicht statt. Ich denke diese vielen surrealen Widersprüche unserer Zeit wollte der Autor mit der Satire ausdrücken.

  • Die Satire ist ganz schön bissig und übertreibt maßlos. Beim Lesen mußte ich teilweise schon heftig schlucken. Manchmal dachte ich aber auch: da ist schon mehr als ein Körnchen Wahrheit dran. Und vielleicht ist es gerade so eine Satire, die mir manches noch einmal krass bewusst gemacht hat.

    Ich fand diese Satire lesenswert, sie hat mich aus meiner bequemen Denkhaltung herausgerissen und mich zum Nachdenken gebracht. Danke, dass die TAZ den Mut hatte, diese Satire zu veröffentlichen.

  • Ich habe mal gelernt, dass Satire alles darf, selbst wenn ich es ekelhaft und widerlich finde. So finde ich z. B. das Werk des Jan B. aus dem ZDF richtig schei..., aber ich habe das zu ertragen. Der Begriff "Toleranz" stammt vom lateinischen "tolerare", was "ertragen" oder "erdulden" bedeutet.



    Daher irritiert es mich, dass offenbar gefordert wird, dass Satire doch nur das dürfen soll, was der durchschnittliche Taz-Leser lesen möchte.

  • Ich hab Chat-GPT gefragt. Chat-GPT schreibt über "Mit Gänsehaut auf die Geiselbahn":

    "Der Text zielt nicht darauf ab, Gaza oder die Palästinenser zu verspotten, sondern kritisiert vielmehr die Art und Weise, wie ihre Realität von einigen im Westen zum Spektakel gemacht wird."

    Ich würde es tatsächlich noch ein bisschen schärfer formulieren:

    "Der Satire-Text kritisiert, wie schmerzhafte Realität von einigen zu einem Spektakel voller (rassistischer) Stereotype gemacht wird."

    Der Taz-Autor macht in dem Kommentar oben letztlich exakt das, was die Wahrheits-Satire kritisiert. Er scheint nicht verstanden zu haben, dass der "Gänsehaut"-Text auch ihm einen Spiegel vorhält.

    Ich empfinde das tatsächlich als bitter, dass wir an einem Punkt angekommen sind, wo K.I. die Aussagen von Satire anscheinend besser versteht, als viele meiner Mitmenschen. Wie sind wir dort hingekommen?

    • @Hanno Homie:

      Spannend, dass hier ein KI-Zitat zur Verteidigung herangezogen wird – mir selbst hat ChatGPT auf Nachfrage etwas völlig anderes gesagt: dass dieser Text menschenverachtend ist und sogar eine Beschwerde beim Presserat sinnvoll wäre. Das zeigt, wie beliebig solche KI-Schnipsel ohne Kontext instrumentalisiert werden können.

    • @Hanno Homie:

      Unheimlich. Ich finde es aber eher positiv und löblich, dass der Journalist seine Gedanken offensichtlich ohne KI verfasst hat. Ich will keine Artikel in der Zeitung lesen wo KI das Denken übernommen hat.

      Immerhin hat die Meinung des Autors bewirkt, dass man über die Metaphern in der Satire nachdenken muss und ob der Vorwurf zutrifft, den der Autor hier macht.

      Ich hoffe natürlich weiterhin, dass niemand KI benutzt beim Schreiben obwohl man riskiert, dass Fehler gemacht werden und die Artikel nicht immer optimal sind und es kritische Kommentare hagelt.

    • @Hanno Homie:

      Die „KI“ „versteht“ nichts. Die „KI“ (deren tatsächliche technische Bezeichnung „LLM“ - „Large Language Module“ ist) aggregiert auf sehr undurchsichtige Weise das, was Menschen im Internet geschrieben haben und gibt das in einer Form aus, von der es entsprechend antrainierter Wahrscheinlichkeitsrechnung „denkt“, dass das das Interesse der Fragestellung war.

    • @Hanno Homie:

      Das hat mich jetzt auch in Erstaunen versetzt - vielen Dank für Ihren Hinweis! Zwar gehöre ich auch eher zu den KI-Skeptikern, aber Ihr Beispiel zeigt für mich eindrucksvoll, wie sinnvoll es sein kann, sich ohne persönliche Ressentiments und Gefühle mit einem Sachverhalt auseinander zu setzen.

      • @Tian:

        Ohne persönliche Ressentiments und Gefühle mit einem Sachverhalt auseinandersetzen... das wird nix, schon gar nicht im Internet.

        • @aujau:

          Mit Hilfe von KI scheint's ja - ansatzweise - zu gehen, wie Hanno Homie gezeigt hat. Die hat keine Ressentiments und Gefühle, nur vorgegebene Algorithmen.

  • Ein Text, der mich in der Entscheidung bestätigt, mein Abo vor einigen Jahren gekündigt zu haben. Das „Statement“ der Redaktion ist auch einfach lächerlich. Die Wahrheit sowieso zumeist eine Ansammlung von Texten, die die eigene Überlegenheit zur Schau stellen. Ob nun der Autor*innen — wie in diesem Fall — oder des linksliberal-bürgerlichen Milieus.

    Wie war das nochmal mit Marx und alle Verhältnisse umwerfen, in denen der Mensch ein verächtlichtes, unterdrücktes usw. usf? Herrschaftskritik selbst dann, wenn man diese selbst ausübt?

    Erinnerungen werden wach an bessere Zeiten, werden wach an Hengamehs Kolumne. Polarisierende Herrschaftskritik. Rollenumkehr in gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit.

    Vielleicht findet ja heute eine*r noch Zähne in der Redaktionsstube. Eine Polemik über linksliberale Redaktionen, die — über jetzt Jahre — Israels Handeln im ersten Halbsatz zart bekritteln, um immer schon im nächsten dann verständnisvoll dessen Alternativlosigkeit zu beteuern? Oder zu linksliberale Haltungen, deren Treibstoff allzu oft moralische Distinktion allein zu sein scheint. Edle, ‚klassenlose‘ Feuilletonist*innen hätten damit auch mal wieder einen Grund, Bourdieu zu zitieren.

  • Ich möchte dem Autor widersprechen. Ich glaube, man kann den Wahrheitstext auch genau so lesen, dass er rassistische Stereotype kritisiert. Es gibt deutliche Hinweise in dem Text, dass man ihn so lesen darf.

    Gerade mit dem Wissen um "Völkerschauen", die der obige Kommentar anspricht, kann man das erst recht so lesen.

    Was, wenn der Text genau das ist: Eine völlig überdrehte, ins absurde gezogene Völkerschau? Dann würde er nicht den Rassismus der Palästinenser oder Araber skizzieren, sondern die rassistischen Stereotype (à la "So sind sie, die Araber!") welche über diese Gruppen im Umlauf sind.

    Es gibt Hinweise in dem Text, dass er so gemeint sein könnte: Die Figur des Investors, die diesen und andere Parks hierzulande einrichtet, ist genau so ein (eigentlich sehr deutlicher) Hinweis.

    Wenn das so wäre, dann würde der Wahrheits-Text genau das machen, was gute Satire macht: Der Gesellschaft boshaft den Rassismus als Spiegel vorhalten.

    Es kann gut sein, dass das eigentliche Problem des Textes in der Rezeption liegt: Wir leben in einer Zeit in der wir es gewohnt sind, nur noch auf Oberflächen mit 1-Satz-Aussagen rumzuwischen. Boshaft funkelnde Vielschichtigkeit ist aber komplex.

  • Ich habe den Geiselbahn-Text gerade gelesen. Er hat mir nicht gefallen, ein wenig zu sehr Nuhr (= nach unten treten). Es geht meiner Wahrnehmung nach vor allem darum, als solche verstandene Scheinheiligkeiten palästinasolidarischer Menschen aufzuzeigen (Marlene E. aus Wien vorneweg). Kann man mal machen, denn natürlich gibt es die, wenn man genauer hinschaut. Wer ist schon komplett konsequent in Handeln, Fühlen und Denken? Die redaktionelle Einordnung und der vorliegende Text bilden zusammen doch eine schöne Lösung. Im Übrigen finde ich die Argumentation im Text von Herrn Iwamoto keineswegs vollständig überzeugend: so richtig der Verweis auf die strukturellen Ähnlichkeiten zur Propaganda Israels ist, so wenig überzeugend ist die Einordnung in die Geschichte der Völkerschauen (man wundert sich, dass die Minstrel Shows unerwähnt bleiben). Die Freetime Adventure GmbH ( = fiktiver Betreiber) scheint doch eher als Kritik am Profitstreben ohne ethische Leitplanken und der auf leichten Konsum ausgerichteten Darstellung von Weltkrisen lesbar.



    Am Ende kann ich die Empörung über den Geiselbahn-Text verstehen, denke aber, wir müssen es aushalten.

  • Herr Iwamoto,



    da Sie dem Autor unterstellen, einen "völlig misslungenen" Text fabriziert zu haben, ist festzuhalten, dass Ihre Entgegnung völlig am Text, den Sie kritisieren, vorbeigeht. Die Satire behandelt nicht, was in Gaza passiert, sondern was in Lüneburg daraus gemacht wird: eine mediales, voyeuristisches Spektakel des genüßlichen Schauderns aus der Ferne. Erstaunlich, dass Sie das nicht verstehen, da der Gaza-Erlebnispark exakt den Menschenausstellungen, die Sie selbst erwähnen, nachgebildet ist. Es geht um die Zur-Schau-Stellung des Leidens, nicht um die Realität vor Ort. Dass Sie sich um den Nachweis bemühen, dass in Gaza wirklich gehungert und gemordet wird, zeigt, dass Sie den Unterschied nicht sehen oder nicht verstanden haben. Und dass Sie kritisieren, die Satire erscheine, während mutmaßlich ein Völkermord geschehe, zeigt, dass Sie nicht sehen, dass die Satire aufspießt, WIE mit Völkermord umgegangen wird. Dass Sie Rassismus unterstellen, die Kinder von Jassir und Annalena aber als "arabische" bezeichnen, ist selbst Ausdruck einer problematischen Zuschreibung. Dass die Satire rechte Narrative und Gewaltfantasien bediene, ist lediglich eine Assoziation ohne Textbeleg.

  • Die Satire ist nicht mein Humor, ich empfinde sie als geschmacklos.

    Vielleicht verstehe ich sie nicht, gut möglich.

    Die Kritik hier verstehe ich aber auch nicht

    Jede Pauschalreise mit Folkloreprogramm hat mehr Menschenzoo als eine Schießbudenfigur.

    Die fiktiven Kinder haben anscheinend einen arabischen Vater und eine deutsche Mutter.

    Als jemand ohne den passenden Humor hätte ich vermutet, hier sollen sich deutscher und arabischer Antisemitismus treffen.

    Weshalb der Autor sich nur auf den Vater bezieht und die Mutter weglässt, erschloss sich mir nicht.

    Mit Klischees und Narrativen zu arbeiten, gehört zum Kern von Satire.

    Ihr das vorzuwerfen, wirkt seltsam.

    Darüber hinaus zählt der Autor mehrere Punkte auf, die ich als ironisch gemeint verstehe, er aber Ironie darin so gar nicht verstehe.

    Insgesamt wirkt der Artikel auf mich, als wolle der Autor seine Kritik unbedingt in ein antikoloniales Korsett pressen, was halt nicht passte.

    Wozu?

    Aber ich habe schon die Satire nicht begriffen...

  • Auf eins ist wirklich Verlass: die Linken zerlegen sich zuverlässig gegenseitig. Das ist der einzige Grund, warum Rechts gewinnt. Nicht, weil deren Ideen besser sind, sondern, weil sie sich nicht (zumindest in breiter Öffentlichkeit) wegen jeder Meinungsverschiedenheit öffentlich gegenseitig angreifen und so dem Gegner Argumente liefern…

    • @Heideblüte:

      Was sie als Schwäche deuten, ist die Grundlage von Demokratie. Reflexion und Diskurs.

  • Erstens gibt es nichts dümmeres, als den Satz "Satire darf alles" wörtlich zu nehmen. Satire darf sehr viel nicht. Zum Glück.



    Zweitens hört Satire sowieso auf, wo Rassismus anfängt.



    Der besprochene Artikel war rassistisch von A bis Z und die Kennzeichnung als Satire empfinde ich dabei leidiglich als Feigenblatt.



    Wie immer reicht eigentlich aus, sich zu fragen, was passiert wäre, wenn im ähnlichen Geist über jüdische Menschen geschrieben worden wäre.

  • So viel zu was darf Satire:



    Dieter Nuhr in seiner letzten Ausgabe:



    "Auch bei uns hat die Ermordung von Charlie Kirk unter den Linken in erster Linie Heiterkeit ausgelöst, weil Kirk ja als rechts galt...und wenn so einer erschossen wird, das ist für Linke dann ein Grund für klammheimliche Freude. Da unterscheidet man sich nicht vom gemeinen Nazi.....



    Die Annerkennung Palestinas soll eine bedingungslose Schenkung sein für das Massaker am 7 Oktober.



    Wenn der Adolf noch leben sollte, der käme aus dem Lachen gar nicht mehr raus. Der Krieg ist für die Hamas ein Megaerfolg.



    Der Unterschied zu Nazideutschland ist, Judenvernichtung gilt heute als links. Bei derAntifa herrscht Stimmung wie früher, beider Waffen SS."



    Für mich war dieser Auftritt von Nuhr das oberpeinlichste was ich jeh gesehen und gehört habe.

    • @Andreas Flaig:

      Platt und peinlich, aber man darf es.



      Es ist doch nicht so kompliziert.

    • @Andreas Flaig:

      So wenig ich Nuhr als Satiriker ernst nehmen kann, mit dem ersten von Ihnen zitierten Absatz trifft er leider doch exakt. Extremisten sind Extremisten, ob diese von links oder von rechts kommen, sollte egal sein.



      Die von rechts sind nur aktuell deutlich gefährlicher, da näher an der Umsetzung ihrer Ideologie. Das sollte einem aber nicht Grund sein, die linksextremisten auch noch zu stärken, bis wieder beide Seiten im Parlament vertreten sind.

      • @Herma Huhn:

        Linke sind generell Extremisten? In dem Absatz den sie als treffend bezeichnen spricht Nuhr verallgemeinernd von Linken.

    • @Andreas Flaig:

      Vergleiche mit der Nazizeit sind der beste Weg, sich zu verheben, viele Beispiele vorhanden. Aber da werden wohl noch einige peinliche Statements verschiedener Personen zu erwarten sein.

    • @Andreas Flaig:

      Ich finde nachvollziehbar sich für Nuhr nuhr zu schämen, im Sinne von Cringe und fremdschämen. Aber wahrscheinlich identifiziert man sich dann zu sehr mit ihm als Vertreter des deutschen Sprachraums. Und am Ende identifiziert man sich wohl zu sehr mit der deutschsprachigen Kultur und Literatur.



      Es gibt ja kein Menschenrecht auf Identität mit der Nation oder auch nur auf Identität mit sich selbst.



      Immerhin bekennt Nuhr sich in dem Zitat gegen Nazis und gegen Antisemitismus.



      Das ist doch eine Basis für mehr, im Kampf um die Demokratie.



      Und er übt Kritik den Methoden der Waffen-SS, allerdings unterstellt er dabei es seien die Methoden der Antifa, welche wiederum für ihn ein monolithischer (schwarzer) Block zu sein scheint. Das ist schade, denn auch er gehört nach seinen obigen Bekenntnissen zur Antifa! Antifa ist bunt!

  • Ich denke an "Charlie Hebdo", die auch "ungezogene" Scherze machten und den höchsten Preis, den ein Mensch entrichten kann, dafür bezahlten.

    Mit schlechtem Geschmack Dritter, egal in welcher Hinsicht, sollten Menschen lernen umzugehen.

  • Mal ehrlich, Satire ist eine bewusst stark überzogene, schmerzhafte, ja, Satire, der Wirklichkeit. Das genau ist dieser Text. Wer dem Autor Rassismus unterstellt, hat Satire nicht verstanden. Auch darf Satire geschmacklos sein, denn die Realität, die sie aufs Korn niimmt, ist nicht minder geschmacklos. Sie ist eine Kritik dieser Realität.



    Eine satirische Darstellung des Nationalsozialismus beinhaltet natürlich eine Überzogene Darstellung eines Hitler oder Göbbels. So darf eine satirische Darstellung der Situation in Gaza, auch als ein Erlebnispark dargestellt werden. Zumal aus diesem Land wenig mehr kommt, als ein mahnender Zeigefinger, um das unaussprechliche Elend dort, zu beenden.



    Von daher, volle ustimmung zu dieser Satire.



    Und auch volle Zustimmung zu dem Recht, sie nicht zu mögen.

  • Also ich finde die Satire auch misslungen aber eher weil die Idee eines Vergnügens angewendet auf etwas sehr Leidvolles aus meiner persönlichen Sicht noch nie funktioniert hat.



    Mir kam da sofort die Aiwangersche Flugblattaffäre (ein Preisausschreiben) in den Sinn.



    Bei beiden Texten war das am Ende nicht mehr lustig, obschon wohl so gedacht.

    Das die Satire fragwürdig ist, hätte man in der taz sicher vorher merken können.

    Wie man so einen Konflikt allerdings ohne schlechte z. B. koloniale Klischees satirisch verarbeiten will, sollte mir der Autor mal erklären.



    Die Brücke zu den Menschenschauen erschließt sich mir nicht. Im Gaza-Park werden keine Araber ausgebeutet.

    Wohl aber wird eine ähnliche Zielgruppe angesprochen.



    Vielleicht war das sogar gewollt?



    Mir kommt da der aktuelle Fall aus Hannover in den Sinn, wo ein Vater geklagt hatte, weil queere Ampelmännchen seine homofeindliche Erziehung unterlaufen würden. Puhhh..

    Ich plädiere eher für "in dubio pro leo", aber in Zeiten des Internets gilt das ja nicht mehr.

    Vielleicht dient der Kommentar ja auch nur zur notwendigen Shitstormabwehr. Who knows. Auch unschön.

  • Falsch ist, daß Satire zu weit gehen kann. Richtig ist, daß nicht jeder Satire versteht oder verstehen muß.

  • Die taz hat einen derart rassistischen Text veröffentlicht, den sich selbst die Springer-Presse nicht getraut hätte.

    Es ist unverzeilich und eine Gegenmeinung zu veröffentlichen macht es auch nicht besser. Ich werde das nie vergessen.

    • @Schöneberg:

      Dann sollten Sie sich vielleicht mit den Grundlagen der Kunst- und Meinungsfreiheit auseinandersetzen. Satire mag schwer erträglich sein, wenn sie den eigenen Überzeugungen diametral widerspricht. Aber das müssen Sie in einer Demokratie ertragen.

    • @Schöneberg:

      Also, ich mochte den Text auch nicht, aber man kann den auch genau anders herum sehen: Gerade mit dem Wissen um die "Völkerschauen", kann man den Text auch so lesen, dass er uns unseren eigenen Rassismus vorspiegelt:

      Was, wenn nämlich das komplette in dem Text imaginierte Szenario genau so eine "Völkerschau" wäre, welche die sich im Umlauf befindlichen Klischees à la "Ja so sind sie, die Araber!" überdreht und damit durch den Kakao zieht?

      Wenn das die Intention des Wahrheits-Autors war, ist der aufgeklärter als der oben stehende Taz-Autor.

      Gute Satire tut eigentlich genau das: Dem Leser einen Spiegel vorhalten und billige Gewissheiten auflösen.

  • Naja, als linke Zeitung muss man sich auch noch ein paar andere Dinge fragen. Beispielsweise, dass eine extreme Verbreitung des Antisemitismus in arabischen Kulturkreisen eben nicht abzustreiten ist - genausowenig wie der immer noch verankerte Antisemitismus in westlichen und christlichen Kulturen.

    Es ist die Frage, wie man damit hier umgehen und verhindern will, dass sich da zwei antisemitische Traditionen munter zu etwas sehr Gruseligem vereinen...

    • @Heike 1975:

      Ja, ich habe die Familie Yassir & Annalena aus Hamburg als Metapher dafür verstanden, dass sich das bunte linke Ideal der multikulti Völkerverständigung in der "Soli Szene" auf den 2. Blick teilweise als unheilige Allianz aus historischem europäischem und arabischem Antisemitismus entpuppt.

      Die Dinge, die der Autor kritisiert, gibt es in den Medien wirklich oft, aber bei dem Satire Text trifft sie nicht zu mMn.

  • Ich möchte nicht wissen, wie viele Leser die Satire für bare Münze genommen haben.

  • Herr Iwamoto, vielen Dank für diese Gedanken.

    Sie haben nur bei Ihrer Frage am Ende die offensichtliche - aber offensichtich unangenehme - dritte Option ausgelassen: Dass man sich als Zeitung mit dem Anspruch links zu sein fragt, ob man denn überhaupt noch eine linke Zeitung ist.



    Mich persönlich hat die besprochene Ausgabe der "Wahrheit" nicht überrascht: So ist die taz halt.

    • @B. Iotox:

      Man kann den besprochenen Wahrheitstext auch genau anders herum interpretieren, gerade mit dem Wissen um "Völkerschauen", die der obige Kommentar anspricht.

      Was, wenn der Text genau das ist: Eine überdrehte, ins absurde gezogene Völkerschau? Dann würde er nicht den Rassismus der Palästinenser oder Araber skizzieren, sondern die rassistischen Stereotype (à la "So sind sie, die Araber!") welche über diese Gruppen hier bei uns im Umlauf sind.

      Es gibt Hinweise in dem Text, dass er so gemeint sein könnte: Die Figur des Investors, die diesen und andere Parks hierzulande einrichtet, ist genau so ein (eigentlich sehr deutlicher) Hinweis.

      Es kann gut sein, dass das eigentliche Problem des Textes in der Rezeption liegt: Wir leben in einer Zeit in der wir es gewohnt sind nur noch auf Kacheln mit 1-Satz-Aussagen rum zu wischen.

      • @Hanno Homie:

        Mehrere Ebenen des Textes, so sehe ich das auch. Der Jassir und die Annalena sind ja stereotype Personen aus der Gedankenwelt der kritikunempfindlichen Schicht, die diese Kritik auch hier in den Kommentaren nicht mal wahrnimmt.

  • Danke!

  • Political Correctness kann auch zu weit gehen. Was passiert wenn linksidentitäre Zensurversuche rechts gewendet werden sieht man gerade in den USA.

    Der Autor des kritisierten Textes wird sich der Existenz von Menschenzoos wie Hagenbeck anno 1900 wohl gerade bewusst gewesen sein, als er seine Satire schrieb. Und man muss mit Linken wie Zizek immer wieder betonen, dass wer eine grausame Wahrheit nicht in einer satirischen Fiktion ertragen kann, wohl mit der Realität überhaupt niemals klarkommen wird. Jonathan Swift lässt grüßen.

  • Schön, dass ihr euch dem Thema stellt. Ich habe den Artikel nur überflogen, weil platt...



    Ansonsten - Satire darf ALLES

    • @Willi Müller alias Jupp Schmitz:

      Klar, Satire darf alles... aber muss sie es denn wirklich unbedingt? Diese hohle Binse wird nicht umsonst vor allem von Rechten benutzt, weil es ihnen am meisten nützt, den Diskurs zu erodieren. Das muss man keineswegs mitmachen finde ich. Wenn man immerzu Grenzen überschreit, befindet man sich evtl. irgendwann auf der anderen Seite.

      • @Systemknecht:

        Seit wann ist Satire denn rechts?

        Der Vergleich hinkt so extrem.. So als würden Köche zu Mördern, da beide Messer benutzen.

        • @Tankens inerti:

          Herr Nuhr und Frau Eckhart werden als SatirikerIn geführt. Auch noch schlimmere Leute bezeichnen sich als solche bzw. reden sich damit heraus. Das "True Scotsmen" Argument lehne ich prinzipiell ab und nehme erstmal alle beim Wort.

    • @Willi Müller alias Jupp Schmitz:

      Das ist so offensichtlicher Unsinn...

  • Also ich habe mir den Text gerade durchgelesen. Ein extrem bissiger Text, der dem gemeinen Mitteleuropäer auf satirische Art seinen Umgang mit den Krisen dieser Welt vor Augen führt. Darunter seine rassistischen Klischees und den Nervenkitzel, den viele verspüren, wenn sie Grausamkeit sehen. Und genau das soll Satire tun.

    Vielleicht ist einigen Lesern entgangen, dass es diesen Park nicht wirklich gibt und der Autor ihn auch nicht gründen will.

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      Der Text führt die rassistischen Klischees dummerweise nicht vor, sondern nimmt sie als die Wahrheit an um mit ihrer Hilfe andere vorzuführen. Kritik an den rassistischen Klischees ist der Text gerade nicht.

      • @pumble:

        Diese Interpretation kann ich nicht nachvollziehen.



        Klingt für mich als sucht jemand angestrengt nach Rassismus, wo Rassismus angeprangert wird.

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      Zustimmung.

  • Wertet die taz eigentlich aus, wie oft die "Wahrheit"-Artikel überhaupt gelesen werden? Also wirklich gelesen, nicht nur aufgrund der Überschrift angeklickt, bis die (quasi unfreiwillig) Lesenden merken, dass es sich um einen Satire-Text handelt und das Fenster dann flugs wieder geschlossen wird? Mir persönlich geht es jedenfalls hin und wieder so.



    Auch wenn Satire irgendwie zur DNA der bildungsbürgerlichen Linken in 'Schland zählen mag - ich brauche sie nicht auf einer Seite für Nachrichten und gesellschaftspolitische Debatten.

    Was düsteren Humor angeht bin ich auch nicht zu zart besaitet, aber als ich den betreffenden Beitrag jetzt eben gelesen habe, dachte ich mir auch nur "ei der Daus... über wen sagt dieser Text nun mehr Erschreckendes aus? Über das Objekt der Satire oder über den Autoren?"

    • @Kawabunga:

      Als altes Wahrheitclub-Mitglied muss ich energisch widersprechen: Die Wahrheit (früher auf Seite 20) gehört zur taz, die jungen Leute U40 müssen sich da halt noch dran gewöhnen;)

    • @Kawabunga:

      Die Frage ist nur: Was ist das Objekt der Satire in diesem Text? Araber und Palästinenser? Ich glaube kaum...

      • @Hanno Homie:

        Diese Frage stellt man sich bei der Wahrleit leider recht häufig, ohne sie beantworten zu können.



        Manchmal sollte sich ein Satiriker auch einmal eingestehen, dass es besser ist die Seite leer zu lassen, als auf Teufel komm raus etwas zu produzieren, dass sein Ziel nicht mehr anvisiert.

  • Danke für diesen Artikel. Ich kann bis heute nicht fassen, dass die TAZ den Artikel „Mit Gänsehaut auf die Geiselbahn“ veröffentlicht hat. Etwas derartig ekelhaftes hätte ich nicht mal in der Bild erwartet. Nach diesen Artikel hatten wir lange überlegt, ob wir die TAZ kündigen sollten. Ich hoffe es bleibt bei diesem Einzelfall. Eine Entschuldigung gegenüber allen, die durch den Besagten Text beleidigt wurden, wäre angemessen.

    • @Henne Solo:

      Die B**D ist nicht satirefähig, die taz schon, den sie hat "Die Wahrheit". Nicht kündigen!

    • @Henne Solo:

      Wer ist denn eigentlich das Ziel der Satire in diesem Wahrheits-Text? Die Palästinenser? Offensichtlich nicht!

      Oder ist der Text nicht vielmehr eine Kritik am öffentlichen Diskurs in Deutschland, der es sich in diesen Klischees (die in dem Wahrheitstext angesprochen werden) schön einrichtet und z.T. (wie die BILD) daraus Gewinn schlägt?

      Die Figur des Heide-Park-Investors ist doch mehr als ein deutlicher Hinweis, oder?

      Und wenn das die eigentliche Zielrichtung ist, was an dem Artikel ist dann ekelhaft?

    • @Henne Solo:

      "Eine Entschuldigung gegenüber allen, die durch den Besagten Text beleidigt wurden, wäre angemessen."



      Das ist ja gerade der springende Punkt: Wer wurde denn durch die Satire beleidigt? Ich denke, der Text zielt auf die bildungsbürgerlichen Zuschauer:innen, die sich aus der Ferne am Leid anderer ergötzen oder es entsetzt oder kommentierend verfolgen. Er führt in diesem Sinne das mediale Spektakel des Leids vor. Ich glaube nicht, dass sich viele Leser:innen freiwillig dieser Gruppe zuordnen und jetzt vom Autor eine Entschuldigung erwarten (denn: "so voyeuristisch sind wir doch gar nicht").



      Die Behauptung oben (von M. Iwamoto) und die Unterstellung hier (von H. Solo), es handele sich um einen rassistischen Text, verwechselt die Adressaten. Zielscheibe der Satire sind weder Israelis noch Palästinenser, sondern ein Spektakel bei Lüneburg, also nicht das, was in Nahost passiert, sondern das, was hier daraus gemacht wird. Aus dem Namen einer Person, die mit einer Annalena verheiratet ist und Kinder hat, abzuleiten, dass diese "arabische" seien, ist mindestens ebenso plump rassistisch, wie der rassistische Vorwurf an die Satire.