Riexinger über Äußerung zu Reichen: „Das darf nicht nochmal passieren“
Reiche erschießen? Linken-Chef Bernd Riexinger findet die Äußerung im Nachhinein inakzeptabel. Er sieht aber keinen Grund zurückzutreten.
taz: Herr Riexinger, die von Ihnen nur halbherzig zurückgewiesene Äußerung einer Parteikollegin zur Erschießung von Reichen hat maximale Aufregung verursacht. Treten Sie nun zurück?
Bernd Riexinger: Ich hätte sofort klar sagen müssen, dass die Linke die Gesellschaft friedlich und auf demokratischem Wege verändern will. Aber wer mich kennt, weiß, dass meine ganze Lebensgeschichte und mein politischer Kompass da völlig klar sind. Ich war immer ein leidenschaftlicher Kämpfer für Menschen- und Persönlichkeitsrechte. Daher gibt es auch keinen Grund, zurückzutreten.
Der neu gewählte Thüringer Ministerpräsident Bodo Ramelow hat Sie scharf kritisiert. So eine Aussage hätte nie lächelnd übergangen werden dürfen. War das ein Foul für Ramelow?
Wir haben in Kassel auf dem Podium darüber diskutiert, dass Reiche einen größeren ökologischen Fußabdruck haben und große Konzerne in hohem Maße für CO2-Emissionen verantwortlich sind. Die Teilnehmerin wollte zum Ausdruck bringen, dass die Herausforderungen der Energiewende nicht auf die reichsten 1 Prozent der Bevölkerung reduziert werden dürfen. Ihre Worte dazu waren allerdings inakzeptabel. Dafür hat sie sich entschuldigt. Ich habe nicht angemessen reagiert. Dafür entschuldige ich mich.
Welche Konsequenzen ziehen Sie daraus?
Jahrgang 1955, ist gelernter Bankkaufmann und arbeitete viele Jahre als Gewerkschaftssekretär bei Verdi. 2012 wurde der gebürtige Schwabe zusammen mit Katja Kipping zum Vorsitzenden der Linkspartei gewählt. Seit 2017 gehört er dem Bundestag an.
So etwas darf nicht noch einmal passieren.
Falls Ramelow die Wahl verloren hätte: Wären Sie schuld gewesen?
Da alle Fraktionen schon vorher erklärt haben, wie sie abstimmen werden, sehe ich nicht, wie das hätte Einfluss haben können.
CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak wertet das Ganze als erneuten Beleg, warum es keine Zusammenarbeit mit der Linken geben könne.
Das ist ein billiges und plumpes Manöver der CDU, die gerade ihre Identität in Abgrenzung zur Linken sucht, unterstützt durch eine Kampagne der Springer-Presse. Die Linke hat ein klares Verhältnis zu Demokratie und Menschenrechten. Wir haben auch immer den Arbeitszwang gerade bei den unmenschlichen Hartz-IV-Sanktionen abgelehnt – im Unterschied zur CDU. Dass Gewaltfreiheit Grundlage und Konstitution unserer Politik ist, haben wir nun wirklich lange bewiesen.
Tatsächlich? Man hat manchmal das Gefühl, dass mit zweierlei Maß gemessen wird und Gewalt von links, etwa auf Demos, ganz okay ist.
Ich lehne Gewalt als politisches Mittel ab. Wir wollen die Gesellschaft auf demokratischem Weg verändern. Wir werben dafür, dass unsere Positionen Mehrheiten finden. Und das ist auch unsere gesellschaftliche und politische Praxis.
Wird es nach diesen Äußerungen, aber auch nach der jüngsten Anzeige gegen die Bundesregierung, nicht schwieriger für die Linkspartei, Mehrheiten zu finden? Ihre potenziellen Partner SPD und Grüne schütteln doch zu Recht den Kopf.
Ich glaube nicht, dass es schwieriger wird. Jeder weiß, wofür die Linke steht. Dass eine solche Gelegenheit genutzt wird, links und rechts erneut gleichzusetzen, ist falsch. Es ändert aber nichts am Charakter unserer Politik. Von mir finden Sie keine Aussage, wie etwa von Herrn Seehofer, der sagte, man werde sich bis zur letzten Patrone gegen Zuwanderung in unsere Sozialsysteme wehren.
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