Ramadan und die Deutschen: Sie blicken's einfach nicht

Jedes Jahr wieder stellen mir meine deutschen Freunde schräge Fragen zum Ramadan. Ich habe es aufgegeben, sie aufklären zu wollen.

Speisen stehen während des Fastenmonats Ramadan beim Mahl am Abend auf einem Tisch.

Nach Sonnenuntergang darf reingehauen werden: Mahlzeit während des Ramadans in Hamburg Foto: dpa | Eman Helal

Liebe Leser, am Freitag ist der Ramadan zu Ende und ich bin es leider auch. Aber nicht vor Hunger wegen des Fastens, sondern mit den Nerven vor lauter Ärger! Jedes Jahr kriege ich erst die Krise, dann den ultimativen Ramadan-Überdruss!

Eigentlich ist der Sinn von Ramadan ja, dass man einen Monat lang jeden Tag fastet, seinen Körper reinigt und dadurch endlich mal zur Besinnung kommt und an die vielen hungernden Menschen denkt, denen es nicht so gut geht wie unsereinem!

Bei mir bewirkt der Ramadan aber zusätzlich, dass mir auf schmerzliche Weise bewusst wird, dass aus mir niemals weder ein halbwegs guter Vermittler noch ein halbwegs brauchbarer Zeitungskommentator werden kann.

Die Menschen hierzulande verstehen mich nämlich nicht. Besonders jene Menschen nicht, die der deutschen Leitkultur-Gesellschaft angehören. Die Deutschen bringen mich nämlich jedes Jahr pünktlich zum Ramadan zur Raserei! Seit 40 Jahren erkläre ich es allen meinen teutonischen Nachbarn und Bekannten aus unserer Straße und allen meinen Kumpels in Halle 4 mit Engelsgeduld, was Ramadan ist. Und dass man lediglich von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang nichts essen und trinken darf. Danach aber reinhauen kann. Trotzdem werden mir regelmäßig jedes Jahr in der Fastenzeit die gleichen skurrilsten Fragen gestellt:

„Osman, stimmt es, dass die Moslems 24 Stunden lang nichts essen und trinken dürfen?“

„Osman, wie haltet ihr es denn 30 Tage lang ohne Nahrung aus? Ich würde auf der Stelle krepieren!“

„Im Ramadan dürfen die Moslems doch überhaupt kein Schweinefleisch essen, nicht wahr?“

„Während des Fastens ist Alkoholtrinken eine große Sünde, stimmt’s? Nicht mal Bier. Ich kenne mich da aus.“

„Osman, du Ärmster. Darfst du denn während des Ramadans nicht mal mit der eigenen Frau Eminanim schlafen?“ Und wiederum andere kommen mit nicht ganz ernstzunehmenden Verbesserungsvorschlägen:

„Osman, mein lieber Freund, ich finde, dass Brigitte-Diät viel besser ist als deine Ramadan-Diät! Mit Brigitte-Diät habe ich über acht Kilo und 200 Gramm abgenommen.“

Liebe Leser, das macht alles keinen Sinn mehr! Ich habe die Nase bis oben hin voll! In diesem Fall würde ja selbst der „Geduldstein“ in tausend Stücke platzen, wie mein lieber Onkel Ömer immer zu sagen pflegt!

Deshalb gebe ich hiermit öffentlich meine Ramadan-Kapitulation bekannt! Ich höre endgültig auf, die Deutschen aufklären zu wollen. Ich mach’s nicht mehr! Aus, Ende, Schluss, Finito, Bitti!

Ich habe es endgültig eingesehen, dass ich weder ein halbwegs guter Lehrer bin noch dass meine Deutschen-Kumpels Ramadan-Experten werden können oder wollen. Mit Sicherheit hat aber die sogenannte Deutsch-Leitkultur-Abteilung meinen heutigen Wutanfall überhaupt nicht verstanden.

Aber was soll’s, die nicht ganz so nationalistischen Leser sollen es eben für sie vom Neu-Deutschen ins Alt-Germanische übersetzen!

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