Kürzungsvorschlag der FDP: Stoppt das Bürgergeld-Bashing
Die FDP schlägt vor, das Bürgergeld um bis zu 20 Euro zu kürzen. SPD und Grüne lehnen den Vorschlag ab – das reicht aber nicht.
F ast täglich drängt sich ein Politiker – meist sind es Männer – mit einem neuen Bürgergeldvorschlag ins Rampenlicht. Meist kommen sie von der CDU – am Montag aber von der FDP. Dass diese fordert, das Bürgergeld um bis zu 20 Euro zu kürzen, ist da kaum überraschend. Besorgniserregend ist aber, dass sich SPD und Grüne nicht entschieden genug von diesem Bürgergeld-Bashing distanzieren.
Mit seinem Vorschlag gesellt sich FDP-Fraktionschef Christian Dürr zu Michael Kretschmer (CDU) und Co, die in den vergangenen Wochen bereits nach unten getreten hatten. Ja, die Inflation geht langsam zurück. Aber allein die Preise für Lebensmittel sind in den vergangenen drei Jahren um insgesamt fast 30 Prozent gestiegen. Anfang 2024 wurde das Bürgergeld deshalb um 12 Prozent erhöht. Jetzt zu behaupten, es seien monatlich ein paar Euro zu viel Bürgergeld und die Beiträge müssten nun wieder gekürzt werden, ist empörend.
Fast mantraartig wiederholt die FDP in der Debatte zum aktuellen Haushalt: „Wir haben kein Einnahmeproblem, wir haben ein Problem bei den Ausgaben.“ Gespart werden soll bei denen, die sowieso am wenigsten haben.
Dass Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) dem Vorschlag der FDP am Montag eine Absage erteilt hat, ist ein kleiner Schritt in die richtige Richtung. Auch Grünen-Fraktionsvize Andreas Audretsch lehnte die Idee der FDP ab und sagte, dass vor allem Familien mit Kindern auf das Bürgergeld angewiesen seien. Wenn SPD und Grüne den Grundsatz der Sozialstaatlichkeit ernst nehmen, dann müssen sie die geplanten Verschärfungen beim Bürgergeld verhindern.
Anfang Juli hatte die Ampelkoalition Pläne vorgestellt, wonach Bürgergeldempfänger*innen stärker sanktioniert werden sollen, wenn sie zumutbare Arbeit ablehnen. Zudem sollen längere Arbeitswege von insgesamt bis zu drei Stunden pro Tag als zumutbar gelten. Wenn die SPD und die Grünen den Vorschlag der FDP, beim Bürgergeld zu kürzen, ablehnen, dann müssen sie auch diese Pläne vom Tisch räumen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste