Klimaschutz im Flugverkehr: Fliegen wird erst mal nicht öko

Ein Projekt zur Herstellung von CO2-neutralem Flugbenzin in Hamburg ist aufgegeben worden. Klimaschutzziele einzuhalten wird schwierig.

Ein Arbeiter betankt ein Flugzeug

In Zukunft muss Öko-Sprit mit drin sein: Flugzeugbetankung Foto: dpa/Christioph Schmidt

HAMBURG taz | Der Plan, im großen Stil CO2-freies Flugbenzin (Kerosin) in Hamburg herzustellen, ist gescheitert. Wie der rot-grüne Senat auf Anfrage der Linken mitteilte, hat das Betreiberkonsortium mitgeteilt, „dass es das Projekt nicht weiterverfolgen wird“. Damit könnte es schwierig werden, dem Flugbenzin wie von der EU vorgeschrieben im kommendem Jahr klimaneutralen Kraftstoff beizumischen. Weniger klimaschädliches Fliegen rückt ein Stück weiter in die Ferne.

Das Fliegen ist für rund drei Prozent des Kohlendioxidausstoßes der Welt verantwortlich. Das ist mehr als Japan 2022 in die Atmosphäre entlassen hat. Noch stärker als CO2 tragen die Kondensstreifen am Himmel, die sich aus den Flugzeugabgasen bilden, zur Erderwärmung bei.

Um des CO2 Herr zu werden, schreibt die EU vor, dass Fluggesellschaften ab dem kommenden Jahr ihrem Treibstoff zwei Prozent Sustainable Aviation Fuels (SAF) beimengen müssen, also nachhaltigen, sprich CO2-freien Kraftstoff. 2030 müssen es sechs Prozent sein, 2050 dann 70 Prozent.

SAF lässt sich zum einen aus biologischen Abfällen wie altem Fett und Speiseresten, aber auch aus Abfällen aus der Forstwirtschaft herstellen. Zum anderen kann es aus Wasserstoff und CO2 hergestellt werden, wobei das klimapolitisch nur Sinn ergibt, wenn der Wasserstoff mit einem anderweitig nicht nutzbaren Überschuss an erneuerbarer Energie erzeugt wird.

Riesiger Bedarf an Kerosin

„Wir reden über ein weltweites Thema“, sagt Ralf Gust, Geschäftsführer des Hamburg Aviation Office, das die Hamburger Luftfahrtbranche koordiniert. Angesichts der klimapolitischen Ziele sei der Bedarf riesig. Der Senat schätzt, dass in Hamburg im laufenden Jahr 325.000 Tonnen Kerosin getankt werden. Im kommenden Jahr müssten voraussichtlich 7.000 Tonnen SAF hineingemischt werden, um die Klimaschutzvorschriften zu erfüllen.

Mit dem Green Fuels Project in den Stadtteilen Billbrook und Rothenburgsort wäre Hamburg aus dem Schneider gewesen. Ab 2026 sollten dort mindestens 10.000 Tonnen SAF im Power-to-Liquid-Verfahren (PtL) erzeugt werden. Geplant war ein Elektrolyseur, der mit Hilfe von Offshore-Windstrom Wasserstoff erzeugen sollte. Zusammen mit CO2 aus biologischen Quellen sollte daraus dann synthetisches Kerosin gemacht werden.

In kleinem Maßstab probieren das die Firmen H&R und Mabanaft seit 2022 in Hamburg bereits aus. Die Demonstrationsanlage ist aber auf maximal 200 Tonnen im Jahr ausgelegt.

Dass das Projekt in Billbrook/Rothenburgsort gescheitert ist, erklärt Ralf Gust vom Aviation Office mit der ungenügenden Anschubförderung. Nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts im vergangenen Jahr durfte die Bundesregierung ungenutzte Kredite zur Bewältigung der Coronapandemie nicht in ihren Klima- und Transformationsfonds verschieben. Bis 2027 muss der Fonds mit 45 Milliarden weniger auskommen. Die Wasserstoffindustrie wird im laufenden Jahr nur mit 1,3 statt 3,8 Milliarden Euro gefördert.

Öffentliche Förderung entscheidend

Die Wasserstoffprojekte sind teuer. Die städtischen Hamburger Energiewerke erhielten kürzlich einen Förderbescheid vom Bundeswirtschaftsministerium: gut 150 Millionen Euro für den Green Hydrogen Hub – im wesentlichen 100 Megawatt leistender Elektrolyseur – und knapp 100 Millionen für ein Wasserstoff-Industrie-Netz. Allein für den Elektrolyseur werden Baukosten von 700 Millionen Euro veranschlagt.

Dass die öffentliche Förderung entscheidend sein könnte für E-Fuels-Projekte, davor warnte Christian Küchen, Hauptgeschäftsführer des En2x-Wirtschaftsverbandes auf der Internationalen Luft- und Raumfahrtausstellung im Juni in Berlin. „Quoten allein reichen nicht, um jetzt die notwendigen Investitionen in die SAF-Produktion auszulösen“, sagte Küchen.

Die ersten großen Anlagen seien meist teurer als später gebaute, da diese auf Erfahrung der ersten Projekte zurückgreifen könnten. Dem müsse mit langfristigen Ausschreibungen und der Minderung des Investitionsrisikos durch die öffentliche Hand begegnet werden, sagte Küchen.

Klimaziele könnten nicht erreicht werden

Gust zufolge würde sich das nicht nur aus Sicht des Klimaschutzes lohnen. „Das wäre eine technologische Chance für den Standort Deutschland“, sagt er.

Dass die vier Hamburger Konsortialpartner für den Flugzeug-Treibstoff – Uniper, Siemens Energy, Sasol Eocft und Airbus – aufgegeben haben, hat der Senat zum Anlass genommen, beim Bundesverkehrsministerium anzuklopfen. Er bemühe sich, „für eine stärkere Förderung entsprechender Projekte zu werben beziehungsweise Handlungsnotwendigkeiten zu unterstreichen“, schrieb der Senat an die Linke.

Falls das scheitern sollte, stellt deren Bürgerschaftsabgeordneter Stephan Jersch schmerzhafte Konsequenzen in Aussicht: „Wenn die EU-Klimaziele durch fehlende SAF nicht erreicht werde können, bedeutet das möglicherweise auch eine Begrenzung der Zahl der Flüge.“

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