Frankreich zu Palästinenserstaat: Macron kündigt Anerkennung Palästinas im September an
Hussein al-Scheich, Stellvertreter von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas, begrüßt den Schritt. Scharfe Kritik kommt aus Israel und den USA.

Er werde die Anerkennung eines Palästinenserstaates „im September dieses Jahres auf der Generaldebatte der Vereinten Nationen feierlich verkünden“, erklärte Macron. Derzeit sei es „dringend notwendig, dass der Krieg im Gazastreifen zu Ende geht und die Zivilbevölkerung in Sicherheit lebt“, betonte er. In diesem Zusammenhang müsse „endlich der Staat Palästina aufgebaut“ werden.
Al-Scheich, Stellvertreter und mutmaßlicher Nachfolger von Palästinenserpräsident Abbas, erklärte, der Schritt „spiegelt das Bekenntnis Frankreichs zum Völkerrecht und seine Unterstützung für das Recht des palästinensischen Volkes auf Selbstbestimmung und die Gründung unseres unabhängigen Staates wider“.
Auf den Straßen im Westjordanland äußerten Palästinenser gegenüber der Nachrichtenagentur AFP die Hoffnung, dass weitere Länder dem Beispiel folgen würden. Das Engagement Frankreichs sei eine „moralische Verpflichtung“ und ein „politischer Sieg für das palästinensische Volk“, sagte ein Passant. „Wir sind sehr dankbar für die Haltung Frankreichs“, erklärte ein anderer. Er hoffe, dass der Schritt zu Frieden im Krieg zwischen Israel und der Hamas im Gazastreifen führen werde.
Nach dem Überfall der Hamas am 7. Oktober 2023 startete das israelische Militär eine Offensive in Gaza, 2024 folgte der Vorstoß gegen die Hisbollah im Libanon. Der Konflikt um die Region Palästina begann Anfang des 20. Jahrhunderts.
Rubio spricht von „Rücksichtsloser Entscheidung“
Die radikalislamische Hamas sprach mit Blick auf Macrons Pläne von einem „positiven Schritt in die richtige Richtung, um unserem unterdrückten palästinensischen Volk Gerechtigkeit widerfahren zu lassen und sein legitimes Recht auf Selbstbestimmung zu unterstützen“. „Wir rufen alle Länder der Welt auf – insbesondere europäische Nationen und jene, die den Staat Palästina bisher noch nicht anerkannt haben – dem Vorbild Frankreichs zu folgen“, hieß es in der Erklärung weiter. Die Gruppe hatte gemeinsam mit Verbündeten am 7. Oktober 2023 Israel aus dem Gazastreifen heraus angegriffen und damit den Gaza-Krieg ausgelöst.
Israelische Politiker verurteilten die Ankündigung Macrons scharf. Netanjahu kritisierte, der Plan biete eine „Startrampe für die Vernichtung“ Israels. „Die Palästinenser wollen keinen Staat neben Israel, sie wollen einen Staat anstelle von Israel“, betonte Netanjahu. Außenminister Gideon Saar erklärte, dass ein palästinensischer Staat „ein Hamas-Staat“ sein werde.
Verteidigungsminister Israel Katz erklärte, Israel werde „die Gründung einer palästinensischen Entität, die unsere Sicherheit gefährdet, nicht zulassen“. Justizminister Jariv Levin sprach von einem „schwarzen Fleck in der Geschichte Frankreichs“.
US-Außenminister Marco Rubio erklärte bei X, die USA lehnten den Plan Macrons „entschieden“ ab. „Diese rücksichtslose Entscheidung dient nur der Propaganda der Hamas und verzögert den Friedensprozess“. Der Schritt sei zudem „ein Schlag ins Gesicht der Opfer vom 7. Oktober“, fügte Rubio mit Blick auf den brutalen Angriff der Hamas auf Israel an dem Tag im Jahr 2023 hinzu.
Gipfeltreffen zu Zweistaatenlösung im September
Im September ist ein Gipfeltreffen von Staats- und Regierungschefs geplant, um eine Zweistaatenlösung voranzutreiben – also die friedliche Koexistenz eines Palästinenserstaats neben Israel. Die unter dem gemeinsamen Vorsitz Frankreichs und Saudi-Arabiens geplante UN-Konferenz war im Juni wegen des Kriegs zwischen Israel und dem Iran kurzfristig verschoben worden.
Mindestens 142 Staaten weltweit haben nach einer AFP-Zählung einen Palästinenserstaat anerkannt oder planen, dies zu tun, darunter Norwegen, Spanien, Irland und Slowenien. Israel und die USA lehnen eine Zweistaatenlösung ab.
„Gemeinsam müssen wir das schützen, was Netanjahu zu zerstören versucht. Die Zwei-Staaten-Lösung ist die einzige Lösung“, schrieb Spaniens Regierungschef Pedro Sánchez, ein scharfer Kritiker der israelischen Offensive im Gazastreifen, auf X. Der irische Außenminister Simon Harris bezeichnete Frankreichs Schritt als „die einzige dauerhafte Grundlage für Frieden und Sicherheit für Israelis und Palästinenser gleichermaßen“. Das saudiarabische Außenministerium bezeichnete Macrons Ankündigung als „historisch“ und forderte andere Länder auf, diesem Beispiel zu folgen.
Macron hatte in den vergangenen Monaten mehrfach die baldige Anerkennung eines Palästinenserstaats in Aussicht gestellt. Ende Mai hatte er unter anderem gesagt, die „Schaffung eines palästinensischen Staates“ sei unter den aktuellen Bedingungen „nicht nur eine moralische Pflicht, sondern eine politische Notwendigkeit“.
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