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Folgen hoher Preise„Notgroschen“ oft zu klein

Viele Menschen in Deutschland sparen regelmäßig. Bei finanziellen Engpässen reicht das Geld trotzdem oft nicht. Grund sind die anhaltend hohen Preise.

Hohe Preise treffen ärmere Haushalte viel härter Foto: dpa

dpa | Hohe Preise für alltägliche Dinge bremsen die Sparbemühungen vieler Menschen in Deutschland. Zwar gaben in einer repräsentativen YouGov-Umfrage für die Postbank vier von fünf der 2.004 Befragten an, dass sie regelmäßig Geld zurücklegten. Fast zwei Drittel (62,8 Prozent) der Sparerinnen und Sparer halten ihre Sparleistung allerdings nicht für ausreichend, um etwa finanzielle Engpässe zu überbrücken oder fürs Alter vorzusorgen.

Tatsächlich legen viele nur vergleichsweise kleine Beträge beiseite, wie aus den im September erhobenen Daten hervorgeht: Bei gut 14 Prozent sind es nach eigenen Angaben im Schnitt weniger als 500 Euro im Jahr. 25 Prozent kommen auf 500 Euro bis 2.500 Euro Ersparnisse im Jahr. Bevorzugt werden dabei Giro- und Tagesgeldkonto als Geldparkplätze, jeder Zehnte verwahrt Geld zu Hause.

„Notgroschen“ reicht häufig nicht aus

Jeder vierte Sparer (25,8 Prozent) gibt an, mit den gebildeten Rücklagenhöchstens zwei Monate die persönlichen Lebenshaltungskosten bestreiten zukönnen. „Ohne ausreichende Rücklagen droht relativ schnell eine finanzielle Schieflage“, warnt Ulrich Stephan, Chefanlagestratege Privat- und Firmenkunden der Deutschen Bank, zu der die Postbank gehört. „Ökonomisch sinnvoll wäre ein finanzielles Polster von drei bis sechs Monatsgehältern.“

Dass der „Notgroschen“ in vielen Haushalten nicht größer ausfällt, hat einen ganz einfachen Grund: Es ist nicht mehr Geld zum Sparen da. Mehr als die Hälfte (55,8 Prozent) der Sparer, die von sich meinen, nicht ausreichend Rücklagen zu bilden, führen zu hohe Lebenshaltungskosten als Grund dafür an. Bei den Nichtsparern nennen 64 Prozent dies als Grund.

Lebensmittel teils deutlich teurer als vor Corona

Zwar ist die ganz große Teuerungswelle mit Höchstwerten von fast neun Prozent Inflation ausgelaufen, die Deutschland nach Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine erfasst hatte. Doch viele Preise sind deutlich höher als vor ein paar Jahren: Ökonomen der Europäischen Zentralbank (EZB) haben jüngst errechnet, dass die Lebensmittelpreise in Deutschland seit dem Vor-Corona-Jahr 2019 um 37 Prozent gestiegen sind.

Im September 2025 zogen die Verbraucherpreise in Deutschland insgesamt wieder etwas stärker an: Mit 2,4 Prozent Inflation verteuerte sich das Leben hierzulande so stark wie nie im laufenden Jahr. Je höhere die Inflationsrate, umso geringer die Kaufkraft der Menschen – und umso geringer die Möglichkeit, Geld auf die hohe Kante zu legen.

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17 Kommentare

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  • "Fast zwei Drittel (62,8 Prozent) der Sparerinnen und Sparer halten ihre Sparleistung allerdings nicht für ausreichend, um etwa finanzielle Engpässe zu überbrücken oder fürs Alter vorzusorgen."



    Das ist doch gut so. Hohe Sparquoten sind doch schlecht für die Wirtschaft, habe ich irgendwo gelesen. Z.B. hier [1]:



    "In Deutschland stieg die Sparquote... 2024 noch einmal deutlich an... Für die Konjunktur, die Investitionen, den Arbeitsmarkt und für die Staatshaushalte ist das gleichermaßen Gift."



    Welcher Egoismus, fürs Alter vorsorgen zu wollen!



    [1] taz.de/Negativismu...53214&s=sparquote/

  • Seitdem ich die Sendung über die Eigenprodukte der Supermärkte gesehen habe, probiere ich diese aus. Man kann da bis zu 50% sparen. Bereits probiert: Kaffeefilter sehr gut. Schokolade gut (Nuss sehr gut, Vollmilch befriedigend). Spülmaschinentabs und andere Putzmittel gut. Beim nächsten Einkauf mache ich weiter. Die Kassiererin hat mir versichert, dass diese Artikel in der Qualität nicht schlechter seien als die sogenannten Markenartikel.

  • Bei mir sind es im Moment 4-stellige Beträge pro Monat, die ich auf meine Depots transferiere. Ist aber eigentlich immer noch zu wenig.

  • "...dass die Lebensmittelpreise in Deutschland seit dem Vor-Corona-Jahr 2019 um 37 Prozent gestiegen sind." In der selben Zeit stieg übrigens der Mindestlohn um 40%. Ein Schelm der da eine Verbindung sieht.

    • @Samvim:

      Die Preise sind nicht gestiegen, weil der Mindestlohn gestiegen ist, eher umgekehrt. Mindestlöhner geben ihr Geld wenigstens aus, während ich überschüssiges Geld im Moment hauptsächlich in US-amerikanischen Wertpapieren anlege.

      Warum aber machen wir es nicht einfach wie mit den Diäten der Bundestagsabgeordneten? Die Erhöhung der Diäten wird nach dem Lohnindex festgelegt. Wir könnten den Lohnindex also in genau derselben Weise wie für die Bundestagsdiäten auf den Mindestlohn und die Grundsicherung anwenden.

      • @Aurego:

        Selbstverständlich sind die Preise gestiegen, weil der Mindestlohn gestiegen ist. Das ist das kleine 1x1 der BWL. Durch höhere Löhne steigen die Kosten für die Produktion, Marketing, Vertrieb etc. und damit auch die Preise. Und das auf jeder Ebene der Wertschöpfungskette.



        Was aber auch viele vergessen, wenn der Mindestlohn steigt, steigen auch die anderen Löhne, sonst fallen die anderen ja immer weiter zurück und stehen selber irgendwann beim Mindestlohn.

        Und weil Löhne ein solch immenser Kostenfaktor ist, werden regelmäßig zur Kosteneinsparung beim Personal gespart. Was momentan ja auch regelmäßig momentan mit Massenentlassungen passiert. (Reduzierung der Fixkosten)

        Der Mindestlohn oder eine Anhebung dessen hat noch nie dazu geführt, dass Menschen auf einmal mehr Kaufkraft als vorher haben. Das ist tatsächlich ein Irrglaube. Der Mindestlohn bringt lediglich mehr Geld in Umlauf. Daher wundert es mich auch, dass die SPD mit dem Thema regelmäßig Punkten kann.

        • @Walterismus:

          Sorry, aber Sie verbreiten einen ziemlichen Unsinn. Die Mindestlöhne sind vor allem gestiegen, weil man beschlossen hat, sie anzuheben. Die Preise sind schon zuvor stark gestiegen, ganz unabhängig von den Mindestlöhnen und im Wesentlichen getrieben durch externe Preissteigerungen z. B. von importierten Energieträgern. Aber genau aus diesem Grund hat man den Mindestlohn ja erhöht. Der Mindestlohn läuft, wie auch die Löhne selbst, der Preisentwicklung praktisch immer hinterher und treibt sie nicht an. Wenn man starke externe Preissteigerungen durch die Folgen internationaler Verwerfungen bekommt, ist es schwer, die Preise durch einfache Zinsanhebungen einzufangen, um die Wirtschaft abzukühlen, also ist man gezwungen, auch die Löhne anzuheben. Aber das ist in diesem Fall nur die Konsequenz externer Preisschocks. Hatten wir alles schon in ähnlicher Weise während der Ölpreiskrisen in den 70er und frühen 80er Jahren.

  • Grund sind nicht die anhaltend hohen Preise!

    Der Preisschock war schlimm, aber gelöst werden kann das Problem anschließend nur durch höhere Löhne und Investitionen in die Produktivität. Beides fehlt bisher. Man kann sich aber aus einer Krise niemals heraussparen und strukturell sinkende Preise sind eine Katastrophe. Deflation ist noch schlimmer als Inflation.

    Grund sind also niedrige Löhne und zu viel Sparen auf Seiten von Staat und Privatwirtschaft.

    • @SPD-Versteher:

      Tja, jetzt stellt sich nur die Frage, wie man dem Juristen Merz ein paar Grundprinzipien der Volkswirtschaft beibringt? Sollten wir ihn einmal mit Herrn Flassbeck bekanntmachen?

  • Ich denke immer wieder darüber nach, mal eine Auflistung zu machen zu den Preissteigerungen. Mich, als Bezieher von Grundsicherung im Alter, betrifft es nämlich besonders - wie auch im Artikel erwähnt. Ein Beispiel dazu geb ich mal : den einfachen Keksbeutel in den Supermärkten mit 500 g Inhalt gab es vor Corona da bis herunter zu 99 Cent - jetzt kosten die locker mal 2,59 € - Kostensteigerung : schlappe 159 % !! Und ich kann dem geneigten Un- und Halbinformierten versichern : mit den im Artikel beschriebenen 37 % kommen so einige Haushalte mitnichten davon ! Schon sehr übel ..

  • Hohe Preise kompensiert man am besten mit höheren Löhnen. Dass die Löhne in Deutschland viel zu niedrig sind, ist einer der Gründe für unseren hohen Außenhandelsüberschuss.

  • Vielleicht ist der Mindestlohn eine Erklärung : der Mindestlohn von 9,19 € im Jahre 2019 hat sich um 35% erhöht auf den Mindestlohn von 12,41 € im Jahre 2024, also fast die höhe der 37% der Teuerungsrate. Jetzt kann sich jeder selber ausrechnen wenn wir bald 15 € + Mindestlohn haben was mit den Preisen passiert !

    • @Günter Witte:

      In Chicago liegt der Mindestlohn bereits bei 16,60 USD, in New York bei 16,50 USD und in San Francisco bei 19,18 USD. Dort sind die Lebensmittelpreise jedoch deutlich höher als bei Discountern in Deutschland.

  • Und solange das Problem der zu hohen Preise, viel zu hohen Mieten und viel zu niedrigen Löhnen nicht gelöst wird (und das ist politisch machbar), wird man die AfD nicht kleinkriegen. Im Gegensatz zu massenhaften Abschiebungen oder überzogenen Sanktionen für Arbeitslose würde ein wirksamer Mietendeckel den größten Teil der Menschen entlasten und verloren gegangenes Vertrauen in politische Institutionen wiederherstellen.

    • @Piratenpunk:

      Da sich CDU/CSU heftig gegen eine Verschärfung der Kappungsgrenze aussprechen und nichts gegen Mietwucher zu tun beabsichtigen (dort glaubt man noch, dass alle Vermieter ehrliche und stets gesetzestreue Wohltäter sind), wird man den Anstieg der Mieten nicht so einfach stoppen können.

  • Etwa 1/4 der Deutschen rauchen, und gerade in sozial schwächeren Schichten ist Rauchen verbreitet.



    Nehmen wir 3 Päckchen a 10€ in der Woche, also 120€ im Monat, ergibt das schon eine mögliche Sparquote von 2400€/Jahr.



    32,5 % der Erwachsenen in Deutschland haben durch ihren regelmäßigen Alkoholkonsum ein „moderates“ bis „hohes“ Risiko ihrer Gesundheit zu schaden. Da nehmen wir mal 10 Bier in der Woche, also nochmal 40€/Monat.



    Ich behaupte mal, viele könnten alleine durch Senken der Ausgaben für Zigaretten und Alkohol zwischen 2000 und 3000€ im Jahr sparen.

    • @Sandra Becker:

      Wie Sie von 120€/Monat auf 2400€/Jahr kommen, müssen Sie mir noch einmal erklären. Mein Jahr hat jedenfalls keine 20 Monate.

      Es gibt aber noch ein ganz anderes Problem: Wer in Bürgergeld/HartzIV/Grundsicherung fällt, ist sein Erspartes ganz schnell wieder los. 120€/Monat oder 3000€/Jahr zu sparen bringt nichts, weil man mit so wenig nie genug Kapital zusammenbekommt, um es bei längerer Arbeitslosigkeit nicht aufbrauchen zu müssen. Um ein Jahr einigermaßen durchzuhalten, braucht man mindestens 25.000€. Um 25.000€ auf einem Sparkonto anzusparen, braucht man bei einer Sparquote von 3.000€/Jahr ungefähr 8 Jahre. Die Sparquote sollte also deutlich höher sein, wenn man damit ein ausreichendes finanzielles Polster ansparen will.

      Auf der anderen Seite freut sich die Wirtschaft über Leute, die ihr Geld ausgeben, es muss ja nicht für Zigaretten und Bier sein.