Energie-Embargo gegen Russland: Wirkungslose Sanktionen
Russlands Rekordöllieferungen an China zeigen, dass Präsident Putin den Westen nicht braucht. Er hat Lebensmittel, Öl und Waffenfabriken.
S o viel ist sicher: Ein Energieembargo gegen Russland funktioniert nicht. Die Bilder aus der Ukraine sind schrecklich, aber dieser Krieg lässt sich nicht beenden, indem der Westen auf Öl und Gas aus Russland verzichtet. Für seine Energie kann Putin einfach andere Abnehmer finden, wie neueste Nachrichten aus China bestätigen. Die Volksrepublik hat im Mai nämlich 55 Prozent mehr Öl aus Russland importiert als im Vorjahr.
Für die Chinesen war es ein gutes Geschäft, sich auf das russische Öl zu stürzen, denn Moskau musste einen deutlichen Preisabschlag gewähren. Gänzlich wirkungslos ist das Embargo also nicht. Da der Westen zunehmend als Ölkunde ausfällt, müssen die Russen andere Abnehmer umwerben und ihre Energie billiger abgeben. Trotzdem macht Putin kein Minusgeschäft, sondern fährt Gewinne ein – weil die Preise für Gas und Öl so stark gestiegen sind, dass die Rabatte nicht ins Gewicht fallen.
Das Öl wird nicht nur durch den Ukrainekrieg teurer, auch das geplante Embargo sorgt für einen Preisauftrieb. Denn bisher wird im Westen keine Energie gespart, obwohl man spätestens ab Jahresende weitgehend auf russisches Öl verzichten will. Um das Energieloch zu stopfen, drängt der Westen auf die weltweiten Ölmärkte – was überall die Ölpreise in die Höhe schießen lässt, wovon dann indirekt auch Russland profitiert.
Auch beim Gas würde ein Embargo nichts bringen, wie sich daran zeigt, dass Russland jetzt selbst seine Lieferungen reduziert. Putin macht das Gas zur Waffe und offenbart damit die wahren Machtverhältnisse: Der Westen ist vom russischen Gas abhängig, während umgekehrt Russland unsere Dollar oder Euro nicht wirklich benötigt, um Krieg zu führen. Rubel reichen völlig, um die Ukraine anzugreifen. Russland ist zwar rückständig und hat kaum Industrie, aber ausgerechnet beim Thema Krieg ist es autark. Es hat Nahrungsmittel, Öl und Waffenfabriken.
Trotzdem sollte der Westen nicht resignieren. Es wäre ein Fehlschluss, dass Sanktionen generell nichts bringen. Der westliche Lieferboykott bei der Hochtechnologie ist sehr wirkungsvoll und macht der russischen Industrie schwer zu schaffen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israel, Nan Goldin und die Linke
Politische Spiritualität?
Matheleistungen an Grundschulen
Ein Viertel kann nicht richtig rechnen
Nikotinbeutel Snus
Wie ein Pflaster – aber mit Style
Innenminister zur Migrationspolitik
Härter, immer härter
Prozess gegen Letzte Generation
Wie die Hoffnung auf Klimaschutz stirbt
Börsen-Rekordhoch
Der DAX ist nicht alles