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Buch über Erfolg der Nazi-IdeologieDie Lust am Hass bleibt

Der Philosoph Menno ter Braak hat in den 1930er Jahren die rechte Ideologie seziert. Dass seine Analyse stimmt, zeigt auch die AfD-Wählerschaft von heute.

Menno ter Braak, 1935 Foto: Pienatarchpart/Piemags/imago

Was wird sein, wenn die Grenzen dicht, Diversitäten verboten und Frauen wieder nur auf das Wohlwollen der Männer angewiesen sind? Werden jene Leute, die AfD wählen, sich dann zufrieden geben? Mitnichten, wie sich andeutet. Denn anstatt in Wahlumfragen zurückzufallen, überholt die AfD inzwischen mitunter die CDU. Die macht sich, wie die SPD auch, zur Handlangerin und Erfüllungsgehilfin der Rechten.

Die Analyse, wie mit rechtem Gedankengut umgegangen werden kann, muss auf den Prüfstand. Denn klar ist: So kommen Leute, die eine tolerante Gesellschaft wollen, nicht weiter. Nachhilfe kann in diesem Zusammenhang ein kurzes Pamphlet des niederländischen Philosophen und Essayisten Menno ter Braak bieten, der von 1902 bis 1940 lebte. „Nationalsozialismus als Rankünelehre“ lautet der Titel, es wurde in der Edition Memoria neu aufgelegt. Ranküne – das Wort ist aus der Mode. Ersetzt wird es heute durch: Ressentiment, Missgunst und Hass.

Woher kommen diese Ressentiments der Nazis? Sie kommen aus der Demokratie selbst, überlegt ter Braak. Denn die Demokratie postuliert, dass alle Menschen gleich sein sollen, die demokratischen Parteien indes können (und wollen) dies gar nicht umsetzen. „Das ist das große Paradoxon einer demokratischen Gesellschaft, in der Ranküne nicht nur existiert, sondern auch noch als Menschenrecht gefördert wird“, schreibt ter Braak. Man muss in einer Demokratie also ertragen, dass es Ungleichheit gibt, obwohl die Idee eine andere ist. Das schaffe von vorn herein genug Potenzial für Missgunst. Und zwar auf allen Seiten. Weiter beobachtet ter Braak, dass wir alle nicht frei sind von Ressentiments, es sei Teil unserer Kultur. Wie damit umgegangen wird, unterscheide sich allerdings. „Einer der unschätzbaren Vorteile der Demokratie ist ihr Mangel an falschem Beiwerk und romantisch-bengalischem Licht, dieser Scheinwelt des Nationalsozialismus.“

Anders als De­mo­kra­t*in­nen haben die Na­tio­nal­so­zia­lis­t*in­nen ihr ganzes System auf Blendung, Halbwahrheiten, Ressentiments und Missgunst aufgebaut, deshalb könne man so viel daran lernen. „Der Nationalsozialismus ist die vollständige Emanzipation des Ressentiments“, schreibt ter Braak. Dabei sei Armut kein Kriterium, um sich der Ideologie des Hasses anzudienen. Dass seine Analyse stimmt, zeigt sich nicht nur an den Nationalsozialisten damals, sondern auch an der AfD-Wählerschaft von heute.

Die Lust am Ressentiment als treibende Kraft

Das Spiel der AfD kann die CDU nur verlieren

In Menno ter Braaks Fokus gerät zudem die Lust am Ressentiment. Sie gilt ihm als treibende Kraft. Deshalb bleibt der Hass, auch wenn die vermeintlichen Probleme gelöst sind. Daher kann die CDU heute, wenn sie das Spiel der AfD spielt, nur verlieren. Wenn die Flüchtlinge vertrieben, die LGBT-Community kaserniert, die Selbstbestimmung der Frau verboten ist, wird es neue Menschen und Themen geben, die von den Rechten gehasst werden. Denn die Lust am Hass bleibt.

Ter Braaks dünnes Büchlein ist nicht einfach zu lesen, zumal es seine Vergleiche oft aus dem niederländischen Nationalsozialismus zieht. Am Ende steht auch kein Patentrezept, wie mit der Ideologie des Ressentiments umgegangen werden kann, außer dem, sich diese Zusammenhänge bewusst zu machen. „Erst muss das ‚reine‘ Ressentiment entthront werden“, schreibt er. Unsere Aufgabe ist es, „die Verfälschungen zu entlarven und die Phrasendrescherei in ­‚gewöhnliche‘ Worte zu übersetzen“.

Dass wir auch scheitern können, zeigt sich am Leben von Menno ter Braak selbst. Er warnte früh vor den Nazis, beging aber nach dem Überfall der Deutschen auf Holland Sui­zid.

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119 Kommentare

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  • Idee, Demokratie sei ein Zukunftsversprechen für eine bessere Welt, entspringt kollektivem Wunsch gesellschaftlicher Sublimierung. Doch dieses Ideal wurde nie von jenen geteilt, die sich regressiv an autoritäre Vaterfiguren klammern. Für sie war das Parlament Bühne für Wiederkehr Verdrängten – der monarchischen Ordnung, die gegen Interessen der Arbeiterschaft gerichtet war.



    Was als demokratischer Diskurs erscheint, entpuppt sich oft als Abwehr pluralistischer Anerkennung. Statt Aushandeln dominiert Wille zur Beherrschung formierten Meinungsspektrums – ein Echo infantiler Omnipotenzfantasien. Scheitert dieser Wille, wird die Demokratie selbst zur Projektionsfläche eigenen Versagens zur Zerstörung von Zeugenschaft freigegeben.



    Demokratie ist kein individuelles Versprechen, bildet Raum ab zur symbolischen Lösung sozialer Konflikte. Für jene in prekären Verhältnissen bleibt sie Hoffnung auf Anerkennung, Ausgleich. Rückkehr des Verdrängten offenbarten SA Uniformen Farben die koloniale Gewalt triggerten. Was einst in Kolonien entfesselt, kehrte ins Innere zurück. Pläne innerer Kolonisation nach Kriegssozialismus lagen seit 1895 längst in Schublade alldeutschen Pressezar Hugenberg bereit

    • @Joachim Petrick:

      Interessante These, den Aufstieg des Faschismus zur Macht in Deutschland/Europa als innere Kolonisation bzw. koloniale Gewalt zu deuten, die nur zu ihrem Ausgangspunkt, den (ehemaligen) Kolonialmächten, zurückkehrt. Können Sie das belegen bzw. Autoren nennen, die diesen Ansatz vertreten? Das würde mich interessieren, man lernt ja nie aus.



      Und sprechen Sie im Zusammenhang mit Ihrer Analyse ausschließlich vom historischen Faschismus der 20er und dreißiger Jahre oder wie würden Sie heutzutage den neu aufkeimenden Neofaschismus im Kontext des postkolonialen Diskurses verorten?

      • @Abdurchdiemitte:

        Dazu lese man etwas zum Lebenslauf von Hugenberg, zum Alldeutschen Verband und zur Deutschen Vaterlandspartei und DNVP. Dann kommt man einigen Dingen auf die Spur. Die Nazis haben da viel abgeschrieben…



        Die neue Rechte bzw. der Neofaschismus heute befindet sich m.E. nach nur noch im Echo der Vergangenheit. Allerdings ist die Positionierung gegen den angeblichen Schuldkult wohl in diesem Zusammenhang zu sehen.

      • @Abdurchdiemitte:

        Ich bin nicht der andere Kommentator, aber der Begriff heisst imperialer Bumerang. Unter dem Begriff wird sich einiges an Literatur finden. Während der Kolonialzeit hatten zahlenmäßig sehr kleine Besatzungsmächte Kontrolle über grosse Gebiete mit zahlenmässig überlegener Einwohnerzahl. Um das zu bewerkstelligen, wurden Herrschafts- und Kontrolltechniken entwickelt, auch der psychologischen Unterjochung.

        Dieses Wissen verschwand nach Ende der Kolonialzeit nicht, sondern wurde im Inneren z. B. zur Unterminierung von Gewerkschaften verwendet.

  • Mich überzeugt das alles nicht so. Mir scheint eher, dass es wie bei Krankheiten eine multifaktorielle Angelegenheit ist. Ein wichtiger Punkt ist das Einknicken von Leuten mit Macht und Geld, die null Rückgrat haben und alles dafür tun, Macht und Geld zu erhalten und sogar zu mehren. Denen moralische oder demokratische Prinzipien entweder sowieso zuwider sind, oder egal, wenn es ihnen Vorteile bringt.



    Was ich interessant finde, ist, dass als Führungsfigur dieser Bewegungen oft so eine merkwürdige, eher lächerliche Person steht. Als Jugendliche habe ich mich gefragt, wie Hitler überhaupt aufsteigen konnte, wo allein die Art wie er redete, crazy wirkte. Nun erleben wir Trump, mit seinem lächerlichen orangen Make-up, seiner Lügerei, seiner Ungebildetheit, seiner Frisur, seinen Händchen, mit denen er gestikuliert usw. Wer wählt so einen? Die einen wählten ihn trotz der Lächerlichkeit, aus inhaltlichen Gründen. Sie glauben, Vorteile zu erhalten. Die anderen wählten ihn trotz der Lächerlichkeit, die sie als unterhaltsam sehen. Oder weil sie sich in ihm erkennen. Das wird oft überschätzt. Auch in AfD-Politikern und deren argumentativer Beschränktheit erkennen sich eben viele wieder.

    • @Karla Columna:

      „Auch in AfD-Politikern und deren argumentativer Beschränktheit erkennen sich eben viele wieder“.



      Das ist es leider und es ist eine erschreckende Erkenntnis. Und leider ist es nicht allein die argumentative Beschränktheit, sondern der gesamte Auftritt, der Habitus … man muss sich nur die erste Reihe im Bundestags-Plenum anschauen, es ist für jeden etwas dabei, der sich davon angesprochen fühlt.



      Da ist der Fraktionsgeschäftsführer Dr. Bernd Baumann mit seiner etwas blasiert-distinguierten, pseudo-intellektuellen Attitüde, gleich daneben ein pöbelnder, sich bräsig auf seinem Abgeordnetensitz fläzender Macho-Proll Stephan Brandner, der mit seinem Auftreten sicherlich sein Publikum zu begeistern weiß.



      Dann der Opa mit der Dackelkrawatte, der Urtyp des biederen Nationalkonservativen, der mit Nazis angeblich so gut wie nichts am Hut hat, aber meint, dass Dritte Reich sei nur ein Fliegenschiss der Geschichte gewesen.



      Und natürlich nicht zu vergessen, die Parteivorsitzenden: der „ehrliche Handwerker“ Chrupalla und Alice Weidel, die Hitler für einen Kommunisten hält und mit ihrem nassforschen Auftreten gewiss einen bestimmten Typus von Karrierefrau anspricht.



      Wen habe ich noch vergessen?

      • @Abdurchdiemitte:

        Das haben Sie gut beschrieben!

        Jenseits vom Bundestag fiele mir noch Herr Höcke aus Thüringen ein. Ich habe bei ihm immer die Assoziation zu Hans Clarin in dem alten Edgar Wallace Film „Das indische Tuch“ . Wegen kalter Augen und Manieriertheit. Und Wahnsinn.



        Dann Beatrix von Storch, blaues Blut, braune Seele, macht auf christliches Abendland, redet aber unbarmherzig daher, optisch und geistig in den 50er Jahren hängengeblieben.



        Und Herr und Frau Kotré aus Brandenburg. Ihn habe ich mal bei Lanz gesehen, wo er völlig kenntnisfrei zum Thema Klimaerwärmung sprach, neben sich Mojib Latif, der immer verzweifelter wurde, weil Kotré wirklich peinlich-dumm daherredete. Es war zum Fremdschämen, er hatte null Argumente. Aber da fiel mir dann zum ersten Mal so richtig auf, dass es anderen Leuten natürlich nicht so geht. Für die AfD-Fans ist Kotré sicherlich der „Held“, der sich das traut, da hinzugehen und reinen Mist zu erzählen. Die denken, der ist einer von und und hat‘s denen gezeigt. Ich fand diese Erkenntnis auch erschreckend.

      • @Abdurchdiemitte:

        Es gibt eben nicht nur die Lust zum Hass sondern auch die Lust zum Regelverstoß. Und das sorgt halt bei vielen Leuten für Freude und Zustimmung. Tatsächlich leiden manche politische Prozesse an Verkrustung, Kälte und Ritualisierung. Und da kann man sich gezielt dagegen oder daneben benehmen. Das hat was von mutig sein und auch was Pubertäres. Es wirkt aber offensichtlich auf manche erfrischen und verblüffend. Es würde mich auch nicht wundern, wenn das alles durchdacht und choreografiert ist. Und dazu kommen eben dann noch Inhalte, die auch gegen die bisherige Etikette und den Konsens verstoßen.



        Insofern erinnere ich mich gern an F. J. Strauß und H. Wehner und ihre Debatten. Nostalgie darf sein.



        Demokratie lebt von Teilnahme und Teilhabe. Sie ist sehr stark abhängig davon, ob die Menschen sehen, dass für möglichst alle die Vorteile der Demokratie gegenüber jeder anderen Herrschaftsform überwiegen. Schwierig wird es, wenn immer nur die Reichen und die Börsenspekulanten immer reicher werden und ein Teil der Bevölkerung schuftet und auf keinen grünen Zweig kommt. Denn das ist dann der Nährboden für Unzufriedenheit, Ängste, Intoleranz und Hass. Dann hat die Demokratie bald verloren.

  • "Unsere Aufgabe ist es, „die Verfälschungen zu entlarven und die Phrasendrescherei in ­‚gewöhnliche‘ Worte zu übersetzen“.

    Warum werden dann jene, die diesen Job machen, z.B. Palmer, niedergeschrien?

  • "Sie kommen aus der Demokratie selbst, überlegt ter Braak. Denn die Demokratie postuliert, dass alle Menschen gleich sein sollen, die demokratischen Parteien indes können (und wollen) dies gar nicht umsetzen."

    Es wär gut, den Punkt in Bezug auf heute näher auszuführen. Ich finde, der Soziologe Heitmeyer hat diesen Punkt ganz schlüssig erklärt: "Es ist ein wirkungsvoller, zynischer Mechanismus, dass jede Gesellschaft ihre Randgruppen erzeugt, um sich selbst zu stabilisieren. Die rücksichtslose Botschaft lautet: Strengt euch an, sonst landet ihr auch dort!"

    www.profil.at/oest...sellschaft-7642635

    In andern Worten, man möchte dringende soziale Probleme der unteren Klassen nicht unbedingt ganz lösen, da sie als motivierende Drohkulisse für die anderen Klassen fungieren sollen.

    Diese ganzen Schreckbilder der gescheiterten Existenzen/ in die Armut Abgerutschten werden im deutschen Fernsehen rauf und runter veranschaulicht. Dieses mediale Dauerrauschen im Hintergrund trägt auch zur Zementierung der Ressentiments und Verinnerlichung der Drohung bei.

    • @Schwabinger :

      Ich frage mich, wo die Demokratie postuliert, dass alle Menschen gleich sein sollen. Das ist faktisch unmöglich und wer es theoretisch durchdenkt endet in einem Albtraum.



      Gleichberechtigung hingegen leuchtet mir eher ein, die auch schwer zu erreichen ist.



      Auch glaube ich entgegen Heitmeyer eher, dass es nicht die Gesellschaft als Ganzes ist, sondern nur einzelne Gruppensind, die ein Interesse daran haben, eine Drohkulisse aufzubauen. Das sind die, die viel mehr haben als andere und mehr verlieren würden, wenn die Verhältnisse instabil werden würden.



      Obdachlosigkeit wird nicht erzeugt, sie entsteht weil Menschen aus verschiedenen Gründen ihre Wohnung verlieren, nicht zuletzt, weil die Mieten immer mehr steigen, nicht alle, aber viele und zwar in unverschämter Weise. Armut entsteht aus vielen Gründen und durch Schicksalsschläge aber auch durch Konsumverhalten, dass zu einer Verschuldung führt, der manche nicht mehr entkommen, nur eine Chance der Privatinsolvenz gibt es.



      Ich nenne das mal Mietsklaverei und Schuldensklaverei.



      Wohnungsnot wird aber erzeugt und ist erwünscht, denn nur dadurch lassen sich hohe Mieten erzielen, dass nennt man dann Marktwirtschaft (als Ursache?).

      • @Achsachbloß:

        Natürlich. Da stimme ich zu, es wäre ein Albtraum. Wortwörtlich hatte ich es nicht verstanden. Eher im Sinne von, die Entfremdung des Wählers wird immer grösser je mehr die Politik nur noch ihre Lobbygruppen bedient und gleichzeitig nach unten tritt.

        Wenn diese Entwicklung nicht thematisiert wird und weiterhin so getan wird, als sei alles beim Besten, entsteht Desillusionierung, die demokratiegefährdend wird, wenn entsprechende Parteien auftauchen, die den Systemwandel versprechen.

        Das Miet- Thema ist seit 20+ Jahren in den Großstädten Dauerthema. Ich würde sagen, es ist seit langem das Thema Nr 1. Es wurde wohl immer wieder verschleppt, um die Einnahmen der Kapitalanlagen nicht zu schmälern. Die entstehenden Dissonanzen werden mit neoliberaler Rhetorik ( Leistung muss sich lohnen) so lang zugestopft bis die allgemeine Desillusionierung, auch bei jungen Wählern, leider genug Nährboden für Anti- System- Parteien angereichert hat.

    • @Schwabinger :

      "Gescheiterte existenzen" in Anführungsstrichen. Also im Wertemodell des Neoliberalismus.

  • ""..........wie die SPD auch, zur Handlangerin und Erfüllungsgehilfin der Rechten.""



    ===



    An dieser Stelle sollte Waltraud Schwab mal genauer erklären welche Zusammenhänge/Schuldzuweisungen sich in diesem Nebensatz manifestieren.

    Der Wille sich mit den Wurzeln des Nationalsozialismus /Faschismus mit der Hilfe ter Braaks auseinander zu setzen ist klar erkennbar - was Schwab im September 2025 allerdings realpolitisch daraus macht ist mindestes genauso rätselhaft wie verschwommen.

  • These Menno ter Braaks, der NS-Hass sei Produkt der Demokratie, Götz Alys Zuspitzung „Ohne Demokratie keine Nazis“ verkennen historische Tiefenstruktur einer Projektion in Verwechslung von Ursache und Wirkung. Der Nationalsozialismus entspringt nicht der Demokratie, sondern Rückkehr des Verdrängten: kolonialer Gewalt, monarchischer Autorität und der seelischen Zerrüttung Europas nach dem Ersten Weltkrieg. Die Gesellschaft war traumatisiert – Kriegsversehrte prägten das Straßenbild, während in den Familien der Selbsthass der Überlebenden gärte in Ausprägung der „Melancholie der Vaterfigur“, die sich in Aggression entlud.



    Die NS-Ideologie rationalisierte dieses Defizit: Der Herrenmensch wurde im kolonialen Drill geformt, nicht im demokratischen Diskurs. Die rassistische Fragmentierung des Menschseins ist Ausdruck narzisstischer Spaltung – Mitgefühl wurde zur selektiven Gnade, Gewalt zur Mutprobe hin zur „Identifikation mit lachendem Aggressor“. Die NS-Revolution inszeniert ein Ödipusdrama: Verehrung, Angst vor Vaterfigur Hitler, Rebellion ohne Befreiung, Wiederholung statt Emanzipation. Der „Volkskörper“ wurde zum Symptom zersplitterter Psyche – die NS Ideologie frisst ihre Kinder.

  • These Menno ter Braaks, NS-Hass sei Produkt der Demokratie, Götz Alys Zuspitzung „Ohne Demokratie keine Nazis“ verkennen historische Tiefenstruktur einer Projektion durch Verwechseln von Ursache, Wirkung. Nationalsozialismus entspringt nicht der Demokratie, sondern Rückkehr Verdrängten: kolonialer Gewalt, monarchischer Autorität, seelischer Zerrüttung Europas nach dem Ersten Weltkrieg. Die Gesellschaft war traumatisiert – Kriegsversehrte prägten das Straßenbild, während in den Familien der Selbsthass der Überlebenden gärte in Ausprägung der „Melancholie der Vaterfigur“, die sich in Aggression entlud.



    Die NS-Ideologie rationalisierte dieses Defizit: Der Herrenmensch wurde im kolonialen Drill geformt, nicht im demokratischen Diskurs. Die rassistische Fragmentierung des Menschseins ist Ausdruck narzisstischer Spaltung – Mitgefühl wurde zur selektiven Gnade, Gewalt zur Mutprobe hin zur „Identifikation mit dem lachenden Aggressor“. Die NS-Revolution inszenierte ein Ödipusdrama: Verehrung und Angst vor der Vaterfigur Hitler, Rebellion ohne Befreiung, Wiederholung statt Emanzipation. Der „Volkskörper“ wurde zum Symptom ener izersplitterten Psyche – die "NS Revolution" fraß ihre Kinder

    • @Joachim Petrick:

      Cum grano salis anschließe mich

    • @Joachim Petrick:

      …“ NS-Hass sei Produkt der Demokratie“…



      Das ist m.E. nach eine Fehldeutung, die sie da vornehmen.



      Ich verstehe das so, dass die Demokratie (damals) als ein Versprechen auf ein bessere und gerechtere Zukunft verstanden wurde. Dieses Versprechen wurde von vielen Menschen eingefordert aber nicht erfüllt. Das ist ähnlich den „blühenden Landschaften“ die Bundeskanzler Kohl den Ostdeutschen versprochen hat und damit gewann er die Wahlen. Ansonsten gab es seinerzeit viele Faktoren und Begleitumstände, die heute natürlich nicht mehr zutreffen. Andere Kommentare beschreiben das hier.



      Es gab auch keine Rückkehr des Verdrängten, vielmehr waren diese Dinge, die Sie beschreiben, immer noch präsent. Die Gesellschaft war bei weitem nicht so pazifistisch geprägt wie heute in weiten Teilen, Krieg war nichts Verwerfliches, Völkermord in Afrika war kein Makel und Antisemitismus hatte eine sehr lange Tradition. All diese Phänomene mussten sich nicht verstecken. Die Leistungen der im RT vertretenen Parteien waren keine Glanzleistungen, Verwaltung und Bürokratie noch sehr in der Zeit vor 1918 verhaftet. Die wackelige neue Demokratie konnte nicht alle Erwartungen und Versprechungen erfüllen.

      • @Achsachbloß:

        Nur eine kleine Randnotiz zu Ihrer Erwiderung auf @Joachim Petricks Kommentar: in der Wahrnehmung des Versprechens auf eine gerechtere und bessere Zukunft vertraute die Mehrheit der Bevölkerung eben nicht den Parteien, die für die Weimarer Republik standen, sondern den Nazis und Kommunisten, also denjenigen, die dieses - wenn auch unvollkommene - demokratische System zerschlagen wollten. Dass die Nazis dabei erfolgreicher als ihre kommunistischen Gegenspieler waren, lag nicht zuletzt daran, dass sie weit über das proletarische ins bürgerliche Millieu ausgreifen und sich so eine Massenbasis verschaffen konnten.



        Und um mal die Parallelen zur heutigen AfD in den Blick zu nehmen: das Gefährliche an der gegenwärtigen Entwicklung ist doch, dass die AfD sich mit der Diffamierung der Alt-/Systemparteien nicht bloß als Alternative innerhalb des demokratischen Spektrums präsentiert, sondern damit (unterschwellig) einen Systemwechsel herbeiführen will.



        Die AfD ist also „nur“ die reformistische Variante eines revolutionären, von den Nazis propagierten Faschismus.



        Typen wie Höcke erfüllen da durchaus eine Funktion, weil es ja noch die Weidels und Chrupallas gibt … also alles halb so wild.

        • @Abdurchdiemitte:

          Ich stimme Ihnen zu, mit der Einschränkung, dass die Weimarer Koalition zunächst sehr wohl eine Mehrheit der Wählerschaft repräsentierte. Doch konnten diese Parteien es nicht verhindern, diese Mehrheit und damit auch das Vertrauen zu verlieren. Es war Herrn Lindner ja so wichtig, sich über die Maßen zu profilieren und somit ein Bild der Zerstrittenheit zu ermöglichen, dass letztendlich nur Wasser auf die Mühlen der AfD war. Weite Teile der Wählerschaft ekelt diese Art der politischen Profilierungssucht an. Die Quittung hat die FDP und das ganze Land bekommen. Herr Spahn möchte im Parlament einen normalen Umgang mit der AfD. Das Schlimmste steht uns also noch bevor, da haben Sie leider Recht.

  • Wer die damalige Zeit mit der heutigen Zeit vergleicht, sollte realistisch sein. Die heutige AfD ist nicht die NSDAP. AfDler oder ihre Wähler sind eben keine Nazis. Es klaffen Welten zwischen den beiden politischen Ausprägungen. Auch Rechts zu sein ist, genauso wie Links zu sein, nicht schlimm. Solange es nicht ins extremistische übergeht.

    Der Hass übrigens, hat keine politische Richtung exklusiv für sich gepachtet. Deshalb macht aus meiner Sicht nur ein mehr an Miteinander Sinn, auch zwischen Links und Rechts. Ich weiss, für viele noch unvorstellbar.

    • @Black & White:

      Richtig. Einen Menschen der D nur mit Deutschen haben will, den muss man nicht Nazi nennen, es reicht, dass er ein Ausländerhasser genannt wird usw. usf.

      • @Achsachbloß:

        Grundsätzlich richtig, das mit dem Ausländerhasser…und dann möglichst auch hier differenzieren um sich nicht leichtfertig angreifbar zu machen: Auch die AfD möchte natürlich kein komplett ausländerfreies Deutschland, denn a) ist auch denen bewusst dass dies völlig unrealistisch ist und b) erkennen natürlich auch Weidel & Co. dass die deutsche Wirtschaft ohne gut integrierte migrantische Arbeitskräfte ein echtes Problem hat.

        • @Saile:

          Da sind wir wieder total beim sanewashing und Verharmlosen. Reichts denn nicht, wenn die an migrantischen Personen verübten Gewalttaten aufgrund der afd Rhetorik ansteigen?

          Hauptsache, die migrantischen Arbeitskräfte erwirtschaften unsere Renten. In welchem gesellschaftlichem Klima, das ist nicht mein Problem. Alles ganz entspannt!

  • Es wäre schön, wenn in der CDU jemand so was liest, das ist aber nicht der Fall. Die Union hat schon Anfang der 1990er die Ausländer/Asyl-Thematik genutzt, um an der Macht zu bleiben, jetzt ist sie sogar damit an die Macht gekommen.

    Ich glaube, dass die extreme Rechte davon protifiert, wie ungleich und ungerecht eine Gesellschaft ist und wird. Und Deutschland ist am stärksten in Arm und Reich gespalten, in Arbeit mit Tarifvertrag und ohne, in Mindestlohn vs untere Skala Tarifvertrag und in Beamte und Angestellte im ÖD, dann in Land versus Stadt, in soziale(re) Stadt (Bremen, Hamburg) vs harte Stadt (München). Dann in ethnisch Deutsch vs migrantisch oder Zugezogen und immer so weiter. Unsere Gesellschaft besteht immer mehr aus antagonistischen Verhältnissen, der Ausgleich - die Pufferzonen verschwinden.



    Und davon profitieren Parteien und Bewegungen, die sich auf diese Spaltungslinien setzen. Das ist am Deutlichsten bei der Arbeit-Kapital-Spaltung: Die Arbeiter jubeln der AfD zu, die ihnen nur das Ende der 'Ausländer' versprechen muss, tatsächlich ist die AfD eine Partei für Unternehmer & Kapitalisten.

    KURZ: Wir brauchen echte Lösungen, wir brauchen neue Parteien der Mitte.

  • Ich hatte leider noch keine Zeit den Text von ter Braak zu lesen, der übrigens im Original im Netz zu finden ist: www.dbnl.org/tekst/braa002nati01_01/

    Aus meiner Sicht resultiert die Lust am Hass im Wesentlichen aus dem Mythos der Knappheit (der durchaus auch Vertreter auf der Linken hat, aber konstitutiv für die Rechte ist): Es reicht einfach nicht für alle für ein gutes Leben, daher müssen wir einander an die Kehle gehen.



    In dem Artikel hier ist von Ungleichheit die Rede, UnSICHERHEIT dürfte es aber noch besser treffen. Trotz all unseres Wohlstandes haben wir unser sozio-ökonomisches System so organisiert, dass fast jede/r (bis auf die extrem reiche Schicht der Plutokraten) mit ein bisschen Pech ganz unten aufschlagen kann.

    Das Gegenmodell wäre so etwas wie eine "Caring Society", in der wirklich immer für alle gesorgt ist und Wettbewerb bzw. das Konkurrenzprinzip zwar vielleicht existieren, aber eben eingehegt sind und niemanden mehr existenziell bedrohen.

  • "DIe Spahns, Linnemanns, Dobrindt und Söders sind die großen Steigbügelhalter der Nazis, die ebenfalls die Lust am Hass und am Ressentiment nutzen wollen. Sie werden dieses Spiel verlieren." (FtznFrtz)



    Das Spiel verlieren wir alle. Und viele werden vermutlich dann erst begreifen, wie hoch der Einsatz war.



    Beim Ausbau der eigenen "persönlichen Freiheit" kam manchem nämlich scheinbar jegliche Wertschätzung für die Gesellschaftsform abhanden, die ihm all das erst ermöglicht hat. Die immer weiter aufgehende Schere zwischen reich und arm verstärkt das Ganze. Die Zustände in Trumps USA scheinen mir nicht mehr allzu fern.

    • @Woodbine:

      Die xxU beobachtet ja schon ganz genau wie Trump versucht, die Demokratie in den USA zu zerstören und kopiert dessen Machenschaften. Gut daran zu erkennen, dass der "ehrenwerte" Innenminister Dobrindt (in anderen Worten, aber sinngemäß) sagte: "Ich sch**** auf Gerichtsurteile!"

  • Die rein psychologische Erklärung des Faschismus greift viel zu kurz.

    Faschismus ist eine Bewegung - und wenn sie an die Macht kommt - eine Politik gegen Freiheit, Gleichheit und Geschwisterlichkeit, sowohl im Inneren als auch gegen andere Länder.

    Das ist der Kern.

    Des weiteren ist Faschismus die Ablehnung von Aufklärung, Wissenschaft und zivilem/menschlichem Fortschritt.

    Ansonsten unterscheiden sich die historischen und aktuellen Faschismen in einigen Punkten und bilden durchaus kein einheitliches Erscheinungsbild.

    • @Uns Uwe:

      Das ist wohl richtig. Allerdings muss die Frage, warum verdammt noch mal so viele gegen ihre wirklichen - und erkennbaren Interessen - den Nationalen hinterherlaufen, betrachtet werden.

      • @aujau:

        Man unterschätzt, wie sehr national auch die Linke ist.



        Unterm Strich streitet sich das Oberdeck Deutschland immer nur darum, wie der nationale Kuchen national aufzuteilen. Der globale Süden taucht da nicht auf. Die Linke ist schon lange nicht mehr international.

    • @Uns Uwe:

      Ich finde, dass die Psychologie schon fragen kann, warum sich Menschen autoritären, rassistischen Systemen zuwenden - Systemen, die jeden Pluralismus verneinen und alle Menschen gleichschalten wollen.

      • @Il_Leopardo:

        Es ist zugegeben ein sehr einfacher Gedanke, aber vielleicht ist es der Kern der Sache:

        In einer mitreißenden und heftigen Bewegung (der historische Faschismus war wie man vielerorts nachlesen kann genau das und auch in den Definitionen taucht dieser Aspekt immer auf) fühlen sich Menschen nicht vereinsamt, nicht allein, nicht im Streit befangen.

        Es ist eine wertfreie Feststellung, dass unsere Welt - in erster Linie die öffentliche und politische Welt - voll von Streitereien ist.

        Es ist so naheliegend und fast genial einfach dies auf ihre Frage anzubringen, worin also der Reiz des Faschismus beruht.

        Eine Runde weiter gedreht - auch Inhalt jeder Definition - wird mit allen Abweichlern gewalttätig abgerechnet bis es keine Irritationen, keine Streits, keine Debatten also keine Zweifel mehr gibt. Bis sozusagen Ruhe einkehrt.

        Es ist ganz einfach was ich hier schrieb. es ist aber sehr nachvollziehbar, dass es für eine ganze Menge Leute gerade in aufwühlenden Zeiten eine Verführung darstellt. Umso mehr, wenn es noch mit einer Ideologie daherkommt, die scheinbar mit unbestechlicher Logik einen Glauben konstituiert.

        Ich glaube das ist ein wichtiger Teil der Antwort auf das "warum".

      • @Il_Leopardo:

        Zumal die Sozialpsychologie durchaus generalisierende Antworten auf strukturelle Ausgrenzungsmechanismen von Einzelnen und ganzen Gruppen bieten kann, die sich in allen Gesellschaften und unter Einfluss unterschiedlichster religiöser und politischer Ideologien/Systeme vollziehen.



        Werden diese Mechanismen wissenschaftlich systematisch erforscht und verstanden, kann das auch helfen, der Verbreitung dichotomischer Weltbilder, die die Welt strikt in Gut und Böse aufteilen, einen Riegel vorzuschieben. Denn von diesen Dichotomien leben alle autoritären Systeme, insbesondere der Faschismus.



        Und den Demokraten können die Erkenntnisse der Sozialpsychologie zur Selbstreflexion verhelfen, d.h. zu verstehen, dass die Übergänge von „Gut“ zu „Böse“ eben fließend sind.



        Und bevor jetzt die Kritik anhebt: nein, einem Werterelativismus will ich damit keinesfalls das Wort reden … es geht aber um den Missbrauch von Werten. Das ist der springende Punkt.

      • @Il_Leopardo:

        Psychologie spielt eine Rolle, das bestreite ich gar nicht. So finde ich z.B. Freuds Abhandlung über die Massenpsychologie des Faschismus wichtig, wo er die Negation des Ich und das Aufgehen in der reaktionären Masse beschreibt. Dennoch gibt es daneben noch eine nichtpsychologische, kulturell-politische Dimension, die das Verhältnis zwischen Individuum und Staat betrifft.

        Eigentlich sollten ja der Staat und die gesellschaftlichen Institutionen den genannten Werten Freiheit, Gleichheit, Geschwisterlichkeit, Aufklärung und Wissenschaft verpflichtet sein. Die Menschenrechte sind ja auch als Ansprüche des Menschen gegenüber dem Staat formuliert und nicht umgekehrt als Ansprüche des Staates an den Menschen.

        Faschismus als Psychologie ist wohl die Anbetung der Herrschaft um der Herrschaft willen.

        Das spezifisch Politische des Faschismus besteht meiner Ansicht nach darin, jede humane Weiterentwicklung der Gesellschaft nicht nur nachrangig zu betrachten, sondern zu verhindern und gleichzeitig die Fortentwicklung von Technologie, Waffen etc. zu unterstützen, weil dies die Macht (nach innen und außen) und (wirtschaftliche und militärische) Konkurrenzfähigkeit steigert.

        • @Uns Uwe:

          Nach Ihrem letzten Satz zu urteilen, wäre Faschismus dann so etwas wie eine „halbierte Moderne“ - ähnlich wie es schon in Bezug auf den politischen Islam diskutiert wurde (al-Azm: Unbehagen in der Moderne. Aufklärung im Islam) -, da er durchaus effizient die „Segnungen“ des technologischen Fortschritts für seine politischen Ziele zu nutzen weiß, geistesgeschichtlich aber vormodernen Traditionen verhaftet bleibt.



          Dagegen steht die These, Faschismus als Reflex auf den Marxismus zu lesen, da er den revolutionären Begriff der mit der Industrialisierung neuformierten Klassengesellschaft durch den der Volksgemeinschaft (Gesellschaft vs. Gemeinschaft) ersetzt. D.h. der Faschismus verkauft sein ideologisches Konzept lediglich als revolutionär, indem er vorgibt, etwas Neues, Revolutionäres zusammenzuschmieden, dieses aber nur mit den die Menschheitsgeschichte schon immer dominierenden archaischen Mitteln (Hass und Gewalt) zustande bringt.



          Linke müssten demgegenüber den (utopischen?) Anspruch aufrechterhalten, mit diesen Gewaltmechanismen zu brechen. Während der Konservatismus sie als irgendwie unabänderlich, gottgegeben etc. beschreibt, „arbeiten“ Faschisten gezielt mit diesen Mechanismen.

          • @Abdurchdiemitte:

            Guter Beitrag, danke!

            Ja, "halbierte Moderne" trifft es gut. Die moderne Technik wird benutzt, um alte, zuweilen archaische Herrschaftsverhältnisse wieder herzustellen. Dem faschistische Denken sind die modernen parlamentarischen Regierungsmethoden schon zu modern.

            Mussolini meinte, dass Faschismus primär eine Reaktion auf marxistische, revolutionäre Bewegungen sei. Aber die Mussolinis, Hitlers, Pinochets und Trumps lehnen JEDE Bewegung in Richtung einer herrschaftsfreien, emanzipativen Gesellschaft ab. Das betrifft auch nichtmarxistische Bewegungen.

            Beides hängt aber miteinander zusammen, denn es geht dem Faschismus darum, die GANZE, vollständige Moderne um jeden Preis zu verhindern, das heißt also, eine gesellschaftliche Weiterentwicklung, welche auch der Konservatismus nicht will.

            Die Unterstützung rechter Konservativer für faschistische Putsche gehört zu den Wahrheiten über den Faschismus dazu. Man denke nur an die "Chicago Boys" und an den Satz von Hayek, man müsse die Demokratie von Zeit zu Zeit in Blut baden. Hierbei geht es offensichtlich gar nicht um die Ablehnung von Gewalt, sondern nur darum, für welche Zwecke diese angewendet werden darf.

            • @Uns Uwe:

              Noch eine Ergänzung: man muss natürlich auch in Erinnerung rufen, dass ein Mussolini seine politische Karriere als Sozialist begonnen hat. Diese Tatsache kann m.E. natürlich nicht als Argument für die Hufeisen-Theorie herhalten, denn es ist wohl eher eine Binse, dass Zeitgenossen mit profilierten politischen Ansichten ihre Haltung immer ändern können, ja, selbst in andere politische Extreme überwechseln. Kein Beweis jedenfalls für irgendeine Wesensnähe bestimmter politischer Ideologien!



              Insofern bin ich allerdings auch kein Anhänger der Theorie, Neoliberalismus und Faschismus würden die selben politischen Ziele verfolgen.



              So ist auf den Widerspruch hinzuweisen, der sich zwischen einer völkisch-nationalistischen, rassistischen Abschottungs- und einer (unter Merkel noch praktizierten, jetzt aber zurückgebauten) neoliberalen Migrationspolitik ergibt, deren Intention es in erster Linie ist, dem Markt billige Arbeitskräfte zur Verfügung zu stellen.



              Lafontaine hat diesen Widerspruch seinerzeit übrigens thematisiert … die Tragik einer linkskonservativen (BSW) Migrationskritik besteht nun aber genau darin, dass dabei die Grenzen zu rechter Rhetorik eindeutig verwischt wurden.

            • @Uns Uwe:

              Nur zur Ergänzung: Paul Mason spricht von dem Paradoxon (in: Faschismus. Und wie man ihn stoppt), dass der Faschismus das Schwert sei, dass sich der Kapitalismus selbst über sein Haupt setze, um seine Fortexistenz zu sichern … insofern ist der historische Faschismus in Italien und später in Deutschland als eine lediglich pseudo-revolutionäre (bestenfalls national-revolutionäre) Bewegung zu verstehen.



              Ich bin mir nur nicht sicher, ob diese Analyse die (damals unter Kommunisten verbreitete) marxistisch-leninistische Agenten-Theorie stützen kann, nach der Faschisten lediglich als Marionetten des Kapitals agieren. Historisch hat sich das ja als falsch und fatal für den antifaschistischen Kampf erwiesen, wie übrigens auch die sogenannte (gegen die SPD gerichtete) Sozialfaschismus-Theorie der Komintern.



              Für heutige (linke) Diskussionszusammenhänge erscheint es mir essenziell, dass Verhältnis von Neoliberalismus und Neuer Rechter stärker in den Blick zu nehmen. Des öfteren wurde hier im Forum ja schon auf die Diskrepanz zwischen einer knallhart wirtschaftsliberalen AfD-Programmatik und der offen faschistischen Rhetorik einiger ihrer prominenten Vertreter (z.B. Höcke, Krah) verwiesen.

        • @Uns Uwe:

          "Die Masse ist träge" - ist meine These. Beispiel Arbeitswelt. Ich erlebte überwiegend Kollegen, die immer nur das taten, was Vorgesetzte erwarteten. Nur wenige waren bereit, Verantwortung zu übernehmen. "Die da oben" werden es schon wissen!" war das Motto. Gemurrt wurde natürlich viel. Als aber ein "Pool" eingerichtet wurde, um Kritik, Verbesserungsvorschläge etc. zu sammeln, trauten sich nur wenige aus der Masse hervor. Traurig! Ach ja, wenn es dann doch einmal zu "Verbesserungen" kam, stöhnten alle über diese Veränderungen.

  • Es will einfach nicht in den Schädel der Konservativen, dass ihr Weg ein Irrweg ist. Die klarste Kante gegen Rechts müsste von der Union kommen, die schärfste Abgrenzung. So wie die Sozis die schärfste Kritik an den Kommunisten übten.



    Kritische Flüchtlingspolitik der Union ja, aber keine Willkür, keine Drangsalierung, kein Überbordwerfen der Menschlichkeit. Sich der Story der Nazis zu unterwerfen ist der große Fehler.



    Konservative sind wirtschaftsfreundlich, kritisch bei Sozialleistungen. Aber sie stigmatisieren keine Bürgergeldempfänger, entlassen nicht Reiche aus ihrer Pflicht, einen erhöhten Beitrag zu leisten.



    DIe Spahns, Linnemanns, Dobrindt und Söders sind die großen Steigbügelhalter der Nazis, die ebenfalls die Lust am Hass und am Ressentiment nutzen wollen. Sie werden dieses Spiel verlieren.

    • @FtznFrtz:

      Ich denke auch, dass die xxU dieses "Spiel" verlieren wird.



      Spahn ist allerdings zu dumm oder zu extremistisch, das zu erkennen, denn er arbeitet ja gerade intensiv daran, 2029 mit Hilfe der RechtsextremenKanzler zu werden.

      • @Truhe:

        Ein klares Zeichen für die fehlende politische Intelligenz Spahns, 2029 reicht es für die Schwarzen nur noch für die Juniorrolle im Kabinett Weidel, wenn sie so weitermachen.

        • @FtznFrtz:

          Es wird dann kein Kabinett Weidel, sondern das Kabinett Höcke geben. Möge das von uns fern bleiben.

  • Ich denke, der Mann hat schon recht, allerdings nicht der Artikel. Denn die Zustimmungswerte der AfD kommen ja zustande, weil auch viele Leute die Partei wählen wollen, die gerade nicht allein von Ressentiments getrieben sind.

    Daher wird mit der Lösung einiger Probleme, die diese Menschen als dringlich und lange als tabuisiert erlebt haben, die Wählerschaft der AfD wieder auf den kleinen Kern von Personen zusammenschmelzen, die tatsächlich von Hass getrieben sind.

  • Die Lust am Hass, am Herabsetzen, am Behindern, an Verleumdung, an Raub, an Ungleichheit, an Schadenfreude und am Sadismus kommt aus der Gewaltkultur der Erziehung, von der Tradition der Ausbeutung, vom neurotischen Statusdenken und ist bereits Jahrhunderte vor den Nazis alltagsbestimmend gewesen.



    Literatur:



    Am Anfang war Erziehung - Alice Miller



    Wir Untertanen - Bernt Engelmann



    die Liste ist unvollständig.



    Ich werde mir den Essay des niederländischen Autoren beizeiten besorgen, danke für den Artikel.

    • @aujau:

      Da ist was dran.. der Neoliberalimus als Ideologie verstärkt das Statusdenken, Konkurrenz, Verunsicherung und somit letztendlich gegenseitige Abwertungsspiralen.

      • @Schwabinger :

        Und in solche Diskurskanäle wie Wirtschaftsliberalismus - der nur für die Produktion und Profit liberal ist - fließen dann die angestauten und gezüchteten Ressentiments.

  • Es bräuchte auch mehr Strukturen des Ausgleichs, damit die Unterschiede, die immer entstehen, - ich denke an Wohlstandsunterschiede, Reichtums- bzw. Armutsunterschiede - immer wieder gedämpft und reduziert werden. Wer mehr hat, gibt denen, die weniger haben. Das ist jedoch ziemlich konträr zu unserer Organisation von Gesellschaft und Wirtschaft.

    • @Brombeertee:

      Hass ist mir einfach, bzw. ist nur ein Teil davon. Es geht um Zügellosigkeit in einer normierten Welt, der Flucht in eine Traumwelt der Vergangenheit.

      • @FancyBeard:

        @Brombeertee Mein Post war nicht als Antwort an Sie gedacht.

  • "Was wird sein, wenn die Grenzen dicht, Diversitäten verboten und Frauen wieder nur auf das Wohlwollen der Männer angewiesen sind? Werden jene Leute, die AfD wählen, sich dann zufrieden geben?"

    Ja, der harte Nazikern wird sich dann neue Minderheiten zum terrorisieren suchen, im Zweifel Rothaarige oder Linkshänder.

    ABER die AfD wird eben nicht nur von klassischen Nazis gewählt. Wenn das so wäre, hätte die NPD doch schon seit Jahrzehnten 30% haben müssen. Bei uns im Osten haben viele von denen vorher die Linkspartei gewählt.

    • @Chris McZott:

      „Bei uns…“



      Damit haben Sie schon einen wesentlichen Bestandteil genannt.



      Zuerst kommt die Feststellung, wer „wir“ sind. Dann wird sortiert, wer nicht zu „uns“ gehört. Und dann wird gesäubert.



      Definieren - Sortieren - Eliminieren



      Das geht besonders gut in einem Umfeld, in dem Angst herrscht und auch Enttäuschung, sodass Hass und Gewaltbereitschaft einfach zu erzeugen sind. Das hat viel mit Gefühlen und Unvernunft zu tun. Wenn dann die Freude am Hass und die Freude am Sadismus dazu kommen, dann wird es gefährlich.



      Leider ist die Lage in D schon gefährlich und man kann nur hoffen, dass die Mehrheit der Menschen in diesem Land zusammensteht und dagegenhält.



      Wenn die Gesellschaft jetzt durch eine schlechte Regierung und unkluges politisches Handeln weiter gespalten anstatt zusammengeführt wird, dann wird es allerdings schwierig.

      • @Achsachbloß:

        Amen. Nennen Sie mir mal einen politischen Konflikt in dem "Wir vs die" keine Rolle spielt. Hier im Forum beschäftigen sich auch min. die Hälfte aller Kommentare damit.

        Auch Sie selbst sprechen davon, "dass die Mehrheit der Menschen in diesem Land zusammensteht" und einer "schlechte(n) Regierung "...

        • @Chris McZott:

          Ihr Vorredner liegt allerdings so falsch nicht … neben den gängigen und z.B. von der Sozialpsychologie untersuchten Ingroup/Outgroup-Mechanismen, die definieren, wer zu „meiner“ Gruppe gehört oder nicht, gibt es auch immer den Wunsch nach gesellschaftlichem Zusammenhalt und Integration.



          Ich nehme an, dass es leider immer einfacher und verlockender ist, gesellschaftlich zu exkludieren (so lange man nicht selbst z.B. als Bürgergeld-Bezieher, Migrant oder Mensch mit Behinderung zu den Betroffenen zählt) als für Solidarität und Zusammenhalt einzustehen.

        • @Chris McZott:

          Wenn Sie die AfD in die normale politische Diskussion einreihen wollen, dann habe ich darauf keine Antwort.

    • @Chris McZott:

      Da liegt ein Missverständnis vor. Die "klassischen Nazis" in den 1920er und 30er Jahren waren nicht wie die NPD. Klar gab es den Schlägertrupp der SA, aber sonst versammelte sich bei den klassischen Nazis durchaus das Kleinbürgertum.

      Die AFD ist auch nicht wie die NSDAP, sondern erinnert vielmehr an die DNVP der 1920er Jahre. Nicht das diese Feinheit nun einen riesigen Unterschied machen würde, da die DNVP in den späten Jahren der Weimarer Republik die NSDAP unterstützt hat.

      • @R. Mc'Novgorod:

        Hier liegt wirklich ein Missverständis vor.

        Mit "klassische Nazis" meine ich nicht die historischen Nationalsozialisten, sondern die heute noch existierenden Anhänger des dritten Reichs.



        Im Kontrast zu den heutigen Anhängern der AfD, die offensichtlich nicht mehrheitlich in den 1990er NPD gewählt haben.

    • @Chris McZott:

      "ABER die AfD wird eben nicht nur von klassischen Nazis gewählt. Wenn das so wäre, hätte die NPD doch schon seit Jahrzehnten 30% haben müssen."

      Die NPD hatte, genau wie die AfD, Ihre Hochburgen im Osten. Dass die Wahlergebnisse schlechter waren, dürfte am Image der NPD gelegen haben. Da hätten sich die potentiellen Wähler nicht einreden können, die Partei (und somit irgendwie auch sie selbst) sei konservativ oder Mitte oder ähnliches. Nun wählen sie eine Partei, die sich inhaltlich kaum von der NPD unterscheidet, aber ein anderes Image hat. Zumindest bei den Anhängern.

      • @Kaboom:

        Die Hochburgen der NPD brachten denen auf Landesebene seinerzeit 5-7% ein. Die AfD kommt aktuell auf ein vielfaches davon. Übrigens auch im Westen!

        Wenn Sie eine inhaltlich eine fast 100%ige Übereinstimmung zur NPD sehen, unterstellen Sie dass die Menschen sich früher aus Imagegründen nicht getraut hätten die NPD zu wählen und stattdessen vor allem CDU und PDS/Linke (!!!) gewählt haben...das ist für mich nicht sehr glaubwürdig.

      • @Kaboom:

        Hinzu kommt allerdings noch, dass AfD-Wähler den etablierten Parteien Verrat an der Demokratie vorwerfen, zumindest an dem, was sie sich unter einer Demokratie vorstellen. Die wenigsten unter ihnen würden ja als Motiv, AfD zu wählen, argumentieren, dass sie die Demokratie ablehnen. Aber ganz offensichtlich haben sie die Prinzipien einer parlamentarischen Demokratie nicht hinreichend verstanden oder sie lehnen sie entschieden ab. Oder ihnen schweben Konzepte einer plebiszitären Demokratie vor, wie sie auch in rechten Kreisen propagiert werden. Oder sie wollen einfach den Führer zurück oder die gute alte DDR. Oder, oder ,,,



        Insofern erscheint ihnen die AfD dann auch als wählbare Systemalternative, die sich der Mittel des Parlamentarismus nur instrumentell bedient … das, was politisch STATTDESSEN angestrebt wird, bleibt diffus oder wird bewusst offen gelassen.



        Und hierin liegt m.E. die eigentliche Gefahr, die von der AfD und ihren Wählern ausgeht, weniger darin, dass es natürlich auch den einen oder anderen „echten“ Nazi in ihren Reihen gibt. Bei der NPD war seinerzeit klar, was an Faschismus pur drinsteckt, die AfD präsentiert sich hier indes eindeutig zweideutig.

        • @Abdurchdiemitte:

          Ich komme aus dem Osten, die derzeitige Umsetzung demokratischer Prinzipien ist weit von dem entfernt, was ich mir unter einer Demokratie vorstelle und etwas weniger weit davon entfernt wie sie nach den 'Prinzipien einer parlamentarischen Demokratie' zu sein hat.

          Mir jetzt, unabhängig davon was ich wähle oder in meinem Fall (so transparent möchte ich hier mal sein) nicht wähle, vorzuhalten ich hätte 'die Prinzipien einer parlamentarischen Demokratie nicht hinreichend verstanden' finde ich schon sehr absurd. Was halten sie denn von dem Perspektivwechsel bei dem diejenigen die bei Ihnen die 'Anderen' sind die demokratischen Prinzipien verstanden haben während Sie sie missverstehen und dem Glauben aufliegen die Menschen/Systeme/Gesellschaften die demokratische Prinzipien immer nur grade so weit umsetzen wie möglich bzw. nötig für den Erhalt bestehender Strukturen, wären ein objektiver Maßstab dafür was demokratisch ist.

          Gewaltenteilung also die Trennung von Legisla-, Exeku-, und Judikative oder in Tatsachen: Staatsanwälte (judikative) die nicht dem Innenminister (Exekutive) unterstellt sind.



          Gleiche Wahlen

          nur mal so Stichpunkte

          • @Nostradamus:

            Ein Teil des Problems scheint mir schon darin zu liegen, dass Sie sich durch meinen Kommentar „… die Prinzipien einer parlamentarischen Demokratie nicht hinreichend verstanden …“persönlich angesprochen fühlen, obwohl Sie es möglicherweise nicht müssten.



            Und an welcher Stelle habe ich explizit von Ostdeutschland gesprochen? Vielleicht noch, indem ich erwähnte, dass die Sehnsucht nach den Zuständen in der DDR ein Motiv sein könnte, AfD zu wählen. Aber ich habe auch noch weitere Motive genannt, die genau so auf Westdeutsche zutreffen. Zum Ausdruck bringen wollte ich damit nur, dass der Aufstieg der AfD sich nicht auf monokausale Erklärungsmuster zurückführen lässt.



            Und die Prinzipien der parlamentarischen Demokratie zu verstehen, ist eigentlich auch kein Hexenwerk, denn das lernen Jugendliche schon in der Schule. Also entweder hat man es nicht mitbekommen - z.B. wegen früherer DDR-Beschulung - oder man scheitert an der Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit.



            Und ist es jetzt die Lösung, demokratiefeindliche Parteien zu wählen, weil eben diese Demokratie unvollkommen ist? Zu verbessern/verändern ist immer irgendwas, darüber sind wir uns wohl einig.

            • @Abdurchdiemitte:

              Natürlich fühle ich mich angesprochen wenn sie von Leuten sprechen die AFD wählen weil (nicht meine Schnittmenge) sie mit dieser Demokratie unzufrieden sind (meine Schnittmenge) und gleichzeitig postulieren diese hätten die Prinzipien einer parlamentarischen Demokratie nicht verstanden, weil, so ihrem Kommentar inhärent, diese Demokratie die exemplarische Umsetzung dieser sei.



              Das ist kein Teil des Problems, das ist ihre Art zu formulieren, wenn Sie etwas anderes zum Ausdruck bringen wollen fangen sie an sprachlich zu differenzieren.



              Das Ostthema habe ich hier falsch eingebracht, ist wohl der Tatsache geschuldet, dass diese Erzählung von der unverstandenen Demokratie häufig von 'demokratiesozialisierten' Menschen in Richtung 'autoritärsozialisierte' Menschen gebracht wird

              Nein, keine Lösung. War es denn bisher die Lösung einen der anderen Vertreter zu wählen?



              Also? Passives Wahlrecht nutzen? Partei gründen? Bis sie damit durch sind ... und als Einzelkandidat dürfen sie nicht antreten. Der Frust über diese Ohnmacht gegenüber dem System treibt manchen zur AFD.



              Andere in blanken Zynismus.

              • @Nostradamus:

                „War es denn bisher die Lösung einen der anderen Vertreter zu wählen?“



                Ein entschiedenes Ja! Ja, es war und es IST immer die bessere Lösung, etwas anderes als AfD zu wählen. Selbst die Wahl der Wagenknecht-Truppe ist immer noch eine bessere Lösung als die der AfD.



                Also, um nicht missverstanden zu werden: natürlich halte ich diese Demokratie NICHT für vollkommen, kann vieles von Ihrem Frust nachvollziehen … Aber Nazis zu wählen, wäre in dieser Situation so ziemlich das Letzte, was ich tun würde.



                Will mir schliesslich noch selbst in den Spiegel schauen können … und das hat absolut NICHTS damit zu tun, ob ich im Osten oder im Westen sozialisiert worden bin, sondern schlicht mit menschlicher Anständigkeit.



                Und erzählen Sie mir nicht, es gäbe nicht ausreichend (Wahl)Alternativen zur AfD.

  • Die Situation im Deutschland des 20. Jahrhunderts kann man nicht einfach auf die Situation von heute übertragen. Die Deutschen hatten den Ersten Weltkrieg verloren, der Kaiser hackte Holz im holländischen Exil, die alten Eliten hatten versagt, Reparationszahlungen waren zu leisten, die Weltwirtschaftskrise forderte ihre Opfer.



    Da hatten die Nazis gewiss leichtes Spiel. Heute sind die Deutschen "wieder wer", den meisten geht es wirtschaftlich recht gut. Im Westen der Republik feiert die AfD nicht die Erfolge, wie beispielsweise in Sachen-Anhalt. Die Wissenschaften haben m.E. noch nicht schlüssig erklärt, warum die Menschen im Osten so anfällig für ultra-rechte Ideen sind. Wäre es nur die Lust am Ressentiment, dann müsste die AfD überall gleich hohe Zustimmung finden.

    • @Il_Leopardo:

      "Die Wissenschaften haben m.E. noch nicht schlüssig erklärt, warum die Menschen im Osten so anfällig für ultra-rechte Ideen sind."

      Sozio-demografische Selektionsmechanismen würden schon vieles erklären: Abwanderung der Gebildeten (v.a. junge Frauen) aus dem Osten in den Westen. Gegenläufige Zuwanderung von Nazis aus dem Westen (Höcke und Co).



      Ostdeutsche Universitätsstädte sind nicht so verschieden zum Westen und westdeutsche Problemregionen ähneln der ostdeutschen Fläche...

      Ich persönlich meine auch, dass eingeübte westdeutsche Empörungsrituale (Was ist ultrarechts?) für gelernte Ossis einfach unglaubwürdig sind und daher wenig Effekt zeigen. Zum Beispiel wenn ein westdt. Linker in "Law-and-Order"-Politik, repressiver Migrationspolitik oder allgemeiner Wehrpflicht den Einstieg zum Faschismus sieht, dann kann ein ehemaliger DDR-Bürger darüber nur müde lächeln, denn das gab es alles in der DDR einem noch stärkerem Ausmaß, als es sich jede westdt. Partei jemals vorstellen konnte.

      Würde man den politischen Kompass westdt. Linker ernstnehmen, wäre die (ethnisch sehr homogene) DDR ein Nazi-Staat gewesen...

    • @Il_Leopardo:

      'Die Wissenschaften haben m.E. noch nicht schlüssig erklärt, warum die Menschen im Osten so anfällig für ultra-rechte Ideen sind.'

      Ich glaube kaum, dass sie seriöse Wissenschaftler finden, die sich mit den Ursachen dieses fiktiven Poblems eingehend befassen werden, aber:

      'Wäre es nur die Lust am Ressentiment, dann müsste die AfD überall gleich hohe Zustimmung finden.'

      meine These: vielleicht leben sie im Westen einfach andere Ressentiments als solche, die die AFD bedient (und ich möchte dass sie mein Augenrollen hier wenigstens typografisch wahrnehmen!)

    • @Il_Leopardo:

      Die Rechten haben den Bürgern nach dem 1.WK die Dolchstoß-Legende verkauft, heute sind es andere Lügen.



      Die AfD insbesondere erfindet regelmäßig irgendwelche Lügen. Das ist hochrelevant für die Anhänger

    • @Il_Leopardo:

      Die AfD hat schon diese Wahl die ersten Wahlkreise im Westen gewonnen. Der ländliche Westen wird in absehbarer Zeit genauso Blau werden wie der Osten. Hellblauer, aber trotzdem Blau.

    • @Il_Leopardo:

      Die Wissenschaft sagt die AfD ist dort besonders stark, wo es Probleme mit der Abwanderung gibt und dabei besonders bei Abwanderung der Gebildeten. Dabei gibt es keine feststellbaren Unterschiede zwischen Ost und West. Eher ist der Effekt im Westen sogar noch etwas stärker nur ist die Abwanderung im Osten halt viel stärker ein Problem. Werden bestimmte Gebiete im Ruhrgebiet und im Osten verglichen, die eine ähnliche Bevölkerungsstruktur haben, liegen die Ähnlichkeiten klar auf der Hand. Die Auswertung der Wahlen in NRW wird Einigen, die uns im Osten für notorische Rassisten halten vielleicht die Augen öffnen. Viel Hoffnung habe ich da allerdings nicht. Es gibt zu dem Thema eine sehr lesenswerte Studie der TU Dresden. Das Narrativ die Ossis seien halt per se Faschisten ist nun mal aber so bequem und dann müssen die strukturellen Probleme der Regionen auch nicht angegangen werden und wir können uns weiter der Nabelschau im inneren S-Bahnring zuwenden.

      • @Šarru-kīnu:

        Ich stimme Ihnen zu, die NRW-Kommunalwahlen nächstes Wochenende werden es an den Tag bringen … mit großem Interesse schaue ich dabei auf die AfD-Ergebnisse in den Ruhepott-Metropolen.



        Ich fürchte, da braut sich was zusammen.

    • @Il_Leopardo:

      "Wäre es nur die Lust am Ressentiment, dann müsste die AfD überall gleich hohe Zustimmung finden."

      Nein. Wenn - mal flapsig gesagt - Otto mit Ali an der gleichen Maschine arbeitet, wird Otto schwerer davon zu überzeugen sein, dass Ali böse ist, als Fritz, dessen Kenntnisse über Ausländer sich darauf beschränken, hin und wieder mal "Lanz" zu gucken.

      • @Kaboom:

        Interessant wird es allerdings, wenn Sie mit Ali über Ausländer sprechen. Das, was Sie dann zu hören bekommen, könnte Sie nachhaltig verunsichern.

        Ich lebe in einer der größten Städte im Ruhrgebiet und gehe davon aus, dass NRW am Sonntag tatsächlich ein "blaues Wunder" erleben wird, wobei die negative Konnotation des blauen Wunders ausdrücklich beabsichtigt ist. Zwar werden Essen, Dortmund, Bochum oder Duisburg keine AfD-Bürgermeister stellen, da in den Stichwahlen die AfD-Kandidaten chancenlos sein werden, aber dass die AfD in vielen Städten stärkste Partei werden könnte, halte ich für nicht unwahrscheinlich.

      • @Kaboom:

        Sie sprechen mir aus der Seele. Ich lebe hier in einer Großstadt mit 120 Nationen - im allgemeinen recht friedlich zusammen.



        Während der DDR hatten die Menschen kaum zu Ausländern Kontakt. Deshalb wohl die Ressentiments gegen Ausländer. Für die sind die Ausländer "fremd" und man muss sich vor ihnen hüten.

  • Ressentiment ist unheimlich freudstiftend, das dürften alle kennen, die sich mal haben mitreißen lassen. Hier im Forum, im Stadion, im Familienkreise, einfach so.



    Mensch muss sich solche Pseudofreude auch mal vergönnen können. Vor allem wenn sie in rechtsradikale Ecken zielt. Sonst kommt ein schlimmer Kater.

    • @Janix:

      Noch mal versucht: vergönnen ist eben _nicht gönnen. Ich plädiere _gegen das süße Gift Ressentiment.

    • @Janix:

      Das Blöde an dieser Pseudofreude ist, dass Mensch sich davon auch zu weit in die falsche Richtung hinreißen lassen kann.

  • Wohin man blickt haben die Faschisten wieder Aufwind!

    • @Mick Mauser:

      Den hatten sie leider immer. Es war früher nur schwieriger, ohne Handy und Internet mit dem Trabant, Mercedes oder Zug in den beiden deutschen Staaten durch die Kante zu hetzen.

  • Im Juni 2015 wollten 3% der Deutschen die Flüchtlinge vertreiben, die LGBT-Community kasernieren, die Selbstbestimmung der Frau verbieten.



    Heute sind es 24%.

    Bleibt die Frage - Warum?



    Einen Fingerzeigt gibt Marko Wanderwitz. Er hat festgestellt, dass diese Leute diktatursozialisiert und noch nicht in der Demokratie angekommen sind. Ihre Zahl hat sich in den letzten zehn Jahren verachtfacht.

    • @Frank Naumann:

      Wie erklärt man sich dass dann in Hinblick auf die ehemalige BRD, wo man auch um die 20% Prozent hat die für die AgD sind? Bei denen wurde die Demokratie an sich scheinbar auch nie als Wert angesehen.

      • @Axel Schäfer:

        Die Ironie ist, dass dieselben Menschen, die an der Realität vorbei debattieren sich ständig wundern warum sie von der Realität überholt werden und spätestens bei den nächsten Kommunalwahlen wird das dann wieder von vorne losgehen

      • @Axel Schäfer:

        Im Westen haben - dazu gibt es langjährige Untersuchungen von Prof. Heitmeyer - 15-20% der Einwohner rechtsradikale Ansichten. Die AfD dürfte im Westen also gerade ihr Wählerpotential voll ausschöpfen.



        Wie groß das Wählerpotential im Osten ist, ist aktuell nicht wirklich klar, dass die Positionen der Neubraunen dort allerdings mehrheitsfähig sind, ist längst geklärt.

        • @Kaboom:

          "Wie groß das Wählerpotential im Osten ist, ist aktuell nicht wirklich klar..."

          39% in Sachsen Anhalt. Stand doch in allen Schlagzeilen!

          • @Rudolf Fissner:

            Die 39 % sind die Leute, die angeben, aktuell AfD wählen zu wollen. Das Wählerpotential ist der Teil der Leute, die potentiell AfD wählen könnten. Das eine hat mit dem anderen schlicht gar nichts zu tun.

    • @Frank Naumann:

      Und wie erklären Sie sich, dass im "Länd", NRW die AFD auch heftig im Aufwind ist. Herrscht im Schwarzwald und Gelsenkirchen auch "Diktatursozialisierung"?

      • @Leningrad:

        Nee. Gelsenkirchen hat gut 15% Arbeitslose, knapp doppelt so viel wie beispielsweise SA. Dafür aber prozentual etwa halb so viele AfD-Wähler wie SA. Und ich glaube eher nicht, dass Freiburg i.B. eine AfD-Hochburg ist.

        • @Kaboom:

          Freiburg i.B. liegt - wie der Name schon sagt, im Breisgau, aber nicht im Schwarzwald.



          Schauen Sie mal an den Nordrand des Schwarzwalds (Pforzheim) wo schon Wahlkampfmaterial in kyrillischer Schrift verwendet wurde - oder nach Villingen, wo in entsprechenden Wahlbezirken auch ohne solche Flyer 40% AfD wählen. Oder in den Wahlkreis Calw, wo die Direktkandidatin Saskia Esken nur Drittplazierte wurde - mit halb so viel Stimmen wie der Zweitplatzierte von der AfD...

    • @Frank Naumann:

      Ihr letzter Absatz suggeriert, es wäre ein Ost-Problem. 24 % ist mehr als der gesamte Osten an Einwohners hätte. So einfach ist es nicht.

  • Das ist ein schmales aber gewichtiges Werk, zumal wenn die Ausgabe die deutsche Übersetzung von Albert Vigoleis Thelen beinhaltet. Diese stammt immerhin aus den 30er Jahren.

    Zum Leseverständnis ist es zudem hilfreich Max Schelers Werk "Das Ressentiment im Aufbau der Moralen" von 1912 begleitend zu lesen, da Menno ter Braak in seiner Schrift häufig Bezug auf die Analysen Schelers nimmt, der als einer der Ersten die emotiven Funktionen des Ressentiments erforscht hat. Schelers Buch ist im Rahmen der roten Reihe in der Edition Klostermann erschienen.

  • Tja und an dieser Stelle bleibt nur wieder die Forderung an die demokratischen politischen Parteien endlich das Verbot der AFD beim Bundesverfssungsgericht zu beantragen. Es geht nämlich nicht nur um sie selbst. Es geht um unser demokratisches Gemeinwesen, für das auch die demokratischen Parteien verantwortlich sind!

    • @shitstormcowboy:

      Klarheit zu haben ist wichtig. Deshalb muss schleunigst das Verbotsverfahren eröffnet werden.

      .

      Allerdings glaube ich, dass die AfD das Verfahren gewinnen würde. Die Argumente des abhängig agierenden Verfassungsschutzes sind einfach nicht stark genug.

    • @shitstormcowboy:

      Der VfS beobachtet die AfD erst seit einem halben Jahr mit den Mitteln, mit denen auch andere Verfassungsfeinde beobachtet werden. Ich halte das für einen ziemlich kleinen Zeitraum. Denn eins ist mal klar: Schiefgehen darf das nicht.

      • @Kaboom:

        Rofl. 2019 ist für Sie nur ein halbes Jahr?

        Die Junge Alternative wurde beispielsweise 2019 erstmals vom Bundesamt für Verfassungsschutz als Verdachtsfall im Bereich Rechtsextremismus eingestuft. Wurde Also auch schon eine ganze Zeitlang davor bereits beobachtet.

        • @Rudolf Fissner:

          Sie haben offenkundig - sorry - mal wieder keine Ahnung, wovon Sie reden. Die Einstufung als Verdachtsfall definiert andere Methoden der Beobachtung als die Einstufung als die Einstufung als gesichert rechtsextremistische Bestrebung. Deshalb war das Gutachten des VfS so, wie es eben war.



          Und die Einstufung der AfD als gesichert rechtsextremistisch geschah Anfang dieses Jahres, bekannt wurde das im April. Und anders, als von gewissen Kreisen kolportiert, wurde die Einstufung weder zurückgezogen noch ausgesetzt, noch sonstwas. Was ausgesetzt wurde, war die Wiederholung dieser Aussage in der Öffentlichkeit. Die Änderung der Einstufung ermöglicht u.a. den Einsatz von V-Männern.

          • @Kaboom:

            Rofl.Lesen Sie ihren Satz nochmal. Sie schrieben dass der Verfassungsschutz die AfD erst seit einem HALBEN JAHR beobachten würde. Das ist, wie ich hnen aufgezeigt habe Dumfug.

    • @shitstormcowboy:

      Ich kann es kaum erwarten, dass das Verbotsverfahren eingeleitet wird!

  • In ihrem taz-Text „Die Lust am Hass bleibt“ verknüpft Waltraud Schwab – mit Verweis auf Menno ter Braak – Ressentiment als „demokratisches Paradoxon“ direkt mit der heutigen AfD-Wählerschaft (taz.de). Ressentiments gibt es, klar. Doch problematisch ist der Vergleich, der nahelegt: AfD-Wähler seien von derselben Lust getrieben wie einst die Nazis. Das diffamiert, pauschaliert und schwächt letztlich die Debatte.

    Wähler haben komplexe Motive: ökonomische Ängste, fehlende Perspektiven, Identitätssuche. Wer das mit einem Nazi-Vergleich abtut, verweigert ernsthafte Auseinandersetzung. So wird die Spaltung tiefer, nicht kleiner.

    Kritik an der AfD ist nötig – aber differenziert und argumentativ, nicht moralisch verkürzend. Ressentiment zu entlarven reicht nicht, man muss zeigen, wie man es überwindet: mit Argumenten, klarer Sprache und demokratischer Haltung. Nur so wird die Gesellschaft nicht schwächer, sondern stabiler.

    • @Jörg Radestock:

      Es ist ter Braaks These, dass man Ressentiment eben nicht mit Argumenten überwindet, weil seine Funktion eine andere ist. Zitat: "Wer hier mit der Kurzsichtigkeit des altmodischen Kritikers nach ›Körnchen‹ Wahrheit sucht, hat sich im Voraus verrechnet."

      Ähnliches lese ich auch bei Nils Kumkar. Standpunkte werden auch wider besseres Wissen vehement vertreten, selbst die durchsichtigsten Lügen werden hingenommen (Trump!), um sich die eigene "Wahrheit" zu bestätigen.

      Und wird, sozusagen aus Versehen, mal eine Forderung erfüllt (z.B. Grenzen werden geschlossen), so sucht sich das Ressentiment sogleich ein anderes Ziel, um sich auszutoben (Bürgergeldempfänger).

      Weshalb ich mich frage was geschähe, wenn in ganz Europa die Rechten an die Macht kämen. Ich prophezeie: Nachdem sie die inneren Gegner unterworfen hätten, würden sie aufeinander losgehen, denn eine Lehre, die sagt: "Wir (ich) zuerst" braucht zwingend einen Feind.

      • @Klabauta:

        Eine These wonach die Debatte verweigert wird weil der andere immer nur 100% Ressentiments hat und man selber zu 100% recht, ist der Tod der Demokratie.



        Sie stellt ein Viertel der Wähler als unbelehrbare Trottel dar.

        • @Rudolf Fissner:

          Ihre Antwort belegt nur, dass Sie das Buch nicht gelesen haben. Dort wird keineswegs behauptet, dass "der andere immer nur 100% Ressentiments hat und man selber zu 100% recht".



          Insofern: Ohne Grundlage diskutieren ist schwierig, Herr Fissner.

      • @Klabauta:

        Arbeiten sie sich nicht zu sehr an der reinen Begrifflichkeit des Ressentiments ab.

        Entscheidend ist das Ressentiments auch in ein kollektives Bewusstsein transformiert werden müssen um zu wirken. Denn sozialer Protest ist auch immer an der Herausbildung eines Gruppenbewusstseins gebunden.

        Es handelt sich hierbei letztendlich um Machtkonflikte, die in einer von Abstiegsdynamiken geprägten Gegenwart rechte Protestparteien stärker werden lassen.

        Ein Prozess der im Laufe der Geschichte schon häufiger eingetreten ist und dessen erneuter Beginn das Ende des Kalten Krieges markierte.

        Das gemeinsame Band der Abschreckung zeriss und ebnete den Weg für überdeckte kulturelle, ethische und nationale Konflikte.

        Und die gab es sehr wohl auch in Deutschland z.B. im Ost-West Verhältnis.

        Aufgrund der demografischen Verhältnisse ist der Osten dem Westen in Hinsicht der Zuwendung von rechten Positionen einen Schritt voraus. Der Westen schließt jedoch allmählich auf, denn auch hier wird der Blick vermehrt nach unten gerichtet.

        Dieser Blickwinkel ist dabei entscheidend. Negative oder positive Zukunftserzählungen werden bestimmen, ob die Rechten mehrheitsfähig werden oder nicht.

        • @Sam Spade:

          Mag sein, dass ich mich zu sehr auf den Begriff Ressentiment beziehe (abarbeiten würde ich nicht sagen), da er für mich eine schlüssige Erklärung bietet für ein m.E. irrationales Verhalten von AfD-Wählenden, die ganz offensichtlich in den meisten Fällen gegen ihre eigenen Interessen stimmen, bin damit aber nicht alleine.



          Die Leipziger Autoritarismus-Studie 2024 trägt den Titel "Vereint im Ressentiment", zu ähnlichen Schlüssen kommen auch Amlinger/Nachtwey in "Gekränkte Freiheit" u. die von mir bereits an anderer Stelle erwähnte E. Illouz in "Undemokratische Emotionen".



          Natürlich gibt es Voraussetzungen, die ein derartiges Verhalten befördern, und dazu zählt ganz sicher die neoliberale Vereinzelung und der dazugehörende Staatsrückbau, aber auch die multiplen Krisen der Gegenwart. Ressentiment ist für mich auch ein Symptom von Regression und Überforderung.



          Zitat Leipziger Studie, die ihrerseits S. Hall zitiert: "Hall stellte bereits in der Frühphase dieser neuen Ordnung fest, dass die Reaktion auf sie keinesfalls eine breite Solidarisierung ist, sondern ein »autoritärer Populismus« (Hall, 1982)."



          Nur eine Diagnose, keine Lösung des Problems.

    • @Jörg Radestock:

      Die äußeren Umstände, zB wirtschaftliche Verhältnisse, bilden selbstverständlich Ängste und Perspektiven, wie gesagt, äußere Umstände, jedoch die "Lust" (am Hetzen pp.) ganz persönliche.

    • @Jörg Radestock:

      Das hat man ja jetzt an Palmers Versuch gesehen, die Faschisten diskutieren nicht die Schreien ihren Hass raus, wie auch bei all ihren Veranstaltung. Weidel und Höcke haben Kreide gefressen oder halten sich zurück und gaukeln der "bürgerlichen Mitte" Anschlussfähigkeit und Harmlosigkeit vor, während Spahn, Söder und Dobrindt die Mitte nach Rechts drängen.

      • @Axel Schäfer:

        Bei Palmer hat die Antifa geschrien und Hass von sich gegeben, die AfD hat sich zurück gelehnt. Genauso, wie im Februar dieses unsägliche Schild " Ganz Berlin hasst die CDU", über Hass reden und dann selbst den Begriff gegen andere einsetzen - entweder Dumm oder Naiv - übrigens gingen die Mandate in Berlin an die CDU - blöd halt wenn angeblich ganz Berlin die CDU hasst.

      • @Axel Schäfer:

        Ich habe die Veranstaltung mit Palmer nicht gesehen, nach dem Medienberichten waren es aber nicht Rechtsextreme, sondern angebliche "Verteidiger der Demokratie", die da herumgeschrieen haben.

        • @Dr. McSchreck:

          Wenn DEMOKRATISCHE Menschen gegen eine rechtsextreme Partei demonstrieren, die versucht, die Demokratie zu zerstören, sind das also Ihrer Meinung nach Zitat: "Angebliche "Verteidiger der Demokratie""?

          • @Truhe:

            Ich weiß nicht, ob Leute, die politische Diskussionen stören, sabotieren und letztendlich unterbinden möchten, wirklich demokratische Menschen sind.

          • @Truhe:

            Wenn sie nicht demonstrieren, sondern versuchen, die Veranstaltung zu verhindern bzw. durch Lärm und Randale zu übertönen, dann muss ich Ihre Frage bejahen. Dann sind das Leute, die - möglicherweise aus Unwissenheit - der Demokratie mehr schaden als nützen.

      • @Axel Schäfer:

        Genau. Die autoritären Nationalisten diskutieren nicht, weil sie keinen Kompromiss suchen. Das ist das Wesen des Autoritären.



        Und wenn man die wählt, braucht man die Folgen des Hetzens nicht füchten, denn es ist Staatsdoktrin, wie auch aktuell von CD/SU immer mal wieder angetestet ("... Mitte nach Rechts drängen.).



        Und Spahn, Dauergast bei Nius, bereitet schon seine schwarz-braune Zukunft als Berufspolitiker vor.

  • Ich habe mir das Buch aufgrund der Besprechung von Waltraud Schwab bestellt und gerade zu Ende gelesen. Auch wenn ich nicht in allem mitgehe, was ter Braak schreibt, so ist seine Diagnose doch sowohl scharfsichtig als auch erschreckend aktuell.



    Er zeigt deutlich auf, dass die zur Rechtfertigung ihres Hasses angeführten "Argumente" nur Scheinargumente sind, hinter denen sich das reine Ressentiment verbirgt, das sich immer neue Gründe für seinen Hass sucht. Und so erteilt er auch Jenen eine Absage, die hoffen, man könne die Hasserfüllten überzeugen mit der Kraft des besseren Arguments. Ein trauriges, weil sehr pessimistisches Buch.

    • @Klabauta:

      Das ist alles richtig, zu dem exakt selben Schluss ist man in den USA gekommen, nachdem man 10 Jahre lang versucht hatte, den Donald Trump- Wutwähler wieder zurückzugewinnen. Darüber hat die US Linke sich jahrelang selbst zermartert, man hat unzählige Journalisten in den mittleren Westen geschickt, um "den weissen ländlichen Wähler zu verstehen", man hat Trump- Wählern pflichtschuldigst eine Plattform für ihre Ressentiments und Ignoranz eingeräumt, man hat das Erstlingswerk eines damals völlig unbekannten Autors namens J.D. Vance mit Lobhudeleien und Literaturpreisen überhäuft und ihn national bekannt gemacht. Das Resultat ist bekannt.

      Diesen ganzen Unsinn kann man diesmal hoffentlich abkürzen. Es geht nicht um Argumente oder politische Vorteile, sondern um die Freude an der Schadenfreude. In Form des bösartigen Entertainments, das DT sehr gut beherrscht, entwickelt sich eine Suchtwirkung.

      Was die jetzige Regierung macht, ist ebenfalls das Gegenteil von Entradikalisierung.

    • @Klabauta:

      "Und so erteilt er auch Jenen eine Absage, die hoffen, man könne die Hasserfüllten überzeugen mit der Kraft des besseren Arguments. Ein trauriges, weil sehr pessimistisches Buch."



      Das werde ich dank dieser Worte auch persönlich durch Lektüre überprüfen.



      Vielen Dank.



      Auch die Frankfurter Schule beschäftigte sich frühzeitig mit den Voraussetzungen für den Nationalsozialismus. Offensichtlich wurden viele Erkenntnisse nicht beachtet, weil eben nicht gelesen.

    • @Klabauta:

      Ich glaube, dass ich mir das Buch auch bestellen sollte.