Aufruf von Wagenknecht und Schwarzer: Ruiniertes Lebenswerk

Sahra Wagenknecht und Alice Schwarzer haben ein „Manifest für den Frieden“ veröffentlicht. Sie entblößen sich damit als amoralisch.

Eine blonde Frau, Alice Schwarzer, blickt lächelnd schräg nach oben

Enthüllt sie sich mit dem Manifest als Antifeministin? Alice Schwarzer Foto: Henning Kaiser/dpa

Sie nennen es „Manifest für den Frieden“, diese beiden Frauen, und es handelt sich um exakt das Gegenteil: Es muss, aus jeder vernünftigen linken und emanzipatorischen Logik heraus, als „Manifest für die Unterwerfung“ bezeichnet werden, was die beiden Initiatorinnen Sahra Wagenknecht und Alice Schwarzer lanciert haben. Sich der Politik Wladimir Putins untertan machen, sagen sie mit Blick auf die militärisch gerade durch russische Militärs seit knapp einem Jahr in Verheerung gebrachte Ukraine.

Dieser Aufruf ist so empörend falsch, weil er die Angegriffenen obszön moralisch ins Unrecht stellt – und obendrein ihre westlichen Freund*innen, die Staaten der Nato etwa. Sei’s drum: Es ist nicht die erste Positionierung der beiden und ihrer Schar an Ba­ga­tel­li­sie­re­r*in­nen der Putin’schen Aggression, und ihr Wirken ist selbstverständlich durch das hohe Gut der Meinungsfreiheit gedeckt. Sie alle stellen sich offenbar den Krieg des Goliaths gegen David eher wie eine aus dem Ruder geratene Rauferei vor – da muss dann eben ein Stuhlkreis her. Das darf, das muss man als politobszön verstehen, denn nirgendwo ist Putin der Adressat, sondern jene, die der Ukraine mit Waffenlieferungen helfen wollen – zur Selbsthilfe.

Es sind trist stimmende Namen, die Wagenknecht und Schwarzer folgen: Käßmann, Sonneborn, Butterwegge, aber sie hatten in puncto „noch ganz bei Trost“ schon zuvor nicht mehr alles beisammen. Was verstört, ist vielmehr, dass alles, was an Wagenknechts Kritik an ihrer Partei noch halbwegs triftig war, nichtig gemacht wurde.

Und, gravierender noch, dass Alice Schwarzer, die ihren Neiderinnen zum Trotz ein Lebenswerk stärkster Kraft gebastelt hat, sich durch diese Interventionen als Antifeministin enthüllt: Spricht das „Manifest“ davon, „Frauen wurden vergewaltigt“, spricht es nicht über die Täter, auch nicht Putin. Man mag sich kaum vorstellen, wie beide etwa 1943 über den Aufstand im nazieingehegten Ghetto von Warschau formuliert hätten. Amoralisch sie alle, nichts anderes.

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Postbote, Möbelverkäufer, Versicherungskartensortierer, Verlagskaufmann in spe, Zeitungsausträger, Autor und Säzzer verschiedener linker Medien, etwa "Arbeiterkampf" und "Moderne Zeiten", Volo bei der taz in Hamburg - seit 1996 in Berlin bei der taz, zunächst in der Meinungsredaktion, dann im Inlandsressort, schließlich Entwicklung und Aufbau des Wochenendmagazin taz mag von 1997 bis 2009. Seither Kurator des taz lab, des taz-Kongresses in Berlin, sonst mit Hingabe Autor und Interview besonders für die taz am Wochenende. Kurator des taz lab und des taz Talk. Interessen: Vergangenheitspolitik seit 1945, Popularkulturen aller Arten, besonders der Eurovision Song Contest, politische Analyse zu LGBTI*-Fragen sowie zu Fragen der Mittelschichtskritik. Er ist auch noch HSV-, inzwischen besonders RB Leipzig-Fan. Und er ist verheiratet seit 2011 mit dem Historiker Rainer Nicolaysen aus Hamburg.

Wir alle wollen angesichts dessen, was mit der Ukraine derzeit geschieht, nicht tatenlos zusehen. Doch wie soll mensch von Deutschland aus helfen? Unsere Ukraine-Soli-Liste bietet Ihnen einige Ansätze fürs eigene Aktivwerden.

▶ Die Liste finden Sie unter taz.de/ukrainesoli

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