Wasserstoffprojekt abgebrochen: Elektrolyseur ist einfach zu teuer

Die Kundenflyer waren schon fertig, doch dann musste das Industriekonsortium aufgeben. Die Kosten des Projekts in Schleswig-Holstein waren zu hoch.

Windräder vor einer beleuchteten Raffinerie.

Windenergie gibt es an der Raffinerie Heide in Schleswig-Holstein genug Foto: Paul Langrock

FREIBURG taz | Selbst eine satte Förderzusage konnte das Projekt nicht retten: Die einst als „der größte Elektrolyseur Deutschlands zur Erzeugung grünen Wasserstoffs“ gepriesene Anlage in der schleswig-holsteinischen Stadt Heide (Landkreis Dithmarschen) wird nun doch nicht realisiert. Die Baukosten der Industrieanlage, die über eine Leistung von 30 Megawatt verfügen sollte, sind schlicht zu hoch.

Die Raffinerie Heide hatte das Projekt zusammen mit den Firmen Ørsted und Hynamics – einer Tochtergesellschaft des französischen Energiekonzerns EDF – vor drei Jahren gestartet. Weitere Partner wie der Baustoffproduzent Holcim stießen hinzu. Der Plan bestand darin, überschüssige Windenergie zur Wasserstoff-Erzeugung zu nutzen. Die Konstellation vor Ort ist günstig: Die Raffinerie ist bereits seit 1964 an eine Wasserstoffpipeline angeschlossen sowie an ein System aus Salzkavernen, die als geeignet gelten, Wasserstoff zu speichern. Der Wasserstoff sollte zum Heizen, in Fahrzeugen und in der Industrie eingesetzt werden.

Daher sind bei dem mit rund 36 Millionen Euro öffentlich geförderten „Reallabor Westküste 100“ auch die Stadtwerke Heide mit im Boot, die den erzeugten Wasserstoff gemeinsam mit dem Stadtwerke-Verbund Thüga unter dem Label „GrünerHeizen“ vermarkten wollten.

In einem Teilgebiet des städtischen Gasnetzes sollte die Wärmeversorgung für die Kunden „ohne zusätzliche Kosten und bei gleichem Heizkomfort klimafreundlicher gestaltet werden“, indem man anfangs 10, später 20 Prozent Wasserstoff dem Erdgas beimischen wollte. Die Stadtwerke sprachen von einem „Modell, das für ganz Deutschland ein Vorbild für die Energiewende im Bereich Heizen werden kann“.

Technisch möglich, aber ökonomisch nicht tragfähig

Die Flyer für die Kunden waren längst fertig, doch dann zeigte sich, dass nicht alles, was technisch geht, auch ökonomisch tragfähig ist. Das liegt auch an einem grundsätzlichen Problem, vor dem jeder Betreiber eines Elektrolyseurs steht. Einerseits legen die hohen Kapitalkosten eine möglichst lange Laufzeit einer jeden Anlage nahe – idealerweise mehr als 8.000 Stunden pro Jahr.

Andererseits hat das dann aber zur Folge, dass nicht ausschließlich billiger Überschussstrom (in diesem Fall Windstrom) genutzt werden kann, sondern dass man auch in solchen Stunden Strom beziehen muss, wenn dieser am Markt knapp und entsprechend teuer – und vor allem auch kein Ökostrom – ist.

Erzeugt man hingegen nur in den Stunden von Windüberschuss und entsprechend niedrigem Strompreis Wasserstoff, bleibt die Laufzeit eines jeden Elektrolyseurs zwangsläufig gering. In diesem Fall können die hohen Fixkosten nur auf relativ wenige Betriebsstunden umgelegt werden, was eine langfristige Deckung der Investitionskosten ebenfalls kaum realistisch macht. Angesichts dieser Konstellation und der hohen Investitionskosten zogen die Projektbeteiligten in Heide nun die Reißleine.

Das größere Projekt „Westküste 100“ bleibt

An einem noch weitaus größeren Nachfolgeprojekt wollen die Projektpartner – es sind weitgehend dieselben wie beim Projekt „Westküste 100“ – gleichwohl festhalten. Dieses „Skalierungsszenario“ trägt den Namen „Hyscale 100“ und besteht aus einem Elektrolyseur zur „großtechnischen Wasserstoffproduktion“, wie es bei der beteiligten Firma Holcim heißt. Die Raffinerie Heide spricht von einer Elektrolyseurkapazität von bis zu 500 Megawatt, die auf ihrem Firmengelände in den nächsten drei Jahren entstehen könnten. Anschließend solle die Kapazität sogar „auf bis zu 2,1 Gigawatt skaliert werden“.

Zuschüsse soll es reichlich geben: 194 Millionen Euro hat die schleswig-holsteinische Landesregierung dafür bereits eingeplant. Da diese Anlage unter die sogenannten IPCEI-Projekte der EU fällt (Important Projects of Common European Interest), dürften nochmals mehr als doppelt so viel an Fördermitteln vom Bund hinzukommen. Damit käme eine Fördersumme im mittleren dreistelligen Millionenbereich zusammen – was dann vielleicht ausreicht, um zumindest dieses Projekt umzusetzen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.