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Foto: Erik Irmer

Leben ohne AutoKommt Zeit, kommt Rad

Mit drei Kindern und ohne PKW ist unsere Autorin in den Wald gezogen. Geht das – ein Leben auf dem Land ohne Auto?

A m Morgen des 3. Januar ist es so weit. Um 5.50 Uhr sitze ich mit dem Handy in der Hand auf dem Klodeckel und tippe bei Ebay-Kleinanzeigen „Gebrauchtwagen“ und meine Postleitzahl ein. Nur mal schauen.

Neben mir peitscht der Regen gegen das Badezimmerfenster, es ist stockdunkel, das Thermometer zeigt 1 Grad über Null. In weniger als einer Stunde müssen mein Freund oder ich unsere zwei Grundschulkinder durch den Wald zur 2,5 Kilometer entfernten Bushaltestelle bringen. Ohne Auto, wie immer. Straßenlaternen gibt es am Rande des Weges nicht, nur Hunderte Kiefern, die im Wind schwanken.

Etwa ein Jahr zuvor, kurz vor Weihnachten 2020, sind wir aus Berlin nach Brandenburg gezogen. Nicht in eine Kleinstadt mit S-Bahn-Anschluss, nicht in ein Dorf mit Regionalbahnhof, sondern in eine Mietwohnung in einem Zweifamilienhaus, das allein mitten im Wald steht.

Dass wir in der Berliner Innenstadt mit drei kleinen Kindern ohne Auto lebten, fiel in unserem Umfeld nicht weiter auf. Aber wenn ich vom geplanten Umzug erzählte, fragten mich plötzlich dieselben Menschen: Dann kauft ihr aber schon ein Auto, oder? Dann macht dein Freund bestimmt auch endlich einen Führerschein?

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Dabei waren doch die vielen Autos einer der Gründe, warum wir wegwollten. Weg aus unserer Wohnung, die gefühlt auf einer Kreuzberger Verkehrsinsel lag. Nach vorne raus ein Balkon, von dem man das Rauschen dreier verschiedener Straßen hörte. Nach hinten raus ein kleiner Hinterhof, der fast komplett zugepflastert war, um möglichst viele Pkw-Stellplätze zu vermieten.

Wir wollten weg von den 20 Minuten Adrenalin, zweimal täglich, wenn wir auf dem Fahrrad zur Kita fuhren, auf Straßen ohne Radweg. Autofahrer gegen Radfahrer, Radfahrer gegen Fußgänger, Busfahrer gegen alle. Wir wollten weg von der Kreuzung, an der unsere frühere Nachbarin auf ihrem Fahrrad von einem rechts abbiegenden Lkw überrollt wurde und starb. Weg, endlich raus.

Auf dem Land geht es aber eben nicht ohne Auto! Wenn auf deutschen Podien zwischen Husum und Rosenheim über die Verkehrswende diskutiert wird, wenn darüber gestritten wird, was zu tun wäre, um die Klimakatastrophe zu stoppen und wegzukommen von Putins Öl, dann fällt irgendwann fast immer dieser Satz. Auf dem Land geht das nicht.

Der Satz funktioniert quasi als Universalargument gegen Veränderung. Und es stimmt ja, wenn man auf die Zahlen schaut: Von den ländlichen Haushalten, in denen mehr als ein Mensch lebt, haben nur 3 Prozent gar kein Auto. Mehr als die Hälfte besitzen zwei oder mehr. 44 Kilometer ist jede Person hier am Tag durchschnittlich unterwegs, davon mindestens 35 am Steuer oder auf dem Beifahrersitz. Und eine überwältigende Mehrheit dieser Menschen ist mit der Automobilität zufrieden. Kein Veränderungsbedarf also.

Aber genau diese Leute, Leute genau wie wir, zerstören diesen Planeten. Menschen, die raus aus den Städten ziehen, dabei die Landschaft mit Einfamilienhäusern zubetonieren und dann trotzdem zum Arbeiten in die Stadt wollen. Die dafür mindestens zwei Autos brauchen und die Straßen in die Metropolen hinein verstopfen. Wer in einer Großstadt kurze Wege hat und damit Verkehr vermeidet, schützt die Umwelt möglicherweise mehr als diejenige, die raus in die Natur zieht.

Geht das auch anders? Wir wollten es probieren.

Unsere Versuchsanordnung: zwei Erwachsene, die in Homeoffice-kompatiblen Berufen arbeiten, aber zwei- bis dreimal in der Woche nach Berlin pendeln. Eine Strecke: 35 Kilometer. Eine Siebenjährige und ein Neunjähriger, die um 7.30 Uhr im Klassenraum sitzen müssen: 13 Kilometer. Eine Vierjährige, die im Nachbardorf in die Kita geht: 3 Kilometer. Der nächste Supermarkt: 3,5 Kilometer. Das nächste Krankenhaus: 8 Kilometer. Auch dazu kommen wir später leider noch.

Dezember 2020. Bevor ich mit der Mobilitätswende überhaupt loslegen kann, haben mir meine Eltern schon einen ihrer SUVs vor die Tür gestellt. Wir haben noch keinen Küchentisch, aber schon einen Geländewagen. Leihweise, sagen meine Eltern, für die Umzugszeit. Ich klappe die Sitzbänke um und schiebe gebrauchte Kommoden, auseinandergebaute Hochbetten und Baumarkt-Holzleisten durch die Kofferraumtür ins Innere.

Beim Dinge-Transportieren höre ich Radio und denke übers Autofahren nach. Dass der Abschied vom eigenen Wagen vielen Menschen so schwerfällt, hat nicht so viel mit Verstand zu tun. Selbst in den Städten, wo es Alternativen gibt, die belegbar gesünder, günstiger und zeitsparender sind, nimmt die Zahl der Autos nicht etwa ab, sondern weiter zu. Obwohl im Durchschnitt nur 1,4 Menschen in einem Pkw sitzen, werden die Fahrzeuge immer größer. Alle Erfahrungen der Verkehrspolitik der letzten Jahrzehnte zeigen: Mit guten Argumenten ändert man keine Realitäten. Zwei der wichtigsten Stellschrauben für Veränderung heißen Gewohnheit und Gefühl.

Das Auto, die Unabhängigkeit. Natürlich erinnere ich mich an mein Erstes

Ich kenne diese Welt, die nach Diesel und Motoröl riecht, gut. Meine Eltern sind Bauern, sie haben eine eigene Tankanlage und drei Autos. Weil immer eins entweder irgendwo Ersatzteile für einen Mähdrescher abholen muss oder gerade zu Schrott gefahren wurde. Ihr Hof liegt am Rande eines Mecklenburger Dorfes, und wenn ich dort als Jugendliche an der Bushaltestelle fror, träumte ich definitiv von anderen Dingen als von einer autofreien Gesellschaft. Wie alle anderen hatte ich am 18. Geburtstag meine Führerscheinprüfung schon hinter mir.

Natürlich erinnere ich mich an mein erstes Auto. Ich hatte es mir für 500 Euro gekauft, weil es für den Job bei der Regionalzeitung Pflicht war, einen Führerschein und einen Wagen zu haben. Ein kleiner, eckiger Peugeot 205. Meine Familie nannte ihn „die rote Gefahr“.

Das Auto, die Unabhängigkeit.

Fast noch deutlicher erinnere ich mich an das Gefühl, das erste Mal allein hinter dem Lenkrad eines Treckers zu sitzen. Ein Stückchen auf dem Hof durften wir fahren, sobald wir über den Lenker gucken konnten und die Beine lang genug waren. Ich kann höchstens acht gewesen sein. Meinen ganzen Körper musste ich gegen das Pedal stemmen, um die Bremsen durchzutreten. Die Schwere des Widerstandes gab mir das Gefühl, ich selbst würde den Hebel irgendwo im Inneren der große Maschine umlegen. Fast so, als könnte ich allein mit der Kraft meines schmalen Kinderschenkels einen Trecker zum Halten bringen.

Das Auto, die Kraft.

Als es langsam Frühling wird in Brandenburg, 2021, als alle Hochbetten aufgebaut sind und alle Kommoden an ihrem Platz stehen, holen meine Eltern den SUV ab. Unsere Alternative ist endlich angekommen: ein riesiges schwarzes Lastenfahrrad mit drei Rädern, elektrischer Unterstützung und einem Kasten vorn, in dem vier Kinder unter einem Dach aus fester Lkw-Plane sitzen können. Es ist das Teuerste, was ich mir in meinem ganzen Leben gekauft habe, neunmal hätte ich die rote Gefahr davon bezahlen können. Ich tröste mich damit, dass wir auf lange Sicht Geld sparen: Ein Pkw kostet durchschnittlich 300 Euro im Monat.

Ein Auto würde mich zur Chauffeurin machen. Mein Freund ist einer von 13 Millionen Deutschen ohne Führerschein. In unserem Alltag holt und bringt er die Kinder deutlich öfter als ich und geht mehr einkaufen. Also muss das weiter ohne Wagen gehen.

Warten auf den Bus – für unsere Autorin keine Fernsehserie, sondern Alltag Foto: Erik Irmer

Ohne den Elektromotor ginge es aber nicht. Würde der nicht jedem Tritt in die Pedale etwas Schubkraft verleihen, kämen wir mit 50 Kilo Großeinkauf und 50 Kilo Kindern nicht die Hügel unserer Gegend hoch. Wenn der Akku leer ist, lade ich ihn einfach an der Steckdose auf. Bei einem Elektroauto bräuchten wir eine Ladesäule, müssten für jeden Platten in die Werkstatt – und es würde neu mindestens 20.000 Euro kosten. Ich möchte keinen Kredit aufnehmen für so ein teures Ding, das man nicht versteht. Einen Schlauch kann ich selbst wechseln.

Wer in einer Großstadt kurze Wege hat und damit Verkehr vermeidet, schützt die Umwelt möglicherweise mehr als diejenige, die raus in die Natur zieht. Geht das auch anders?

Wenn ich jetzt von der Kita zurückfahre und in den Waldweg abbiege, der zu unserem Haus führt, dann fühle ich, wie die Luft beim Atmen plötzlich feuchter wird, ich spüre die Kühle aus dem Moos aufsteigen und rieche die Würze der Kiefernnadeln.

Es wird Juni, und eine Kollegin fragt mich, ob ich nicht etwas schreiben will über das Leben auf dem Land ohne Auto. Aber was gibt es da schon groß zu schreiben? Alles ist sommerleicht. Der Wocheneinkauf in den vier Ikea-Tüten passt genauso problemlos ins Fahrrad wie die Schwimmnudeln und Wasserbälle, die wir einpacken, um am frühen Abend noch kurz in den See zu springen. Geparkt wird direkt am Strand. Wenn ich morgens mit unserem zweiten elektrischen Fahrrad, einem Klapprad, 30 Minuten zur S-Bahn fahre, kommen mir die ersten Fahrradurlauber entgegen und es fühlt sich nach Ferien an. Klapp, klapp, rein in die Bahn, Zeitung lesen, klapp, klapp, wieder raus. Läuft bei uns.

Im Sommer hat jeder Verständnis für ein Leben auf dem Rad. Als es Herbst wird, ändert sich das schnell.

Ich ziehe ein Paar Handschuhe an, dann ein zweites darüber, aber meine Hände frieren trotzdem. Aus kleinen Stichen wird ein starker dumpfer Schmerz, dann wird der kleine Finger taub.

Zum Geburtstag im Oktober bekomme ich dicke Motorradhandschuhe und ein zweites Paar dünne aus Merinowolle zum Darunterziehen, außerdem eine feste Regenhose und einen knallroten Plastikponcho. Wenn ich durch den Regen fahre, klingt es darin, als pladderten die Tropfen auf ein Zeltdach. Wir beginnen damit, den Kindern morgens Kirschkernkissen für die Fahrt zum Schulbus in der Mikrowelle warm zu machen. Zum Kinderfußballtraining nehme ich eine Thermoskanne mit heißem Wasser mit. Für die Wärmflasche auf der Rückfahrt.

Wir wollen zum Mosten nach Mecklenburg und auf dem Rückweg mindestens 50 Liter Apfelsaft mitnehmen. Zug fällt also aus. Unser Landkreis bietet ein Carsharing mit kleinen weißen Elektroautos an, ein kluges Konzept: Unter der Woche nutzen die Mitarbeiter der Kommunalverwaltung die Wagen, abends, am Wochenende und wenn sie zwischendurch nicht gebraucht werden, kann jeder sie per App mieten. Ich melde mich an, vergleiche und rechne, aber bis zum Hof meiner Eltern reicht der Akku nicht.

Also fahre ich mit Klapprad und S-Bahn nach Berlin, um einen benzinbetriebenen Mietwagen zu holen. Näher gibt es keinen. Das erste Auto öffnet sich nicht, als ich über das Handydisplay wische, und auch als ich einen Kundendienstmitarbeiter aus den USA am Telefon habe und er versucht Signale an das Auto vor mir zu senden, tut sich nichts. Also radle ich nochmal zwanzig Minuten zum nächsten Auto. Einen halben Tag bin ich unterwegs, bis wir unsere Kinder einladen können und die Fahrt überhaupt losgeht. Ganz schön viel Aufwand für 50 Liter Apfelsaft.

Brauche ich das Gefühl, mich ein bisschen zu quälen, um sicher zu sein, wirklich das Richtige zu tun? So aus links-masochistischer Veranlagung, weil es keinen Spaß machen kann, die Welt zu retten?

Uns begegnet im Alltag keine Abwehr, aber Mitleid. Bekannte be­stehen darauf, unser Kind nach einer Feier nach Hause zu bringen, statt dass wir es abholen wie die anderen Eltern. „Ihr könnt doch nicht so spät noch mit dem Fahrrad kommen!“

Vor der Kita fragt ein kleiner Junge meinen Freund verblüfft: „Habt ihr wirklich kein Auto?“

„Nein.“

„Dann musst du auf auto.de gehen!“

Als ich mich an einem der letzten Oktobertage abends auf das Fahrrad setze, ist von dem sommerleichten Selbstbewusstsein nicht mehr viel übrig. Meine Tochter ist auf einem Kindergeburtstag. Es ist spät, es ist fast 0 Grad kalt und es könnte nicht dunkler sein. Jetzt ein Kind auf dem Gepäckträger 5 Kilometer durch Waldwege von einem alleinstehenden Haus zum anderen zu transportieren kommt mir irgendwie falsch vor. Ich erschrecke, als der Bewegungsmelder vor dem Haus angeht, und schaue schnell zum Fenster: Hat mich jemand gesehen? Wie eine Missionarin fühle ich mich nicht mehr, eher wie eine Anhängerin einer Geheimsekte, die sich dafür ein bisschen schämt.

Überhaupt geht mir das Sektenhafte, Selbstgewisse auf die Nerven.

Anfang 2022 sitzt mein Freund mit einem Bekannten am Feuer im Garten. Der Bekannte wohnt auf einem Hofprojekt in der Nähe und hat ein Elektromountainbike. Seine Mitbewohnerin hat sich gerade ein Auto gekauft, und er meint, sie würde sich selbst in die Tasche lügen und immer öfter das Auto nehmen. „Das mit dem Auto ist eine richtige Sucht“, sagt er. Sie reden sich in Rage. Bin ich hier bei den Anonymen Antiautomobilikern gelandet? Was ist denn so schlimm daran, ab und zu mal ein Auto zu nehmen? Das muss doch nicht bedeuten, sich nicht mehr unter Kontrolle zu haben. Macht das überhaupt Sinn, was wir hier machen? Sich so krampfhaft an eigenen Kaufentscheidungen abarbeiten, dass keine Energie mehr bleibt, Forderungen ans große Ganze zu stellen?

Ich muss mit einer Person reden, die sich auskennt. Insgeheim suche ich nach jemandem, der mir sagt, dass ich es besser lasse, mich wegen meines persönlichen Konsumverhaltens so aufzureiben, dass ich stattdessen lieber Demos für bessere Regionalzugverbindungen organisieren sollte – zu denen ich dann vielleicht auch gemütlich mit dem Auto fahren kann.

Katja Diehl sitzt im Hoodie beim Frühstück in einem Hotel in Siegen, wo sie gestern eine Lesung hatte. Es waren Jugendliche von Fridays for Future dort, die an ihrer Schule eine AG zu öffentlichem Nahverkehr gegründet haben. Diehl ist gerade viel unterwegs, sie reist mit einem Sachbuch durch die Städte. Das Buch heißt „Autokorrektur“ und formuliert ihre Ideen von der Mobilitätswende. Nebenbei hat Diehl gerade gemeinsam mit dem Umweltaktivisten Tino Pfaff eine Petition gestartet, in der sie Sofortmaßnahmen für mehr Unabhängigkeit von Putins Öl fordert. Ein Tempolimit, ein Verbot von Inlandsflügen und drei Monate kostenlosen öffentlichen Nahverkehr zum Beispiel.

Normalerweise versuche ich so ein Interview persönlich zu führen. Weil mehr Nähe entsteht, wenn ich einer Person wirklich gegenübersitze. Aber vielleicht ist das – der Anspruch, sich für ein einstündiges Gespräch einen Tag lang in den Zug zu setzen – auch Teil des Problems. Katja Diehl hat vorgeschlagen, per Zoom zu sprechen.

Aufpumpen gehört auch zum Alltag Foto: Erik Irmer

Macht Autofahren abhängig, Frau Diehl?

„Das ist statistisch belegt“, sagt Katja Diehl. Wer sich ein Auto anschaffe, der mache bald immer mehr Fahrten damit, für die er vorher andere Verkehrsmittel benutzt habe. Fünfzig Prozent der Autowege im ländlichen Raum sind unter 5 Kilometer lang.

Folgt man Katja Diehl, dann hat das Auto uns dazu gebracht, die Welt aus seiner Perspektive zu sehen und die Welt nach seinen Bedürfnissen zu formen. Deswegen finden wir es nicht irritierend, wertvollen öffentlichen Platz in der Stadt als Lagerort privater Gegenstände zu nutzen. Sondern akzeptieren, dass jeder Parkplatz Raum in der Größe eines Kinderzimmers einnimmt. Auch das Landleben hat das Auto verändert. Weil alle das Auto zum großen Supermarkt nehmen, in dem man alles bekommt, müssen die kleinen Läden schließen und die Ortskerne veröden. Weil fast alle mit dem Auto unterwegs sind, fahren Busse fast leer und der Takt wird ausgedünnt.

taz am wochenende

Dieser Text stammt aus der taz am wochenende. Immer ab Samstag am Kiosk, im eKiosk oder gleich im Wochenendabo. Und bei Facebook und Twitter.

Aber kann es Aufgabe von Einzelnen sein, dagegen anzuarbeiten? Müsste nicht die Politik den Rahmen setzen? Die Taktungen von öffentlichen Verkehrsmitteln erhöhen, Rufbusse einführen, Apps für Fahrgemeinschaften und mehr ländliche Carsharing-Angebote, Baugebiete ausweisen, die kompakt an Bahnhöfen liegen, statt zerfleddert auf den Äckern?

Natürlich gehe es immer um strukturelle Veränderungen, sagt Katja Diehl. Aber es brauche für solche Veränderungen auch Erzählungen davon, was möglich sei. Und was lebenswert.

Katja Diehl schaut mich an. Irgendwie, so klingt das, braucht es die Anti-Auto-Sekten, die Masochisten auf Klapprädern also doch, bis sich im Großen etwas ändert.

Und dann stellt Katja Diehl noch ihre Lieblingsfrage: „Wollen Sie Auto fahren oder müssen Sie?“

Will ich? Eigentlich nicht. Mit dem Rad anzuhalten, um einen Steinpilz am Wegesrand abzuschneiden, das ist das gute Leben. Mit drei Kindern auf dem Rücksitz auf der verregneten Autobahn einen Lkw zu überholen ist dagegen einer meiner größten Stressmomente. Ein Windstoß und ich lösche meine Familie aus, denke ich jedes Mal. Meine kleinste Tochter kotzt bei jeder längeren Autofahrt. Sie bittet uns immer, das Lastenfahrrad zu nehmen, wenn wir in einen Mietwagen steigen.

Es gibt genug gute Gründe dafür, dass Menschen Auto fahren müssen. Wegen schlechter Radwege oder fehlender Busse. Weil sie zu alt sind, um noch Rad zu fahren. Weil sie eine Behinderung haben und die öffentlichen Verkehrsmittel nicht barrierefrei gedacht sind. Weil sie als Schwarze Menschen in den öffentlichen Verkehrsmitteln in Brandenburg nicht sicher sind.

Auf diejenigen, die auf das Auto angewiesen sind, verweisen gern auch die, die es nicht brauchen – um zu sagen, dass alles so bleiben muss, wie es ist. Man kann sie aber auch als Argument dafür benutzen, dass sich etwas ändern muss. Moment. Jetzt klinge ich doch wie eine Missionarin.

Unsere Kinder jedenfalls haben wir missioniert. Noch fragt keins von ihnen nach einem Auto. Verkehrserziehung, das heißt ja in der Regel, seinem Kind beizubringen, dass es auf der Straße gefährlich ist. Aber vielleicht kann es auch bedeuten: neue Gewohnheiten schaffen. Die Lastenradfahrrad-Kiste ist ihre Höhle, hier hören sie Musik mit einem kleinen USB-Lautsprecher, schauen Mickey-Mouse-Hefte an und besprechen Geheimnisse, die ich auf dem Fahrersitz auf keinen Fall hören darf.

Mut macht mir, dass wir nicht die Einzigen sind. Da ist dieser Mann mit der grünen Regenjacke und dem Drahtkorb auf dem Gepäckträger. Manchmal hält er mit seinem Fahrrad neben meinem Lastenrad an, wenn ich auf den Schulbus warte. Er sagt mir, in der nächsten Stadt habe ein Fahrradladen eröffnet, der auch Lastenräder repariert. Gelobt sei die Gentrifizierung!, denke ich. Er ist mittlerweile im Rentenalter, aber er erzählt davon, wie er in seinem Betrieb lange dafür belächelt wurde, dass er nicht mit dem Auto kam. Er macht schon lange alle Wege mit dem Fahrrad, bei jedem Wetter. Das Auto steht zu Hause nur rum.

Wie so oft ist es nicht die großstädtische Ökoboheme, die die neuen Ideen in die Provinz trägt. Hinter Begriffen wie Kitchen Gardening und Repair Café stecken oft ziemlich alte Ideen. Gemüse aus dem eigenen Garten, das Reparieren kaputter Dinge.

Mit dem elektrischen Klapprad in 30 Minuten zum S-Bahnhof Foto: Erik Irmer

Das Mobilitätsvorbild meiner Mecklenburger Kindheit waren im Rückblick keine Zugezogenen, sondern Edmund aus dem Nachbardorf. Er war einer der glücklichsten Menschen, die ich in meinem Leben kennengelernt habe. Er lebte allein in einem kleinen Haus und baute auf den Flächen drum herum an, was er und seine Tiere brauchten. Es gab sogar einen winzigen Getreideacker. Er hatte kein Auto, aber viele Freunde. Menschen, die ihn zum Schnaps einluden und zum Einkaufen mitnahmen. Außerdem gab es ja auch keinen Grund, sich sehr weit zu bewegen. Bis ins Nachbardorf fuhr Edmund auf seinem Fahrrad, eins dieser DDR-Räder, die klapprig aussehen, aber spätestens in den nuller Jahren auf den Flohmärkten zu Gold wurden, weil sie sich einfach immer weiter drehen.

Februar 2022. Drei Tage nach Putins Angriff auf die Ukraine nennt Christian Lindner die erneuerbaren Energien im Bundestag Freiheitsenergien. Ausgerechnet Lindner, der sich mit 19 Jahren seinen ersten Porsche kaufte. Selbst konservative Wirtschaftsmagazine diskutieren die Frage, ob wir Putin mit autofreien Tagen schaden können. Ich fühle mich genauso hilflos wie alle anderen, wenn ich die Bilder der zerbombten Häuser und der fliehenden Menschen sehe. Und ich glaube natürlich nicht, dass mein Verzicht auf ein Auto irgendwas verändert.

Aber ich glaube, dass sich etwas verändern muss. Ein grausamer Angriffskrieg beweist, wie stark unser fossiler Lebensstil uns abhängig macht von Verbrechern. Derselbe fossile Lebensstil, der zu einer Klimakrise führt, die nicht irgendwo in der Zukunft liegt, sondern heute schon Menschen tötet. Nach der Kernschmelze von Fukushima hat die Bundesregierung innerhalb von Wochen den Atomausstieg verkündet. Das, was gerade passiert, könnte ein Fukushima-Moment für die Mobilitätswende sein. Stattdessen machen Politiker Selfies vor Zapfsäulen, und selbst gut verdienende Pendler werden so entlastet werden, dass sie sich ihr täglich Benzin weiter leisten können.

Das, was gerade passiert, könnte ein Fukushima-Moment sein. Aber Politiker machen Selfies vor Zapfsäulen

Gut, dass ich die Ebay-Kleinanzeigen-App an dem regnerischen Morgen auf dem Klodeckel geschlossen habe.

An einem Abend im März 2022, die Tage werden gerade wieder langsam heller, schreit unsere Vierjährige im Wohnzimmer. Ich stehe nicht sofort auf, aber dann höre ich ihren Bruder rufen und seine Stimme klingt anders als sonst: Sie hat sich wehgetan! Als ich sie sehe, wird mir kurz schummrig. Das Blut läuft ihr die Stirn herunter, an der Nase vorbei bis zum Kinn. Es ist viel Blut. An der Stelle, aus der es kommt, klafft das Gewebe auseinander, wo das Loch im Inneren endet, kann man nicht erkennen.

Ich presse einen Waschlappen auf die Wunde, rufe meinem Freund Wortfetzen zu. Er reißt unsortierte Medikamentenkästen aus dem Schrank. Offene Pflasterpackungen fallen auf den Boden, dann rennt er die Treppe hoch zu unseren Nachbarn, Mullbinden besorgen.

Wäre das jetzt der Moment, für den wir ein verdammtes Auto haben müssten? Oder ist es, so laut wie mein Herz klopft, gerade richtig, dass ich mich auf keinen Fall hinter ein Steuer setze?

Mein Freund ruft einen Krankenwagen.

Ich drücke einen Verband gegen die Stirn meiner Tochter und wickle einen zweiten darum, dann halte ich sie auf dem Arm, während sie schluchzt. Als ich sie 15 Minuten später in den Rettungswagen hebe, habe ich dieses absurde Gefühl. Ich hoffe, es ist nicht schlimm. Aber irgendwie hoffe ich auch, dass es schlimm genug ist, dass wir den Krankenwagen gerufen haben. Dass uns niemand einen Vorwurf macht, dass wir nicht allein gekommen sind.

Die Ärztin, die die Wunde klebt, will uns über Nacht dabehalten. Am nächsten Tag steht mein Freund vor dem Eingang des Krankenhauses. Er hat das Klapprad in das Lastenfahrrad gepackt und hebt es jetzt raus. Klack, klack, und mein Rad steht auch bereit. Ich setze meine Tochter ins Fahrrad und gebe ihr einen Kuss neben ihr riesiges Pflaster. Dann fahren wir los.

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104 Kommentare

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  • @Autorin: Hut ab vor dem Ausprobieren.

    Bezüglich der Problematik vom schlechten Wetter. Ich meine wirklich richtig schlechem Wetter. Im Winter, wenn es kalt ist.

    In so einem Lastenrad mit Elektrounterstützung steckt ja bereits einiges an moderne Technik bzw. Material. Warum nicht für unwirtliches Wetter einen windschlüpfrigen "Kabinen-Aufsatz" für den Fahrradfahrer. Dieser sollte durch eine Person zügig montiert werden können, praktisch verstaubar und genügend versteift sein, leichte bauweise, materialsparend, usw.

  • Respekt als Landei mit Autosozialisation nur zu radeln. Zur Regionalbahn sind es in der Provinz oft über 50 min mit Rad. Und um zum Abi zu kommen war meine Lösung einen Teil der Strecke eine MFGs zu gründen.

    Es gibt Lösungen und diese muss man nutzen. Meine Großstadtnachbarn (ÖPNVticket vom Arbeitgeber) die als wohl erzogene Christen sich davor ekeln mit dem Pöbel U-Bahn zu fahren, aber diesen gern mit libernitären Geschwurbel beschulen werden mit Auto in der 5km entfernten Innenstadt fleißig 15 eur Tickets gesammelt und Gehwege zugeparkt - also fahrläsisg gesündigt^^. Kopfschüttel. Schenkt dieses ticket doch einem armen Menschen: Nein geht nicht, sind nicht übertragbar, das ist asozial und undurchdacht:-(

  • "Das Modell "moderner Mensch" ist nicht kompatibel mit der Erde. Die Evolution wird uns aussortieren und wir enden als kurze Episode der Erdgeschichte. Am Ende waren wir bestenfalls ein kleiner Schnupfen für die Erde." (Antwort von Rudi Hamm, Mittwoch 10:02, an Hans Jürgen Langmann). Wenn wir so weitermachen, und man akzeptieren muss, dass ein einzelner Spinner mit ein paar Vollpfostengenerälen im Schlepptau, ein ganzes Land in ein paar Wochen kaputt machen kann - könnte er recht haben, leider...

  • ich wünsche mir, dass es jeden Tag so einen "es ist schwer, aber es geht eben doch" Bericht in allen Medien zu finden gibt. In BR24 höre ich gefühlt alle viertel Stunde Fussball-Hysterie. Warum kann man da nicht mal tatsächlich relevante Themen wie individuelle Mobilität ohne CO2 Emissionen behandeln? Das Verkehrsministerium scheint ja hier beratungsresistent und lehnt ja schon mal eine völlig kostenlose aber wirkungsvolle und politisch richtungsweisende Massnahme wie ein Tempolimit ab - das sind ja doch effektiv Unterstützer einer terroristischen Vereinigung, die Putin und die russische Führung zweifelslos sind!



    Ich bewundere Sie (ich wohne 100 m entfernt von einer Strassenbahnhaltestelle und muss deshalb nicht nachts mit dem Fahrrad durch den Wald fahren)!

  • Noch ein Tipp für Menschen, die längere Strecken bei starken Minusgraden fahren, wo Skihandschuhe nicht mehr reichen.

    Wie die Autorin es beschreibt:

    > Ich ziehe ein Paar Handschuhe an, dann ein zweites darüber, aber meine Hände frieren trotzdem. Aus kleinen Stichen wird ein starker dumpfer Schmerz, dann wird der kleine Finger taub.

    Eine Sache, die da vielleicht hilft, sind sogenannte Bar Mitts (oder Bar Mittens). Das sind sehr dicke Handschuhe im Stil von überdimensionierten Fäustlingen, die am Lenker befestigt werden, und wo man die normal behandschuhten Hände rein steckt.

    Die sehen so aus:

    barmitts.com/

    www.amazon.com/bar-mitts/s?k=bar+mitts

    www.nashbar.com/bar-mitts/b962

    Werden nicht so häufig benutzt hierzulande, aber wohl relativ populär in Skandinavien und Kanada.

    • @jox:

      - Oder einfach Gamaschen draufziehen,

      - oder im Ski- Sale nach verbilligten SkiHandschuhen schauen.

      Im Winter is das Fahren kein Problem, eher Sturm mit Niesel. Was dabei noch abhilfe schafft, das Gesicht mit einer Sturmhaube, oder kombinierter Halskrause abdichten. Für den Kopf helfen auch Skihelm und Brille, oder die oft Neongrünen Überzüge für Radhelme.

    • @jox:

      Ah, interessant. An Fäustlinge dachte ich auch bereits beim Lesen aber die Barmitts kannte ich noch nicht. Bisher reichten mir allerdings meine 2 Paar Handschuhe. Der Vorteil ist, dass mensch die leichteren für die Übergangszeit nutzen kann.

      • @Uranus:

        Die gab es früher auch mal hier, für Krafträder, ich weiss nur keinen richtigen deutschen Namen... aber einerseits ist das Kraftrad fahren im Winter etwas aus der Mode gekommen, und zum anderen hat vielleicht das Spike-Verbot für Kraftfahrzeuge seit 1975 das Motorrad fahren bei Eiseskälte sicherlich nicht populärer gemacht (bei Fahrrädern sind Spikes ja auch heute noch in Deutschland erlaubt, es gibt gute Reifen zu kaufen, und bei Glatteis sind sie wirklich höchst empfehlenswert. Seit ich sie nutze hat mein Arsch kein einziges Mal mehr im Winter die Fahrbahn geküsst....)

        • @jox:

          Ich fahre das ganze Jahr durch Rad, brauche Dank Klimaerhitzung bisher allerdings in der Gegend, in der ich radel, keine Winterreifen. :-( Das bisschen Schnee und Schneematsch kann ich bisher so handeln.

  • Eine Sache, die viele Leute noch übersehen, ist der immense tatsächliche CO2-Ausstoss beim Auto fahren.

    Das kommt auch daher, dass jeder Liter Benzin nicht nur einen Kilo CO2 bedeutet, sondern deutlich mehr:

    www.helmholtz.de/n...inem-liter-benzin/

    Jeder Liter Benzin führt also zu einem Ausstoss von sage und schreibe 2.37 Kilogramm CO2. Wenn ich einen Fiat 500 fahre mit einem "bescheidenem" Verbrauch von 4.3 Liter pro 100 Kilometer, dann bedeutet schon ein Weg in die Stadt von 15 Kilometer und zurück (den man bequem mit dem Rad fahren könnte) einen Verbrauch von 1.28 Liter, was schon 3 Kilogramm CO2 entspricht. Wenn ich das Auto so benutze, um ein Kilo Käse zu kaufen, ist der Verbrauch durch meinen Transport höher als der Energieaufwand des Lebensmittels. Und das gilt selbst dann, wenn das Gemüse aus Übersee angeschippert wurde - der PKW-Transport macht den Löwenanteil des Verbrauchs aus und rund 1/3 aller privaten CO2-Emissionen.

    Einfach inakzeptabel viel angesichts der Tatsache, dass es bei der Mehrzahl der typischen Wege auch anders geht.

    • @jox:

      Frage mich gerade, wie im Schwarzwald 15km in die Stadt bequem sein können? Stelle mir den an einer Kniearthrose erkrankten Rentner vor. Da wird es dann schon schwerer.



      Aber auch für mich muss ich sagen, wäre ein Verkauf meines Autos nicht vorstellbar. Es bedeutet für mich Freiheit. Vieles kann man mit dem Rad oder den Öffentlichen nicht oder nur nach einer sehr langen Anfahrtszeit erreichen.



      Für die nexte Generation, werde ich mich freiwillig definitiv nicht einschränken

    • @jox:

      Korrektur: Käse ist tatsächlich (ebenso wie Fleisch) dermassen CO2-aufwendig, dass ein Kilo mit 5 kg CO2 zu Buche schlägt, also mehr als die 30 Kilometer im Kleinwagen.

      Nimmt man allerdings die 3 Kilogramm CO2 als Vergleichsmasstab, die bei 30 Kilometern im Kleinwagen anfallen, so sind das immer noch 3 oder 4 Kilo Kartoffeln, ein Kilo Tiefkühl-Blattspinat, in halbes Pfund Käse und auch noch etwas Obst. Man kann also getrost sagen, dass Leute die täglich 20 oder 30 Kilometer Auto fahren, praktisch für zwei oder mehr andere Leute mit konsumieren.

      • @jox:

        Na, hoffentlich keine Avocado. Ist, wenn stimmt, was ich gelesen habe, das Lebensmittel mit der schlechtesten Ökobilanz. Schlimmer als ein Steak aus Brandenburg. Weiß jemand Genaueres?

      • @jox:

        Apropos Käse und Milchproduktion - in der Mediathek im Ersten gibt es derzeit eine sehr sehenswerte Doku über einen Lebenshof für Tiere namens Butenland - auch Kuhaltersheim genannt - und über dessen Betreiber*innen:



        www.ardmediathek.d...i0xMDJkZGRiMDBjOTc

  • Einen ganz herzlichen Dank für diesen schönen Artikel!

    Ich habe mich ehrlich gefreut über diesen Bericht, dass es auch mal anders geht. Und zwar als jemand, der seit 35 Jahren ohne eigenes Auto auskommt und alle täglichen Wege mit dem Fahrrad macht, einen Teil der Zeit auch in ländlichen oder kleinstädtischen Umgebungen. Wenn man will, geht es!

    Ein paar Ergänzungen noch, die für andere vielleicht interessant sind:

    - Es gibt neben dem ADFC auch einen Verein, der Menschen die ohne Auto leben, verkehrspolitisch vertritt, den autofrei leben e.V. Er arbeitet auch mit beim Bundeskonkress Verkehrsinitiativen (BUKOV). Man bekommt da auch so schöne Aufkleber mit dem Text "ein Auto weniger":)

    - Zusätzlich zu den Transportoptionen Faltrad und Lastenrad gibt es weitere Optionen, die nicht so bekannt sind, aber je nach individuellen Umständen sinnvoll sein können. Für längere Wege auch mit Anhänger eignen sich Trikes, wie das Hase Kettwiesel, oder das HP Velotechnik Scorpion. Die sind auch gut geeignet für Menschen, die z.B. auf dem Zweirad nicht mehr sicher balancieren können. Für weitere Wege auf flachen Überlandstrecken mit nicht zu viel Verkehr sind die Velomobile interessant, vollverkleidete dreirädrige Fahrräder, die Dank besserer Aerodynamik auch von normalen Menschen mit rund 40 km/h in der Ebene gefahren werden können. Sie haben auch einen ziemlich guten Wetterschutz, sind aber nicht so gut zum Mitnehmen von Kindern geeignet wie Lastenräder. Mehr Infos hierzu gibt es bei velomobilforum.de

    - ein Aspekt, der in dieser ganzen Mobilitätsdiskussion noch ein wenig unter geht ist, dass wir immer weitere Strecken zurück legen, ohne einen klaren Gewinn zu haben. Der potenzielle Geschwindigkeitszuwachs des motorisierten Verkehrs wird einfach nur in längere Wege bei riesigem Flächenverbrauch umgemünzt, eine wirkliche Zeitersparnis gibt es nicht. Genau deswegen kann auch jemand, der auf ausreichend kurze Wege im Alltag plant, je nach Umständen ohne Auto auskommen.

    • @jox:

      Das sind gute Hinweise! Velomobile[1] finde ich auch spannend! Leider habe ich noch keines ausprobieren können. Würde ich auf dem Land wohnen, würde ich so ein "Gerät" in Erwägung ziehen. :-)



      [1] de.wikipedia.org/wiki/Velomobil

      • @Uranus:

        Und für nicht so ländliche Gegenden können "normale" Liegeräder vorteilhaft sein, sie haben auch schon einen aerodynamischen Vorteil ähnlich wie bei Rennrädern, aber halt um Vieles komfortabler.

      • @Uranus:

        Na ja, es gibt ja das oben genannte Forum, das auch ein paar regionale Treffen listet:

        www.velomobilforum...index.php#szene.67

        Da kann man durchaus mal zu einem Treffen hin und fragen, ob man probieren darf. Oder man fragt im Forum nach Leuten in der eigenen Gegend. Viele Liegeradler / Velomobilisten lassen einen gern mal ausprobieren. Schließlich haben nicht wenige von ihnen vier, fünf Fahrräder in der Garage, die sie gern in liebevolle Hände abgeben, um dringend benötigten Platz für ein neues zu schaffen :-P

        (Nur als Erklärung, Velomobile sind spezialisierte Liegeräder, daher überschneiden sich die Bubbles.)

        Dann gibt es in vermutlich jeder größeren Stadt Händler, bei denen man bestimmte spezielle Räder ausprobieren kann. Manchmal auch in landschaftlich schönem Hinterland. Zum Beispiel habe ich mal bei mbf Spezialrad in Bad Endorf sehr kompetente und super freundliche Beratung bekommen.

        Und schließlich gibt es noch die jährlich im April stattfindende, wegen Corona diesmal noch ausgesetzte Spezialradmesse in Germersheim:

        www.messen.de/de/1...ersheim/spezi/info

        ... angesichts der fundamentalen Bedeutung der Verkehrswende und der Schlüsselrolle des Zweirads für eine andere Mobilität eigentlich wirklich erstaunlich, dass die taz noch nicht von dieser "Spezi" genannten Messe berichtet hat....

        • @jox:

          Danke für die Hinweise! Ins Forum habe ich schon mal hineingeschaut. Ansonsten gibt es ja auch diverse interessante Videos von Velomobilfahrer*innen. Es sind ja einige auch Pendler*innen auf dem Land ...



          Oja, ein Bericht von der Messe wäre doch was. TAZ?

  • ich habe keinen fuehrerschein, ua weil ich schon immer in der stadt wohne. auf dem land, bzw in den lepontinischen alpen waren wir grad 2 wochen weitgehend ohne auto unterwegs, das ist schon speziell und vor allem sehr unflexibel.



    zumal radfahren dort keine wirkliche alternative ist, zu meinem bedauern.

  • Ich wohne auch auf dem Land und fahre zu 95% mit dem Ebike. Das Familienauto ist aber elektrisch, der Strom kommt vom Dach

  • Genau: Dass mensch auf dem Land dringend ein PKW besitzen muss, ist weitestgehend gelogen!



    Gerade seit es elektrische Fahrräder gibt!

    Warum jeder Mensch am Besten nur noch in ganz dringenden Fällen das Auto nutzen sollte:



    Die regelmäßige, leichtfertige, suchtmäßige Nutzung von PKW mit Verbrennungsmotoren



    bedeutet ein kollektives Scheitern. (wegen Toten u. Schwerverletzten durch Klimawandel,



    Tote u. Schwerverletzte im Straßenverkehr, wg. direkter Gesundheitsschädig. durch Abgase u. Lärm,



    Krebserkrankungen der Lunge,



    wegen Öl-Katastrophen, irrsinniger Energieverschwendung [ein Liter Benzin = circa 10 kWh,



    mindestens VIER vollständige Mittagsmahlzeiten für jeweils vier Personen können z.B. mit 10 kWh zubereitet werden. Oder: Ein Haarföhn (höchster Stufe: 1000 Watt) kann auf höchster Stufe zehn(!) Stunden lang laufen!]



    Aus dieser absurden Energieverschwendung folgt: BRUTALE Energiebeschaffung: Betrieb von Kernkraft, Fracking, Mega-Staudämme]),



    Weiterer Irrsinn: Mo -Fr werden fahren ca. 110 Menschen mit 100 PKW, Samstags, Sonntags oder Feiertags fahren etwa 150 Menschen mit 100 PKW.

    In jedem PKW brennt ein gewaltiges Feuer. Unsere Erde hält die Milliarden Verbrenner-PKW nicht mehr aus!



    Der Mensch erweist sich als nicht zukunftsfähig und ein Hauptgrund ist seine Automobil-Sucht.



    Einzige Chance: Kleine leichte e-Fahrzeuge (z.B. Elektro-Fahrräder!) mit gleichzeitig massiven Ausbau der PV-Solarenergie!

    Und außerdem weg von dem "hirnverbrannten" Mobilitätsanspruch, wie z.B. jedes Jahr eine Fernreise (>3000 km)!

    Alles andere wäre dumm und rückständig und asozial gegenüber den zukünftigen Generationen.

    I

    • @tsitra:

      Sie zukünftige Generation wird die Fernreise aber auch noch wollen…

  • Hallo, super Sache. Ehrenvoll. Respekt.



    Es gibt immer Ausreden. Auto zu fahren. Möchte jetzt nicht die harten Situationen



    als Beispiel nehmen. Die sind in der Minderheit. Was wird nicht alles gefahren, muss nur mal schnell, brauche dringend Milch.. oder so! Besitze ein Auto, jawoll ein Auto. Dieses wird solange gefahren wie es geht. Der letzte Wagen hatte 29 Jahre und 320tkm drauf. Und ja leider war dieser Wagen verschlissen. Und ich bin nicht selber so viele Km gefahren, der Wagen wurde von mehreren Personen mitbenutzt. Ich und die anderen haben E-Bikes und ja die brauchen Energie-Strom und Batterien hamse auch. Wir bzw. Ich fahren soweit es geht mit den Rädern.



    Einkäufe werden zusammen geschrieben und eine Rundstrecke gefahren. Um nicht für jeden Mist zu fahren. Fahrgemeinschaften wurden damals wegen den Kindern Organisiert. Deshalb hatten wir, unter anderem, das Auto. Ich muss mich schon einbringen um zu Sparen. Klaro, kann man sich unter einen Baum Setzten und das ganze anklagen, aber es hilft nichts. Wir haben unsere Kinder zur Nachhaltigkeit erzogen und es hat fast geklappt. Sie sind jung und wollen auch mal raus in die Welt. Aber wir schauen schon alle um Nachhaltigkeit.



    So wenig Fleisch wie möglich, Recycling, gekauft wir überlegt, Lebensmittel schmeißen wir so gut wie nicht weg, OK wenn eine Kartoffel faulig dann Pech. Aber wenn viele Reduzieren "würden", das wäre schon was. Aber wer Geld hat, dem gehört die Welt.

  • Jaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaa, so möchte ich auch leben!!!!

    • @cuba libre:

      Übrigens hat der von Katja Diehl beschriebene Suchtcharakter des Autos auch eine sehr sehr praktische und reale Folgerung für den Verzicht auf das eigene Auto:

      1. Ganz aufhören ist tatsächlich leichter als ein bisschen aufhören (genauso wie es leichter ist, nicht zu rauchen, als ein bisschen zu rauchen, oder auch bei stärker süchtig machenden Stoffen). Aber keine Angst, es handelt sich in erster Linie um eine psychische Abhängigkeit, es passiert einem körperlich nichts Schlimmes wenn man kein Auto fährt.

      2. Und wenn man aufhören möchte, ist es das beste, ganz gezielt alle nötigen Voraussetzungen zu schaffen und dann sozusagen konsequent auf harten Entzug zu gehen.

    • @cuba libre:

      Ich möchte so nicht leben. Ich finde, städtische Umgebungen mit diversen Einkaufs-, Arbeits- und Kulturmöglichkeiten, die mit dem e-losen Fahrrad in vernünftiger Zeit erreichbar sind, haben schon ihren Charme.



      Aber wir müssen ja nicht alle das Gleiche machen ;-)

  • Man fragt sich, wer auf die Idee kommt, ein Mietshaus mitten in den Urwald zu stellen.



    Übrigens, die meisten Leute, mit denen ich rede, die behaupten, auf dem Land zu leben, leben doch in kleinstadtähnlichen Ansiedlungen , das sind Falsche-Flagge-Landbewohner.



    Wer "aufs Land" will, sollte bei der Wohnungssuche die Lage und die Mobilität mitbedenken. Dann findet sich schon die passende Gegend.

    • @Zeit und Raum:

      Na ja, das ARgument "aber aber ich wohne auf dem Land" wird ja immer vorgebracht, wenn erörtert wird, dass es auch ohne Auto gehen kann. Und genau darauf bezieht sich ja der Artikel.

      Ist schon richtig, dass "auf dem Land" ein etwas unscharfer Begriff ist, aber genau so wird er in der Diskussion doch gebraucht. Ob es sinnvoll ist, dass sich jedes Mitglied er gehobenen Mittelschicht ein neues Einfamilienhaus auf die grüne Wiese stellt, irgendwo wo es nicht mal einen Bäcker gibt, das ist eine ganz andere Frage.

  • "Menschen, die raus aus den Städten ziehen, dabei die Landschaft mit Einfamilienhäusern zubetonieren und dann trotzdem zum Arbeiten in die Stadt wollen."

    Soweit das Vorurteil. Die Realität sieht anders aus.

    Um Berlin herum gab es z.B. in den letzten Jahrzehnten großräumig Bevölkerungsschwund und die Prognosen weisen in die gleiche Richtung. "Die urbanen Großräume wachsen, das Land schrumpft weiträumig" heißt es in der Publikation "Die demografische Lage der Nation" des Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung ( www.berlin-institu...he_Lage_online.pdf siehe die Karte dort auf S. 16)

    Das Pendeln ist nicht die Folge einer Stadtflucht. Es hat seine Ursache in der Vernachlässigung des ländlichen Raums;: Verlagerung von Arbeitsplätzen, Fehlende Infrastruktur, fehlender gut ausgebauter schneller ÖPNV, fehlende berufliche Perspektiven.

    Dort findet sch entsprechend auch der größte Bestand an leerstehenden Wohnungen. Auch hier das Beispiel Berlin. In den weiter entfernten Einzugsgebieten Berlins liegt der Leerstand bei 10% der Wohnungen ( www.deutschlandatl...ungsleerstand.html ]

    Irgendwie geht der Bericht as dem Berliner Umland an der Lebenswirklichkeit der Menschen dort völlig vorbei.

    • @Rudolf Fissner:

      "Vernachlässigung des ländlichen Raums"



      Also massive Ansiedlung von Gewerbe, Industrie und Dienstleistungssektor, Ausbau eines guten und eng getakteten ÖPNV, eine gute Ausstattung mit Einkaufsmöglichkeiten und Gesundheitsversorgung vor Ort sollte natürlich ebenso wenig fehlen wie eine ordentliche Kulturszene und Gastronomie. Ich meine eine solche Siedlungsstruktur wird gemeinhin als Stadt bezeichnet. Landleben macht im 21. Jhd. nur noch für Landwirte Sinn die dort tatsächlich etwas zu tun haben, für alle Anderen nicht.

      • @Ingo Bernable:

        Das Dorf ihrer Kindheit mit seinen 13 Bewohnern gibt es nicht mehr. Diese "Dörfer" sind auf 7000 und mehr Bewohner angewachsen. Dörfer haben mittlerweile die Größe von Städten wie vor 50 Jahren!

        Auch bei der Definition für "ländlicher Raum" legen Sie völlig daneben. "Der ländliche Raum ist eine Raumkategorie, die nach dem deutschen Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR) in ländliche Kreise höherer Bevölkerungsdichte und ländliche Kreise geringerer Dichte unterteilt wird und den verstädterten Räumen sowie den Agglomerationsräumen gegenübersteht." ( de.wikipedia.org/wiki/Ländlicher_Raum )

        Nicht das Fehlen von Städten, ein Landwirt aufm Trecker und eine Kuh auf der Weide machen den ländlichen Raum aus. Das ist das verklärte Bild von Städtern. Es ist vor allem die größermaßtäbliche Bevölkerungsdichte.

  • Ich finde den Artikel uneingeschränkt super.

    Bedauerlicherweise fehlt mir die Willensstärke der Autorin und ich würde meine Kinder nicht frieren lassen. Daher fahre ich meine Kinder nur im Sommer mit den E-Lastenrad zur Kita und verwende im Winter den E-SUV. Alles ganz einfach.

    Dafür mus ich nicht mal in die Provinz ziehen.

    • @DiMa:

      Das E-SUV also in der Stadt (da nicht Provinz, nehme ich das an), um zur Kita zu fahren?



      Ich kann mir nicht vorstellen, dass das nötig ist und es da keine besseren Möglichkeiten gibt. Und dass der Weg weiter als 5 km ist...



      Das "E" davor macht ein SUV oder überhaupt ein Auto übrigens nicht besser oder zukunftsweisender...

  • "Fünfzig Prozent der Autowege im ländlichen Raum sind unter 5 Kilometer lang."

    Das mag ja sein. Tut aber so, als sei das der Regelfalls.

    Vereinfacht und konkret sieht das aber dann so aus: Der eine Weg zum Supermarkt ist unter 5km. Er wird 1 x pro Woche angefahren. Der andere Weg zum Arbeitsplatz ist in einfacher Distanz um Berlin herum dann 27 km im Schnitt lang. Er wird 5 mal pro Woche gefahren. Macht in der Summe 10 km unter 5 km vs 100 km bei Strecken über 25 km

    • @Rudolf Fissner:

      Rückfrage an die Autorin: Sind vielleicht nicht die Wege sondern die Fahrten gemeint?

      • @Rudolf Fissner:

        Dass das Auto bei all den Fahrten benutzt wird, bei denen es bei Licht betrachtet eigentlich gar nicht gebraucht wird, ist einer der Wege, wie sich Autobesitzer die Kosten ihres Geräts schön rechnen.

        Selbst ein Kleinwagen kostet schon um 70 Cent pro Kilometer. Fährt man nicht viel und lässt dann noch in der Realität unnötige Autowege weg (zum Beispiel indem man die Brötchen mit dem Fahrrad holt) kommt man dann schnell in einer Region, wo der Autobesitz komplett unwirtschaftlich ist und es billiger kommt, wo man dann vier fünf mal im Jahr ein Taxi nimmt.

        • @jox:

          Sicher gibt es Autofahrer, die kein Auto brauchen und sich unnötige Autofahrten schön reden.

          Aber auch auf der anderen Seite gibt es die Blauäugigen, die behaupten, dass es voll easy sei auf das Pendeln mit PKW zu verzichten und auf ÖPNV umzusteigen.

          Letztere finde ich eigentlich schlimmer, da diese indirekt behaupten, der jetzige ÖPNV ist ausreichend.

  • RS
    Ria Sauter

    Ist ja alles gut und schön solange Mann/Frau und Kind jung und gesund sind.



    Was kommt spätet? Im Alter?



    Ich könnte aufgrund meines Alters nicht mehr so leben.



    Meine Tochter würde ich auch nicht alleine durch Dunkrlheit und Wildnis radeln lassen

    • @Ria Sauter:

      Ich bekommt das gerade selber bei meinen älteren Verwandten mit. Die sind jetzt um die 80 und können nicht mehr sicher Auto fahren.

      Die Folge davon ist, dass so wie sie es sich eingerichtet haben, sie teilweise nirgendwo mehr hin kommen - nicht mal zum Bäcker geschweige denn zum Arzt. Die Abhängigkeit vom Auto bedeutet dann ganz schnell, die gewohnte persönliche Umgebung vorzeitig aufgeben zu müssen.

      Und ein anderer Aspekt ist: Bewegungsmangel macht krank, und das zählt ab dem Rentenalter doppelt. Wer Fahrrad fährt, hat eher ausreichend Bewegung und nicht nur Chancen, gesünder zu bleiben, sondern auch dabei noch älter zu werden. Aber das funktioniert eben nicht, wenn man bis zum Alter von 65 oder 67 alle Wege mit dem Auto macht.

      Auch da stehen Fahrradfahrer besser da. Wozu natürlich auch noch kommt, dass einfach mehr Geld von der Rente übrig bleibt.

      • @jox:

        Auf dem Land finden sich noch oft gut funktionierende Nachbarschaften in denen den Alten geholfen wird.

        Die Mobilität alter Menschen, die nicht mehr mit Auto fahren können ist oft so eingeschränkt, dass auch ÖPNV keine Alternative ist. Glücklich, wer es da mit einem Rolator bis zum nächsten Supermarkt schafft.

        Übel wird die Erlebniswelt für immobile Ältere, wenn die paar Meter, die sie noch gehen können, die sind, die zum Parkplatz des Wohnblocks führen..

    • @Ria Sauter:

      Die Autorin hat sogar Lastenrad und Klapprad mit elektrischer Unterstützung. Für Körperbeeinträchtigte gibt es bspw. Handbikes (auch mit elektrischer Unterstützung). Das entlastet doch. Sicherlich kommt es darauf an, wie weit und auf welchem Terrain mensch fahren muss und welche Fitness der Körper zulässt.



      Gerade das Alter ist doch spätestens ab einem gewissen Punkt ausschlaggebend nicht Auto zu fahren - wegen abnehmender Konzentration, Sehkraft (gerade im Dunkeln), Reaktionsvermögen ...



      Und ja - warum nicht die Tochter durch Dunkelheit und Wildnis radeln lassen? Das ist sicherlich ungefährlicher als durch die Stadt.

      • @Uranus:

        Es gibt ja auch Trikes, und die mittlerweile auch in sehr sportlichen Versionen wie das HP Velotechnik Scorpion, und wenn man will auch als eBike. Die würde ich gegenüber einem Rollator mit Verbrennungsmotor stark bevorzugen.

      • RS
        Ria Sauter
        @Uranus:

        Sie sind anscheinend jung mit gutem Einkommen.



        Ich könnte mir mit meiner Rente diese Hilfsmittel nicht leisten. Auto habe ich schon lange nicht mehr, da mein Hörvermögen ei ngeschränkt ist.



        Ich erledige alles zu Fuss oder mit dem Bus.



        Und nein, meine Tochter würde ich nicht in der Pampa nachts rumradeln lassen. Als wir noch dort gewohnt haben wurde sie gerade dort sexuell angegriffen.



        Ihnen viel Spass in der Wildnis!

        • @Ria Sauter:

          Jung ist relativ und gutes Einkommen habe nicht.



          Okay, an solche Einschränkungen dachte ich ja. Insofern ginge es ja um einen Ausbau des ÖPNV und um einen günstigen Zugang zu diesem. Da müsste wesentlich mehr und dies schnell passieren. Und das andere ist die Ermöglichung von Mobilität via Hilfsmittel (bspw. Handbikeaufsatz). Evtl. kann je nach Einschränkung etwas bei der Krankenkasse beantragt werden.



          Sexuelle Angriffe sind natürlich übel egal wo sie passieren. Nachvollziehbar ist es auf jeden Fall, dass mensch dann an Orten vorsichtiger ist, wo etwas passiert ist. Allerdings würde ich meinen, dass die Gefahr durch Übergriffe in Städten größer ist.



          Derzeit wohne ich noch in einem Asphalt-und-Beton-Moloch.

          • @Uranus:

            *habe ich nicht.

      • @Uranus:

        Man könnte fast glauben, dass Sie keine gebrechlichen Alten kennen. Die gehen hier im Ort mit der Gehilfe bzw. dem Gehstuhl zum nahegelegen kleinen Lebensmittelgeschäft; dito. Rollstuhlfahrer:innen. Wie sollte das bei einem Leben im Wald gehen - neben dem Holzhacken, Heizen, Wäschewaschen etc.?

        • @resto:

          Ich habe nicht geschrieben, dass ältere Leute in den Wald ziehen sollten. Der andere Fall - sie wohnen da bereits und sind älter geworden, dann könnten sie bspw. anhand Unterstützer*innenkreis und ambulante Pflege versorgt werden oder sie zögen um. Ich denke, ab einem gewissen Alter wird mensch sich nicht mehr zutrauen, Auto zu fahren.

  • Ganz ehrlich: Ihr wohnt mitten in der Pampa…gönnt Euch was, kauft Euch nen Tesla „Made in Brandenburg“ oder zumindest ne gebrauchte Renault Zoe (aber wenigstens mit dem 41-kWh-Akku, dann klappt das auch mit dem Mosten/Apfelsafttransport)…und nein, Ihr braucht nicht unbedingt eine „Ladesäule“(=Wallbox?), für Eure Strecken tut’s auch ne normale Schukosteckdose, besser ist allerdings ne blaue Campingsteckdose (gibt’s für ein paar Euro im Baumarkt), das Notladekabel(=„Ladeziegel“) ist bei jedem E-Auto dabei…Ihr müsst kein schlechtes Gewissen haben mitten im Wald ein Auto zu brauchen…und das sage ich der autofrei in einer Stadt mit etwas über 75000 Einwohnern lebt.

    Ach ja, zwei Sachen noch: Die Schulkinder könnten ja zumindest im Sommer selbst per Fahrrad die 2,5 Kilometer zur Bushaltestelle radeln…und ich bin auch als Achtjähriger Trecker gefahren: Da wird wirklich „ein Hebel umgelegt“ beim Bremsen, vor allem wenn es ein älterer/kleinerer Traktor ist, der hat nämlich nicht unbedingt schon einen Bremskraftverstärker.

    • @Saile:

      Etwas weniger schlecht, ist immer noch schlecht! E-Auto sind auch nicht zukunftsfähig! Dafür ist über 50 Jahre alles zu falsch gelaufen!(Warum? Weil: Gier frisst Hirn!)



      Wenn die Menschheit in vielleicht 30 bis 50 Jahren mal ausreichend die Sonne „anzapft „ kann mensch über E-PKW nachdenken, aber bitte hoffentlich nur über kleine Zweisitzer!

      Schade, dass so wenige die technisch-physikalischen und vor allem biologischen Fakten kennen! Lehrerinnen und Lehrer sind zumeist auch sehr durchschnittlich und angepasst!

      • @tsitra:

        Mich würde ja auch sehr interessieren wie diese Familie ihre Wohnung mitten im Wald eigentlich heizt: Ist diese sehr modern/gut gedämmt? Wird mit Sonnenkollektoren/Restholz und/oder ökostrombetriebener Wärmepumpe geheizt? Das ist nämlich auch ein nicht zu unterschätzender Energiebedarf in diesem Land hier…

        E-Autos sind natürlich zukunftsfähiger wenn diese nur dort genutzt werden wo ein Auto auch wirklich Sinn macht/gebraucht wird…nichts gegen kleine Zweisitzer, aber diese Familie braucht eher nen klassischen Fünfsitzer…ich bin letzten Donnerstag einen Carsharing-Tesla Model 3 mit dem kleinen kobaltfreien LEF-Akku gefahren: Der braucht bei 80-100 km/h über Land gerade mal 13-14 kWh/100km, hat dann so um die 400 km Reichweite und auch die notwendigen fünf Sitzplätze…

        • @Saile:

          Die Fakten und Statistiken zeigen überdeutlich, dass eine fünfköpfige Familie nicht unbedingt einen Fünfsitzer braucht! Das ist das alte unbrauchbare Denken, dass die ganze Familie in die Kutsche passen muss. Hat leider zu dem äußerst miesen Energieverschwendungs-Zustand geführt, dass meist nur ein oder zwei Personen in viel zu großen PKW sitzen Wenn die mal alle zusammen unbedingt per PKW wohin wollen, sollten sie sich auf zwei kleine PKW aufteilen. Dafür müsste der Vater noch die Fahrerlaubnis erwerben.

          Ja, Wohnungen heizen macht auch viel aus, so circa 25%, soweit ich mich gerade erinnere.

    • @Saile:

      Traktorfahren ist in so einem jungen Alter ohne einen Führerschein nicht erlaubt, es sei denn, das Grundstück ist tatsächlich so riesig, dass diese bis zur Haltestelle reicht. Das darf bezweifelt werden.

      • @Troll Eulenspiegel:

        Ich bin natürlich damals nur auf unserem eigenen Grundstück herumgefahren…und ich habe auch nichts davon geschrieben dass die Kinder der Autorin mit einem Trecker zur Bushaltestelle fahren sollen (zumal diese ja selbst gar kein solches Gefährt haben).

  • 9G
    93851 (Profil gelöscht)

    Wenn man jung ist, kann man manches wagen, ansonsten ist man wohl eher aufgeschmissen ...

  • Als schwer chronisch Kranker kann ich meine selbst nicht mehr reisefähigen Eltern n u r sehen, wenn ich einen Inlandflug mache. Früher 1x/Jahr, einzige Reise, Restleben eh vegan & autofrei. Zugreisen wären gesundheitlich nicht möglich; noch nichteinmal im Privatfahrzeug hinten liegend chauffiert. 8-10h unterwegs wären zu lang. „ Inlandsflüge verbieten“ ist wieder so eine typische Idee von Gesunden. Schöne neue Welt.

  • Schöner Artikel, der nach meinet Lesart endlich einmal die Frage aufwirft in welcher (Mobilitäts-) Welt wir eigentlich leben wollen.

    Solange wir nur in Notwendigkeiten denken und Autofahrende sich abhängig machen und dadurch den Blick auf das Mögliche verlieren, kommen wir sicher nicht raus aus dem momentanen Schlamassel..im Gegenteil.

    Gesellschaft und Politik sollten also endlich (wieder) darüber nachdenken wie unsere Städte mit viel weniger Autos aussehen könnten. Und Menschen vom Lande mögen das bitte respektieren. Ebenso wie Menschen aus den Städten respektieren mögen, dass das Leben auf dem Land ohne Auto nicht so einfach ist.

    Und wer weiß: vielleicht kann dann ja etwas mehr ländliche Idylle in die Städte ziehen und etwas mehr Urbanität aufs Land...

    Und

  • Erstaunlich, dass die Gefahren und Störungen durch andere Autos (auf dem Land) nicht erwähnt werden.

    In der Stadt braucht es autofreie Quartiere, damit es keinen "Verzicht" auf ein Auto gibt, sondern eine Wahl zwischen zwei Lebensalternativen, eine davon ohne Autos auf der Staße und ohne Autolärm. Die autofreien Qaurtiere könnte man mit Mehrheitsentscheidung einführen.

    Auf dem Land würden ein paar Kleinstädtchen ohne Autoverkehr ebenfalls gut tun. Mehrheiten finden man dafür nicht. Also neu bauen. Dann aber am besten an einer Regionalbahnstrecke.

  • In Berlin guckt einen zwar niemand komisch an, wenn man sagt "ich habe kein Auto", aber wenn man sagt "ich habe kein Handy". Das ist auch eine Sucht. Die Leute kaufen sich eines, sagen sich "nur für Notfälle", zum Schluß nutzen sie es fast jeden Tag.

    • @Yvvvonnne:

      Fragen Sie mal jemanden in diesem Land nach dem Weg. Die meisten können sich gar nicht vorstellen, dass Menschen ohne GPS und Google Maps unterwegs sind.

      • @Kabelbrand Höllenfeuer:

        Ja, das ist mir auch schon aufgefallen. Gerade jüngere Menschen, die mit Map-Apps aufgewachsten sind, haben teilweise einen erschreckend schlechten Orientierungssinn.

  • Man muss endlich Menschen, die weder fossil angetriebene Fahrzeuge benutzen und nicht fliegen, massiv steuerlich bevorteilen. Stattdessen wird für Raser in fettleibigen Autos und Pendler, die ihren Lebensentwurf auf die Auslagerung sozialer und ökologischer Kosten begtründet haben, der Spritpreis gedeckelt.

    Für die kalten Hände im Winter gibt es (analog zu Motorrädern) mittlerweile auch Heizgriffe für Fahrräder.

    • @Kabelbrand Höllenfeuer:

      genau und den Mietern in den Städten soll aber immer mit einer Mietpreisbremse oder noch besser mit Enteignung geholfen werden, oder?

    • @Kabelbrand Höllenfeuer:

      "Pendler, die ihren Lebensentwurf auf die Auslagerung sozialer und ökologischer Kosten begtründet haben, der Spritpreis gedeckelt."

      So kann man die Regionen in Ostdeutschland mit hoher Arbeitslosigkeit in denen die, die dort noch wohnen geblieben sind und pendeln natürlich auch beschreiben.

    • @Kabelbrand Höllenfeuer:

      Die steuerliche Bevorteilung ist schon lange da. Der Autofahrer zahlt KFZ-Steuer, Mineralölsteuer und muss sein Fahrzeug selber zahlen, alles jeweils plus Umsatzsteuer. Dem ÖPNV-Fahrer wird ein zu 50% Steuersubventioniertes Verkehrsmittel zur Verfügung gestellt.

      • @Jürgen Meyer:

        Sie können ja mal „externalisierte Kosten Auto“ googeln. Was der arme deutsche Autofahrer zahlt, reicht nämlich immer noch nicht aus, um die Kosten, die er der Gesellschaft aufbürdet, zu kompensieren. Einmal davon abgesehen, dass er den Bewegungsraum von Kindern massiv beschneidet, die aus Sicherheitsgründen auf Spielplätzen eingesperrt werden müssen.

  • "Wer in einer Großstadt kurze Wege hat und damit Verkehr vermeidet, schützt die Umwelt möglicherweise mehr als diejenige, die raus in die Natur zieht."

    Das Wort "möglicherweise" hat in diesem Satz keinen Sinn. Denn selbst, wenn kein Auto im Spiel ist, so ist es fast immer höherer Flächenbedarf.

    • @Yvvvonnne:

      In wiefern ist Flächenbedarf per se schlecht?

      Klar - wenn *alle* im Einfamilienhaus auf dem Land leben wollten, hätten wir bei der aktuellen und zukünftigen Population ein Problem. Aber deshalb *allen* die Freiheit absprechen, sich für ein Einfamilienhaus im Grünen zu entscheiden?

      Ich lebe in einem Haus Baujahr 1969 auf dem Dorf, für das ich nur so viel Abtrag zahle wie ich für die Wohnung in der Stadt an Miete berappen musste - und bin trotzdem in weniger als 20 Jahren gesamt durch mit der Finanzierung. So bleibt genug Geld übrig, das Haus nach und nach energetisch zu sanieren. Wobei wir sowieso hauptsächlich mit selbstgeschlagenem Holz aus dem nahen Wald heizen.

      Ja, ich lebe auf mehr als 150m². Ja, aktuell ist das Haus noch weit entfernt vom KfW40 Standard. Aber dafür bin ich in meinem Leben noch nie geflogen und habe generell ein sehr minimalistisches Konsumverhalten.

      Man könnte sagen, das Haus ist mein guilty pleasure. Aber ich nehme an, wer in der Großstadt lebt, zum Durchatmen um die Welt fliegt und sich von Lieferdiensten und Webshops versorgen lässt, hat eine miesere Ökobilanz als ich ...

      Ist alles eine Frage des Einzelfalls. :)

      • @Der mit der Räubermaske:

        Ich spreche niemandem irgendein Recht ab. Aber ich gehe davon aus, daß das Leben auf dem Land in den meisten Fällen (!) resourcenhungriger ist als das Leben in großen Mehrfamilienhäusern in der Stadt. Wer noch nie geflogen ist, ist da unter'm Strich natürlich trotzdem ein Umwelt-Held für deutsche Verhältnisse.

        Ansonsten ist es aber eine "false dichotomy". Man kann auch in der Großstadt leben ohne Lieferdienste zu nutzen (ich wüßte nichtmal wie das geht). Sogar ziemlich gut, weil alle relevanten Läden fußläufig erreichbar sind. Und man muß auch nicht auf dem Land leben um noch nie geflogen zu sein.

        "Angemessener Wohnraum" sind in Deutschland übrigens definiert mit 45 m² für ein Single und je 15 m² für jede weitere Person im Haushalt.

        • @Yvvvonnne:

          Wie ich sagte: Ist alles eine Frage des Einzelfalls.

          Angefangen hat das Gespräch aber mit dem undifferenzierten Argument des höheren Flächenverbrauchs auf dem Land - und der Behauptung, das Wort "möglicherweise" hätte in dem zitierten Satz keinen Sinn. Doch, hat es.

          Denn nur *möglicherweise* schützt der Städter die Umwelt, nicht zwangsläufig.

          Und ja, auch nur möglicherweise schützt der eine oder andere Dorfbewohner die Umwelt eben doch ein bisschen mehr, als die Menschen in der Stadt es tun. Aber immerhin ;)

  • 9G
    95820 (Profil gelöscht)

    Wenn das alle machen würden... (Bin so aufgewachsen. Allerdings ohne Lastenrad und E-Unterstützung.Treckerfahren erst mit 11. Die Bremsen waren noch ohne Servo-Unterstützung. 😄)



    „Aufpumpen gehört auch zum Alltag“ Das ist ganz wichtig - im Mediengeschäft. 🚶 🚲

    • 9G
      95820 (Profil gelöscht)
      @95820 (Profil gelöscht):

      „So aufgewachsen“ bedeutet: Im Wald, fern vom Dorf, mit Hausbrunnen, Kohleofen und Plumpsklo. Treckerfahren als Arbeit beim Bauern im Dorf. Paar Groschen verdienen. Damals galt frauman als arm. Wer heute so lebt ist Guru.



      Times they are a chainging

  • Ein Dacia Spring (Elektroauto) kostet neu nach Abzug der Fördermittel ca. 12000€. Verbraucht ca 16kwh auf 100 km. Also etwa 5€. Laden an einer normale Steckdose locker möglich.



    Nur so mal.

    • @BerlinerausBerlin:

      Stimmt! Nur wen interessieren Fakten wenn es um Ideologien geht. Manche sehen in jeder Form des Autos den Teufel, aber ein Dieselbus oder eine Diesellok ist guter ÖPNV.

  • Ratet mal was ich Christian Rath rate:



    Für das Rad 'ne Hausradversicherung in der Hausratversicherung der Radhausversicherung in der Rathausversicherung für's Hausrad des Hausrats im Radhaus vom Rathaus.

  • Toller Bericht. Danke dafür. Es ist schön zu erleben wie immer mehr Menschen erkennen wie toll ein Fahrrad sein kann. Ein guter Freund mit Frau und Kind hatte auch einst sein Auto gegen ein Lastenrad aufgegeben. Wir trafen ihn mit dem schönen roten Lastenrad genannt "Tomate".



    Er sagte uns: "Früher sass unser Kind im Auto und hat gequengelt, heute sitzt sie in der Tomate und singt."

    • @MusicMario:

      Vorsicht, man kann den Artikel auch genau umgekehrt lesen.

  • Danke für diese notwendige Erzählung! Ich hoffe, ihr könnt bald davon erzählen, wie es von Winter zu Winter besser wird, mit zunehmender Erfahrung!

  • Alles richtig gemacht. Nur der Wohnort ist falsch. Haus auf dem Land muss ja nicht mitten im Wald liegen. Zumal die Energiebilanz alle Aufwände umfasst. Da fällt der Verzicht aufs Auto kaum ins Gewicht, wenn für anderes im Leben mehr Energie verbraucht und damit CO2 produziert wird. So gesehen, ist der Autoverzicht doch wieder was sektenhaftes.

  • Danke für diesen gelungenen Artikel, der meinen Ostermontagmorgenkaffee und Ausklang des Osterurlaubs mit Stadtflucht abgerundet hat, und danke für euer Vorbild. Gleich geht es wieder zurück ins laute Dauerbrummem der Stadt.

  • "Ein Pkw kostet durchschnittlich 300 Euro im Monat."



    Schöngerechnet vielleicht, und wenn er dabei nur rumsteht und gar nicht bewegt wird. Lt. ADAC kostet der günstigste Kleinstwagen 382€/Monat.



    Den Artikel finde ich sehr interessant und würde mich über eine lose jährliche Fortsetzung sehr freuen.



    Ich selbst fahre alle Strecken bis 25km mit dem Rad, auch mit Kind. Darüber hinaus nutze ich die Öffis oder einen PKW aus der Familie oder Car-Sharingangebote. Ich halte es auch für eine Aufgabe von jedem Einzelnen, gegen die Privat-PKW-Kultur anzukämpfen UND die der



    Politik, den Rahmen für eine engere Taktung von öffentlichen Verkehrsmitteln, die Einführung von Rufbusse, Apps für Fahrgemeinschaften und mehr ländliche Carsharing-Angebote, Ausweisung von Baugebiete, die kompakt an Bahnhöfen liegen, statt zerfleddert auf den Äckern, zu setzen.



    Natürlich gibt es genug gute Gründe dafür, dass Menschen auch privat Auto fahren müssen. Man nennt das dann eine Ausnahme.

  • In den Wald gezogen, überlegen Sie 80 Millionen Menschen auf 360.000 km² wollen in den Wald ziehen (wer will das nicht)....dabei sind nur etwa 1/3 bewaldet..bleiben 120.000 km², für jeden 1,5m².



    So wird, mit etwas Überlegung, aus einem heroischen Akt ein Privileg, das sich nicht jeder leisten kann. So ist es mit einem Privileg.

    • @Günter:

      Wenn ich mich recht entsinne, schreibt die Autorin nichts davon, dass sie das Haus neu hat bauen lassen. Zudem nehme ich nicht an, dass das Anliegen der Autorin lautet, dass Alle auf's Land ziehen sollten, sondern dass viel mehr Menschen ihre Mobilität ohne Auto, bzw. ökologischer organisieren sollten.

    • @Günter:

      Da sind aber ein paar Kommastellen verrutscht: 1500 Quadratmeter wären es schon wenn jede_r von uns im Wald leben würde.

    • @Günter:

      Ich kenne quasi niemanden, der das will.

      Das Problem scheint also überschaubar zu sein.

    • @Günter:

      Um Faktor 1000 verrechnet, 120.000 / 80.000.000 = 0,0015 km2 pro Nase, das sind aber nicht 1,5m2 sondern 1000m*1000m*0,0015=1500m2

      • @snapesnottinger:

        Stimmt, muss natürlich km² heißen. Sorry für den Schreibfehler.

  • Danke für den Artikel! Habe ich gern gelesen!

  • Ich habe es satt als Bösewicht dargestellt zu werden, weil ich auf dem Land lebe, ein Auto besitze und in einem Haus wohne. Die Städte sind zugepflastert, die Luft ist konzentriertes Gift, das Stadtklima macht krank, er Lärm auch.



    Die "Heiligsprechung" von Stadtbewohnern nervt, denn ökologischer ist das auch nicht.



    Und dann kommen sie in Scharen übers Wochenende aufs Land, die meisten mit Autos und erzählen mir von den bösen Landbewohnern, welche ach so schuldig am Klimawandel sind.



    Und was diesen Bericht betrifft: Schön, was die junge gesunde Dame da macht, aber an 365 Tagen im Jahr, bei jedem Wetter? Und was machen die Gebrechlicheren und Alten?

    • @Rudi Hamm:

      Was haben die Gebrechlichen und Alten gemacht, als eben noch lange nicht jeder Haushalt ein Auto hatte?

      Meine Großeltern hatten bis 1979 nichtmal ein Telefon.

      Wer gebrechlich und alt ist, muss gut versorgt werden. Früher war das im Mehrgenerationenhaushalten durch die Familie, heute durch mobile Pflegeservices oder direkt die Unterbringung in Wohnheimen. Letzteres würde ich sogar bevorzugen - denn egal, wieviel Auto man hat: verglichen mit Mobilität ist defintiv mittlerweile die Einsamkeit das größere Problem im Alter.

    • @Rudi Hamm:

      Nanu? Von mir aus können Sie sich den Schuh, Bösewicht zu sein, gerne anziehen, müssen Sie aber nicht. ;-)



      Die Alten und Gebrechlichen, die Schwierigkeiten in Sachen Reaktionsvermögen, Sehkraft (gerade bei Dunkelheit), und Konzentrationsvermögen haben, steigen dann sicher nicht mehr ins Auto.

    • @Rudi Hamm:

      @Rudi:



      Auch wenn es einige Kommentartoren zwar richtigstellen, dass nichts diesbezüglich im Artikel steht, muss ich doch anmerken, dass im ländlichen Raum der Eindruck der urbanen Besserwisserei entsteht.

      Mein Leben innerhalb des S-Bahnrings hat kein Auto benötigt. Alles war fussläufig erreichbar. Jetzt im ländlichen sieht es ganz anders aus, wenn ich die gleiche Lebensqualität haben möchte. Mein Fitnesstudio liegt außerhalb des Ortes, trotz aller Bemühungen der Sportverein meines Sohnes auch. Gleiches gilt für Kino und und und…

      Und nein, ich brauche keine Belehrung, dass ich mich nur bemühen muss!

    • @Rudi Hamm:

      Steht da in einem einzigen Satz des Artikels "Und so müssen es alle machen?"

      • @Assistenz Auslandsredaktion:

        Steht da in einem einzigen Satz des Artikels "Und so müssen es alle machen?"



        Da steht z.B.: "Aber genau diese Leute, Leute genau wie wir, zerstören diesen Planeten. Menschen, die raus aus den Städten ziehen, dabei die Landschaft mit Einfamilienhäusern zubetonieren..."

        • @Rudi Hamm:

          Nun, sinngemäß stimmt das doch: siehe ökologischer Fußabdruck in Deutschland, Flächenverbrauch, Zersiedlung, gestiegene Wohnfläche pro Person je wohlhabender die Person, 48 Millionen Autos in Deutschland ... auf der anderen Seite derselben Medaille Klimakrise und Massensterben der Tiere. Wenn alle so lebten, wie die meisten Menschen in Deutschland, wäre die Ökosphäre schon längst kollabiert.

          • @Uranus:

            "gestiegene Wohnfläche pro Person je wohlhabender die Person"

            Das stimmt so nicht. Die Wohnfläche pro Person ist insgesamt in DE gestiegen. Das ist nicht allein ein Reichengedöns.

            Die Verdoppelung der Wohnfläche pro Person in DE in den letzten 50 Jahren kommt nicht dadurch zustande, dass sich einseitig die Wohnfläche der obersten 10% verhundertfacht hat. Im Gegenteil, deren Stadtvillen haben immer noch die gleiche Größe.

  • Schöner Beitrag und er charakterisiert die dominierende Geisteshaltung sehr gut. Auch ich bin schon als verrückt bezeichnet worden, weil ich in etwas hügeligem Gelände im Vogtland regelmäßig das Rad genutzt habe, anstatt wie jeder andere auf ein Auto zurückzugreifen.

  • Danke... mir fehlen die Worte. Schönes Stück.

    Einmal tief durchgeatmet, zur nüchternen Sache: ja, ich glaube, so geht das.

  • Als Teenager prägte mich der Zufall, dass Teile meiner Familie ausgerechnet im Iran



    und Nicaragua lebten. Mit den Hiobsbotschaften, welcher Verwandte umgebracht oder ins Gefängnis geworfen wurde kam die Erkenntnis, kein Öl verbrauchen zu wollen.



    Kein Führerschein also, und ich bin im Jaguar groß geworden.



    Einer meiner Lieblingsfilme ist Koyaanisqatsi. Das ist mehr als 40 Jahre her und so wie ich damals vergebens den Daumen raushielt, warte ich vergebens neben der endländischen "Mitfahrbank". Nichts hat sich getan. Das erschreckende dabei - zu meinen 40 Jahren persönlich erlebten muss man höchstens 30 Jahre drauflegen um in Zeiten anzukommen, wo das Auto nicht zum ländlichen Inventar gehörte - in Westdeutschland wohlgemerkt. Das Eisblumen am Schlafzimmerfenster dazugehörten wie zwei Federdecken. Kurios auch, dass niemand den Vorteil sehen mag, sich bei Wind und Wetter körperlich auf dem fahrrad abzumühen - weniger häufig flach zu liegen und einen recht annehmbaren BMI zu haben. Deshalb fürchte ich leider, es muss preislich "wehtun" damit sich was ändert...

  • Ob ich hatte zuerst den Artikel nicht ganz fertiggelesen muss ich zugeben. Also es spricht viel gegen ein Leben auf dem Land, wenn die Städte nicht so stark in den Händen multinationaler Konzerne wären, die die Preise in die Höhe treiben. Krankenwagen: hatte schon genug als ein größeres Kind mit hohem Fieber in der Stadt zum Arzt musste. Kinderwagen, da damals kein Auto vorhanden. Ansonsten ja, Autos verlocken. Verwandte besuchen, je Strecke: mit dem Auto 35 km mit Bergen, 25 Minuten. Mit der Bahn: 60 km, 1,5 Stunden. Rad: 1:15. ebike: gibt’s nicht, zu teuer für den einzelnen Sitzplatz den es bietet, zudem keine Steckdose weit und breit. Akku ab und im Wohnzimmer laden? No way. Nachher taucht der Scheiß ab.

  • Auf dem flachen Land mag das gehen. Viel Spaß im großen Rest Deutschlands. Oder mit Rücken. Mit Gruß eines versperrten Radfahrers, der natürlich in der Stadt wohnt.

  • Gut gemacht. Aber leider nicht zu Ende gedacht.



    Der automobile Individualverkehr muß enden. Oder wir enden.



    Alle mit Rad aufs Land? Welches? Unsere Bodenversiegelung ist schon zuviel.



    Insgesamt: schlechte Aussichten.



    Eine Politik die stets nur redet, aber nicht handelt macht den Rest.

    • @Hans Jürgen Langmann:

      "Der automobile Individualverkehr muß enden. Oder wir enden."



      Wir enden so oder so.



      Das Modell "moderner Mensch" ist nicht kompatibel mit der Erde. Die Evolution wird uns aussortieren und wir enden als kurze Episode der Erdgeschichte. Am Ende waren wir bestenfalls ein kleiner Schnupfen für die Erde.