Umweltschützer gegen LNG-Terminal: Habeck bittet um Verzicht auf Klage

Die Deutsche Umwelthilfe fordert einen Baustopp für ein Flüssiggasterminal in Wilhelmshaven. Minister Habeck bittet den Verband, nicht zu klagen.

Robert Habeck und andere in Wilhelmshaven

Robert Habeck kommt zum ersten Rammschlag für einen Anleger eines Flüssiggas-Terminals nach Wilhelmshaven Foto: Sina Schuldt/dpa

Hamburg taz | Wegen der Pläne, im Eiltempo Importterminals für Flüssiggas (LNG) in Deutschland zu bauen, gehen Umweltverbände in den Clinch mit Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne). Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hat dem vorzeitigen Beginn der Arbeit an einem schwimmenden LNG-Terminal in Wilhelmshaven widersprochen und einen Baustopp gefordert. Habeck bat den Verband, auf eine Klage zu verzichten: „Im Zweifelsfall bringt uns eure Klage in größere Abhängigkeit von Putin“, sagte er in Richtung der Umwelthilfe. „Das solltet ihr nicht tun an dieser Stelle.“

Der Minister für Wirtschaft und Klimaschutz sieht wegen des Kriegs in der Ukraine dringenden Handlungsbedarf: Zum einen gibt es die Forderung, Deutschland möge auf seine Gas­importe aus Russland verzichten, um dessen Angriff nicht zu finanzieren. Zum anderen ist nicht auszuschließen dass Russland von sich aus die Gaslieferungen einstellt. Ungefähr die Hälfte des in Deutschland verbrauchten Erdgases stammt aus Russland. Es wird vor allem zur Energiegewinnung genutzt, aber auch als Rohmaterial für die Grundstoffindustrie. Ein Wegfall würde die deutsche Wirtschaft empfindlich treffen.

Habeck hat es daher eilig. Am Donnerstag kam er zum ersten Rammschlag eines Anlegers für ein schwimmendes LNG-­Terminal nach Wilhelmshaven. Er unterzeichnete eine Ab­sichtserklärung mit dem niedersächsischen Wirtschaftsministerium „zum Ausbau der LNG- und Green-Gas-Importinfrastruktur in Niedersachsen“. Zugleich unterschrieb er die Charterverträge für vier schwimmende Flüssigerdgasterminals.

Die Umwelthilfe wehrt sich gegen den Bau in Wilhelmshaven, weil er begonnen wurde, ohne die Umweltverbände zu beteiligen oder Planungsunterlagen offenzulegen. „Es war ein völlig intransparentes Verfahren“, kritisiert DUH-Geschäftsführer Sascha Müller-Kraenner. „Wir wollen die Akten sehen.“

Die DUH räumt in ihrem Widerspruch zwar ein, dass Deutschland mit einer Aus­nah­me­si­tua­tion konfrontiert sei. Aber gerade dann müsse „die Exekutive mit Augenmaß agieren, es dürfen nicht, quasi im Rausch des Ausnahmezustands, Rechtsgrundsätze und rechtliche Errungenschaften über Bord geschmissen werden“.

Ist das Terminal wirklich nötig?

Müller-Kraenner fordert von Habeck eine mehr als nur pauschale Erklärung dafür, warum Deutschland eigene LNG-Terminals brauche. Habeck argumentiert in seinem Statement zu dem Termin in Wilhelmshaven, dass die Regasifizierungskapazität anderer europäischer Länder nur weniger als die Hälfte des deutschen Bedarfs decken könnte.

Das würde sich Müller-Kraen­ner gerne vorrechnen lassen. Er verweist auf eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), die davon ausgeht, dass Deutschland durch eine bessere Ausnutzung der bestehenden Infrastruktur und Einsparungen die Lücke schließen könnte. Auch eine aktuelle Studie der Firma ­Artelys im Auftrag der European Climate Foundation kommt zu dem Schluss, dass Deutschland keine eigenen Terminals brauche.

Dazu kommt die Angst der Verbände, dauerhaft weniger Einfluss auf beschleunigte Plan- und Genehmigungsverfahren zu haben, der Verweis auf die Klimaschädlichkeit von LNG und die Kritik an dem konkreten Projekt in Wilhelmshaven. Ein besonders geschütztes Biotop drohe hier großflächig und unwiederbringlich zerstört zu werden. Zudem seien die anstehenden Rammarbeiten lebensgefährlich für die Schweinswale, die zum Fressen in die Jade schwimmen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.