Umweltverbände zu LNG-Terminals: Scharfe Kritik an Flüssiggas-Gesetz

An der Küste sollen schnell LNG-Terminals gebaut werden. Umweltverbände und Grüne Jugend halten die Pläne für überdimensioniert.

Blick auf eine Flüssiggas-Pipeline

In Wilhelmshaven hat der Bau eines schwimmenden LNG-Terminals begonnen Foto: Sina Schuldt/dpa

BERLIN taz | Das Eilverfahren, mit dem die Bundesregierung den Import von Flüssig­gas (Liquified Natural Gas, LNG) per Schiff ermöglichen will, stößt bei Umweltverbänden auf scharfe Kritik. In einem am Freitag veröffentlichten offenen Brief an Bundestagsabgeordnete kritisieren BUND, Nabu, WWF, Greenpeace, Germanwatch, DUH und der Dachverband DNR, dass die Pläne der Ampelkoalition auf „eine massive Überversorgung mit Erdgas“ hinausliefen, wodurch „die Einhaltung des Klimaschutzgesetzes und der Umstieg auf eine grüne Wasserstoffwirtschaft gefährdet“ werde.

Um möglichst schnell unabhängig von Erdgasimporten aus Russland zu werden, hat das von Robert Habeck (Grüne) geführte Wirtschaftsministerium einen Gesetzentwurf erarbeitet, der am Donnerstag in erster Lesung vom Bundestag beraten wurde. Er sieht unter anderem vor, auf Umweltverträglichkeitsprüfungen und Beteiligungsprozesse zu verzichten. Gerechtfertigt wird dies mit der Gefährdung der Versorgungssicherheit. Die bestehenden LNG-Terminals im Ausland reichen nach Aussage des Wirtschaftsministeriums nicht aus, um Deutschland bei einem Stopp der Lieferungen aus Russland zu versorgen.

Gelten sollen die geplanten Ausnahmen für Anlagen zur Anlandung und Wiedervergasung von verflüssigtem Erdgas sowie für die zugehörigen Pipelines. Explizit genannt werden im Gesetz sieben mögliche Standorte für temporäre Terminals auf Schiffen und vier Standorte für feste Terminals an Land. Während die Verbände anerkennen, dass einzelne temporäre Terminals nötig sein könnten, halten sie die Gesamtplanung für völlig überdimensioniert. „Die vorgesehenen elf Terminals“ würden die aktuellen Importe aus Russland „in jedem Fall mehr als überkompensieren“, schreiben sie.

Timon Dzienus, Bundessprecher der Grünen Jugend

„Bevor Fakten geschaffen werden, brauchen wir eine Bedarfsplanung“

Nach Auskunft des Wirtschaftsministeriums bedeutet die Auflistung von elf möglichen Standorten allerdings nicht, dass elf Terminals gebaut werden. Geplant sind derzeit vier schwimmende Anlagen, die die Bundesregierung bereits gemietet hat. Jeweils eine soll in Wilhelmshaven und Brunsbüttel stationiert werden, für die anderen zwei steht der Standort noch nicht fest. Ein festes Terminal plant die Regierung bisher nur in Brunsbüttel. In Stade gibt es zudem Pläne eines privaten Konsortiums.

Kritik an Habecks Gesetzentwurf gibt es nicht nur von Umweltverbänden, sondern auch aus der eigenen Partei: Der Co-Bundessprecher der Grünen Jugend, Timon Dzienus, fordert, zunächst zu klären, wie viel LNG-Gas überhaupt benötigt wird. „Bevor Fakten geschaffen werden, brauchen wir eine Bedarfsplanung“, sagte er der taz.

Verabschiedung schon nächste Woche geplant

Das gelte vor allem für die festen Terminals, über die laut Gesetz bis zum Jahr 2043 fossiles Erdgas importiert werden darf. „Das passt nicht zu unseren Klimazielen“, betonte Dzienus. Mehrere Studien bestritten, „dass diese dauerhaften Terminals überhaupt gebraucht werden.“ Selbst wenn die Terminals nötig sein sollten, müsse bei der Umsetzung „Genauigkeit vor Eile“ gehen, fordert Dzienus.

Auch dürfe das Klagerecht nicht zu stark eingeschränkt werden: „Die Kritik der Umweltverbände muss gehört werden.“ Ob die Einwände noch Gehör finden, ist offen. Viel Zeit für Veränderungen am Gesetz bleibt nicht mehr: Schon in der nächsten Woche soll das LNG-Beschleunigungsgesetz von Bundestag und Bundesrat beschlossen werden.

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