Professorin tritt nach trans*-Eklat ab: Antifreiheitliches Wokistan

Die britische Professorin Kathleen Stock ist der Ansicht, dass Geschlecht biologisch begründet ist. Nun wurde sie zum Ziel transaktivistischen Furors.

Auf dem Campus der Universität von Sussex Foto: Jim Stephenson/View/imago

Mob meint als Wort eine aggressiv gestimmte Bande, die mit allen Mitteln einer Person das Leben zur Hölle macht. Eine solche Gruppe glaubt sich im moralischen Recht, weil die von ihnen Gehetzten es verdient haben. Gewöhnlich wird dieses Wort mit Pöbel assoziiert, also mit unteren Ständen und seinen, so das Phantasma der gebildeten Kreise, rohen Charakterzügen. Und genau das ist ein Missverständnis – und ein starkes Indiz für die Fähigkeit zum Mob akademischer Kreise ist der Fall der britischen Philosophin Kathleen Stock, die an der Universität Sussex 16 Jahre lehrte und seit Jahren einem kollegialen wie studentischen Furor ausgesetzt ist.

Nicht, weil sie eine schlechte akademische Lehrerin war, sondern weil sie in Blogbeiträgen sehr klar gegen den woken Zeitgeist und stattdessen darüber schrieb, dass das Geschlecht, Frau oder Mann, biologisch begründet sei und keineswegs identitär dem aktuellen Belieben anheimgestellt werden darf. Stock erntete dafür eine Fülle von üblen Nachreden im Uni-Gehege – bis hin zu einer Demonstration auf dem Campus gegen sie, als sei sie ein Nazi. Man brandmarkte sie – das Schlimmste, das in ihrem Milieu einem widerfahren kann –, transphob zu sein. Eine internationale Unterschriftenliste, die ihre Ablösung forderte, darunter auch Leute aus dem deutschen Universitätsbetrieb, unterfütterte den global getunten Mob.

Stock zog sich nun zurück; sie hat, physisch bedroht, sich und ihre Familie zu schützen. Der Fall, der auch ein grelles Licht auf das esoterische Verständnis von Humanbiologie auf Teile der Geisteswissenschaft wirft, mag zum Menetekel werden: Mit der Demission Stocks wird auch die Meinungs- und Forschungsfreiheit als krass bedroht erkannt werden – hier nicht von rechts, sondern auch von einem Teil der Linken. Dass der Fall, wie behauptet wird, einer zwischen Progressiven und Konservativen sei, zwischen den Frischen und Alten, ist falsch: Wokistan gibt sich links – und ist doch nur ein antifreiheitlicher Mob im Zustand der Selbsttrunkenheit: Im Netz wurde Stocks Resignieren als Sieg gefeiert – für die queere Sache. Was für eine Groteske!

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Postbote, Möbelverkäufer, Versicherungskartensortierer, Verlagskaufmann in spe, Zeitungsausträger, Autor und Säzzer verschiedener linker Medien, etwa "Arbeiterkampf" und "Moderne Zeiten", Volo bei der taz in Hamburg - seit 1996 in Berlin bei der taz, zunächst in der Meinungsredaktion, dann im Inlandsressort, schließlich Entwicklung und Aufbau des Wochenendmagazin taz mag von 1997 bis 2009. Seither Kurator des taz lab, des taz-Kongresses in Berlin, sonst mit Hingabe Autor und Interview besonders für die taz am Wochenende. Kurator des taz lab und des taz Talk. Interessen: Vergangenheitspolitik seit 1945, Popularkulturen aller Arten, besonders der Eurovision Song Contest, politische Analyse zu LGBTI*-Fragen sowie zu Fragen der Mittelschichtskritik. Er ist auch noch HSV-, inzwischen besonders RB Leipzig-Fan. Und er ist verheiratet seit 2011 mit dem Historiker Rainer Nicolaysen aus Hamburg.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.