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Diskussion um MinijobsWeg mit dem Minijob! Ran an die unbequemen Fragen

Eva Fischer

Kommentar von

Eva Fischer

556 Euro jeden Monat abgabenfrei: Klingt gut? Nein. Der Minijob sorgt für Ungerechtigkeit – und hält Frauen in der klassischen Rollenverteilung gefangen.

Eine Kombination aus Teilzeit- und Minijob kann finanziell lukrativer sein als ein Vollzeit-Verdienst Foto: Heidi Mayer/plainpicture

U nser Steuer- und Sozialabgabensystem ist hochgradig ungerecht. Dafür gibt es zahlreiche Beispiele. Eines: die sogenannten Minijobs. Der Vorsitzende der Arbeitnehmergruppe in der Unionsfraktion, Stefan Nacke, bezeichnete sie in der Süddeutschen Zeitung als „Systemfehler“. Durch sie würden Kosten der Absicherung von Krankheit, Alter und Arbeitslosigkeit auf die Allgemeinheit verlagert. Und sie würden Menschen aus regulären Jobs fernhalten. Auch viele andere wollen Minijobs nun abschaffen. Recht haben sie.

Beim klassischen Minijob, im Sozialversicherungsjargon als geringfügige Beschäftigung bezeichnet, darf ein Mensch pro Monat für maximal 556 Euro einer Beschäftigung nachgehen, ohne dass Abgaben, wie für die Krankenkasse, fällig werden. Dabei muss er mindestens nach Mindestlohn bezahlt werden – er könnte aber auch einfach pro Monat eine Stunde arbeiten und dafür 556 Euro in Rechnung stellen.

Eigentlich wurde diese Art des Geldverdienens, bei dem brutto gleich netto ist, für Schüler:innen, Student:innen, Rent­ne­r:in­nen und Hausfrauen konzipiert; Menschen also, die schon auf andere Weise sozial abgesichert sind. Wer diese Jobs ausführt, lebt nicht zwangsläufig in prekären Verhältnissen. Ein Minjobber, das kann auch der Ingenieur sein, der in Rente ist und seine frühere Firma nun ein paar Stunden pro Monat berät, wofür er 556 Euro auf seine Boomerrente obendrauf bekommt.

Ein Minijob kann auch als Nebenbeschäftigung zusätzlich zum eigentlichen Job ausgeübt werden. Es kann also je­de:r normale Ar­beit­neh­me­r:in jeden Monat über 500 Euro steuer- und abgabenfrei dazuverdienen. Und darin liegt eine große Ungerechtigkeit: Würde jemand zum Beispiel seine Arbeitszeit so reduzieren, dass er:­sie 500 Euro monatlich weniger verdient, und dann via Nebenjob wieder 500 Euro dazuverdienen, hätte er:­sie brutto wieder genauso viel, netto aber deutlich mehr. Nicht nur, weil für den Zuverdienst keine Abgaben gezahlt werden müssen, sondern auch wegen der Steuerprogression. Im Grunde wäre das also für jeden Menschen lukrativ: Vollzeitjob reduzieren und zusätzlich einen Minijob ausüben. Für die Gesellschaft gut wäre dieser Abgabenrabatt nicht.

Rüge von der OECD

Minijobs sind außerdem auch ein feministisches Thema. Die OECD hat Deutschland bereits für seine Arbeitsmarktpolitik gerügt, unter anderem wegen der geringen Anreize für Frauen, Vollzeit zu arbeiten. Das hat zahlreiche Gründe, zwei davon sind Minijobprinzip und Ehegattensplitting. Denn arbeitet eine verheiratete Frau mehr als die 556 Euro, muss sie selbst in die Krankenkasse einzahlen und ist nicht mehr über ihren Mann mitversichert. Ihr Einkommen wird zudem auf das ihres Mannes aufgeschlagen, sodass eine höhere Steuerschuld entsteht. Beim Minijob zählt das Geld hingegen für das Finanzamt als gar nicht verdient. Sofern eine Frau also nicht insgesamt viel verdient, entsteht schnell ein Nullsummenspiel oder der effektive Stundenlohn der Frau ist sehr gering. Der Minijob hält Frauen also in der klassischen Rollenverteilung fest.

Und dann wäre da nicht zuletzt das Problem, dass zahlreiche Menschen in Minijobs gefangen sind, die eigentlich lieber mehr arbeiten und verdienen würden, denen solche Jobs aber nicht angeboten werden – dazu tragen auch Minijobs bei. Denn durch die müssen Ar­beit­ge­be­r:in­nen weniger Lohnnebenkosten leisten. Zahlreiche Minijobber sind für die Ar­beit­ge­be­r:in­nen lukrativer als weniger Mitarbeiter:innen, die dafür aber mehr arbeiten. Laut einer Analyse des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung haben Minijobs allein in kleinen Betrieben rund 500.000 sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze verdrängt. Kein Wunder also, dass die Arbeitgeberverbände gegen eine potenzielle Abschaffung der Minijobs Sturm laufen, etwa der Hauptgeschäftsführer des Arbeitgeberverbandes BDA, Steffen Kampeter. Von der Regelung profitiert hauptsächlich die Wirtschaft.

Der Minijob gehört also auf den Prüfstand – um auch an die großen, unbequemen Fragen ranzugehen: Warum müssen Menschen, die noch nicht einmal genug für die Lebenshaltungskosten verdienen, überhaupt Abgaben zahlen? Warum ist eine verheiratete Frau, die keinem Beruf nachgeht, über ihren Mann versichert (was übrigens durch einen Steuerzuschuss finanziert wird), während sich eine unverheiratete Frau selbst versichern muss, selbst wenn sie kein Einkommen hat und zugleich keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld oder Bürgergeld (solche Fälle gibt es öfter, als man denkt)? Warum haben wir nicht einfach ein steuerfinanziertes Krankenversicherungssystem anstatt unseres Beitragssystems mit zahlreichen Ausnahmen und Sonderregeln?

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Eva Fischer
Chefin vom Dienst
Jahrgang 1989; seit Anfang 2025 bei der taz, derzeit als Nachrichtenchefin und Chefin vom Dienst bei taz.de. Vorherige Stationen: u.a. EU-Korrespondentin in Brüssel beim Handelsblatt, Redakteurin für Internationale Politik beim Tagesspiegel, Redakteurin bei der ZDF-Talkshow "Markus Lanz". Wirtschaftspsychologie-Studium mit Schwerpunkt Arbeits- und Organisationspsychologie und dem Nebenfach Politikwissenschaft, Besuch der Holtzbrinck-Journalistenschule, gelernte Medienkauffrau Digital und Print beim Spiegel-Verlag.
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93 Kommentare

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  • Die Aussage von Hern Nacke, hier "würden Kosten der Absicherung von Krankheit, Alter und Arbeitslosigkeit auf die Allgemeinheit verlagert" stimmt nicht.

    Der Arbeitgeber bezahlt (für den Arbeitnehmer mit, dem deswegen nichts abgezogen wird) bei Minijobs 13% Krankenversicherung, 15% Rentenversicherung, eine Umlage für Krankheit des Arbeitnehmers und 2% Steuer. Dass das bei diesen geringen Beträgen wenig ist liegt in der Natur der Sache, auch bei "normalen" Arbeitsverhältnissen geht es nach Einkommenshöhe.

    Dass diese Aussage von Herrn Nacke ohne Überprüfung wiedergegeben wird wundert mich. Das wäre leicht zu recherchieren gewesen.

    Und: Was bitte ist eine Boomerrente? Und wie unterscheidet sich diese von anderen Renten?

  • "Denn durch die müssen Arbeitgeber weniger Lohnnebenkosten leisten. "

    Das ist FALSCH.

    Auf die 556 Euro zahlt der Arbeitgeber über 31% Lohnnebenkosten: 15 % Rentenversicherung, 13 % Krankenversicherung, 2 % Pauschalsteuer, 1,1 % Umlage U1, 0,22 % Umlage U2 und Insolvenzgeldumlage.

    Bei einem normalen SV-pflichtigen Job ist es die Hälfte der SV-Abgaben, also ca. 21% (+U1/U2/IU). Hinzu kommt in beiden Fällen die gesetzliche Unfallversicherung über die Berufsgenossenschaft.

    Die an die Knappschaft Bahn-See gehenden 13% KV sind übrigens noch nicht mal eine Krankenversicherung, sondern eine Solidarleistung. Ausnahmslos alle Minijobber sind anderweitig krankenversichert - über die Familienversicherung, über das Arbeitsamt oder über ihren Hauptjob. Die Knappschaft zahlt keinen Cent, sondern leitet im besten Fall nur weiter.

    Für den Minijobber selbst ist es hingegen lukrativ: Für einen Stundenlohn von 15 Euro netto müßte man bei einem normalen Job mindestens 25 Euro brutto verdienen - das ist auf einen Vollzeitjob hochgerechnet über 4.000 Euro. Der Minijobber bekommt das für vergleichsweise einfache Tätigkeiten.

  • Minijobs gibt es verschiedene Modelle. Ich beispielsweise bin selbstständig und auch selbstständig freiwillig Renten und krankenversichert , dabei verdiene ich eher wenig. Den Minijob mache ich für eine „Aufwandsentschädigung“ für eine Stiftung. Für mich lohnt sich das gesellschaftliche Engagement nur, weil ich die 500 € nicht noch versteuern muss und meine Krankenkassenbeiträge dadurch auch nicht steigen. Ich schenke achteinhalb Stunden meiner wöchentlichen Zeit und bekomme 15 € dafür für eine Arbeit, für die ich auf dem freien Arbeitsmarkt circa 40 verdienen würde, Ich denke, ein Minijob kann auch ein gesellschaftlicher Gewinn sein.

    • @~mauersegler~:

      Damit dürften Sie allerdings ein absoluter Exot sein.



      Bei den meisten Menschen würde es hier auf ein Ehrenamt hinauslaufen, bei ähnlichem "Lohnegefälle" (Bin einfach mal davon ausgegangen, dass die 40 bei Ihnen abzüglich sämtlicher Abgaben sind)

  • Minijobber - das Geschäft für Unternehmen und wie unser Staat dadurch geschädigt werden kann



    MONITOR vom 30.10. noch in der Mediathek

  • @ Autorin: Meine Gattin (Tochter eines Kriegsinvaliden und einer Näherin) erhält bereits die von Ihnen abfällig "Boomerrente" titulierten Zahlungen. Dafür hat sie siebenundvierzig Jahre gearbeitet. Und jetzt muß sie sich schämen, weil sie sich ein ganz gutes Ruhestandsgeld erarbeitet hat? Soll nach Meinung kognitiv weniger begüteter Wirtschaftswissenschaftler (also staalich subventionierter Kaffeesatzleser, die, die nichts geschaffen haben, subventionieren)? Und umziehen in eine 60m³-Wohnung auch noch, weil unsere Wohnung "zu groß" ist? Mit solchen Aussagen und Forderungen schafft man doch ein Klima der Toleranz und des gegenseitigen Respektes.

  • Diese ganzen Probleme resultieren aus dem Stufentarif. Dabei gäbe es eine Möglichkeit, eine - sogar noch höhere - Progression mit einer Flat Tax zu erreichen: Negative Einkommensteuer zu 50 % nach Milton Friedman. Jeder Mensch erhielte am Monatsbeginn ein halbes monatliches Pro-Kopf-Einkommen (Volkseinkommen/Einwohner, zur Zeit 1.583,60 €) und müsste dafür am Monatsende sein halbes Bruttoeinkommen ohne Freibetrag abgeben, eine Nullsumme also. Dafür entfielen ESt, KSt und die AG-Sozialbeiträge. Dadurch hätte jeder Mensch nebenbei ein sanktionsfreies Existenzminimum in Höhe eines halben Pro-Kopf-Einkommens, wovon auch eine KV/PV-Kopfpauschale (413,31 €) abziehbar wäre. Weil dann aber auch nur noch die halben Bruttorenten ausgezahlt werden müssten, diese jedoch nicht Bestandteil des Volkseinkommens sind, würden RV und AV nur noch den AN-Anteil kosten und wären für Selbständige nur noch halb so teuer und somit günstiger als jeder private Rentenfonds! Fast alle hätten mehr Geld in der Tasche aufgrund einer intelligenteren Verteilung des Volkseinkommens, v.a. Erwerbslose und Geringverdiener, aber auch Gutverdiener. Nur die absoluten Spitzenverdiener hätten ein klein bisschen weniger.

    • @Earth & Fire :

      Das bedeutet, mit NESt wären auch keine Minijobs mehr erforderlich.

  • "er könnte aber auch einfach pro Monat eine Stunde arbeiten und dafür 556 Euro in Rechnung stellen."

    Ach tatsächlich? Ich hab jetzt echt lange überlegt, an welcher Stelle diese Aussage in Hinblick auf einen Minijobber richtig sein könnte. Aber mal davon, dass Angestellte keine Rechnungen stellen, halte ichs für echt schwierg so ein Konstrukt zu schaffen, wo das für beide Seiten sinnvoll wäre und gleichzeitig beim FA durchgeht.

  • "Denn durch die müssen Ar­beit­ge­be­r:in­nen weniger Lohnnebenkosten leisten."



    Hallo Frau Fischer,



    wie meinen Sie das? Regulär fallen bei einem Minijob etwa 31% Sozialabgaben Arbeitgeber-Anteile an, bei einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung sind es aktuell 22-24% je nach Krankenkasse. Aufgrund der dynamischen Berechnung im Übergangsbereich zwischen 556 und 2000 Euro kann der Anteil für Arbeitgeber vor allem im unteren Bereich auch im Bereich der höheren Abgaben für einen Minijob liegen. Dazu kommen noch die Kosten für die Lohnabrechnung, die in der Regel pro Arbeitnehmer anfallen, nicht pro Vollzeitäquivalent. Das heißt also, das angerechnet auf die Arbeitszeit ein Minijob für den Arbeitgeber eigentlich teurer ist als eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung. Da ich im Vereinswesen tätig bin und nicht in einem Unternehmen, habe ich vielleicht etwas übersehen. Aber so kann ich die Rechnung, der Minijob wäre besser für Arbeitgeber, nicht ganz nachvollziehen.

  • "muss sich darüber im Klaren sein" - Eigenverantwortung ist genau das, was Menschen in Deutschland offenbar grundsätzlich nicht zugetraut wird.

    Das Instrument des Minijobs wird von zu vielen zu ihrem eigenen Schaden falsch eingesetzt. Das bedeutet nicht, dass das Instrument abzuschaffen ist, sondern, dass die Menschen besser über alle Konsequenzen aufgeklärt werden sollten. Der Mangel an Wirtschafts- und Finanzkompetenz in der Bevölkerung liegt klar auf der Hand.

    Eine ähnliche Diskussion kann man z.B. auch zum Thema Ehegattensplitting führen. Das braucht man nicht - wie oft gefordert - gar nicht für alle abschaffen, denn jedes Ehepaar kann es für sich selbst jederzeit abschaffen, wenn es nur will. Man hat da als Ehepaar nämlich heute schon die Wahlfreiheit.

    • @Winnetaz:

      "denn jedes Ehepaar kann es für sich selbst jederzeit abschaffen, wenn es nur will. Man hat da als Ehepaar nämlich heute schon die Wahlfreiheit."

      Naja, man kann sich getrennt veranlagen lassen, aber wer würde das denn freiwillig tun? Im besten Fall bleibt die Steuer gleich, in den meisten Fällen würde man mehr zahlen.

      Aber Sie haben recht, daß sich viele damit überhaupt nicht auskennen. Der Mythos, der sich z.B. hartnäckig hält, ist die These, daß man bei der Steuerklassenkombi 3/5 mehr hat als bei 4/4. Die Einkommensteuer bleibt aber immer die gleiche. Man kriegt zwar übers Jahr mehr Netto, aber bei der (dann verpflichtenden!) Steuererklärung entsprechend weniger zurück, oder es kommt sogar zu einer Nachzahlung.

  • Der Minijob räumt ökonomisch auf, er schafft prekäre Arbeitsverhältnisse und damit auch arme Arbeitnehmer, die diese Arbeit machen müssen. Das ist nicht optional. Oftmals wird andere schlechte Arbeit aufgebessert oder für Urlaub, Nahrung und Mobilität gearbeitet. Die Unternehmer verdienen in Wirklichkeit daran am stärksten. Sie sparen viel Geld und machen den Gewinn. Oftmals arbeiten Frauen in diesen Arbeitsverhältnissen und sie kommen da kaum raus. So eine Beschäftigung sollte bei €250 im Monat liegen und nicht bei über €550. Es sind eigentlich richtige Arbeitsstellen. Oftmals wird damit auch gemauschelt, mehr gearbeitet als erlaubt, es lässt sich nämlich auch schwer kontrollieren.

  • Da ist etwas gut für jemand der arbeitet, aber schlecht für die, die vom Staat leben? Dann muss das weg. Was für eine Logik!

    • @Chris08 Röttger:

      Lesen Sie noch einmal im Artikel nach, damit Sie nicht unter den von Ihnen angegebenen Punkten unzufrieden zurückblicken.

  • DerArtikel ist schlecht recherchiert, mehr Meinung als Wissen. Es sind bei mir meistens die Bewerber, die auf einen MJ drängen, teils mit abenteurlichen Begründungen. Meist beziehen sie dann Transferleistungen, Unterhalt oder Witwenrenten, und "dürfen ja dann nicht mehr arbeiten, sonst wird das ja abgezogen." Oder sie schlagen vor, "auf der Karte der Mutter, Tante, Schwester o.A. zu arbeiten, weil: s.o. Der Gedanke, aus eigener Kraft ihren Lebensunterhalt zu bestreiten, kommt in deren Gedankenwelt gar nicht mehr vor. Der MJ ist teuer, bürokratisch überfrachtet und mit Unsicherheiten für den Arbeitgeber behaftet, da man morgens nie genau weiß, wer denn heute so wirklich zur Arbeit erscheint. Im Zweifelsfall bleibt ja immer noch das Amt...

    • @mumba:

      „Eigenen Lebensunterhalt bestreiten“.

      Ich widerspreche Ihren geschilderten Erfahrungen nicht. Jedoch: Sie schildern, dass Ihr Unternehmen z. B nach Dauer u. Stundenzahl punktuelle Arbeitseinsätze erfordert, die sich ggf. in Abständen wiederholen. Sie brauchen also Arbeitskräfte, deren Lebensumstände es ermöglichen, solche Einsätze zu leisten, zeitlich u. finanziell, denn allein ein Verdienst aus diesen Einsätzen reicht zum Leben nicht. Der Minijob bietet beiden Parteien, AG u. AN gesetzliche Möglichkeiten, das zu „arrangieren“. Prompt kommt es zu ungesetzlichen Vorschlägen darüber, z. B. Transferempfänger (zusätzliche Schwarzarbeit) oder einem nur befremdlich wirkenden Abwägen gegenüber anderen „Einkommens“-quellen (Unterhalt).



      Ihre Erfahrungen unbenommen: Vom spezielleren, gleichwohl notwendigen! Arbeitskräftebedarf eines Unternehmens (fast) kausal auf die Lebenseinstellungen einer ganzen Bewerbergruppe zu schließen, deren Lebensumstände die Abdeckung eines solchen Bedarfs ermöglichen können, trifft so nicht zu. Das ist mir ein wenig zu viel Sprache eines Arbeitnehmerverbandes, der Arbeitnehmer moralisch angreift, um seine Vorstellungen des Arrangements unsachlich durchzusetzen.

    • @mumba:

      Natürlich haben Arbeitnehmer auch Vorteile aus diesen Jobs, aber wie viele Menschen machen das, weil es echte Teilzeitjobs nicht gibt oder der Hauptjob so wenig bringt?



      Und natürlich sind Menschen, die handeln und für sich einen Weg suchen angenehmer als apatische inaktive Menschen, aber der Staat verliert Mrd. Euro dabei und muss oftmals später Renten anheben.



      2025 gab 7 Mio. dieser Arbeitsstellen. Davon sollen ca 4 Mio. diese Arbeit ausschließlich machen, also keinen Erstjob haben. Die 7 Mio. sind fast 12 Prozent der Arbeitnehmer. Das ist keine Marginale mehr, ca 4 Mio. arbeiten in der Metall- und Elektroindustrie. Diese Beschäftigungsverhältnisse sind ausgeführt.

      • @Andreas_2020:

        Sie unterschlagen hier, dass ein nicht unerheblicher Anteil dieser 4 Millionen Minijobber auf Schüler und Studierende entfällt.

    • @mumba:

      Genau, das entspricht auch meiner Erfahrung. Es sind die Arbeitnehmer, die auf MJ dringen.

      • @Anboto:

        Der Unternehmensziele wegen, kann ein Unternehmen Arbeitstätigkeiten benötigen, die es nach Art u. Umfang einer dafür eingesetzten Arbeitskraft nicht ermöglichen, vom dafür gezahlten Lohn ihren Lebensunterhalt ganz zu bestreiten. Für das Unternehmen bleibt diese Arbeit dennoch notwendig. Folglich wird dieses Unternehmen Arbeitskräfte suchen, deren Lebensumstände es zeitlich u. finanziell zulassen, solche Arbeiten auszuüben. Das bedeutet dann, dass in anderer Hinsicht finanzielle Absicherungen für die Arbeitskraft bestehen, sonst könnte sie ihren Lebensunterhalt nicht bestreiten.



        Vor diesem Hintergrund muss ein arbeitsrechtlich legales Arrangement zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer getroffen werden, wie es ein Minijob z. B. ermöglichen soll. Kann es das real? Dass mancher potentielle Arbeitnehmer davon abweichen will, kann nicht abgestritten werden.



        Gleichwohl muss der Arbeitgeber verlangen, dass eine Arbeitskraft bereit ist, die angebotene Arbeit legal zu erfüllen. Er kann aber beim Angebot einer notwendig nun mal nicht allein die Existenz sichernden Arbeit so tun, als sei der potentielle Arbeitnehmer nur zu faul, diese anzutreten.

        • @Moon:

          "Der Unternehmensziele wegen, kann ein Unternehmen Arbeitstätigkeiten benötigen, die es nach Art u. Umfang einer dafür eingesetzten Arbeitskraft nicht ermöglichen, vom dafür gezahlten Lohn ihren Lebensunterhalt ganz zu bestreiten. Für das Unternehmen bleibt diese Arbeit dennoch notwendig."

          Dann stimmt etwas nicht mit den Unternehmenszielen.

          • @warum_denkt_keiner_nach?:

            Oder mit der Unternehmenssgröße...

            Oder mit der Art und Weise, wie staatliche Bildungseinrichtungen parallel zur theoretischen Ausbildung (aka Studium) praktische Erfahrungen vermitteln...

            Oder...

            Oder...

            • @FriedrichHecker:

              Eben. Es gibt viele Bereiche, in denen etwas nicht stimmt...

  • Wenn ein Arbeitnehmer über Jahre einen Minijob hat und sich von der Rentenversicherungspflicht befreien lässt, dann muss er sich darüber im Klaren sein, dass seine Rente am Ende gering ausfallen wird.



    Ein Vorteil für einen Arbeitgeber, der eine volle Stelle in mehrere Minijobs aufteilt ist sicher, dass er mehr Arbeitsleistung erhält, denn vier Personen schaffen mehr als nur eine.

    • @Il_Leopardo:

      Vier Personen, die jeweils zehn Stunden arbeiten, sammeln aber auch weniger Erfahrung, die sie wiederum konstruktiv für die Arbeit nutzen könnten. Vier Personen schaffen also nur dann mehr, wenn sie einfache Tätigkeiten verrichten oder unbezahlt Überstunden machen.

      • @Marius:

        Unabhängig vom Instrument des Minijobs bleibt es jedem Arbeitgeber und Arbeitnehmer unbenommen, Arbeitsverträge mit geringer Stundenzahl abzuschließen.

      • @Marius:

        Da ist sicher was dran. Aber als Student habe ich oft genug im Minijob gearbeitet und, da ich wusste, dass ich nur wenige Stunden zur Erledigung der Arbeiten zur Verfügung hatte, habe ich immer in den Hände gespuckt und die Dinge zügig erledigt. Bei einer Vollzeitkraft geht viel Zeit für einen Tratsch mit Kollegen und eine Tasse Café drauf.

  • Mein Vorschlag: Minijobs belassen, aber pauschal und unbürokratisch vom Arbeitgeber mit 100 Euro besteuern (das sind etwas unter 20%).

    Wichtig dabei ist, dass kein Verwaltungsaufwand entsteht und "einfach nur" pro angestelltem Minijobber die Pauschale als Steuer / Abgabe / Was-auch-immer in einer einfachen Summe mit der jährlichen Steuererklärung gezahlt werden kann.

    Eine normale Gehaltsabrechnung würde kleinere Firmen und private Arbeitgeber abschrecken und zu Mehrkosten (Buchhaltung / Überweisung und Berechnung verschiedener Steuern und Beiträge) und in der Folge davon zu mehr Schwarzarbeit führen.

    • @Leslie Gurkensalat:

      100 Euro? Das wäre für jeden Arbeitgeber ein Traum. Derzeit fallen beim Mindestlohn von 556 Euro für den Arbeitgeber 182,20 Euro zusätzliche Abgaben an (Rentenversicherung, Krankenversicherung, Steuerpauschalen, Umlagen U1-U3, Unfallversicherung). Dazu kommen noch weitere staatsunabhängige Kosten, so berechnet z.B. der Betriebssteuerberater eine Pauschale für jeden Mitarbeiter und selbst wenn ein Mitarbeiter nicht arbeitet, aber dennoch angemeldet ist, wird eine Pauschale der Minijobzentrale fällig.



      Es sind also eher 200 Euro, die derzeit an Abgaben fällig werden...

      • @Cerberus:

        Danke, das wusste ich nicht.

    • @Leslie Gurkensalat:

      Na dss entspricht doch bereits der Gesetzeslage. Die pauschalen Abgaben betragen derzeit rd. 35 Prozent.

    • @Leslie Gurkensalat:

      Der Mj hat eine Anrecht auf eine Abrechnung. Diese unterscheidet sich nicht von der einer Vollzeitkraft.

  • Niemand ist gezwungen, einen Minijob zu machen. Natürlich kann es sein, dass man nichts anderes gefunden hat oder dass der Minijob gut zur eigenen Situation passt. Das Prinzip der Minijobs ist im Grunde nur eine Methode, solche Jobs mit etwas weniger Bürokratie schaffen zu können. Worüber man natürlich reden könnte, wäre, Minijobs für Arbeitgeber etwas weniger attraktiv, also kostenintensiver, zu gestalten.

    • @Aurego:

      Wenig Bürokratie war mal die Idee hinter den Minijobs in grauer Vorzeit, als sie noch geringfügige Beschäftigung hießen.

    • @Aurego:

      Für Arbeitgeber sind Minijobber arbeitsintensiver als Vollzeitkräfte! Bei Minijobber gibt es viel mehr Dokumenten zum ausfüllen und mehr Regeln zu beachten.

    • @Aurego:

      "...,solche Jobs mit etwas weniger Bürokratie schaffen zu können."



      Das ist sachlich falsch. 1. Jeder Minijobber muß genauso angeeldet werden, wie Jeder ander Arbeitnehmer auch. Sollten zwischen den Arbeitseinsätzen mehr als vier Wochen liegen, wird eine erneute Anmeldung mit fünfseitegem Fragebogen u.A. nötig. 2. Jeder MJ hat Anspruch auf einen Arbeitsvertag, der im Umfang dem eines "normalen" Arbeitsnehmers entspricht. 3. Ich muß für jeden MJ oder kurzfristig Beschäftigten einen Stundenzettel von diesem führen lassen und in Kopie zehn Jahre lang aufbewahren. 4. Im Krankheitsfall fallen die gleichen bürokratischen Tätigkeiten an, wie bei allen anderen.



      Letztendlich ist der Verwaltungsaufwand teils höher, vor allem dann, wenn die MJ noch Transferleistungen beziehen, und ich für eine der unzähligen zuständigen Stellen Bescheinigungen vom Steuerberater ausstellen lassen mußte; natürlich auf meine Kosten. Gerne werden auch Lohnbescheinigungen verschludert und nach Jahren nachgefordert. Den Rekord hält die Rentenkasse, die in diesem Jahr eine Lohnbescheinigung aus dem Jahr 2007 nachforderte.

      • @mumba:

        Der Verwaltungsaufwand für Arbeitgeber mag ähnlich sein, aber auch diese sind nicht gezwungen, Jobs für Minijobber zu schaffen.



        Was die Dokumentation angeht: Das ist wahrscheinlich der geringste Aufwand und kostet höchstens ein wenig, denn bereits existierende Dokumente zu archivieren, beherrschen wir seit ca. 5000 Jahren.

        • @Aurego:

          "Das ist wahrscheinlich der geringste Aufwand und kostet höchstens ein wenig,..."



          Ich habe dafür extra einen vier Meter hohen zweitürigen Schrank voll mit Belegen. Die digitale Speicherung ist nicht erlaubt. Diesen Platz würde ich gerne anders nutzen, vor allem gewinnbringend .



          Was die Kosten angeht: Es ist immer wieder atemberaubend, mit welcher Nonchalance die Deutschen über anderer Leute Geld verfügen wollen oder deren Kosten beurteilen. Der Gewinn liegt immer im Einkauf und in den Allgemeinkosten. Jeder Cent, der da ausgegeben wird, vervielfältigt sich im Endpreis der Produkte. Und dann stehen Kunden wie Sie da, und beschweren sich über die hohen Preise. Der Aufwand ist enorm. In den vergangenen fünfzehn Jahren sind jährlich neue Verpflichtungen zur Dokumentation hinzugekommen. Früher wurde ein Minijob angemeldet, der Lohn bezahlt und die Abgaben abgeführt. Das hat sich, s.o., deutlich verändert. Es ist meine Lebenszeit und mein Geld, daß ich da aufbringe, ohne jeden Mehrwert für den MJ oder mich. Die MJs gehören abgeschafft. Bis € 1.500.- alles steuerfrei u. mit verminderter Sozialabgabenlast, sonst keine Abschreibungen, alles pauschalisieren.

          • @mumba:

            Wie viel kostet Sie denn der Stellplatz für den zweitürigen Schrank konkret im Monat? 40€ oder mehr?



            Bräuchten Sie den Schrank nicht, wenn es keine Minijobber gäbe?

            • @Aurego:

              Sie mögen es vielleicht nicht glauben, aber: es gibt Vorgänge, die sind papierhaft zu belegen, wenn es Minijobber betrifft und digital einzureichen, wenn es reguläre Beschäftigungsverhältnisse betrifft...

              • @FriedrichHecker:

                Das war keine Antwort auf meine Fragen.

  • Der Artikel sollte bitte noch einmal bzgl. Fakten und ursprüngliche Gründe zur EInführung (Schwarzarbeit) übearbeitet werden.

  • Dass für die tazzies die Wirtschaft oft nur ne Kneipe ist, ist ja nix neues, aber hier stimmt ja garnichts:



    Nein, wie in den Kommentaren ausgeführt sind Minijobs nicht Abgabenfrei.



    Nein, wer nicht genug zum (Über)Leben verdient zahlt keine Abgaben, wg Steuerfreibetrag.



    Nein, eine unverheiratete Frau ohne Einkommen bezahlt keine Krankenversicherung sondern bekommt Bürgergeld, die Krankenversicherung zahlt das Jobcenter.



    Die Schieflage beim Minijob entsteht nicht durch den Minijob sondern durch ein ausuferndes Abgabensystem bei der regulären Beschäftigung.

    • @Samvim:

      Die unverheiratete Frau ohne Einkommen bekommt nicht notwendigerweise Bürgergeld.

      • @Francesco:

        Nach Ablauf des Abreitslosengelds - natürlich, was denn sonst?!

        • @Samvim:

          Wenn sie mit ihrem Freund zusammenlebt, wird dessen Einkommen herangezogen. Wenn sie Erspartes hat, muss sie erst dieses weitgehend aufbrauchen.

    • @Samvim:

      Was genau ufert da aus außer vielleicht die Krankenkassenbeiträge?

      • @Aurego:

        Naja, von dem was ein Arbeitgeber zB. nem durchschnittlichen Facharbeiter zahlt (Arbeitgeberbrutto) kommt mittlerweile nur noch die Hälfte beim Arbeiter an. Der Rest wird umverteilt, wobei die Krankenkassen m.M.n. noch das kleinste Problem sind

        • @Samvim:

          "Naja, von dem was ein Arbeitgeber zB. nem durchschnittlichen Facharbeiter zahlt (Arbeitgeberbrutto) kommt mittlerweile nur noch die Hälfte beim Arbeiter an."

          Hab gerade noch mal auf meinen Lohnzettel geschaut. Stimmt nicht. Wird aber oft behauptet. Als Single ohne Kinder zahle ich übrigens voll ein.

          • @warum_denkt_keiner_nach?:

            Auf ihrem Lohnzettel steht nicht das Arbeitgeberbrutto. Da fehlen noch die Arbeitgeberanteile zu Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung, diverse Umlagen etc.

          • @warum_denkt_keiner_nach?:

            Er meint, wenn man die AG-Anteile mit einrechnet - ein beliebter Trick, um Argumente für die 50% zu finden. Das kann man aber z. B. mit dem Brutto-Netto-Rechner des Handelsblattes nachprüfen. Tatsächlich kommt man bei 100k€ Jahresbrutto auf eine Gesamtbelastung von ca. 50% gemessen an den AG-Kosten in StKl. I, ledig, ohne Kinder. Bei geringeren und deutlich höheren Einkommen ist die Belastung geringer.

            • @Aurego:

              Da ist kein Trick, das sind einfach die vollständigen Kosten für eine Arbeitskraft. Und bei 100k Arbeitgeberbrutto bleiben deutlich weniger als 50% für den, der die eigentliche Arbeit macht. Der größere Teil wird umverteilt.

              • @Samvim:

                Wieviel bleibt eigentlich von dem, was für meine Arbeitsleistung berechnet wird, beim AG hängen?

                • @warum_denkt_keiner_nach?:

                  Nix, er bezahlt es ja...

                  • @Samvim:

                    Er beschäftigt mich also, um mir was Gutes zu tun 😊

                    Allerdings gehen die meisten Menschen davon aus, dass Unternehmen Leute einstellen, um mittels deren Arbeitskraft Gewinn zu erwirtschaften 😉

            • @Aurego:

              Der AG Anteile sind mir aber schnuppe.

              • @warum_denkt_keiner_nach?:

                Sollte es nicht sein. Es ist Teil ihres Lohns, auch wenn er auf dem Lohnzettel nicht auftaucht. Das Geld könnte auch auf ihrem Konto liegen. So bekommen es andere

                • @Samvim:

                  Nein. Den Arbeitgeberanteil bekomme ich definitiv nicht, wenn er niedriger wird oder entfällt. Aber ich bekomme Leistungen, die mit diesem Anteil bezahlt werden. Eine Kürzung würde mir schaden, weil dann auch Leistungen gekürzt werden müssten.

                  • @warum_denkt_keiner_nach?:

                    Doch, genau das wäre im Ergebnis die Folge: Der Arbeitgeber ist bereit, Summe X für ihre Arbeitskraft zu zahlen. Wer das Geld bekommt, ist ihm dabei völlig egal. Ist so wie wenn sie im Laden einkaufen - wenn der Preis passt, dann kaufen sie, egal wie viel Geld davon als Steuer weggeht

                    • @Samvim:

                      "Wer das Geld bekommt, ist ihm dabei völlig egal."

                      Eben nicht. Er kann es auch selbst einstecken. Oder warum glauben Sie, sind BDI & Co. so scharf darauf, diese Kosten zu senken?

              • @warum_denkt_keiner_nach?:

                Ja, natürlich. Manche Leute brauchen die Gesamtkosten der Arbeitgeber pro Arbeitsplatz aber für ihre Argumentation. Komischerweise stimmen die 50% dann aber auch nur für einen bestimmten Einkommensbereich.

                • @Aurego:

                  Das Schlimme ist, dass es oft funktioniert. Auch in anderen Bereichen. Ein Kollege von mir ist z.B. fest der Meinung, dass es für ihn ganz schlecht wäre, wenn die Steuern für Milliardäre erhöht werden. Und natürlich ist für ihn der Mindestlohn auch Teufelszeug...

              • @warum_denkt_keiner_nach?:

                Bei Ihrem Gehalt vielleicht... Aber wenn Sie einen Handwerker kommen lassen, kann sich das ganz schnell ändern - der Handwerksmeister bezahlt die nicht von seinem eigenen Geld (weil das sonst recht schnell alle wäre) sondern legt die auf den Stundensatz um, den er Ihnen in Rechnung stellt...

                • @FriedrichHecker:

                  Handwerksbetriebe müssen logischerweise ganz anders rechnen, weil sie außer Arbeitskosten noch weitere Kosten schulter müssen, die nichts mit Steuern und Abgaben zu tun haben. Der Stundensatz des Mitarbeiters ist nur ein Teil der Kalkulation.

                • @FriedrichHecker:

                  Natürlich. Ich habe aber überhaupt nichts dagegen, dass Menschen, die für mich etwas erledigen, anständig bezahlt werden und dass sie ordentlich abgesichert sind. Ich will ja schließlich auch für meine Arbeit ordentlich bezahlt werden und abgesichert sein.

                  Nur wer immer nur an sich selbst denkt, kann dabei etwas Schlechtes finden.

        • @Samvim:

          Was wäre Ihrer Meinung nach ein größeres Problem als die Krankenkasse?

  • Minijob erzeugt ca 30% Belastung bei mir als AG, darüber liegen MiIDI Jobs, welche glaub ich bei 25% starten. Ich würde mir auch Vereinfachungen und Vereinheitlichungen wünschen, aber aus ganz anderen Gründen. Leider nicht gut recherchiert und irreführend. ZB würde ja ein progressionsvorbehalt genügen. Ich als AG bin nicht scharf drauf, Es wird nachgefragt …

    • @Markus Prüssmann:

      Stellen Sie denn überhaupt Minijobber ein? Wenn ja, warum?

  • In Japan haben die als die ähnliches eingeführt haben die Mehrwertsteuer angehoben aus dem die Sozialabgaben für die Jobs damit abzudecken.

  • Es gibt in Deutschland eine spezielle Boomerrente? Wo kann man die beantragen?

    Natürlich kann man die Gestaltung der Minijobs hinterfragen und sich über Änderungen Gedanken machen. Verbesserungen gehen immer. Aber bitte nicht so.

  • Denn durch die müssen Ar­beit­ge­be­r:in­nen weniger Sozialabgaben und Lohnfortzahlung im Krankheitsfall leisten, der Kündigungsschutz schwindet.

    Das stimmt nicht. Arbeitgeber zahlen mehr als beim regulären Beschäftigten. Lohnfortzahlung und Kündigungsschutz ist identisch.

    • @Strolch:

      Auf dem Papier vielleicht.



      In der Realität sind die Verträge so gestaltet, dass nur für tatsächlich geleistete Stunden bezahlt werden muss und keine Mindeststundenanzahl pro Monat vereinbart wird.



      Statt zu kündigen, wird einfach nicht mehr eingeteilt.



      Rechtlich vielleicht nicht ok, die Arbeitgeber kommen aber damit durch.

      • @Herma Huhn:

        Extrem riskant. Dann gelten 20 Stunden als vereinbart. Wird sehr teuer für den Arbeitgeber. Aber klar: wo kein Kläger, da kein Richter. Ist jetzt aber nicht ein Problem des Minijobs, sonder das es um zu wenig Geld geht, damit jemand klagt.

        • @Strolch:

          Eben, wieso benötigt man dafür überhaupt einen Richter.

          Das ist absichtlich so organisiert, dass es aufwändig und teuer ist. Grund ist die (meines Erachtens abwegige) Vorstellung der bürgerlichen Gesellschaft, dass hier gleichwertige Parteien vorliegen.

          Wenn ich eine Zahnbürste und eine Flasche Korn im Laden stehle, kommt die Polizei. Wenn ich falsch parke, kommt das Ordnungsamt.

          Wenn ich als Arbeitnehmer das Tun meines Arbeitsgebers überprüfen willl, muss ich, wenn ich arm bin, einen Beratungshilfeschein bei der Rechtsantragstelle des zuständigen Gerichts beantragen, dort Eigenbemühungen nachweisen, einen Rechtsanwalt beauftragen, Antrag auf Prozesskostenhilfe stellen und dann bin ich vor Gericht. Yeah....

          • @varadi:

            Das eine ist eine Straftat und das andere nicht. Letzteres ist oft Unwissenheit. Arbeitsrecht ist derart komplex, das ein Kleinunternehmer nicht durchblickt und Fehler aus Unwissenheit begangen werden. Den Fall, den Frau Huhn schildert, hatte ich in der Praxis noch nie auf dem Tisch. Klage vor dem Arbeitsgericht können Sie direkt erheben. Sie brauchen keinen Anwalt. Direkt zur Rechtsantragsstelle gehen. Die Rechtsanwaltskosten des Arbeitgebers muss der Arbeitnehmer auch dann nicht zahlen, wenn der Arbeitnehmer verliert. Lediglich die Gerichtskosten bleiben dann hängen.

      • @Herma Huhn:

        Die Mehrheit der Minijobs sind keine "Null-Stunden-Verträge".

        Die wären übrigens am leichtesten zu ersetzen (weil es fast immer Springer, Aushilfen u. ä. sind). Dann muss halt die Stammbelegschaft (mehr) Überstunden machen oder der (Privat)Kunde seine Ansprüche reduzieren, wenn Arbeit liegenbleibt...

  • Nebensächlichkeiten !



    Orientieren wir uns jetzt an der Union, wenn es um "feministische Politik" geht?



    Na dann gute Nacht!



    Der Minijob ist eine verhältnismäßig wenig aufwändige Alternative zur Schwarzarbeit.



    Dieser Aspekt wird im Artikel völlig ausgespart. Wenn schon über prekäre Arbeitsverhältnisse gesprochen wird, sollte klar gemacht werden, dass das eine deutliche Verschlechterung wäre.



    Gerade für kleinere Betriebe und Privatleute ist der Minijob ein reguläres Arbeitsangebot, das aufgrund seiner überschaubaren Bürokratie Akzeptanz findet.



    Er ist für ArbeitnehmerInnen auch eine Möglichkeit, einen Nebenjob auszuüben, um beispielsweise einen finanziellen Enpass aus eigener Kraft, z.B. mit einem Wochenendjob an der Tankstelle zu überwinden.



    Durch die pauschale Zahlung in die Rentenkasse wird dieses Modell aber auch nicht soo günstig, dass es Arbeitsplätze in großem Stil ersetzt.



    Außerdem gibt es die Möglichkeit für die ArbeitnehmerIn, einen geringen Betrag in die eigene Rente einzuzahlen.



    Wie die Diskussion um das Bürgergeld, in dem über ein paar Tausend "Totalverweigerer" spekuliert wird, ist das eher unwichtig.



    Die Rente anzupassen wäre hingegen ein notwendiges Reformvorhaben.

    • @Philippo1000:

      "Er ist für ArbeitnehmerInnen auch eine Möglichkeit, einen Nebenjob auszuüben, um beispielsweise einen finanziellen Enpass aus eigener Kraft, z.B. mit einem Wochenendjob an der Tankstelle zu überwinden."



      Einen Nebenjob kann man auch mit einem regulären Arbeitsvertrag ausüben.

      • @Francesco:

        Stimmt, dann wird die Lohnsteuer nach Steuerklasse VI einbehalten. Darauf haben die meisten Steuerpflichtigen verständlicherweise keine Lust. Wenn sie hingegen einen regulären Job und einen Minijob ausüben, dann wird der Hauptjob nach der individuellen Steuerklasse abgerechnet und für die Einkünfte aus dem Minijob fallen für den Arbeitnehmer werde Lohnsteuer noch Sozialabgaben an.

        • @Ralf Inkle:

          Nur ist das nicht fair.

      • @Francesco:

        jaha, aber es ist eben viel unbürokratischer und daher auch unkomplizierter einen derartigen Job zu vergeben bzw. anzunehmen.

        • @Philippo1000:

          Ich lese hier gerade überall, dass Minijobs zumindest für den Arbeitgeber nicht weniger bürokratisch sind als reguläre Arbeitsverhältnisse.

  • "Nicht nur, weil für den Zuverdienst keine Abgaben gezahlt werden müssen, ..."

    Ich schließe mich meinem Vorredner an. Der obige Satz ist irreführend bis falsch, weil der Arbeitgeber Abgaben zahlen muss.

  • Wenn ich mich recht erinnere, war die Bekämpfung von Schwarzarbeit mit ein Grund für die Einführung von Minijobs. Hätte mir gewünscht, dass die Autorin diesen Punkt beleuchtet, wenn ich mir als Spät-Boomer diese Bemerkung erlauben darf.

  • Bin ein 'beinahe' Boomer und fühle mich in keiner Weise gebasht. Ich finde es sehr richtig, dass dieses Modell in Frage gestellt wird. Ein Grundproblem in Deutschland bleibt, dass nicht genug Menschen in die Sozial- und Rentensysteme einzahlen. Und ein Grund dafür sind halt auch die Minijobs. Klar einige Frauen bauen auf Familienversicherung und Witwenrenten (oder auf Beihilfen im Alter). Aber wäre es nicht fairer und für das die Gesellschaft sinnvoller wenn möglichst viele einzahlen?

  • Vieles wirkt wie von reichen Alleinverdienermännern für reiche Alleinverdienermänner konzipiert. Minijobs, damit das Dienstpersonal und die Frau nicht etwa eine soziale Absicherung hätten.



    Die Altersarmut bezahlen andere mit: noch eine Ausplünderung der Rentenkasse mehr statt würdiger Löhne und würdiger Sozialabsicherung.



    Neoliberale Irrtümer wie beim erwähnten Gesundheitssystem auch, und reformierbar.

  • Weiß denn die Autorin, dass der Arbeitnehmer zwar abgabenfrei bleibt, der Arbeitgeber aber stattdessen 31% an pauschalen Steuerabgaben zahlen muss? Ganz schön blöd für beide. Die gesamten Lohnkosten sind kaum niedriger als beim Midijob (blöd für Arbeitgeber) und die 31%, die nicht beim Arbeitnehmer ankommen, wandern noch nichtmal anrechenbar in dessen Sozialkassen, sondern verschwinden einfach beim Fiskus (blöd für Arbeitnehmer). Als Arbeitgeber entscheide ich das Gehalt aber allein anhand der Lohnkosten und nich danach wieviel Netto oder Brutto oder Netto vom Brutto.



    Und trotzdem kommen alle jungen Leute immer an und wollen auf Minijob haben, weil einfach kaum jemand sich sinnvoll informiert.



    Also ja, Minijob ist scheiße, aber vor allem deswegen weil der Staat sich einen Batzen an Steuern abzwackt und es noch nicht mal jemand rafft...

    • @Edgar:

      Kenne ich, aber die wollen alle einen Minijob, weil ihnen sonst weniger vom gleichen Bruttolohn bleibt, weil sie dann nämlich selber auch Abgaben zahlen müssen. Und wenn der AG ihnen entsprechend mehr Lohn zahlt, steigen die Lohnkosten.

  • > Warum müssen Menschen, die noch nicht einmal genug für die Lebenshaltungskosten verdienen, überhaupt Abgaben zahlen?

    Das beißt sich etwas mit der Forderung nach einer Abschaffung der Minijobs.

    Ich verstehe es so, dass laut dieser Argumentation die Grenze für die Abgabenfreiheit sogar erhöht werden sollte, aber es nicht mehr möglich sein sollte, sich damit etwas "hinzuverdienen", d.h. die Minijob-Privilegien nur noch für die Hauptverdienstquelle? Eine Klarstellung wäre hilfreich.

  • Minijobber haben genauso wie andere Arbeitnehmer Anspruch auf bis zu 6 Wochen Lohnfortzahlung bei Krankheit. Nur nicht auf Krankengeld von der Krankenkasse nach 6 Wochen.

  • Bei "Boomerrente" hätte ich am liebsten aufgehört zu lesen. Die 'Minijobs' kamen 2003 in der heutigen Form auf. Da waren die ältesten 'Boomer' keine 50 Jahre alt, die jüngsten hatten, je nach Definition, noch fast 30 Jahre bis zur Rente.

    Aber Hauptsache bissl Boomerbashing, dann müssen Kommentierende im weiteren Verlauf nicht mehr so korrekt sein.

    Dann interessiert nicht mehr, dass Sozialabgaben i.allg., KK Beiträge im Besondern, 'ihre' und 'seine' Steuern und vieles mehr in einen Topf geworfen und gut durchgerührt werden.

    Die Quintessenz 'Minijobs sind gröstenteils Mist für Sozialstaat und in den Jobs hängende Personen' ist richtig, die Herleitung in Teilen unterirdisch.

    • @xriss:

      "Bei "Boomerrente" hätte ich am liebsten aufgehört zu lesen."

      Ging mir ganz genauso. Diese Geringschätzigkeit hat mich maßlos geärgert. Es wird so getan, als wären die Rentner Raffkes, die den Hals nicht voll genug bekommen können. Zur Erinnerung, die Rente liegt bei 48% des Nettolohnes.

      Stattdessen aber nicht mal wissen, daß die Lohnnebenkosten für den Arbeitgeber beim Minijob sehr viel höher liegen als beim regulären Job. Und daß der Minijob für den Arbeitnehmer extrem lukrativ ist, weil er keinerlei Abzüge hat. Der Minijobber ist hier nicht das Opfer, das in eine ausweglose Situation gedrängt wurde, nein, die Leute wollen ihn explizit. Keine Steuern, Rentenversicherung zahlt der Arbeitgeber, krankenversichert ist man über Familie, Arbeitsamt oder Hauptjob, super Sache.