Spaltung der Linkspartei vollzogen: Wagenknecht und Co. treten aus
Sahra Wagenknecht erklärt mit neun weiteren Abgeordneten ihren Parteiaustritt. Der Linksfraktion im Bundestag wollen sie vorerst weiter angehören.
„So wie es derzeit läuft, darf es nicht weitergehen“, begründete Wagenknecht die geplante Parteineugründung. „Denn sonst werden wir unser Land in zehn Jahren wahrscheinlich nicht wiedererkennen.“ Als zentrale Themen nannte sie den „Erhalt unserer wirtschaftlichen Stärken“, das Eintreten für soziale Gerechtigkeit sowie eine friedensorientierte Außenpolitik.
Auf klare Distanz zur Politik der Linkspartei ging Wagenknecht bei den Themen Zuwanderung und Klimaschutz. Die „ungeregelte Zuwanderung“ verschärfe „die Probleme an den Schulen, vor allem in den ärmeren Wohngebieten“. Zudem wolle sie „wegkommen von einem blinden, planlosen Öko-Aktivismus, der das Leben der Menschen zusätzlich verteuert, aber tatsächlich dem Klima überhaupt nicht nützt“.
Eines ihrer Kernanliegen sei, den „Meinungskorridor“ in Deutschland wieder zu erweitern, sagte Wagenknecht. Politische Debatten in Deutschland würden derzeit so geführt, „dass jeder, der von der dominanten Meinungsblase abweicht, ganz schnell diffamiert und stigmatisiert wird“, sagte sie. „Das ist einer Demokratie unwürdig.“ Wagenknecht beklagte „Konformitätsdruck“ und verwies auf Umfragen, denen zufolge sich fast die Hälfte der Bevölkerung nicht mehr traue, ihre Meinung zu sagen.
Parteiaustritt sei nicht leichtgefallen
Zu Wagenknechts Gefolgsleuten zählt die bisherige Chefin der Linksfraktion im Bundestag, Amira Mohamed Ali. Die Entscheidung, die Partei zu verlassen sei allen „nicht leichtgefallen“, sagte Mohamed Ali. „Gleichwohl sind wir davon überzeugt, dass das ein notwendiger und richtiger Schritt war.“ Der Versuch, die Parteiführung zu einem neuen Kurs zu bewegen, sei aber gescheitert. Die neue Partei wolle ein Angebot machen „für alle, die nicht auf der Sonnenseite des Lebens stehen, für alle, die hart arbeiten, aber von der herrschenden Politik im Stich gelassen werden“.
Die neue Wagenknecht-Partei soll aus dem bereits gegründeten Verein BSW (Bündnis Sahra Wagenknecht) hervorgehen. Die offizielle Parteigründung sei für Januar anvisiert, sagte BSW-Vereinsgeschäftsführer Lukas Schön. In der ersten Jahreshälfte sollten dann die ersten Landesverbände gegründet werden, im Mai wolle die Partei an der Europawahl teilnehmen. Der Verein BSW selbst werde nicht um Mitglieder werben – er wolle allerdings Geld für die geplante Partei sammeln, „denn seriöse Politik braucht Geld“.
Vorsitzende des Vereins ist Mohamed Ali. Ihr Stellvertreter ist der Bundestagsabgeordnete Christian Leye, der am Montag ebenfalls seien Parteiaustritt erklärte. Die Zielgruppe der geplanten neuen Partei beschrieb Leye so: „Wir wollen eine Partei aufbauen, die den Rücken gerade macht für Menschen mit niedrigem und mittlerem Einkommen, für Rentnerinnen und Rentner, für Gewerkschafter und Betriebsräte.“
Hier gebe es derzeit eine „Leerstelle“ im politischen Angebot, sagte Leye. „Die linke Seite fällt aus, und die Rechten saugen mit ihren Sprechblasen die Wut in der Bevölkerung auf“, beklagte er. Die neue Partei soll hier eine Alternative bieten. Gemeinsam mit Wagenknecht, Leye und Mohamed Ali traten folgende Bundestagsabgeordnete aus der Partei aus: Ali Al-Dailami, Sevim Dağdelen, Klaus Ernst, Andrej Hunko, Żaklin Nastić, Jessica Tatti, Alexander Ulrich. Ihre Austrittserklärung wurde auf der Internetseite der Zeitung junge welt veröffentlicht.
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