Schulleiter in Brandenburg bedroht: Kein Praktikant bei Rechtsextremen
Weil er einem Schüler ein Praktikum bei der AfD untersagt, wird der Leiter einer Schule angefeindet. Für die Entscheidung kriegt er aber auch Respekt.

taz | Ein Schulleiter aus Teltow wird bedroht, nachdem er einem Schüler seiner Schule untersagt hat, ein Praktikum bei der AfD zu machen. Das bestätigte Brandenburgs Bildungsministerium dem RBB. Der Schulleiter hatte seine Entscheidung demnach damit begründet, dass der Verfassungsschutz die AfD in Brandenburg als gesichert rechtsextrem einstuft.
Publik machte den Fall unter anderem die AfD-Politikerin Lena Kotré, bei dem der Schüler das Praktikum hätte machen wollen. In einem mit Musik unterlegten Video-Statement auf der Plattform X erzählt sie, dass der Schüler schon Anfang des Jahres ein Praktikum bei ihr gemacht habe, die Schulleitung nun aber ein zweites Praktikum bei ihr sowie in der AfD-Landtagsfraktion unterbunden habe – mit der Begründung, dass die AfD rechtsextrem sei. Das sei eine Indoktrination von Schülern, die so nicht stattfinden dürfe, behauptet sie. In dem etwa einminütigen Statement nennt sie zweimal den Namen der Schule und weist auch ausdrücklich darauf hin, dass sie gerade den Namen gesagt hat.
Kotré ist Abgeordnete im Brandenburger Landtag und stellvertretende Vorsitzende der dortigen AfD-Fraktion. Der Verfassungsschutz stuft sie als Rechtsextremistin ein. Die Behörde führt außerdem Aussagen von ihr an, um die verfassungsfeindliche Bestrebung der gesamten Brandenburger AfD zu belegen. Im Landtagswahlkampf 2024 fiel sie mit menschenverachtenden Äußerungen auf und verteilte Kubotans mit dem Aufdruck „seid wehrhaft“. Kubotans sind metallene, spitz zulaufende Stäbe, die in eine Faust passen und als nicht verbotene Nahkampfwaffen gelten. Kotré nahm auch im Ausland mehrfach an Treffen mit Rechtsextremen teil, teils traf sie sich mit in Deutschland verbotenen Organisationen.
In Kommentaren unter dem Video äußern sich zahlreiche Nutzer*innen abfällig und drohen dem Schulleiter, vor allem auf YouTube. Auf der Plattform X sprechen gleichzeitig viele dem Schulleiter ihren Beifall und Unterstützung aus. „Was soll der Schüler bei der AfD schon lernen? Braune Säcke sortieren?“ schreibt jemand dort etwa.
Falsch verstandene Neutralität
„Ich finde es grundsätzlich richtig, dass der Schulleiter diese Entscheidung trifft“, sagt Günther Fuchs, Vorsitzender der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft Brandenburg. Die Gewerkschaft werde ihm den Rücken stärken. Es sei völlig inakzeptabel, dass er nun an den Pranger gestellt und bedroht werde. „Anstatt so einen Shitstorm loszutreten, sollte sich die AfD mal selbstkritisch fragen, welchen Beitrag sie selbst dazu leistet, dass es zu so einer Entscheidung kommt“, sagt Fuchs. Schulen seien in diesen Fragen souverän, „und ich finde es auch richtig, diese Fragen vor Ort zu entscheiden“.
Das Wettern der AfD gegen die Entscheidung beruhe auf einer falsch verstandenen Idee des Neutralitätsgebots, sagt Kathrin Wiencek, Vorsitzende des Philologenverbands in Berlin und Brandenburg. „Alles, was in der Gesellschaft kontrovers ist, muss auch an der Schule kontrovers diskutiert werden“, erklärt Wiencek: „Wir vermitteln, was Demokratie ist und was Grundrechte sind, denn das ist wichtig für diesen Staat.“ Schüler*innen sollten so darauf vorbereitet werden, selbst zu einem Urteil zu kommen. „Das bedeutet auch, dass wir alle Parteien gleich behandeln. Aber Rechtsextremismus oder überhaupt jede Art von Extremismus hat in der Schule nichts zu suchen.“
Empfohlener externer Inhalt
Unterstützung bekommt die Schule auch von anderen Parteien. „Es gibt keine Neutralität vor dem Grundgesetz“, schreiben die SPD-Politiker*innen Elske Hildebrandt, Melanie Balzer und Björn Lüttmann auf Instagram. Dort posteten sie ein Video, um sich solidarisch hinter die Schule und den Schulleiter zu stellen. „Unsere Schulen haben den Auftrag, Schülerinnen und Schüler neutral zu bilden. Aber eben auch ganz klar auf Verfassungsfeindlichkeit hinzuweisen und ihre Schüler genau davor zu schützen“, heißt es darin.
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