Raguhn-Jeßnitz in Sachsen-Anhalt: AfD gewinnt Bürgermeisterwahl

Mit Hannes Loth stellt die AfD erstmals in Deutschland einen hauptamtlichen Bürgermeister. Ver­tre­te­r*in­nen der demokratischen Parteien reagieren besorgt.

Hannes Loth (M/ AfD) neuer Bürgermeister in Raguhn-Jeßnitz, spricht mit Medienvertretern.

Die extreme Rechte an der Macht: Wahlsieger Hannes Loth am Sonntagabend in Raguhn-Jeßnitz Foto: Sebastian Willnow/dpa

RAGUHN-JEßNITZ dpa/rtr | Die AfD stellt erstmals in Deutschland einen hauptamtlichen Bürgermeister. Der AfD-Kandidat Hannes Loth setzte sich in der sachsen-anhaltinischen Stadt Raguhn-Jeßnitz in der Stichwahl gegen den parteilosen Nils Naumann durch. Loth erhielt 51,13 Prozent der Stimmen, teilte die Stadt am Sonntagabend mit. Naumann bekam 48,87 Prozent.

Während Landespolitiker von Linken und Grünen in Sachsen-Anhalt besorgt reagierten, freute sich AfD-Landeschef Martin Reichardt über ein „Signal, dass wir den bundesweiten Aufwärtstrend (…) gerade auch hier in Mittel- und Ostdeutschland verstetigen können“.

Erst vor einer Woche hatte im südthüringischen Sonneberg Robert Sesselmann als bundesweit erster AfD-Kandidat eine Landratswahl gewonnen. Das sorgte international für Aufsehen und fachte die Debatte über den Höhenflug der AfD weiter an. Der Verfassungsschutz stuft die Partei bundesweit als Verdachtsfall im Bereich Rechtsextremismus ein. In deutschlandweiten Umfragen rangiert die AfD bei um die 20 Prozent.

Nach der Stichwahl in der 8800-Einwohner-Stadt Raguhn-Jeßnitz erklärten die Linken-Landesvorsitzenden Janina Böttger und Hendrik Lange: „Es ist beunruhigend, dass es nun Vertretern rechtsradikaler AfD-Landesverbände gelingt, kommunale Spitzenämter einzunehmen.“ Der Grünen-Landesvorsitzende Dennis Helmich bezeichnete das Ergebnis als „massiv enttäuschend“.

Kretschmer: „In diesem Land gerät etwas ins Rutschen“

Der CDU-Landrat des Landkreises Anhalt-Bitterfeld, in dem Raguhn-Jeßnitz liegt, warnte vor weiteren Erfolgen der AfD. „Wenn die Politik, die momentan die Ampel-Regierung vollzieht, so bestehen bleibt, werden das nicht der letzte Bürgermeister und der letzte Landrat der AfD gewesen sein“, sagte Andy Grabner der Deutschen Presse-Agentur. Nicht nur in Ostdeutschland, auch bundesweit könnte das in Zukunft die politische Richtung sein, warnte er. „Das ist kein Sachsen-Anhalt-Phänomen.“ Loths Wählerinnen und Wähler seien keineswegs alle Rechtsradikale. „Da sind ganz normale Menschen von nebenan – wie du und ich.“

Wahlsieger Loth betonte am Sonntagabend, sein Wahlkampf sei rein auf kommunalen Themen aufgebaut gewesen – es gehe um die Stärkung der Feuerwehr, um Kitas und mehr Bürgerbeteiligung. Ob ihm die Wahl Sesselmanns geholfen habe, wisse er nicht. Er stehe auch für diejenigen bereit, die ihn nicht gewählt hätten.

Angesichts des AfD-Höhenflugs warnte Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer vor einer zunehmenden Polarisierung in Deutschland. „In diesem Land gerät etwas ins Rutschen“, sagte der CDU-Politiker den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Die Menschen seien verstört, wie Politik gemacht werde in Deutschland. „Wir sind auf dem Weg in eine Polarisierung, wie wir sie aus Amerika kennen. Die Debatte der vergangenen Woche hat nicht erkennen lassen, dass alle das begriffen haben.“

Selbst bei der Wahl in Sonneberg hätten vor allem Deutschlandthemen eine Rolle gespielt. „Energiewende, Heizungsgesetz, Flüchtlingspolitik und Russland-Embargo haben der AfD den Sieg gebracht“, meint Kretschmer. „Diese Themen drohen die Gesellschaft zu zerreißen.“ Politiker griffen zu „Schuldzuweisung und Abgrenzung, statt sich mit unangenehmen Wahrheiten auseinanderzusetzen“, das sei nicht verantwortungsvoll. „Es muss jetzt um Sachfragen gehen.“

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