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Krach zwischen Selenskyj und TrumpTreffen, versenkt!

Ukraines Präsident bedauert den Eklat im Weißen Haus, will sich bei Donald Trump aber nicht entschuldigen. Der wird nun von Republikanern und MAGA-Gefolgsleuten für sein rüdes Verhalten bejubelt.

Schlechte Vibes im Raum: Selenskyj, Donald Trump und JD Vance beim Schlagabtausch Foto: Mystyslav Chernov/ap/dpa

WASHINGTON taz | „Respektlos.“ So bezeichneten US-Präsident Donald Trump und sein Vizepräsident JD Vance den Auftritt des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj im Weißen Haus am Freitag. Selenskyjs Besuch in Washington sollte der nächste Schritt zu einem möglichen Friedensabkommen zwischen Russland und der Ukraine sein.

Doch nach einem verbalen Schlagabtausch im Oval Office zwischen Trump, Vance und Selenskyj scheint nicht nur ein baldiges Ende des Kriegs in weiter Ferne. Auch die anhaltende Unterstützung der Ukraine von Seiten der USA ist nach dem Treffen in Gefahr.

„Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass Präsident Selenskyj nicht zum Frieden bereit ist […] Er kann zurückkommen, wenn er für Frieden bereit ist“, erklärte Trump in einem Post auf Truth Social nach dem hitzigen Wortgefecht.

Die geplante Unterzeichnung eines Rohstoff-Abkommens zwischen den USA und der Ukraine, sowie eine gemeinsame Pressekonferenz wurden daraufhin abgesagt. Selenskyj verließ das Weiße Haus nur wenig später.

Das mit Spannung erwartete Treffen zwischen den beiden Regierungschefs geriet aus der Bahn, nachdem Selenskyj sein Mistrauen gegenüber dem russischen Präsidenten Wladimir Putin deutlich zum Ausdruck brachte und konkrete Sicherheitsgarantien von den USA verlangte.

Trump und Vance zeigten sich unbeeindruckt und verlangten im Gegenzug mehr Respekt und Dankbarkeit für die bisherige Unterstützung der USA. „Sie spielen mit dem Dritten Weltkrieg, und was Sie tun, ist sehr respektlos gegenüber diesem Land, das Ihnen weit mehr zurückgibt, als viele Leute sagen, dass es das sollte“, warnte Trump Selenskyj nachdrücklich.

Im weiteren Verlauf des Tages erklärte Trump, dass er weder Putin noch Selenskyj trauen würde. Alles, was er wolle, sei ein Abkommen, um den Konflikt zu stoppen. „Entweder wir beenden es oder wir lassen ihn kämpfen, und wenn er es auskämpft, wird es nicht schön. Denn ohne uns gewinnt er nicht“, sagte der US-Präsident gegenüber Journalisten vor seinem Abflug nach Florida.

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Schlagabtausch zwischen Selenskyj, Trump und Vance im Oval Office

Selenskyj und Trump sitzen in weißen Sesseln und gestikulieren
Selenskyj und Trump sitzen in weißen Sesseln und gestikulieren

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Selenskyj bekräftigt seinen Standpunkt im Interview mit Fox News

Der ukrainische Regierungschef Selenskyj sagte nach dem Vorfall im Weißen Haus mindestens einen geplanten Auftritt in der US-Hauptstadt ab. An einem bereits im Vorfeld geplanten Interview mit Trumps Lieblingssender Fox News hielt er allerdings fest. Im Gespräch mit Moderator Brett Baier machte Selenskyj seinen Standpunkt klar.

Er erklärte, dass er kein Vertrauen in Putin habe und das Russen in den Augen der ukrainischen Bevölkerung „Mörder“ seien. Vor allem deshalb seien für ihn und sein Volk Sicherheitsgarantien von enormer Bedeutung.

Selenskyj sagte auch, dass er die Situation im Oval Office bedauere. Die Frage, ob er sich Trump entschuldigen müsse, beantwortete er mit einem klaren: „Nein“.

„Ich respektiere den Präsidenten. Und ich respektiere das amerikanische Volk. Ich glaube, wir müssen offen und ehrlich sein und ich bin mir nicht sicher, ob wir etwas Schlimmes getan haben“, erklärte Selenskyj im Fox Interview.

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Selenskyj bei Fox News

Selenskyj sitzt in einem Stuhl, dahinter auf einem Screen das Capitol

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Republikaner stehen hinter Trump

Der Fallout des Treffens zeigte sich vor allem in den sozialen Medien und im Programmplan der US-amerikanischen Nachrichtensender. Der republikanische Senator Lindsey Graham, der als Unterstützer der Ukraine gilt, sagte, er wisse nicht, ob die Beziehung zwischen der amerikanischen Bevölkerung und Selenskyj nach diesem Auftritt repariert werden könne.

„Entweder muss er zurücktreten und jemanden schicken, mit dem wir Geschäfte machen können, oder er muss sich ändern“, erklärte Graham.

Trumps Kabinettsmitglieder und ein Großteil der republikanischen Kongressabgeordneten vertraten eine ähnliche Meinung und lobten Trump und Vance dafür, die amerikanischen Interessen zu vertreten.

„Danke [Präsident Trump], dass Sie sich auf eine Weise für Amerika eingesetzt haben, zu der noch kein Präsident zuvor den Mut hatte. Vielen Dank, dass Sie Amerika an die erste Stelle setzen. Amerika ist bei dir!“, schrieb US-Außenminister Marco Rubio in einem Post auf X.

US-Verteidigungsminister Pete Hegseth postete nur ein kurzes: „Amen, Mr. Präsident“. Und die republikanische Abgeordnet Nancy Mace, die immer wieder mit kontroversen Aussagen von sich reden macht, kommentierte die Situation mit den Worten, „Frieden durch Stärke live aus dem Oval Office“.

Demokraten schießen gegen Trump

Ganz anders war die Reaktion auf demokratischer Seite. Dort war der Tenor der, dass Trump und Vance ein peinliches Verhalten an den Tag gelegt hätten, damit Amerikas Ruf schädigten und Putin stärkten.

„Die ungeheuerliche Darstellung heute Nachmittag von Präsident Trump und Vizepräsident Vance war eine Schande und geradezu unamerikanisch. Wieder einmal haben sie sich auf die Seite eines mörderischen Verbrechers, Putin, gestellt und gegen unsere demokratischen Verbündeten, die Ukraine“, erklärte die demokratische Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Senat, Jeanne Shaheen.

Senator Chris Murphy erklärte, dass Amerika als globale Macht unter Trump gerade Adern lassen würde, weil sich die US-Regierung auf die Seite der „Diktatoren und nicht der Demokratie stellt“.

Der Abgeordnete Chris Van Hollen fügte hinzu, dass Trump und Vances Verhalten ein „Verrat unserer Verbündeten“ sei und das im Kreml die Champagnerkorken knallen würden. Senator Adam Schiff war vielleicht noch klarer: „Ein Held und ein Feigling treffen sich heute im Oval Office. Und wenn das Treffen vorbei ist, wird der Held in die Ukraine zurückkehren“.

MAGA-Land feiert Trump

Die Bereitschaft in der US-Bevölkerung die Ukraine nach drei Jahren Krieg weiter mit Milliarden von Dollar zu unterstützen hat immer weiter abgenommen. MAGA-Anhänger und Influencer feierten daher die direkte Konfrontation zwischen Selenskyj und Trump, die in ihren Augen die US-amerikanischen Interessen vertritt.

Ex-Trump Berater Steve Bannon bezeichnete Selenskyj als einen „eingebildeten Punk“, dem von Trump die Leviten gelesen wurden. Milliardär und Regierungsberater Elon Musk sagte, dass sich Selenskyj mit diesem Auftritt in den Augen des amerikanischen Volks „selbst zerstört hätte“. Und der Gründer der konservativen Organisation Turning Point USA, Charlie Kirk, meinte, dass Trump und Vance genau das gesagt hätten, was Millionen von Amerikanern Selenskyj schon lange sagen wollten.

Wie es nun zwischen Trump, Selenskyj und Putin weiter geht und ob sowohl der Rohstoff-Deal zwischen den USA und der Ukraine als auch ein mögliches Friedensabkommen zwischen Russland und der Ukraine überhaupt noch eine Zukunft haben, werden die nächsten Tage und Wochen ergeben.

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4 Kommentare

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  • Ich glaube, es tut gut, dass alles als einen Prozess zu betrachten und nicht als einen Endpunkt einer total komplizierten Beziehung zwischen Selenski und Trump. Ich will mich auch nicht mehr damit beschäftigen, was für ein Unmensch Trump ist. Vielmehr bin ich davon überzeugt, dass Selenski einen Weg zur Kommunikation findet.Ganz nach einem Motto von Ernst Bloch:



    "Man muss ins Gelingen verliebt sein, nicht ins Scheitern."

  • Trump erwartet innerhalb seines imaginierten Herrschaftsbereich bedingungslose Unterwerfung. Jeder, der nicht bereit ist, den Ring zu küssen, wird verstoßen. Mit ähnlich gestrickten Geistern wie Putin und Xi, teilt man sich Welt auf und kommt sich (vorerst) nicht in die Quere.



    Irgendwie erinnert das alles sehr stark an mafiöse Strukturen.

  • Dass Herr Trump in seinem Größenwahn unberechenbar ist, setze ich mal als bekannt voraus.



    Selbst wenn Herr Trump ungern liest, werden ihm die Wünsche und Vorstellungen seines neuen Freundes Putin bekannt sein -ebenso wird er wissen, dass Russische Soldaten in die Ukraine einmarschiert sind und das Nachbarland überfallen haben.



    Dass sich der US-Präsident selbst für den größten "Dealmaker" und den eigentlichen Herrscher der Welt hält setzt allem noch die Krone auf.

    Möglicherweise hat sich Herr Selenski auch etwas selbst überschätzt, als er glaubte sein Land retten zu können, indem er mit dem US-Egomanen mal eben eine Vereinbarung trifft.



    Wenn er dessen neuen Freund Putin dann einen Killer nennt dem nicht zu trauen ist, mag man das ja noch für besonders ehrlich und mutig halten. Die eigene Position und damit die Position der Ukraine hat das in dem Gespräch nachweislich nicht gestärkt.

    Ich glaube dass Selbstüberschätzung und Realitätsverweigerung ein großes Hindernis auf dem Weg sind das Morden und Sterben zu beenden.

    Es könnte helfen, wenn die westlichen Unterstützer anfingen der Ukraine gegenüber offen und ehrlich zu sein, anstatt



    nicht einzuhaltende Versprechen zu machen.

  • Selenski macht das schon richtig. Es ist hoch gepokert, aber wohl die einzige Chance. Trump steht jetzt nämlich auch nicht als Gewinner da, ein gewisses Interesse auf Seiten Trumps dürfte weiterhin bestehen. Dass Trump kein Problem hat sich zu streiten und dann wieder zu verhandeln, sehe ich mal als gesetzt an, so viel Geschäftsmann ist er schon.



    Falls Trump jetzt die Ukraine fallen lässt, nun dann wäre das sowieso passiert, jetzt nur eben schneller und jetzt ohne Ausbeutung der Ukraine.



    Entscheidend wird jetzt die internationale Reaktion auf Trump sein, wie er sich verhält. Steht er als Verlierer da, dann wird er sich bewegen.



    Bleibt es bei Stand gestern, hat Trump nichts vorzuweisen und vor allem nichts für die USA gewonnen.