Grundsatzpapier von Christian Lindner: Eine gefährliche Attacke
Mit seinem Grundsatzpapier greift Finanzminister Lindner BSW- und AfD-Politik auf. Grüne und SPD sollten sich darauf nicht einlassen.
E s ist eine Kampfansage, die an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig lässt. Was Bundesfinanzminister Christian Lindner in seinem Papier „Wirtschaftswende Deutschland“ fordert, ist nicht weniger als das Aus der deutschen Klimapolitik: keine Zuschüsse mehr für die erneuerbaren Energien, Aufgabe des Datums für den Kohleausstieg, Aus für den Klima- und Transformationsfonds, Stopp der Klimaverträge für Unternehmen, Verschiebung des deutschen Klimaziels und viele weitere wichtige Punkte. Der FDP-Vorsitzende macht Front gegen so gut wie alles, was die deutsche Politik gegen die fortschreitende Erderhitzung unternimmt.
Stattdessen soll der CO2-Preis alles regeln. Das ist nicht nur viel zu wenig, um das Ansteigen der Temperatur zu begrenzen. Das ist Klimaklassenkampf von oben. Denn damit werden die Lebenshaltungskosten stark steigen. Ohne einen finanziellen Ausgleich wird die Belastung für Menschen mit wenig Einkommen immens. Nein, das ist nicht FDP pur. In ihrem Bundestagswahlprogramm haben die Freidemokrat:innen noch die Rückzahlung der CO2-Kosten an die Bürger:innen in Form einer „Klimadividende“ vorgesehen, damit „die sozialen Kosten des Klimaschutzes abgemildert werden“. Das fordert Lindner jetzt nicht mehr. Stattdessen will er mit diversen Steuersenkungen die Reichen entlasten.
Lindners Vorstoß ist mehr als das Heischen um Aufmerksamkeit. Er bedient die geänderte gesellschaftliche Stimmung. In weiten Teilen Deutschlands gibt es mit der AfD und dem BSW Mehrheiten für eine Anti-Klima-Politik. Das macht seine Attacke so gefährlich. SPD und Grüne können Lindners Offensive nicht einfach abheften. Denn er verbindet seine Forderungen unmittelbar mit den Haushaltsverhandlungen. Das ist der entscheidende Unterschied zu dem Papier, das Wirtschaftsminister Robert Habeck vor Kurzem vorgelegt hat. Habeck will diskutieren, Lindner fordert faktisch die Neuverhandlung des Koalitionsvertrags. Der Finanzminister will die gesamte Geschäftsgrundlage der Ampel ändern. Denn er greift nicht nur deren bisherige Klimapolitik an. Wichtige fest verabredete Vorhaben wie das Tariftreuegesetz sollen nicht mehr kommen. Beim Bürgergeld, Geflüchteten und der Rente soll gekürzt werden.
In ersten Reaktionen haben Grüne und SPD versucht, den Fehdehandschuh einfach nicht aufzunehmen. Sie sollten stattdessen den Spieß umdrehen und darauf bestehen, dass die vereinbarten Ziele aus dem Koalitionsvertrag zügig umgesetzt werden. Will die FDP das nicht, hat die Ampel tatsächlich keine politische Grundlage mehr. Und sollte ihr Scheitern eingestehen.
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