Genehmigung von Leopard-2-Panzern: Die Ukraine für den Sieg rüsten

Die deutsche Zusage ist Teil eines westlichen Strategiewechsels. Bessere Waffen für die Ukraine sollen die Befreiung des gesamten Staatsgebiets ermöglichen.

zerstörter Panzer vor einer Hauswand, ein Soldat geht vorbei

Ein ukrainischer Soldat geht an einem zerstörten russischen Panzer in Kyjiw vorbei Foto: Daniel Cole/ap

Jetzt ist es also so weit: Die Ukraine bekommt moderne Kampfpanzer. Die 14 Leopard-2A6-Panzer aus Deutschland, deren Lieferung die Bundesregierung am Mittwoch bestätigt hat, sind als Teil einer Gesamtlieferung von rund 90 Leopard-Panzern aus einem Dutzend europäischen Ländern gedacht. Polen beantragte am Montag als erstes Land eine Exportgenehmigung in Berlin für 14 Panzer, skandinavische Länder und Spanien wollen folgen, weitere werden erwartet.

„Das Ziel ist es, rasch zwei Panzerbataillone mit Leopard-2-Panzern für die Ukraine zusammenzustellen“, erklärte die Bundesregierung am Mittwoch. Zum Gesamtpaket gehörten „Logistik, Munition und Wartung“ sowie laut Bundesverteidigungsministerium Ausbildung, Taktikschulung, Munition und Ersatzteile.

Die Ausbildung könnte laut Bundesverteidigungsministerium „vielleicht noch diesen Monat“, spätestens aber Anfang Februar beginnen; die ersten Leopard-Kampfpanzer aus Deutschland könnten in etwa drei Monaten in der Ukraine sein.

Das Leopard-Paket ist nur ein Bestandteil eines viel größeren Rüstungspakets. Großbritannien hat 14 Kampfpanzer des Typs Challenger 2 angekündigt. Aus den USA werden Abrams-Kampfpanzer erwartet. Bereits vor drei Wochen hatte Frankreich „leichte Kampfpanzer“ des Typs AMX-10 RC angekündigt, gefolgt von den USA und Deutschland mit Schützenpanzern.

Ein Strategiewechsel

Dazu kommen aus den USA in diesen Wochen Patriot-Luftabwehrsysteme und Stryker-Panzerfahrzeuge, aus Großbritannien panzerbrechende Brimstone-Luft-Boden-Raketen – ein scheinbar unendlicher Strom modernsten Geräts. Sogar von US-Kampfjets ist bereits die Rede.

All dies deutet auf einen westlichen Strategiewechsel. Nach knapp einem Jahr Krieg soll die Ukraine nicht mehr nur russische Angriffe abwehren können, sondern selbst in die Offensive gehen, besetzte Territorien befreien.

„Dies ist ein sehr folgenschwerer Moment in diesem Krieg“, so am Mittwoch der australische Militäranalyst Mick Ryan. Die Ukraine bekomme nun „die nötige Kampfkraft, um den Nahkampf zu führen, der für die Offensiven nötig sein wird, mit denen die Ukraine 2023 nicht nur das 2022 von Russland besetzte Gebiet zurückholen will, sondern auch das von 2014“ – also die Gebiete im Donbass und die Krim. Das ist das erklärte Kriegsziel der Ukraine: Ein Ende der russischen Besatzung ist ein Ende des Krieges.

Denn das aktuelle Patt an der Kriegsfront macht den Krieg nur länger und blutiger, und die militärische Reorganisation Russlands im Hinblick auf eine Frühjahrsoffensive schreitet voran. Quantitativ, bei Zahlen von Soldaten und Artilleriegeschützen etwa, sei Russland langfristig überlegen, sagt der ukrainischstämmige US-Militäranalyst Michael Kofman: Wo sich Truppen beider Länder gegenseitig abschlachten, wie aktuell an der Donbass-Front um Bachmut, werde die Ukraine langfristig aufgerieben.

„Psychologisch wichtig“

Um zu bestehen, brauche es eine „qualitative Verbesserung“: Präzisionsraketen, die militärische Infrastruktur des Gegners zerstören; mechanisierte Brigaden, die mit Panzern feindliche Linien überwinden; Combined Arms Training, also das eingeübte Zusammenspiel von Luftwaffe, Bodentruppen und Artillerie.

Himars-Präzisionsraketen ermöglichten der Ukraine bereits die Rückeroberung großer Gebiete um Charkiw im September und Cherson im November. Seitdem hat sich wenig bewegt, trotz heftiger Kämpfe. „Indem der Westen Waffensysteme zurückhielt, die für große Gegenoffensiven notwendig sind, trug er zur Unfähigkeit der Ukraine bei, die Bindung russischer Kräfte in Bachmut auszunutzen“, kritisierte das Institute for the Study of War aus den USA am Dienstag.

Das soll nun vorbei sein. Die neuen Panzer, lobt Ryan, böten „digitalisierte Kommandosysteme, hochentwickelte Munition und erhebliche Reichweite und Schlagkraft“. Genauso wichtig ist das Hochfahren der Ausbildungsprogramme für ukrainische Soldaten in den USA, Kanada und Großbritannien.

Das Frühjahr und der Sommer werden entscheidend, prognostiziert Kofman und schätzt, dass schon in einem Monat die Kämpfe deutlich zunehmen. Dann sind zwar die westlichen Panzer noch nicht da – doch die ukrainischen Soldaten wissen, dass sie kommen, und das sei psychologisch wichtig in einem Krieg, der ansonsten kaum noch zu ertragen ist. Ryan führt aus: „Es ist gut für die Moral der Soldaten, zu wissen, das sie mit der höchstentwickelten Ausrüstung in die Schlacht ziehen werden, die es gibt.“

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Wir alle wollen angesichts dessen, was mit der Ukraine derzeit geschieht, nicht tatenlos zusehen. Doch wie soll mensch von Deutschland aus helfen? Unsere Ukraine-Soli-Liste bietet Ihnen einige Ansätze fürs eigene Aktivwerden.

▶ Die Liste finden Sie unter taz.de/ukrainesoli

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.