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Friedensmärsche und KriegFriedensbewegung in der Bredouille

Pascal Beucker
Kommentar von Pascal Beucker

Solange der Aggressor Nato oder USA hieß, war der Bewegung stets klar, wer gut und wer böse ist. Nun tritt ein lange verdrängter Grundkonflikt wieder offen zutage.

Die Friedensbewegung hat ein Problem – nicht nur mit ihrer Doppelmoral Foto: Olaf Schuelke/imago

M itten im Ersten Weltkrieg beklagte Stefan Zweig „die fast vernichtende Tragik des Pazifismus, dass er nie zeitgemäß erscheint, im Frieden überflüssig, im Kriege wahnwitzig, im Frieden kraftlos und in der Kriegszeit hilflos“. Mit seinen Worten erinnerte der österreichische Schriftsteller 1917 an Bertha von Suttner, die trotz aller Anfeindungen nicht davor zurückgeschreckt sei, „das scheinbar Unerreichbare zu fordern“. Doch seine Feststellung hat bis heute nichts von ihrer Ak­tua­li­tät verloren.

Nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine vor gut zwei Jahren erlebt das Denken in rein militärischen Kategorien auch in der Bundesrepublik eine Renaissance. Dass kräftig aufgerüstet werden müsse, gilt als unumstößliche Tatsache. Ein sozialdemokratischer Verteidigungsminister will Deutschland wieder „kriegstüchtig“ machen. Ein grüner Wirtschaftsminister trifft sich mit den Chefs deutscher Rüstungsunternehmen zum „Austausch zu Innovations- und Beschleunigungsmöglichkeiten in der Verteidigungswirtschaft“.

Und eine liberale EU-Spitzenkandidatin wirbt als „Oma Courage“ für sich – was Bertolt Brecht sicherlich ganz passend gefunden hätte. Gerade jetzt wäre eine große Friedensbewegung als mahnende Stimme nicht das Schlechteste. Doch den Ostermärschen hat der Ukrainekrieg keinen nennenswerten Aufschwung beschert. Stattdessen ist ein lange verdrängter Grundkonflikt wieder offen zutage getreten. Denn die Friedensbewegung war nie ausschließlich pazifistisch.

Einig waren sich die unterschiedlichen Lager zwar stets, wenn es – nicht zu Unrecht – gegen den US-Imperialismus und die Nato ging. Die Reaktion auf militärische Aggression, die nicht aus dem Westen kam, fiel hingegen schon in der Vergangenheit nicht gleichermaßen eindeutig aus. Auch jetzt tut sich ein nicht unerheblicher Teil der Friedensbewegung sichtlich schwer, den Krieg Russlands ohne Wenn und Aber zu verurteilen.

Offensichtliche Doppelmoral

Die Doppelmoral ist augenfällig: Als 2003 die USA, Großbritannien und eine „Koalition der Willigen“ völkerrechtswidrig im Irak einmarschierten, war es gar keine Frage, wie darauf zu reagieren ist: „Wir fordern von Bush, Blair und allen anderen Kriegswilligen: Stoppt den Krieg sofort! Invasoren raus aus dem Irak!“, war damals in den Ostermarschaufrufen zu lesen. In den heutigen Aufrufen sucht man die Forderung nach einem sofortigen Abzug von Putins Truppen aus der Ukraine weitgehend vergeblich.

Wer diese Selbstverständlichkeit jedoch ablehnt, der oder die ist nur vermeintlich friedensbewegt und stellt sich de facto auf die Seite des Aggressors. Völlig klar, dass das keine Mehrheitsposition in der Friedensbewegung ist, in der auch weiterhin zahlreiche höchst integre Menschen aktiv sind. Aber die eigentümliche Ambivalenz etlicher altgedienter Ak­ti­vis­t:in­nen im Umgang mit Russland hat dazu geführt, dass die Ostermarschaufrufe vielerorts so merkwürdig klingen. Das sorgt für ein Glaubwürdigkeitsproblem.

„Unser Marsch ist eine gute Sache, weil er für eine gute Sache geht“, heißt es in dem bekanntesten Ostermarschlied, geschrieben Anfang der 1960er Jahre. Daran zweifeln heute viele, und das wirkt sich negativ auf die Teil­neh­mer:in­nen­zah­len aus. In diesem Jahr dürften es trotzdem wieder etwas mehr sein, die bis Montag in rund 100 Städten ostermarschieren werden. Grund dafür ist der Krieg im Gazastreifen. An zahlreichen Orten beteiligen sich propalästinensische Ak­ti­vist:in­nen an den Demonstrationen und Kundgebungen.

Hamas' Blutbad als legitim bezeichnet

Daran ist zunächst überhaupt nichts auszusetzen, es führt mitunter jedoch zu höchst problematischen Allianzen. Auffällig ist, dass in nicht wenigen Ostermarschaufrufen zwar die heftige militärische Reaktion Israels auf das Massaker der Hamas vom 7. Oktober 2023 gegeißelt wird, der islamistische Terrorangriff selbst jedoch unerwähnt bleibt. Dass das kein Zufall ist, zeigt das Beispiel Leipzig. Seit 2008 vergibt dort das Bündnis „Leipzig gegen Krieg“ auf dem dortigen Ostermarsch einen Friedenspreis.

In diesem Jahr wurde die propalästinensische Leipziger Gruppe Handala auserkoren, eine – vorsichtig formuliert – ungewöhnliche Trägerin eines Friedenspreises: Handala hält das von der Hamas angerichtete Blutbad für einen legitimen antikolonialen Widerstandsakt: „Die unterdrückte palästinensische Bevölkerung befreite sich aus der Belagerung der Besatzungsmacht.“

Worte der Trauer über die getöteten Israelis sucht man vergebens. Es scheint, dass der bei den Ostermärschen formulierte „Minimalkonsens“ mancherorts humanistische Grundstandards nicht mit einschließt. Das ist fatal. Denn es gibt Trennlinien, die nicht überschritten werden sollten.

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Pascal Beucker
Inlandsredakteur
Jahrgang 1966. Arbeitet seit 2014 als Redakteur im Inlandsressort und gehört dem Parlamentsbüro der taz an. Zuvor fünfzehn Jahre taz-Korrespondent in Nordrhein-Westfalen. Seit 2018 im Vorstand der taz-Genossenschaft. Sein neues Buch "Pazifismus - ein Irrweg?" ist gerade im Kohlhammer Verlag erschienen.
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141 Kommentare

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  • Karlsson , Moderator

    Vielen Dank für Eure Beiträge, wir haben den Kommentarbereich nun geschlossen.

  • [Achtung Sarkasmus] Das dürften wohl dann auch die Leute sein, die sich freuen, dass die USA und ihre Partner aus Afghanistan sind und dort kein Krieg gegen die Taliban mehr stattfindet. Jetzt ist dort wieder Frieden. Den Menschen geht es wieder sehr gut.

    • @Ciro:

      Es gibt auf dem Planeten unterschiedliche politische und wirtschaftliche Entwicklungen.

      Man kann durch (gewaltsame) Eingriffe von außen Gesellschaften nicht grundlegend weiterentwickeln.

      Gerade Demokratie muß organisch und langsam heranwachsen.

      • @drafi:

        In Deutschland und Japan hat es auch funktioniert, die Demokratie nach einem von den Ländern verlorenen Krieg einzuführen.

        • @Ciro:

          Deutschland und Japan waren vor den angeführten Kriegen bereits hochentwickelte Gesellschaften.

          Wer aber die Demokratie z.B. nach oder Libyen “bomben“ wollte, erntete als Resultatb praktisch failed-states.

        • @Ciro:

          PS. Wobei es zugegeben durchaus nicht so pauschal ist wie mein Hinweis klingt.



          Vielleicht könnte man in der Tat abwarten und Änderungen unterstützen, einfach indem man ein gutes Vorbild einer funktionierenden Demokratie und ihrer Errungenschaften ist, um dies Anlass für den Wunsch von innen nach Veränderungen werden zu lassen, nach Nachahmung.

          • @Ciro:

            So ist es !!



            Jeans, Minirock und Rockmusik haben das westliche Modell umd damit die Idee der Demokratie weit mehr befördert als alle Kriege zur Durchsetzung westlicher Werte zusammen. Die Autokratien bekamen erst eine neue Chance, als sich der Westen durch seine zunehmenden Kriege und Einmischungen nicht mehr als Alternative empfahl, da dies überall die chauvinistischsten Reaktionen begünstigte.

    • @Ciro:

      Der Sarkasmus ist unangebracht: der Westen hat zwei Jahrzehnte lang Krieg in Afghanistan geführt und das Land nicht unter Kontrolle gebracht. Ab einem bestimmten Punkt ist es vielleicht angebracht, das Konzept einer militärisch durchgesetzten Demokratisierungspolitik (sofern es je mehr war als ein Deckmantel für Eigeninteressen) ebenso wie die zugrundeliegende politische Eschatologie in Frage zu stellen.

  • Aggressor ist nie ein Staat oder ein Staatenbündnis. Es sind immer Menschen, in denen auch dieses Potential schlummert. Im Verbund mit Machtgier kann es aktiv werden und bei anderen durch das Schüren von Ängsten aktiviert werden. So kommt eine Spirale in Gang. Das läuft gerade wieder. Weltweit.

  • Merkwürdig, wenn man klugen Menschen widersprechen muss - aber der Sinn einer Friedensbewegung ist es NIE, in die Propaganda der eigenen Seite einzustimmen, sondern ein Gegengewicht dazu zu setzen.

    Was würden wir von einer russischen Opposition halten, die zunächst einmal die NATO-Agressionen verurteilt? Wir erwarten (und gestehen ihr den Status "Opposition" nur zu), dass bzw. wenn sie die eigene, sprich russische Politik kritisiert, nicht etwa unsere.

    Und so ist es halt auch mit jeder westlichen (oppositionellen) Friedenspolitik: Sie zeichnet sich exakt DADURCH aus, dass sie NICHT in das Kriegsgeheul der eigenen Seite einstimmt, sondern sie zur Vernunft ruft. Wohlwissend, dass sie die andere Seite eben NICHT beeinflussen kann (das erwarten wir richtigerweise von der dortigen Opposition), es sei denn indirekt wie weiland Willy Brand mit seinem "Wandel durch Annäherung".

    Also erwartet von der Friedensbewegung keine Kritik am Gegner - daran besteht doch gar kein Mangel. Ein Mangel besteht regelmäßig an Einsicht in EIGENE (hier: westliche) Fehler und verpasste Friedens-Möglichkeiten - DAS ist es, woran die Friedensbewegung bei uns zu recht erinnern will und muss, denn genau DAS - und NUR das - ist ihr Job.

    • @tom-pex:

      Damit würde aber nicht die Doppelmoral zusammenpassen, dass die andere Seite - die dem Westen gegenübersteht - nicht nur nicht kritisiert, sondern bestätigt und unterstützt wird (wie jetzt Russland oder siehe unten mein Beispiel aus einer Antiatomwaffendemo).

      Und es ist eine Pauschalkritik ohne Grauschatten. Nicht einmal Abschreckung und Verteidigung werden akzeptiert.

      • @Ciro:

        Die Ukraine der Agression (durch Forderungen nach Aufgeben oder nach Stopp der Waffenlieferungen) preiszugeben ist doch schon Unterstützung. Und es gibt mehr als genug Russlandfahnen auf solchen Demos.

      • @Ciro:

        Ich wüsste, dass ein relevanter Teil der Friedenspolitik denn Russland unterstützt hätte - außer natürlich, man bewertet es schon als Unterstützung, wenn die eigene Rolle an der Eskalation thematisiert und Konzepte wie Abschreckung (mit all ihren bekannten Risiken) als Unterstützung gewertet werden. Das wäre dann allerdings selbst wieder eine Pauschalkritik ohne Grauzonen.

        • @O.F.:

          Sorry für den Doppelpost, hatte versehentlich zu weit oben geklickt.

          Die Ukraine der Agression (durch Forderungen nach Aufgeben oder nach Stopp der Waffenlieferungen) preiszugeben ist doch schon Unterstützung. Und es gibt mehr als genug Russlandfahnen auf solchen Demos.

        • @O.F.:

          Sorry für den Doppelpost, hatte versehentlich zu weit oben geklickt.

          Die Ukraine der Agression (durch Forderungen nach Aufgeben oder nach Stopp der Waffenlieferungen) preiszugeben ist doch schon Unterstützung. Und es gibt mehr als genug Russlandfahnen auf solchen Demos.

    • @tom-pex:

      All das ist völlig irrelevant.

      Denn hier ist es nun mal vollkommen unzweifelhaft so, dass allein Russland diesen Krieg begonnen hat und ihn unbedingt weiter führen will.

      Und außerdem gibt es in Russland keine Opposition, die gegen den Krieg demonstrieren könnte. Es ist ja schon verboten, den Krieg Krieg zu nennen.

    • @tom-pex:

      "(das erwarten wir richtigerweise von der dortigen Opposition)"

      ...und dass es so eine Opposition beim russischen Aggressor gar nicht gibt, der also jede Handreichung friedliebender Westeuropäer (in Form von Unterstützungsversagung gegenüber der Ukraine) hemmungslos zur Fortsetzung dieses Krieges nutzen wird, der ja nunmal SEIN Eroberungsfeldzug ist, ignorieren wir halt mal - Nichtbefassung wegen Unzuständigkeit, Konsequenzen egal. Soll es DAS gewesen sein???

      Ich finde es schwer zu glauben, dass jemand seine politische Stoßrichtung derart kurzsichtig - und erkennbar ineffektiv in Bezug auf das wesentliche Ziel "Frieden" - konstruiert. Entweder es geht gar nicht um das Erreichen konkreter Ziele sondern nur um moralische Selbstbefriedigung ("ICH war ja immer schon konsequent dagegen - Welt, schau auf mich und lerne!"), oder es steckt eben doch ein geschlossen antiwestliches Weltbild dahinter, das aus den zugehörigen Schuldzuweisungen nicht herauskommt.

      • @Normalo:

        Nein, wir ignorieren gar nix.



        Ich kann es aber den Kalten Kriegern hier im Forum nicht recht machen, die partout ihr Feindbild zelebrieren wollen - tut mir (keineswegs) leid:



        Natürlich ist es ein russischer Eroberungsfeldzug;



        und natürlich gibt es keine freie Opposition im Land dort. Soweit erst mal d'accord.

        Das war bei der Sowjetunion während ihres Afghanistan-Feldzugs aber ähnlich - und dennoch hat Willy Brand mit seinem "Wandel durch Annäherung" eine Entwicklung in Gang gesetzt, die mittelfristig das System überwunden hat. Auch damals gab es natürlich Widerstände (wie Sie heute) - aber Willys Weg hat sich als historisch richtig erwiesen, und zum Glück hat er es noch erleben können.

        Dass die nachfolgenden Politikergenerationen diese Steilvorlage hin zum Weltfrieden derart in den Sand setzen konnten, dafür tragen die - ich sag mal: "Anti-Willy-Geister" - BEIDER (!) Seiten die Verantwortung (Sie sehen: Nicht ich bin es, der einseitig argumentiert.)

        Aber selbstverständlich könnte man auch heute eine positive Entwicklung in Gang setzen - aufgrund der gemachten Fehler allerorten würde es zwar wieder einige Zeit dauern (ähnlich wie damals), aber letzten Endes (auch Putin macht irgendwann den Breschnjew) doch wieder zum Erfolg führen.

        Es kommt immer drauf an was man draus macht - und ihr Kalten Krieger macht regelmäßig das Falsche daraus. Warum lernt ihr nicht mal angesichts des Willy-Erfolges dazu??

        • @tom-pex:

          "auch Putin macht irgendwann den Breschnjew"

          Der Vergleich hinkt ganz gewaltig. Die damalige Zeit mit Willy Brandts Ostpolitik taugt leider gar nicht als Vergleich zur heutigen Lage. Ein wesentlicher Unterschied besteht schon in den Systemen der Sowjetrepublik und Putins Russland. Erstere ging es um den Selbsterhalt des Systems, letzteren um Expansion, vorrangig um seinen Machterhalt zu sichern. Imperialismus reloaded. Das ist nur ein Punkt vielen.

          Recht gebe ich ihnen in den Punkt, dass der Westen, speziell die USA, arrogant gegenüber Putin agiert hat. Obamas Aussage über Russland als Kolonialmacht hat Putin als Demütigung empfunden und spätestens 2007 hat er einen innerlichen Schlussstrich gezogen.

          Der Zug für eine Annäherung mit dem Putin Regime ist abgefahren.

        • @tom-pex:

          Nur ein um hier historisch nicht zu viel durcheinander zu bekommen: Brandts Entspannungspolitik fand nicht vor dem Hintergrund von Afghanistan sondern dem von Vietnam statt, ging also von der Seite aus, die gerade selbst unnötig und vergeblich auf fremden Boden Krieg führte. Die Sowjetunion begann den Afghanistanfeldzug, als Brandt schon etliche Jahre nicht mehr Kanzler war und sprang damit seiner Politik wie auch dem am ehesten Brandt-inspirierten US-Präsidenten Carter mit dem nackten A.... ins Gesicht. Die Reaktion auf diesen Feldzug (und die auch sonst letztlich von der Detente im Wesentlichen unbeeindruckte Politik der Sowjets) oblag daher gerade nicht Brandt sondern solch sanftmütigen Friedenstauben wir Reagan, Thatcher und in Deutschland Schmidt und Kohl, und sie war hart, ökonomisch zermürbend und dadurch letztlich siegreich: Nato-Doppelbeschluss, Pershings gegen SS-20, ostentative Investitionen in militärische Gamechanger-Hightech wie Supercomputer, SDI und Stealth-Technologie, Unterstützung der Mujaheddin, Contra etc.. Gorbatschow handelte nicht im Geiste von Willy Brandt sondern am Ehesten in dem von Friedrich Ebert: Er wollte retten, was noch zu retten war.

          Nun aber von hinkenden historischen Vergleichen zur Gegenwart: Putin will die Ukraine unterwerfen - und die Kosten dafür dürften ihm mittlerweile wirklich egal sein. Sollte also die hiesige Friedensbewegung ihren Willen kriegen und Deutschland aufhören, die Ukraine zu unterstützen, würde das genau NICHT zu Verhandlungen, Wandel durch Annäherung und sonstigen Wunschszenarien führen, sondern zu in Siegesgewissheit nochmal in Tödlichkeit und Brutalität verschärfter Kriegsfortsetzung. WEIL es in Russland keine ähnlich wirkmächtige kriegsaverse oder wenigstens - müde Opposition gibt. Wie kann man DAS ernsthaft als "Friedenspolitik" bezeichnen?

          • @Normalo:

            Schliesse mich an. Putin wird seinen Staat immer mehr in Richtung Diktatur ausrichten und nach außen nach dem Motto agieren "nach mir die Sinnflut". Es ist zu befürchten, dass er im Ukrainekrieg in nächster Zeit sprichwörtlich "die Sau rauslassen wird" und gegenüber dem Westen ein zunehmend aggressives Verhalten an den Tag legen wird. Wahrscheinlich wartet er damit aber noch bis zur US Wahl.

        • @tom-pex:

          Kalte Krieger, aha. Naja, man muss sich ja nicht angesprochen fühlen. Mir geht es nur um Verteidigung. Wenn Russland mal seine Nachbarn in Ruhe ließe, wären auch die Vorbehalte weniger. Hatte mich auch über Annäherungen vor 2014 gefreut, sei es der Einbezug Russlands in NATO-Gespräche (weiß nicht mehr, was das genau war) oder Russlands Zusammenarbeit mit dem WWF.

        • @tom-pex:

          Zu den Zeiten der Entspannungspolitik Willy Brandts (die ich nach wie vor für richtig und historisch bedeutsam halte) hatte die Bundeswehr die größte Personalstärke (1972-1988 um bis bis knapp über 490.000, aktuell ca. 180.000 - bei weniger Einwohnern als heute) und die Ausgaben lagen in dieser Zeit im Schnitt bei über 3% der BIP (aktuell bzw. letzte verfügbare Statistik 2022 1,39% - alle Daten bei "Statista.com" verfügbar).



          Seinerzeit hatte die BW ca. 3000 Panzer, zuletzt waren es nur noch 225.

          In den Zeiten der Entspannungspolitik war die BRD also vergleichsweise hochgerüstet, vor allem im Vergleich zu heute.



          Auch das mag Breschnew durchaus beeindruckt haben. Belasteten die Ausgaben für die Rüstung schon damals den russischen Haushalt recht heftig, trieben nicht zuletzt die hohen Rüstungskosten Russland mit in die Pleite. Auch Russland hätte damals mehr abrüsten müssen.

          Mithalten mit Breschnew kann Putin wahrlich nur mit den aktuell astronomisch hohen Ausgaben für die russische Rüstung (ca. 6% des BIP!). Ansonsten wird er bestimmt nie "den Breschnew machen".



          Unter Breschnew existierte noch die Sowjetunion, Gelüste, diese zu expandieren hatte Breschnew nicht, zumal es immer schwieriger wurde, die Union zusammen zu halten.



          Putin hingegen träumt von der Wiederherstellung der Sowjetunion, wenn nicht sogar von einer Expansion darüber hinaus ("von Kamtschatka bis Lissabon").



          Mir scheinen zudem die Verhältnisse unter Putin mittlerweile noch deutlich restriktiver und totalitärer zu sein als unter Breschnew.

          • @jlMG:

            Mit "den Breschnew machen" meinte ich einfach "den Löffel abgeben" -



            in den Erbfolgeauseinandersetzungen nach Putin wird sich dann die angemessene Antwort auf den dann real existierenden Westen durchsetzen:



            - Bestehen wir auf Kaltem Krieg, wird sich in RU derjenige durchsetzen, der dem am glaubwürdigsten etwas entgegenzusetzen weiß;



            - ist zu diesem Zeitpunkt Tauwetter und Entspannung angesagt, hätte ein zweiter Gorbi eine Chance. Es kommt also durchaus auf die Vorlage an, die wir geben.

            Dass die Bundeswehr/NATO zu Zeiten des Kalten Krieges deutlich höher gerüstet war als heute, über 30 Jahre nach dessen Ende, erscheint mir logisch -



            aber dass man diese waffenstarrende Gegnerschaft damals DENNOCH auflösen und abtauen konnte, ist doch umso anerkennenswerter. Wieviel einfacher hätten wir es heute gehabt -



            aber wir mussten uns ja wieder in Härte üben, weil "Putin nur diese Sprache versteht".







            Jetzt haben wir den Salat -



            dennoch hoffe ich, dass bald bei uns ein neuer Willy auftaucht, der drüben einen neuen Gorbi möglich macht..

        • @tom-pex:

          Sie werfen hier die historischen Fakten durcheinander. Brandt und Bahr haben ihre Ostpolitik in den späten 60ern konzipiert und in den 70ern in verschiedenen Verträgen umgesetzt. Der sowjetische Überfall auf Afghanistan erfolgte 1979 und bedeutete damals einen massiven Rückschlag für die Entspannungspolitik (später kam noch das Kriegsrecht in Polen hinzu).

          Und Ihre Vorstellung, Putin würde irgendwann auch zu einer Art Entspannungspolitik zurückfinden? Es gibt wirklich nichts, was darauf hindeutet und ignoriert die gesamte bisherige Erfahrung mit Putin. Er ist nicht nur ein skrupelloser Gewalttäter und notorischer Lügner, sondern bricht auch Verträge nach Belieben. Merkel und Hollande haben es in Minsk versucht, das Ergebnis war der Überfall auf die Ukraine.

          • @Schalamow:

            Ich werfe gar nix durcheinander:



            Sie haben mit Ihrer Chronologie völlig recht -



            aber Brands Entspannungspolitik war letztlich erfolgreich TROTZ der Rückschläge durch Afghanistankrieg und Polen-Kriegsrecht, weil "das weiche Wasser höhlt den Stein", Sie erinnern sich?

            Heutige Politiker hätten damals immer ordentlich Contra gegeben - was einen Gorbi unmöglich gemacht hätte. Der atomare Showdown hätte dann möglicherweise schon damals stattgefunden - womit wir ja fast gerechnet hatten: Wir konnten unser Glück doch kaum fassen, als der Eiserne Vorhang trotz aller vorangegangenen Säbelrasselei plötzlich nachgab. Das lag an Willy und Gorbi - sicher nicht an den Falken beider Lager.

            Aber heute sehe ich weder einen Brand/Bahr noch einen erst dadurch möglichen Gorbi am Horizont - möglicherweise ereilt uns das Schicksal, dem wir damals mit Hilfe weitsichtiger Ausnahmepolitiker knapp entronnen sind, nun also doch noch. Weil niemand da ist, der es wagt die Hand auszustrecken.

            • @tom-pex:

              "Heutige Politiker hätten damals immer ordentlich Contra gegeben - was einen Gorbi unmöglich gemacht hätte."

              Ich hab's oben schonmal geschrieben, aber gerne nochmal: Das ist eine VÖLLIGE Fehlinterpretation der historischen Umstände, die zur Perestroika führten. Die damaligen westlichen Politiker sind vielmehr deutlich härter mit der Sowjetunion umgesprungen, und DAS hat "Gorbi" erst möglich gemacht. Ohne die zunehmend untragbaren Ausgaben für Rüstung und innere Sicherheit hätte Gorbatschow seine Annäherung an den Westen nie versuchen dürfen (er war weit weniger Alleinherrscher als Putin), WENN er sie unter anderen Umständen überhaupt gewollt hätte. Letzteres wird ewig unklar bleiben - die Umstände waren nunmal, wie die alte Garde sie verbockt und Reagan & Co. zusätzlich verschärft hatten.

        • @tom-pex:

          Wandel durch Annäherung - wunderbar. Und dann hatte die Sowjetunion nach Beginn des Wandels in den Siebzigern nichts besseres zu tun als SS-20 zu stationieren.

        • @tom-pex:

          Willy Brandts Ostpolitik hatte nur deshalb Erfolg, weil sie vor dem Hintergrund der mutually assured destruction gemacht wurde.

          Außerdem führte die UdSSR keinen Krieg, wie ihn Russland gerade in der Ukraine führt. Die UdSSR war auch nicht der mafiakapitalistisch-faschistoide Staat, der Russland heute ist.

          Und im übrigen kam nach Brandt auch noch Schmidt mit dem NATO-Doppelbeschluss.

    • @tom-pex:

      Sie haben damit im Grunde recht, ich würde nur an einem Punkt ein bisschen differenzierter argumentieren: die Friedensbewegung hat ja mehrheitlich immer auch Kritik am "Gegner" geübt, lediglich der Fokus lag aus den von Ihnen beschriebenen Gründen darauf, sich der eigenen Regierung entgegenzustellen. Dass man stets den Westen für alles verantwortlich gemacht hätte, ist eine Unterstellung - oft genug von Kalten Kriegern, die nicht merken, dass sie ihren eigenen Manichäismus auf andere projizieren.

      • @O.F.:

        Danke für diese Differenzierung -



        die ich vollinhaltlich unterstütze

  • Die Friedensbewegung hat vielleicht verstanden, dass man



    a) Immer zuerst für den eigenen Mist zuständig ist. Also das, was "der Westen" macht.



    b) andere Mächte nicht direkt, sondern immer indirekt beeinflussen kann. Aus "Wandel durch Annäherung" kam Gorbi, der dann den Wandel in Osteuropa möglich machte. Aber es begann damit, unsere Strategie anzupassen



    c) Es ist vornehmste Bürgerpflicht und Bürgerrecht, die eigene Politik zu kritisieren.



    Das hat nichts mit Doppelstandards zu tun. Dass niemand einen Krieg gut findet, sollte eigentlich Standard sein und sofern nicht anders geäußert auch angenommen werden.

    • @Kartöfellchen:

      Wenn das so ist, dann redet sich die Friedensbewegung vielleicht diese Punkte ein, beweist dadurch aber eher, dass sie genau NICHTS wirklich kapiert hat.

      a) Wenn man sich nur um seinen eigenen Mist kümmert, kann man auch nichts dagegen tun, dass nebenan Mord und Totschlag regiert und man früher oder später nur noch von denen umgeben ist, die dieses Handwerk am Besten beherrschen und/oder am wenigsten Skrupel haben, es zum eigenen Nutzen auszuüben. Putin fällt eher in die zweite Kategorie, was ihn besonders gefährlich macht.

      b) Der "Wandel durch Annäherung" klang gut und fühlte sich gut an, war aber spätestens mit dem sowjetischen Einmarsch in Afghanistan und der Verhängung des Kriegsrechts in Polen faktisch verpufft. Gorbi kam dann erst durch die kalte Kriegspolitik von Reagan und Co., weil die nämlich sein Land ruinierte und er nicht anders konnte, als seinen Aufwand für Systembehauptung drastisch runterzufahren.

      c) Ja, aber Kritik um der Kritik (oder irgendeiner überkonsequent verfolgten Ideologie) willen, die letztlich dem vorgeblich Hauptziel zuwiderläuft, ist zwar juristisch berechtigt aber dumm. Und gelebte Dummheit ist ganz sicher KEINE Bürgerpflicht.

      (Punkt c) könnte auch Kollege Merz mal beherzigen, aber das ist ein anderes Thema...)

    • @Kartöfellchen:

      Am Krieg in der Ukraine ist allein Russland schuld.

      Wenn die Friedensbewegung seit Kriegsbeginn vor der russischen Botschaft eine Mahnwache veranstaltet hätte, könnte man sie vielleicht ernster nehmen. So wirkt es eben nur wie vernagelte Heuchelei.

  • Rückkehr zum in Istanbul zwei Monate nach Kriegsbeginn ausgehandelten Kompromiss zwischen Ukraine und Russland.

    Ende des Krieges, Ukraine kann in EU, aber nicht in Nato, Krim wird russisch, Donbass erhält Sonderstatus.

    Besser wird es für alle Beteiligten wohl nicht werden.

    • @drafi:

      Ich bin eher kritisch, wenn irgendwelche Mitgliedschaften Verhandlungsmasse sein sollen. Russlands Nachbarn sind souveräne Staaten, die selbst entscheiden, wem sie beitreten oder nicht, da hat niemand reinzureden.

    • @drafi:

      Russland darf die Krim behalten, aber nicht als Beute, sondern als Kauf. Um einen erneuten Überfall zu verhindern, kommt die Ukraine in die NATO. Um eine besonders prominente Nachahmung zu verhindern, gibt Russland Sicherheitsgarantien für Taiwan. Russland bezahlt Wiederaufbau sowie Hinterbliebenen- und Invalidenrenten ;)

    • @drafi:

      Ja, so könnte ein Verhandlungsergebnis beispielsweise aussehen. Wenn man mal anfangen wollte zu verhandeln, bevor RU in der Lage ist, seinen "Frieden" bedingungslos durchzusetzen.



      Wären andere, für die Ukraine "bessere" Ergebnisse das Leben auch nur eines einzigen weiteren Ukrainers wert - geschweige tausende?



      Welcher tapfere Sofakrieger hier wollte das ernsthaft empfehlen??

      • @tom-pex:

        Das ist natürlich ein guter Punkt. Es lässt sich leicht von Verteidigungskriegen reden, wenn man ihn nicht selbst führen muss. Aber umgekehrt muss das auch die Ukraine entscheiden, wie weit sie gehen wollen, man soll ihr nicht vorschreiben, dass sie sich in ihre Vernichtung ergeben soll.

  • Wie grausam kann man sein. Keine Waffen mehr für die Ukraine? Was das für das Land und seine Menschen bedeuten würde, dürfte bekannt sein.

  • Es ging schon immer um Heuchelei. Der Zulauf war am größten, wenn die USA beteiligt waren. Russlands oder Afrikas Kriege haben niemanden interessiert.

    Kürzlich alte Bilder gesehen von einer Demo gegen Atomwaffen. Inmitten der Menge ein Mao-Bild. Dessen Atomwaffen waren also in Ordnung, Chinas Einmarsch in Tibet vergessen und sein Umgang mit dem eigenen Volk unterstützenswert.

    • @Ciro:

      Was erwarten Sie denn - eine homogene Masse, wie Sie sie zwar immer postulieren, was aber halt nicht stimmt?



      Offenbar war damals also auch jemand (gar mehrere?) dabei, die Mao gut fanden. Das erlaubt keineswegs allgemeingültige Aussagen über "die Friedensbewegung" an sich - die ist so heterogen wie "das Volk" es halt ist. Meinungsfreiheit und so..

    • @Ciro:

      Sehr scharf beobachtet.

    • @Ciro:

      Die damals beschworene internationale Solidarität war der Dünger für so manch groteskes Gewächs.

  • "Durch die Beendigung der Kriege lassen sich erst die zivilen Probleme auf dieser Welt lösen, zum Beispiel die Klimakrise "

    Das Problem der Klimakrise lässt sich nicht "lösen". Der Klimawandel ist nicht mehr aufzuhalten, er kann nur noch eingedämmt und verlangsamt werden.

    Um dieses zu erreichen, braucht es eine ganze Reihe von Maßnahmen und zwar Global. Aber warum die Beendigung von Kriegen die Grundvoraussetzungen dafür sein sollten, erschließt sich mir nicht so recht.

    • @Sam Spade:

      Der Kohlendioxidausstoss von Panzern , zB. 340 l Diesel pro 100 km. Brennende Städte. Sollte man mal zusammenrechnen.

    • @Sam Spade:

      Alter Dunkelschlapp in Trenchcoat!🥷🥷



      Op gau platt “…Jung - sünst kaant dee nich tosoomen pleugen!“ 🐴🐴 👨‍🌾👩‍🌾🌾



      🦹 Get it?! Fein

    • @Sam Spade:

      Zudem ist Russland eine auf Öl basierende Diktatur und null an einer Lösung der Klimakrise interessieret. Ihn in Frieden so weiter agieren zu lassen wäre kontraproduktiv für die Klimakrise.

      Das Beispiel zeigt auch, wie gerade die Erkenntnis der Abhängigkeit von russischem Öl nach Kriegsbeginn dazu geführt hat den Umstieg auf Erneuerbare zu forcieren.

      • @Rudolf Fissner:

        》Zudem ist Russland eine auf Öl basierende Diktatur und null an einer Lösung der Klimakrise interessieret. Ihn in Frieden so weiter agieren zu lassen wäre kontraproduktiv für die Klimakrise《

        Das stimmt auch nicht. Bundeskanzler Merkel hat sich nach ihrem Ausscheiden aus dem Amt auch über Putins Umweltbewusstsein geäußert: ewig lange völlig ignorant, aber mit dem Tauen der Permafrostböden habe bei ihm ein Umdenken eingesetzt.

        Vor allem aber: Russland ist flächenmäßig das größte Land der Erde - was glauben Sie, was da klimapolitisch gehen wird, wenn die Ankündigung Baerbocks zu den Sanktionen - "Das wird Russland" - ruinieren Realität wird, das Land wie seinerzeit der Balkan oder Libyen in blutigen Bürgerkriegen versinkt?

        Peter Unfried zitiert Luisa Neubauer aus diesem Gespräch hier m.youtube.com/watch?v=03Xj4Bktgsg so: 》Ich habe mit der Klimapolitik-Aktivistin Luisa Neubauer gesprochen, und die sieht eine dramatische Refossilisierung, die 2022 vom Wirtschafts- und Klimaministerium vorangetrieben worden sei《

        Förderung neuer fossiler Vorkommen vor der Küste Senegals, von den USA gemakeltes LNG aus Katar - vielleicht sollten Sie Ihre Bewertung oben "Man legt sich die Welt und die Wahrheit so zurecht, dass es wieder passt wie in den guten alten Zeiten." doch mal probeweise selbstkritisch gegen sich selber richten...

  • Hut ab, lieber Herr Beucker!



    Aus meiner Sicht ein sehr gelungener Artikel. Hätte ich als (wenn auch konservativer) regelmäßiger Leser der TAZ nicht für möglich gehalten.



    Die Friedensbewegung war immer ganz überwiegend von einem einäugigen Antiamerikanismus getrieben und ist es noch. Herr Beucker demaskiert diese Einäugigen, und das ist eine mutige Leistung.



    Mir ist es übrigens egal, ob der Krieg von Osten oder von Westen kommt, es gibt keine guten Kriege.

  • Sicher doch. Putin ist nur deswegen in Tschetschenien einmarschiert, weil das Land in die NATO wollte. 🤩

    Die Friedensbewegung ist zu einer Verschwörungsbewegung verkommen. Man legt sich die Welt und die Wahrheit so zurecht, dass es wieder passt wie in den guten alten Zeiten.

    • @Rudolf Fissner:

      》Sicher doch. Putin ist nur deswegen in Tschetschenien einmarschiert, weil das Land in die NATO wollte《 - wer behauptet das denn?

      Gegen die Tschetschenen hat Mitte des 19. Jhdts schon Leo Tolstoi als junger Offizier gekämpft - das ist ein sehr alter Konflikt, den wan historisch sicher nicht so einordnen kann...

      • @ke1ner:

        Beide sowohl Tschetschenien als auch die Ukraine wollen und wollten sich der imperialistischen Unterdrückung durch Russland entziehen.

      • @ke1ner:

        "ist ein sehr alter Konflikt, den wan historisch sicher nicht so einordnen kann..."

        Nennt sich Kolonialismus! Passt wunderbar in die nationalistische Sicht Putins. Das war genau das gleiche Groß-Russland-Gedöns mit dem er auch bei der Ukraine hausieren geht.

  • Den Luxus, für Frieden zu demonstrieren, haben Ukrainer nicht.

    Und die Russen nicht mal das Recht dazu.

    • @Suryo:

      Falsch ist es deshalb doch nicht,



      Warnen gehört auch zur Pflicht!



      /



      O stenstativ will ich hier sagen,



      S ybillinisch auch gerne fragen:



      T error ist wieder in der Welt!



      E r hat sich wieder aufgestellt?



      R evival will ich das nicht nennen



      N och will ich Ohnmacht hier bekennen.



      2 Jahre tobt ein Krieg hier schon,



      4 zehn liegt der Beginn davon.



      /



      Das Wort 'Luxus' kenne ich in diesem Zusammenhang in meiner Umgebung nicht.



      /



      www.ippnw.de/der-v...n/ippnw-regio.html

  • Was Beucker hier als "Doppelmoral" fehlinterpretiert, ist der selbstkritische Ansatz der Friedensbewegung, der politisch beispielsweise in der Formulierung "Wandel durch Annäherung" als Basis für die Ostpolitik Willy Brandts und Egon Bahrs seinen Ausdruck gefunden hat www.deutschlandfun...naeherung-104.html

    》Brandt und Bahr deuteten den Bau der Mauer als Zeichen der Angst und des Selbsterhaltungstriebes des SED-Regimes. In seinem Tutzinger Diskussionsbeitrag, Teil eines Streitgesprächs mit dem konservativen Publizisten Matthias Walden, sagte Bahr:

    „Die Frage ist, ob es nicht Möglichkeiten gibt, diese durchaus berechtigten Sorgen dem Regime graduell so weit zu nehmen, dass auch die Auflockerung der Grenzen und der Mauer praktikabel wird, weil das Risiko erträglich ist. Das ist eine Politik, die man auf die Formel bringen könnte: Wandel durch Annäherung.“《

    Dieser Ansatz hat in der Folge nicht nur die Berliner Mauer zum Einsturz gebracht, sondern insgesamt zur Beseitigung des Eisernen Vorhangs in Europa geführt.

    Und so - selbstkritisch - richtet sich pazifistischer Protest, ausgehend von persönlicher Kriegsdienstverweigerung, immer zunächst an die eigene Regierung, das eigene Bündnis: dass die Nato es abgelehnt hat, vor dem Einmarsch Russlands Putins Forderungen nach einer gemeinsamen europäischen Sicherheitsarchitektur auch nur zu diskutieren, war ein schwerer Fehler

    Auch unter dem Aspekt "Doppelmoral": nie würden die USA russische Stützpunkte in Südamerika akzeptieren, die Krise 1962 hat es gezeigt, statt dessen ist dort die Guantanamo Bay - wo es seit 2002 schwerste Menschenrechtsverstöße gibt - seit 1903 aus kubanischer Sicht widerrechtlich in US-amerikanischer Hand.

    Die Schuldzuweisungen des Westens alleine an Russland werden nicht nur im globalen Süden als heuchlerisch wahrgenommen, sie verhindern eben auch eine selbstkritische Suche nach Lösungswegen diesseits von Aufrüstung und immer weiteren Waffenlieferungen.

    • @ke1ner:

      Bitte berücksichtigen: zu Zeiten Bahrs und Brandts hatte die BW 500.000 Soldaten, 2500 Panzer und der Etat betrug ca. 4-5 % vom BIP. Die NATO hatte zwar weniger Mitglieder, war aber geschlossen.



      Ob Putin unter den Umständen in den Krieg gezogen wäre, wage ich zu bezweifeln.



      Putin wurde Anfang der 2000-er Jahre zu diversen Treffen und Gesprächen eingeladen, aber nach seiner Rede 2007 war abzusehen, dass seinerseits sich etwas geändert hat.

    • @ke1ner:

      Wandel durch Annäherung, das war die Politik noch bis zum Überfall Russlands auf die Ukraine 2022.

      Dieser Politik gingen unter Putin u.a. voraus: Überfall auf Tschetschenien, Überfall auf die Ostukraine, Überfall auf die Krim, Unterstützung des Schlächters Assad und Mitverursachung der Flüchtlingskrise 2015.

      Das Leid hätte vermieden werden können, wenn Putin sehr viel früher ein Kontra bekommen hätte.

      Der Friedensbewegung ist in dem Zusammenhang vorzuwerfen, zusammen mit den westlichen Regierungen weggeschaut zu haben.

      @"Die Schuldzuweisungen des Westens alleine an Russland werden nicht nur im globalen Süden als heuchlerisch wahrgenommen, .."

      Es gibt keine Position des Globalen Südens dazu. Was es gibt sind Abhängigkeiten, von Öl, von Wagner Söldnern (Afrika). Das da ein Schlächter Assad Putin nach dem Mund redet, ist mit Sicherheit kein überzeugendes Argument.

    • @ke1ner:

      Danke für Ihren sachlichen Beitrag.



      Fehlende selbstkritik ist leider ein riesiges Problem bei uns im Westen - es ist einfach immer mit dem Finger auf andere zu zeigen! Jedoch würde die Glaubwürdigkeit erhöht, wenn auch eine gewisse Bereitschaft zur Selbstkritik bestehen würde. Putins Angriffskrieg auf das Schärfste zu verurteilen ist richtig! Eine ehrliche und selbkritische Analyse ist aber trotzdem unabdingbar.

    • @ke1ner:

      "Dieser Ansatz hat in der Folge nicht nur die Berliner Mauer zum Einsturz gebracht, sondern insgesamt zur Beseitigung des Eisernen Vorhangs in Europa geführt."

      Bei aller Sympathie für Willy Brandts Ostpolitik, aber der Wandel ist doch wohl eher durch den wirtschaftlichen Zerfall der Sowjetunion infolge des Wettrüstens und des Afghanistankrieges entstanden und glücklicherweise hatte mit Gorbatschow ein Reformer den ZK Vorsitz und hat durch Glasnost und Perestroika der Deutschen Einheit den Weg bereitet.

      • @Sam Spade:

        Gorbatschow hat, sicher als Folge der Entspannungspolitik, "Wandel durch Annäherung" (nicht: 'durch Handel') auf eine faire Zusammenarbeit mit dem Westen vertraut - statt sich wie Nordkorea zu verbarrikadieren - und ist darin - wie sogar auch Putin - bitter enttäuscht worden, wie es die frühere Bundestagsvizepräsidentin und Pazifistin Antje Vollmer in der EMMA dargelegt hat

        www.emma.de/artike...s-mit-putin-338893 (lesenswert! Die darin auch thematisierte Rede Putins vor dem Bundestag ist hier taz.de/!5994936/#bb_message_4705548 verlinkt.

        Zur Einordnung Vollmers als Pazifistin und ihr Entsetzen über den Kurs ihrer Partei lesenswert: Heribert Prantl hier heribertprantl.de/tag/antje-vollmer/

        • @ke1ner:

          Gorbatschow hat rhetorisch an die Detente angeknüpft, aber sein wesentlicher Beweggrund hatte damit NICHTS zu tun und war wesentlich weniger idealistisch: Sein System war festgefahren. Die Sowjetunion ging gerade dank Polizeistaat, Afghanistankrieg und Mitspringen bei Reagans Rüstungseskapaden an ihrem Sicherheitsbudget pleite. Er musste diese Belastungen herunterfahren, um den wirtschaftlichen Kollaps zu vermeiden (oder wenigstens aufzuschieben). Seine historische Leistung war, dass er in der Situation pragmatisch (und nicht etwa friedensbewegt) gehandelt hat, während der Rest der Parteielite noch in versteinerter Machterhaltungsmechanik dachte.

        • @ke1ner:

          Es ist schon ziemlich erbärmlich, dass ein 2021 erschienener Artikel mit dem russischen Propagandmärchen anfängt, der Westen habe sein Versprechen, es werde keine Ost-Erweiterung der NATO geben, gebrochen - wo doch schon längst widerlegt ist, dass es solch ein Versprechen jemals gab.

          www.zeit.de/politi...terung-gorbatschow

    • @ke1ner:

      "Auch unter dem Aspekt "Doppelmoral": nie würden die USA russische Stützpunkte in Südamerika akzeptieren, die Krise 1962 hat es gezeigt, ..."

      Der Vergleich von Kuba mit der Ukraine passt null.

      Kuba existiert seit Jahrzehnten vor der Haustür der USA und die USA ist wunderbar ohne Einmarsch damit zurecht gekommen.

      Zudem hatte die Ukraine all ihre Atomwaffen abgerüstet. Das ist das absolute Gegenteil von Aufrüstung.

      • @Rudolf Fissner:

        》Kuba existiert seit Jahrzehnten vor der Haustür der USA und die USA ist wunderbar ohne Einmarsch damit zurecht gekommen《

        Da sind Ihnen ein paar Fakten entfallen:

        》DieInvasion in der Schweinebuchtwar ein von denVereinigten Staatenorganisierter militärischer Angriffkubanischer ExilantenaufKuba. Sie wurde am 17. April 1961 mitverdeckter UnterstützungderCIAvon rund 1300 seit 1959 aus Kuba geflohenen Freiwilligen vonGuatemalaaus durchgeführt und hatte den Sturz der Revolutionsregierung unterFidel Castrozum Ziel. Die Invasion markierte einen ersten Höhepunkt der gegen die Castro-Regierung gerichteten Aktionen der USA. Nachdem dieUS-Regierungvor derGeneralversammlung der Vereinten Nationenzunächst jede Beteiligung an der Invasion abgestritten hatte, übernahm PräsidentJohn F. Kennedyvier Tage später die volle Verantwortung《



        de.m.wikipedia.org..._der_Schweinebucht

        Unter "wunderbar damit zurechtgekommen" würde ich weder das jahrzehntelange Embargo der USA gegen Kuba



        de.m.wikipedia.org...rden%20m%C3%BCssen

        noch die Geschichte der Guantanamo Bay, die Kuba aus triftigen Gründen als bis heute besetzt betrachtet



        de.m.wikipedia.org...amo_Bay_Naval_Base ,

        einordnen.

        Und eine Aufnahme der ganzen Ukraine, also einschließlich der Krim, in die Nato wäre unter dem Aspekt der jeweiligen Sicherheitsinteressen durchaus mit der Stationierung sowjetischer Mittelstreckenraketen auf Kuba de.m.wikipedia.org/wiki/Kubakrise vergleichbar.

        P.s. in meinem Kommentar war vor dem Abschicken irgendwie "und in der Karibik" verloren gegangen...

      • @Rudolf Fissner:

        Stichwort Monroe Doktrin!



        Warum ist Kuba denn am Ende bitte nicht dem Wahrschauer Pakt beigetreten?

        • @Alexander Schulz:

          Die Gründe wurden hinfällig. Die Kubakrise endete mit der Einigung, dass die SU ihre Raketen und Bomber abzieht und auch nicht mehr versucht weitere zu stationieren und die USA im Gegenzug ihre Raketen aus Italien und der Türkei abzieht, und auf weitere Invasionsversuche gegen Kuba verzichtet.

          www.washingtonpost...91d7-ae4b8874fbe6/

          Zwischen Kuba und der SU bestand nach der Kubakrise auch ein nicht unerhebliches Mistrauen. Castro war sauer, weil man über seinen Kopf hinweg entschieden hat und fühlte sich verraten. Von sowjetischer Seite gab es Pläne 100 Atomsprengköpfe in Kuba welche durch die amerikanischen Geheimdienste unentdeckt blieben den Kubanern zu überlassen; dem Mikoyan der mit den Verhandlungen hierüber beauftragt war, kam Castro jedoch so launisch und paranoid vor, dass er zu dem Schluss kam, man sollte auf gar keinen Fall Atomwaffen in solch unberechenbaren Händen lassen.

          www.bbc.com/news/magazine-19930260

          Der Warschauer Pakt war im übrigen auch geographisch begrenzt auf Europa (Art. 4: "Im Falle eines bewaffneten Überfalles in Europa auf einen oder mehrere Teilnehmerstaaten..." usw.)

    • @ke1ner:

      Die Ostpolitik konnte 1. nur stattfinden, weil es das Gleichgewicht des Schreckens gab und 2., weil die UdSSR immer noch halbwegs rational agierte.

      Und Bahr hat damals schon den Polen empfohlen, doch bitte im Sinne des Friedens auf die Freiheit zu verzichten.

      Frieden heißt nicht, dass wir im Westen in Frieden und Freiheit und die Menschen im Osten in Tyrannei und Diktatur leben.

  • "Es scheint, dass der bei den Ostermärschen formulierte „Minimalkonsens“ mancherorts humanistische Grundstandards nicht mit einschließt. Das ist fatal."



    /



    Es sei auch zum Diskurs aufgerufen und ein Dissens nicht gescheut, Lösungen verlangen nach gemeinsamen Strategien. "Friede, Freude, Eierkuchen", das ist Nonsens.



    /



    www.ippnw.de/start...ehig-statt-kr.html



    /



    "Friedensorganisation IPPNW ruft am Osterwochenende zu bundesweiten Demonstrationen auf. Anlässlich der Ostermärsche fordern die Ärzt*innen die Bundestagsabgeordneten auf, sich für ein Ende der Kriege in der Ukraine und in Gaza einzusetzen. Die Abgeordneten sollten sich für Frieden, Diplomatie und Abrüstung aussprechen statt die Bevölkerung „kriegstüchtig“ machen zu wollen oder gar über europäische Atombomben nachzudenken."



    /



    Die Allianz ist immer noch breit aufgestellt:



    gewerkschaften-gegen-aufruestung.de/

  • Ja, die weltpolitische Entwicklung ist kompliziert und das einfache undifferenzierte Freund/Feind Denken war noch nie richtig.

    Allerdings - würden Aufrufe zu Friedensdemos alle Für und Wider berücksichtigen, würden sie auf kein Plakat passen und müssten als mehrbändige Buchreihe veröffentlicht werden.

    Vielleicht könnte ein Weg sein, sich auf allgemeine Themen zum friedlichen Miteinander zu beschränken.



    So könnte man sich wahrscheinlich darauf einigen, zum Beispiel dass:

    ... Terroranschläge, egal von wem ausgeübt, grundsätzlich zu verurteilen sind.

    ... Angriffskriege mit dem Ziel der Okkupation fremder Territorien grundsätzlich zu verurteilen sind.

    ... militärisches Eingreifen in Konflikte ohne ein UN-Mandat zu kritisieren sind.

    ... Deutsche Rüstungsproduktion und Rüstungs-Exporte beschränkt werden sollten.

    ... Internationale Abrüstungsinitiativen angestrebt und unterstüzt werden sollten.

    ... Humanitäre Hilfen in Kriegs- und Krisengebieten verstärkt werden sollten.

    Immer wieder ist von der Verteidigung "westlicher Werte" die Rede. Deutsche und EU-Politiker*innen tragen diese wie eine Monstranz vor sich her.



    Von daher ist es doch naheliegend, dass neben der eigenen Regierung auch Verbündete und Freunde als Teil der "westlichen Wertegemeinschaft" in erster Linie angesprochen werden.

    Wenn Friedensdemonstrationen überhaupt den Anspruch haben, zumindest minimalen Einfluss auszuüben, ist es sicher ehrenhaft, aber wenig wirkungsvoll zu fordern, dass im Ruhrgebiet, Friesland oder Brandenburg immer auch gezielt die Nordkoreanische, Russische oder Chinesische Regierung zur Abrüstung aufgerufen werden muss.

    • @Bürger L.:

      " ... Deutsche Rüstungsproduktion und Rüstungs-Exporte beschränkt werden sollten."

      Ja, aber nur dann, wenn weltweit alle Länder dies auch machen.

      • @Knuty:

        Mit ihrem "ja, aber nur dann wenn...." sagen sie eigentlich, es soll so weitergehen wie bisher.

        • @Bürger L.:

          " es soll so weitergehen wie bisher."

          Natürlich nicht. Alle Länder müssten abrüsten und nicht nur Deutschland.

  • Was Stefan Zweig 1917 beim Erinnern an Bertha von Suttner 1843-1914, 1905 Friedensnobelpreis für ihren Roman “Waffen nieder“ 1895 schrieb „die fast vernichtende Tragik des Pazifismus sei, dass er nie zeitgemäß erscheint, im Frieden überflüssig, im Kriege wahnwitzig, im Frieden kraftlos und in der Kriegszeit hilflos“ hat so gut nicht mit Pazifismus in seinem grundlegenden Einsatz schon gar nichts mit Suttners Ansatz als Frauenrechtlerin zu tun, aber viel mit Stefan Zweig selber - geboren 1882, 1942 durch Dolle- Suizid mit seiner Frau in Brasilen gestorben-, der viele Intellektuelle seiner Zeit patriotisch begeistert in 1. Weltkrieg zog, bereits 1915 entsetzt eines Besseren belehrt war durch die Schrecken Krieges an allen Fronten vor allem für die Zivilgesellschaft, sich pazifistischen Vorstellungen annäherte aber nie im politisch einfachen Sinne Pazifist war. Zweig blieb grundlegender Pazifismus Ansatz fremd, sich zu keiner Kriegspartei zu bekennen, zu verhalten noch Positionen zu beziehen, sondern den Krieg insgesamt zu ächten, von allen Kriegsparteien zu fordern „Waffen nieder“ zurück zu politischen Verhandlungen zu finden durch diese Konflikte beizulegen, was dem Völkerbund nach 1. Weltkrieg 1920 gegründet 1922 beinahe gelungen wäre, bis heute aussteht, wie ICAN UNO Atomwaffenverbot 2017, das am 22.1.2022 Völkerrecht zu werden. Heute ist der politische Pazifismus ein global atmend lernender Akteur mit Expertise für Rüstungskontrolle, Abrüstung, Konfliktanalysen, Friedensforschung, Mediation wenn von Konfliktparteien gewünscht, auf Abruf anbieten zu können, Bei so viel Wetten auf Konflikte, Kriege in der Welt ist der Pazifismus ohne Aussicht, dass sich das ändert, ohne Pause zeitgemäß, aktiv betrieben niemals hilflos noch überflüssig aber mit historischem Archiv unterwegs über Erfahrungen von Ohnmacht und wie man mit dieser lebt, vernetzt umgeht, Der Pazifismus ist der erste und letzte Feind und Opfer frontübergreifend aller Kriegsparteien und bleibt es

  • Da hat die gute Starck-Zimmermann ihren Brecht entweder nicht gelesen oder nicht verstanden, wenn sie sich als "Oma Courage" auf ihren Wahlplakaten darstellt. Finde ich peinlich, passt aber zur Partei.

  • Mal abgesehen davon, dass ja auch schon Querdenker und andere Verstrahlte versuchen die Veranstaltungen zu kapern, war zumindest mir und auch dem Großteil meiner Familie und Bekannten im kalten Krieg klar, dass man für Frieden und Abrüstung sein konnte ohne ausgesprochener Fan der Sowjetunion bzw. des Warschauer Pakts und/oder ein Feind der Nato.



    Da ging es um beiderseitige Abrüstung, Verringerung von Kriegsgefahr und nicht um Kriecherei vor miesen Autokraten.

  • Ich stimme Ihnen zu, Herr Beucker. Aber eine Sache ist mir nicht ganz klar: Sie stellen in Ihrem Text fest: "Völlig klar, dass das keine Mehrheitsposition in der Friedensbewegung ist, in der auch weiterhin zahlreiche höchst integre Menschen aktiv sind."

    Ich frage mich daher: Wo liegt dann eigentlich das Problem, wenn eine Mehrheit der Menschen die sich in der Friendensbewegung engagieren, Ihrer Meinung nach, "höchst integre Menschen sind"?

    Das es Personen gibt, die nicht in der Lage sind, Anti-US-Amerikanismus von Pazifismus zu unterscheiden, liegt ja auf der Hand. Die Unbelehrbaren findet man schnell. Die Komplexität der heutigen Konflikte macht die Sache sicher nicht leichter.



    Das gibt den Bellizisten hier und dort, aber sicher nicht das Recht, die Idee des Pazifismus in Frage zu stellen. Ja, Pazifismus ist zu einer Utopie "verkommen". Sicherlich! Aber wer trägt die Schuld an dieser Entwicklung? Die Menschen die sich ehrlich für Frieden einsetzen oder diejenigen, die unermüdlich das Gegenteil tun?



    Stefan Zweig zitieren ist stets angebracht und er hätte mit Sicherheit nichts dagegen, dass man ergänzt: Pazifismus ist in Kriegszeiten hilflos, aber auch alternativlos. Darin liegt das eigentliche Dilemma.

    • @Axel Foley:

      Dass es nicht die Schuld der Utopisten ist, dass ihre Utopie eine Utopie ist (das haben die allermeisten Utopien gemein), macht diese nicht weniger zu einer Utopie. Der Vorwurf an die Utopisten ist ja auch eher, dass sie an der Realität vorbei agitieren, als dass sie sie zum Negativen verändern.

      Dem gegenüber verlässt die Utopie, wer Frieden nur von ganz bestimmten Leuten fordert (bzw. deren "Bellizismus" anprangert), die Gewalttätigkeit anderer dagegen als gegeben oder gar gerechtfertigt hinnimnt. So jemand macht sich in der unfriedlichen Realität zur Partei. Und so charmant es von Herrn Breucker ist, diese Leute in die Minderheit zu schreiben, zählt er doch einige Resultate ihres Wirkens auf die die Frage aufwerfen, wo denn die reinherzige Mehrheit sich versteckt...

    • @Axel Foley:

      " Pazifismus ist in Kriegszeiten hilflos, aber auch alternativlos."



      Bravo!

    • @Axel Foley:

      Wer daran die "Schuld trägt"?

      Es entspricht nicht meinem Naturell, in "Schuld" zu denken.

      Aber wer die Ursache setzt, schreibt Herr Beucker deutlich.

      Es sind diejenigen, die nicht ehrlich für Frieden einsetzen, sondern mit dem Pazifismus ihren Anti-Amerikanismus zu verbergen suchten.

      Da es den Slogan "Wir fordern von Putin: Stoppt den Krieg sofort! Invasoren raus aus der Ukraine!“ offenbar kaum gibt, scheinen Pazifisten ein strukturelles Problem mit Doppelmoral zu haben.

      Ich fand Herrn Beuckers Kommentar recht klar und in der Argumentation nachvollziehbar formuliert.

      Was macht aus Ihrer Sicht den Ukrainekrieg so komplex?

      Ich hätte ihn für recht übersichtlich gehalten.

  • Das Problem ist, dass die deutsche Regierung sowohl den Krieg in der Ukraine wie auch in Gaza durch Waffenlieferungen am Laufen hält und weiter befeuert.

    Die deutsche Friedensbewegung muss fordern, beide Kriege zu beenden und die deutschen Waffenlieferungen endlich einzustellen.

    Zwischen Russland dund der Ukraine muss es sofort Verhandlungen geben, was auch möglich ist - z.B. unter Vermittlung von China, Brasilien und Südafrika.

    Der UN-Sicherheitsrat hat vor einigen Tagen höchstselbst einen Waffenstillstand in Gaza gefordert, damit die Geiseln freigelassen und die humanitäre Versorgung in Gaza wieder aufgenommen werden kann.

    Beide Länder müssen wieder aufgebaut werden und die massiven Kriegsfolgen werden in Jahrzehnten noch nicht geheilt sein.

    Durch die Beendigung der Kriege lassen sich erst die zivilen Probleme auf dieser Welt lösen, zum Beispiel die Klimakrise:

    "Die weltweiten öffentlichen Ausgaben für Klimaschutz und Klimaanpassung betrugen 2019/20 durchschnittlich 321 Mrd USD pro Jahr2, das entspricht 16,2 Prozent der weltweiten Militärausgaben ..."

    at.scientists4futu...e-fur-klimaschutz/

    Es geht für die Menschheit um die Abwendung existenzieller Bedrohungen wie einer nuklearen oder ökologischen Katastrophe.

    Für diese Forderungen muss die Friedensbewegung auf die Straße gehen!

    • @Uns Uwe:

      "Das Problem ist, dass die deutsche Regierung sowohl den Krieg in der Ukraine wie auch in Gaza durch Waffenlieferungen am Laufen hält und weiter befeuert."

      Würden alle Unterstützer die Waffenlieferungen an die Ukraine unverzüglich einstellen, würde die Ukraine in absehbarer Zeit als Staat nicht mehr existieren. Und selbst wenn dieser Fall einträte, wäre es noch keine Garantie für Frieden in Europa. Es bestünde weiterhin die latente Gefahr, dass Putin seinen Eroberungsfeldzug auf andere Länder ausdehnt. Und die Wahrscheinlichkeit dafür wäre wohl noch höher als derzeit, da Putin sich in seinem Vorhaben bestärkt sehen würde.

    • @Uns Uwe:

      Durch die Beendigung der Kriege lassen sich erst die zivilen Probleme auf dieser Welt lösen, zum Beispiel die Klimakrise "

      Wie viel Prozent der Gesamtemissionen der Treibhausgase verfallen den auf den Krieg&Rüsungssektor ?

      • @Rabenbote:

        Nach einer nature-Studie liegen die militärischen Emissionen der Treibhausgase bei ca. 5 % der weltweiten Gesamtemissionen.

        www.nature.com/art...d41586-022-03444-7

        Das Projekt climatefocus berechnete für die ersten 18 Monate des Russland-Ukraine-Krieges - Stand 1. September 2023 - eine Treibhausgasemission von 150 Mton CO2e, d.g. 150 Millionen Tonnen CO²-Äquivalente, was ungefähr dem Ausstoß eines Landes wie Belgien im selben Zeitraum entspricht.

        climatefocus.com/p...te-damage-updated/

        Die Maßeinheit MtCO2e fasst alle relevanten Treibhausgase zusammen, also nicht nur CO², sondern z.B. auch CH4 (Methan), N2O (Distickstoffoxid), HFC (Fluorkohlenwasserstoffe), SF6 (Schwefelhexfluorid) usw.

        Zu den Emissionen kommen auch noch Umweltzerstörungen durch Gifte, die sich in Mensch, Tier und Boden anreichern und z.B. die Möglichkeit von Landwirtschaft für lange Zeit oder für immer zerstören.

        • @Uns Uwe:

          Vorneweg danke für die interessanten Quellen, gerade der Kommentar im Nature ist sehr informativ.



          "ca. 5 % der weltweiten Gesamtemissionen."

          Im Nature steht Schätzungen gehen von 1-5% aus. Wobei ich in Angesicht der methodischen Schwierigkeiten, auch eher etwas höher schätzen würde als zu niedrig aber der komplette Bereich der Schätzungen sollte bei einem Zitat dennoch angegeben werden.



          "…Belgien im selben Zeitraum entspricht"



          Da wäre die Frage noch wie viel ein Land wie Belgien zum gesamten Klimawandel beiträgt.

          Was ich nicht in Abrede stelle, ist, dass die Reduzierung der Emissionen im militärischen Sektor weltweit ebenfalls erfolgen sollte und das es eine Asymmetrie in den Ausgaben der Regierungen gibt, welche nicht zu rechtfertigen ist (auch nicht wenn mensch davon ausgeht, dass wir Militär brauchen).



          Auch die Forderung des Nature Kommentars, das Militär bzw. den entsprechenden Staat (Aggressor) für die Umweltfolgekosten ihres Handelns verantwortlich zu machen finde ich sehr unterstützenswert.

          Aber der Großteil der Emissionen, auch prozentual betrachtet geht eben nicht auf Kriege und/oder die Rüstung zurück.

          Ich teile ihre Schlussfolgerung in Bezug auf die Lösung der Klimakrise also nicht, auch die Zahlen die sie darlegen rechtfertigen meiner Meinung nach diesen Schluss nicht.

    • @Uns Uwe:

      ...und wo SIND die Forderungen an China, Brasilien und Südafrika (warum eigentlich nicht Indien?), sich bei ihrem BRICS-Kumpanen Putin für die für einen Waffenstillstand notwendigen Abstriche von seinen Kriegszielen aber mal so richtig stark zu machen? Ist da die deutsche Friedensbewegung "unzuständig" oder sowas? Und welches moralische Gewicht soll eine Anklage gegen Israel entfalten, hassvoll und tödlich gegen Mitmenschen vorzugehen, die offenbar außerstande ist, sich vom (ausdrücklich und mit Stolz proklamierten) tödlichen Hass seiner Gegner zu distanzieren?

      • @Normalo:

        "...und wo SIND die Forderungen an China, Brasilien und Südafrika..."

        Forderungen an fremde Regierungen sind leicht gestellt. Allerdings sind sie auch völlig egal, weil Regierungen Demos in anderen Staaten fast immer nicht im geringsten jucken.

        Nur Druck im Land kann manchmal etwas bewirken. Also ist es sinnvoll, sich vor allem mit der Politik der eigenen Regierung und ihrer Verbündeten auseinanderzusetzen.

        Das ist natürlich anstrengender, als auf Regierungslinie zu Hause gegen andere Länder zu protestieren.

        • @warum_denkt_keiner_nach?:

          Mit so einem Tellerrand könnte man es dann aber auch gleich drangeben. Was nutzt denn der Druck auf die eigene Regierung, wenn es eine völlig andere Regierung ist, die ihren Nachbarn Krieg als politisches Mittel aufzwingt (oder eben nochmal eine andere Regierung WÄRE, die vermeintlich dem kriegerischen Treiben ein Ende setzen könnte)?

          Davon abgesehen sehe ich "pazifististische" Forderungen aller Orten, die an ausländische Mächte gerichtet sind, bzw. Kritik an deren "Bellizismus". Nur sind das eben immer dieselben Ziele, unabhängig davon, wer gerade faktisch Aggressor ist.

          • @Normalo:

            Kein Tellerrand. Einfach mal akzeptieren, dass wir nur etwas Einfluss auf die eigene Regierung und ihr Umfeld haben. Nicht in der ganzen Welt. Diese Zeiten sind längst vorbei.

            • @warum_denkt_keiner_nach?:

              Wie schon gesagt sehe ich wenig von dieser national eingeschnürten Bescheidenheit, wenn vorgebliche Friedensbewegte aus vollen Rohren ihre kategorischen Imperative in Richtung Washington, Tel Aviv oder frecherweise gar Kiew verschießen.

              Davon abgesehen weckt es eben Zweifel an der Denkfähigkeit, wenn jemand von der eigenen Regierung erwartet, dass die sich so verhalte, als gäbe es die wahrhaft unbeirrbaren Raubeine der internationalen Bühne nicht, nur weil ER SELBST als kleiner nationaler Aktivist keinen Einfluss auf diese hat. Das entbehrt jeglicher Logik. Man weigert sich doch auch nicht, Dämme zu bauen, nur weil man ein grundsätzlicher Gegner von Überschwemmungen ist, oder?

              Anders gesagt: Der Vogel Strauß sei gewarnt, dass er den Kopf nicht zu tief in die Erde stecke, weil er dann am anderen Ende wieder rauskommt (und damit dann auch lästigerweise wieder mitkriegt, was so alles an Unbill passiert...).

    • @Uns Uwe:

      Warum sollte Russland noch verhandeln wenn die Waffenlieferungen an die Ukraine eingestellt werden? Denn Sieg vor Augen wird Putin wohl kaum sei e Aggression stopen.

      Wer sich Putins Sieg wünscht sollte das ehrlich sagen und sich nicht hinter Fruedensapellen verstecken.

    • @Uns Uwe:

      Warum müssen denn die deutschen Waffenlieferungen »endlich« eingestellt werden?



      Ich finde die sollten nicht nur weiterlaufen, sondern kontinuierlich erhöht werden, solange Russland Waffen und Soldaten in die Ukraine schickt.



      Wenn Sie sich hier schon Einseitigkeit wünschen, wie sollen dann die »Verhandlungen« aussehen?



      Also wie sich China die Basis für Verhandlungen vorstellt, wissen wir seit letztem Jahr. Ist der zurecht zurückgewiesene Vorschlag etwas auch Ihr Ernst?

      Auch hat UN-Sicherheitsrat keinen Waffenstillstand gefordert, DAMIT die Geiseln freigelassen werden KÖNNEN, sondern er hat beides unabhängig und bedingungslos voneinander gefordert - ein nicht gerade kleiner Unterschied.

      Und wenn sich erst die Welt retten ließe, nachdem wir alle Kriege beendet haben, dann wäre die Welt in der Tat dem Untergang geweiht.



      Allein, ich möchte mich nicht Ihrem Pessimismus anschließen, sondern Optimist bleiben. Außerdem glaube ich, dass es da draußen noch mehr Optimisten wie mich gibt. Aber die findet man vermutlich weniger auf DIESEN Ostermärschen.



      Vielleicht gibt es ja mal wieder eine Friedensbewegung, die sich selbst und die Menschen ernst nimmt, dann würde ich auch mitmarschieren.

      Abschließend sollte eine Bewegung, die mittlerweile eine Glaubwürdigkeit etwas über der Atomkraftlobby hat, nicht versuchen die Öko- und Klimabewegung durch Umarmung zu ab schwächen. Das ist wirklich kontraproduktiv.

    • @Uns Uwe:

      "Die deutsche Friedensbewegung muss fordern, beide Kriege zu beenden und die deutschen Waffenlieferungen endlich einzustellen."

      Nein.

      Sie muss fordern, dass Putin stoppt.

      So wie bei "Bush, Blair und allen anderen Kriegswilligen".

      Unterschiedlicher Maßstab kommt oft als Doppelmoral rüber.

      • @rero:

        Sicher muss Putin stoppen. Ich fürchte nur, das kann die deutsche Regierung nicht fordern, dazu ist sie zu parteiisch.

        Neutrale Staaten, von denen ich einige genannt habe, können das fordern im Zuge von Waffenstillstands- und Friedens-Verhandlungen.

        Russland wird es sich nicht leisten können, diese Gespräche abzulehnen.

    • @Uns Uwe:

      "Das Problem ist, dass die deutsche Regierung sowohl den Krieg in der Ukraine [wie auch in Gaza] durch Waffenlieferungen am Laufen hält und weiter befeuert."



      Das Land, das den Krieg in der Ukraine am Laufen hält, ist Russland. Hier verwechseln Sie was.



      "und die deutschen Waffenlieferungen endlich einzustellen.



      "Zwischen Russland dund der Ukraine muss es sofort Verhandlungen geben, was auch möglich ist..."



      Dass der frischgebackene Präsident Russlands erst vor kurzem Verhandlungen aufgrund der momentanen militärischen Lage als lächerlich abgetan hat, haben Sie aber mitbekommen?

      Und wegen solcher Relatitätsferne gelten die Lösungen der Friedensbewegten in der Regel als nicht diskursfähig.

      • @Encantado:

        "Das Land, das den Krieg in der Ukraine am Laufen hält, ist Russland. Hier verwechseln Sie was." Naja die Logik scheint zu sein, wenn keine Waffen mehr geliefert werden, wird die Ukraine kapitulieren müssen und der Krieg wäre vorbei.



        Mir scheint es so, dass manche dabei auf zwei Dinge spekulieren...

        1. dass die ukrainische Zivilgesellschaft sich ausreichend für einen zivilen Ungehorsam mobilisieren lässt umso Russland zu Zugeständnissen und Rückzügen zu zwingen (Was dann theoretisch zu weniger Toten führen sollte)

        2. dass sich genug internationaler Druck aufbauen lassen würde, um Russland an den Verhandlungstisch zu zwingen. (Das Gegenargument haben sie ja schon selbst gebracht)

        Wie realistisch diese Ideen sind und inwiefern die ukrainische Souveränität dabei respektiert wird, muss jeder*e für sich selbst entscheiden.

  • Ja, das sehe ich ganz ähnlich.

    Aus dem gleichen Grund war ich auch nie ein Fan solcher (und ähnlicher) vom Pathos des Gutseins (und Besserwissens, natürlich) getragener Demonstrationen, die meist in sehr klaren Kategorien denken - um es gelinde auszudrücken.

    Obwohl ich mich persönlich nie an den Ostermärschen beteiligt habe, halte ich sie aber für wichtig.

    Wie auch den Pazifismus insgesamt.

    Als alternative Vision in dunklen Zeiten.

    Bin ich selbst Pazifist? Gewalt - immer entmemschlichend - einzusetzen ist für mich unvorstellbar.

    Was die Kriege anbelangt, so sind sie meist unnötig:

    1999, als rotgrün mit dem bundesrepublikanischen Dogma brach, sich nicht an Angriffskriegen zu beteiligen, griff man nach meinem Geschmack allzu schnell nach der Waffe, anstatt Alternativen auszuloten.

    Es war ein Angriffskrieg und übrigens ganz klar ein Bruch mit der "regelbasierten Weltordnung", die noch im 2. Golfkrieg davor funktioniert hatte.

    Vor den Konsequenzen dieses Bruches warnten übrigens viele, die Recht behalten sollten.

    Beim Afghanistankrieg erzählte man, es ginge um Demokratie und darum, dass Mädchen in die Schule gehen könnten. Wirtschaftliche und geostrategische Interessen rückte man weniger in den Vordergrund.

    Unter den Folgen leiden die Afghanen noch heute. Der Krieg hat auch viele viele Opfer gekostet, dazu kriegstraumatisierte Soldat:innen und Menschen, die Angehörige verloren hervorgebracht.

    Ebenso der Irakkrieg.

    Wer sich einmal mit Menschen aus Falludscha unterhalten hat, weiß, wie schlimm die "Koalition der Willigen" dort unter der Zivilbevölkerung gewütet hat.

    Warum Pazifist:innen aber Gewalt der Hamas oder Russlands rechtfertigen können, ist mir schleierhaft.

    Krieg ist Krieg.

    Und die Doppelmoral anscheinend überall zu Hause.

    • 9G
      95820 (Profil gelöscht)
      @Stavros:

      „Warum Pazifist:innen aber Gewalt der Hamas oder Russlands rechtfertigen können, ist mir schleierhaft."



      Ich kenne keine Pazifist*innen, die das können.

      • @95820 (Profil gelöscht):

        Eigen- und Fremdwahrnehmung gehen halt schon mal auseinander. @Stavros sprach wohl eher von selbsterklärten "Pazifisten".

      • @95820 (Profil gelöscht):

        Dank Herrn Beucker kennen Sie nun doch eine: das Bündnis "Leipzig gegen Krieg"

        Wenn Handala die Gewalt der Hamas rechtfertigt, ist das für das Bündnis sogar ein Grund für einen Friedenspreis.

        • 9G
          95820 (Profil gelöscht)
          @rero:

          Auch @NORMALO



          Nein, kenne ich nicht. Ein Wolf im Schafspelz ist kein Schaf. Auch dann nicht, wenn er Kreide frisst. Aber er hilft vielen Menschen, die Schafe zu diskreditieren.



          de.wikipedia.org/w...adictio_in_adiecto



          de.wikipedia.org/wiki/Oxymoron

          • @95820 (Profil gelöscht):

            Je nachdem wo man sich befindet, sind evtl. ziemlich wenig Schafe anwesend, aber ziemlich viele Wölfe. Da könnte man sich als Schaf aber auch ziemlich doof vorkommen. Sollten so viele Schafe anwesend sein, das diese eine Herde bilden, könnten/sollten diese evtl. auch den Versuch unternehmen die Wölfe zu verjagen.

          • @95820 (Profil gelöscht):

            Ich stimme zu.

          • @95820 (Profil gelöscht):

            @Stavros und Sie sind sich ja nicht uneinig. Sie werden nur BEIDE gegenüber solchen "Wölfen im Schafspelz" kaum die Definitionshoheit reklamieren können, ohne dass die die ihre dagegensetzen. Die sagen einfach weiter "Ich bin ein Schaf - nur halt eines, das die wahren Schuldienst immer schon richtig erkannt hat (und sich durch Oberflächlichkeiten, wie wer jetzt wen tatsächlich angegriffen hat, nicht in dieser Erkenntnis beirren lassen muss)." Da ist genug Beton in den Köpfen und Einfluss auf die Bewegung, dass Sie solche Störfaktoren nicht einfach aus ihr wegdefinieren können.

            • @Normalo:

              Naja wenn man sich schützend vor vermeindliche Schafe stellt, sieht man auch nicht was die hinterm Rücken so treiben.

      • @95820 (Profil gelöscht):

        anschließe mich

        • @Lowandorder:

          Ich mich auch.

      • @95820 (Profil gelöscht):

        Ja, stimmt genau. Widerspruch.

  • Guter und notwendiger Kommentar. Danke!

  • Ja gut, ist halt die Friedensbewegung, die schon seit immer nicht drauf klar kommt dass nicht automatisch Frieden ist, weil sich irgendwer Frieden wünscht.

    Und ansonsten auch einfach nicht wahrhaben will, dass Frieden um jeden Preis nicht immer automatisch der anstrebenswerteste Fall ist. Wenn Hitlers, Mussolinis und Putins am Ende den Krieg gewinnen, dann ist auch Frieden.

    Dabei halt auch überaus schwierig wenn man mit so ner unterkomplexen Geisteshaltung dann meint man wäre moralisch der King im Ring.

    • @El Hefe:

      Pointiert geschrieben, finde ich gelungen.

    • @El Hefe:

      Danke für den treffenden Kommentar. Besser hätte ich es nicht sagen können.

  • "Es scheint, dass der bei den Ostermärschen formulierte „Minimalkonsens“ mancherorts humanistische Grundstandards nicht mit einschließt. Das ist fatal. Denn es gibt Trennlinien, die nicht überschritten werden sollten."

    Das Überschreiten dieser Linien ist state of the art bei weiten Teilen der Linken. Demonstrationen gegen Antisemitismus und für die Solidarität mit Juden sind klein, minoritär.

    Man marschiert gegen Israel, egal mit wem.

    Die verstaubte Friedensbewegung wird daran mit Leichtigkeit andocken können und nach Ostern können wir dann die gruseligen Bilder sichten.

    Der Zug fährt in eine furchtbare Richtung, kommt er an, wird es ein ganz übles Erwachen geben.

    • @Jim Hawkins:

      Die Linken, die Russen, die ....

      Ich bin immer wieder erstaunt darüber, wie leicht es ist, weite Teile DER Linken zu desavouieren.

      • @Rolf B.:

        Es geht nicht um ein "desavouieren". Es geht darum, manche linken Strömungen und zwar auch und gerade "von Links" zu kritisieren. Als ob "Links" nicht auch Dogmatismus, Totalitarismus, Inhumanität mit sich bringen könnte. Für mich kann "Links" nur da sein, wo immer wieder die Frage der Humanität gestellt wird.

        Das ist bei manchen linken Strömungen nicht mehr oder war nie der Fall. Ich stimme @Jim Hawkins zu, wenn er sagt, dass das verheerend enden kann - für uns alle!

      • @Rolf B.:

        Na schön, wie beurteilen Sie die Lage der Linken?

        Von SPD bis linksradikal.

      • @Rolf B.:

        Das tut die Linke schon selbst

      • @Rolf B.:

        Ich bin immer wieder erstaunt darüber, wie schnell Kritik an politischen Strömungen als Beschmutzung derselben bezeichnet wird.

  • "Gerade jetzt wäre eine große Friedensbewegung als mahnende Stimme nicht das Schlechteste."

    Kritik an der Friedensbewegung ist berechtigt, jedoch machen Sie mit diesem Satz den entscheidenden Punkt.

    Die Stimmen der "Falken" sind laut genug.



    Ich habe zwar durchaus Bedenken gegen die Strategie des "zivilen Ungehorsams" , jedoch ist der Ansatz nicht weniger plausibler als der der "Falken".

    Und bevor der Friedensbewegung wieder Zynismus, Navität oder Boshaftigkeit vorgeworfen wird, möchte ich nochmal an das Konzept des zivilen Widerstandes erinnern. Es basiert darauf, dass eine GANZE Gesellschaft sich in zivilen Ungehorsam gegen einen Agressor übt.



    Es hat leider bisher erst wenige Beispiele in der Geschichte gegeben, wo ganze Gesellschaften dieses taten - Menschen sind keine homogene Masse und natürlich nicht besonders diszipliniert. Jedoch sind Erfolgsaussichten sehr gut, wenn eine Gesellschaft dazu bereit ist.



    Und ja dieses Konzept würde natürlich auch im Krieg gegen Russland funktionierem, würde sich (und das ist leider unrealistisch) die ganze ukrainische Gesellschaft dran beteiligen.



    Glaubt jemand ernsthaft, dass Putin Millionen von Zivilisten töten würde? Die russischen Truppen wäre nicht nur logistisch, sondern vor allen Dingen moralisch überfordert.



    Putin könnte gar nicht weiter Krieg führen (selbst wenn er wollen würde). Weder die russische Gesellschaft würde das Töten von Millionen von Zivilisten zulassen noch die "Freunde" von Russland.



    Warum zb versenkt die russische Luftwaffe keine Handelsfrachter im schwarzen Meer? Weil Putin sich das gegenüber dem globalen Süden gar nicht erlauben könnte.

    • @Alexander Schulz:

      Legen sie doch gerne mal dar, warum sie der Meinung sind das von Russischer Seite z.b.nicht munter Abweichler, politische Gegner und Minderheiten drangsaliert und/oder ermordet werden, wenn die Ukraine das von ihnen vorgeschlagene Programm fährt. Im Artikel taz.de/Terror-in-Russland/!5997978/ zur möglichen Einführung der Todesstrafe. Schreiben sie ja selber:

      „Alleine Diskussion über die Einführung der Todesstrafe zeigt leider wie schlimm die Zustände in Russland geworden sind.“

      Und warum sie, scheinbar, ausschließen das Russland sich dann in der Ukraine z.b. nicht ähnlich wie China in der Region Xinjiang verhält, oder sich ein zweites Belarus zulegt. Können auch gerne nochmal den Orwell berücksichtigen.

      „Gewaltfreier Widerstand oder Pazifismus setze daher einen Gegner voraus, der es moralisch nicht verantworten kann wehrlose Menschen zu töten.“

      Und wenn sie Aufrechnen wollen, mit Zahlenspielen haben sie ja schon Angefangen, ist ihre Idee nicht eh zu verwerfen, wenn sie mehr Opfer kostet als z.b. eine militärisch Pattsituation, welche eine Verhandlungslösung Notwendig macht? Und wie sie sich das mit ihren Falken vorstellen, können sie auch gerne mal konkretisieren.

    • @Alexander Schulz:

      Warum sollen eigentlich nur die Ukrainer zivilen Widerstand leisten und haben diese es beim Einmarsch der Russen nicht schon getan?



      Putin könnte diese, den meisten Russen, als westliche Agenten verkaufen.



      Verlieren russische Familien keine Angehörigen?



      Wären 1 Millionen Russen, die gegen den Krieg auf die Straße gehen, nicht bedrohlicher für Putin?



      Könnte er die dem Rest der Bevölkerung auch als westliche Agenten verkaufen?



      Wären seine sogenannten "Sicherheitskräfte" damit nicht auch überfordert?



      Also wenn schon ziviler Ungehorsam, wäre der auf der Seite des Aggressors nicht effektiver?

      • @2Cents more :

        Ich fordere gar nichts von den Ukrainern - ich weise leidlich darauf hin, dass der Lösungsansatz der "Falken" nicht realistischer ist, trotzdem erntet er kaum Kritik.

      • @2Cents more :

        Generell machen sie da einen interessanten Bereich auf. Zum letzten Punkt würde ich aber schätzen, das wenn die Angreifer ordentlich gewillt sind den Krieg zu führen, eher nicht. Dann würde ich, mich persönlich, wohl aber auch eher nicht deren „Milde“ ausliefern wollen, sondern das Heil in der Flucht suchen.

        Passt manchem aber evtl. auch einfach nicht ins Konzept, wenn man z.b. primär ein Problem mit den USA und/oder der NATO hat.

    • @Alexander Schulz:

      Erinnern sie sich an Butscha?

    • @Alexander Schulz:

      "Glaubt jemand ernsthaft, dass Putin Millionen von Zivilisten töten würde?"



      Ja.

    • @Alexander Schulz:

      Ja, da hat die deutsche Friedensbewegung der 80er _damals_ viel mit genau diesem gewaltfreien Widerstand und zivilen Ungehorsam getan und manches erreicht, bin fast versucht zu sagen: mehr Sympathie erreicht als die letzte Generation.

      Das große Aber: Von sicheren deutschen Schreibtisch, meinetwegen auch Ostermarsch, aus von Israelis und Ukrainer:innen, seltener auch von Russen und Palästinenserinnen, zivilen Widerstand und den großen pazifistischen Wurf zu fordern mit einem moralischen Impetus, der keinen Widerspruch und keine andere Perspektive zulässt, das ist schon haarig. Gerade wieder in einer langen Diskussion erlebt, dass alte Freund:innen aus der alten Friedensbewegung, die bislang fähig waren zu differenziertem Denken und dem Aushalten von Uneinigkeit, immer mehr in Verschwörungsnarrative abgleiten, sich derart antizionistisch gebärden und das ganze mit " radikalem christlichen Pazifismus" bedecken, jede Aktion der Hamas mit Israels Handeln in den letzten, naja, 80 Jahren?, begründen und entschuldigen, für Israels Handeln nicht diese Maßstäbe anlegen, aber, hey, antisemitisch? Wir doch nicht, wie könnten wir, da wir das Grauen der Shoah doch aufgearbeitet haben, gell! Aber wer so lange unterdrückt werde, nun, der verübe halt Pogrome, das sei quasi nachvollziehbar.



      Schwierig, schwierig, sich stests an die vermeintlich schwächere Seite zu stellen und dann alles zu negieren, was bei diesen "Schwächeren" nicht ins Opferbild passt...



      Geht mir immer noch nach...

    • @Alexander Schulz:

      Ja, die Ukrainer sollen sich von Putin widerstabdlos abmurksen lassen. Damit es Frieden gibt.

    • @Alexander Schulz:

      Ich glaube dass Russland Millionen von Zivilisten vertreiben und den Rest unterdrücken würde. Ich glaube dass er zivilen Ungehorsam mit Gewalt zerschlagen würde.

      Ist natürlich nicht besonders prophetisch wenn man sich anschaut was er auf der Krim gemacht hat.

      Aber hey, ein paar Ukrainer die hier eh keiner kennt opfern wir doch gerne für die Aufrechterhaltung der Selbstwahrnehmung der Friedensbewegung. Wir sind die Guten(tm)

      • @Questor:

        Ich weise lediglich darauf hin, dass der Lösungsansatz der Friedensbewegung nicht weniger realistisch ist als der der Falken.

      • @Questor:

        "Aber hey, ein paar Ukrainer die hier eh keiner kennt opfern wir doch gerne für die Aufrechterhaltung der Selbstwahrnehmung der Friedensbewegung. Wir sind die Guten(tm)".



        Ich finde es schon absurd, ein paar friedensbewegten und völlig machtlosen Menschen die Schuld für ein "paar abgemurkste Ukrainerinnen" in die Schuhe zu schieben.



        Auch wenn Sie es anders gemeint haben.



        Wie viele Ukrainerinnen wurden und werden noch abgemurkst, bis der Frieden durch Sieg hergestellt ist?

        • @LeKikerikrit:

          Wie viele Ukrainerinnen wurden und werden noch abgemurkst, bis der Frieden durch Sieg hergestellt ist?



          Wie viele Ukrainerinnen werden noch verschleppt, vergewaltigt und abgemurkst, in einem Frieden nach einem russischen Sieg?

          • @2Cents more :

            Verstehen Sie?



            So, wie ich argumentiere, das passiert jeden Tag. Gnadenlos.



            Und wenn sich nicht ein paar wirklich kluge Menschen hurtig auf den Weg machen, wird das wohl noch eine lange Weile so bleiben.



            Sie stellen eine Hypothese auf und tun so, als wäre es Fakt.

    • @Alexander Schulz:

      "Glaubt jemand ernsthaft, dass Putin Millionen von Zivilisten töten würde?"



      Solange die Sorge besteht, dass Putin einen Atomkrieg anfängt: ja ganz offensichtlich, und nicht grad wenige.

      • @Encantado:

        Ja, bei einem Atomkrieg natürlich, aber das Risiko besteht ja nur beim Lösungsansatz der Falken.

        • @Alexander Schulz:

          Ach herrje, Sie und Ihre Falken...

          Sie wissen es nicht besser als Ihre Falken.

        • @Alexander Schulz:

          Beim Lösungsansatz der "Tauben" besteht das Risiko halt darin, dass die ukrainische Zivilgesellschaft unterdrückt wird und jede Form von zivilen Ungehorsam bereits im Ansatz brutal niedergeschlagen wird.

          Im Worst Case könnte dies eine Dynamik in Gang setzen, die zu einen Genozid an der ukrainischen Bevölkerung führt.

          • @Rabenbote:

            Und beim Ansatz der "Falken" besteht die Gefahr, dass die Welt in einem Atomkrieg endet - das dürfte auch der Grund sein warum sich Biden in Zurückhaltung übt.



            Ich weise lediglich darauf hin, dass es unpassend ist, dass der Lösungsansatz der Tauben so hart kritisiert wird, obwohl der der Falken eigentlich die gleiche Kritik (oder sogar noch mehr) verdient.

            • @Alexander Schulz:

              Kleiner Nachtrag. Ubd woran machen Sie konkret fest das der Lösungsansatz der Falken genauso unrealistisch wie der der Tauben ist ?

    • @Alexander Schulz:

      Schön zu sehen, dass es noch Idealisten gibt. Mir fällt dazu nur Ghandi ein und selbst der hat Waffengewalt nicht kategorisch ausgeschlossen. Nur, das Konzept ist schon gut, wird aber immer an der Realität scheitern. Selbst wenn man gemeinsam für ein Ziel einsteht, so haben Menschen dennoch unterschiedliche Eigeninteressenund und setzen dementsprechend auch ihre Prioritäten. Das geht nicht zusammen, aber träumen darf man ja.