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Philosoph über Abschaffung von Erbe„Parallelgesellschaft der Reichen“

Der Gerechtigkeitstheoretiker Stefan Gosepath will das Erben komplett abschaffen. Er erklärt, wie unbesteuerte Erbschaften die Demokratie untergraben.

Jährlich werden in der Bundesrepublik circa 400 Milliarden Euro vererbt Foto: Imago
Gareth Joswig
Interview von Gareth Joswig

taz: Herr Gosepath, Sie sind Gerechtigkeitstheoretiker. Leben wir in einer gerechten Gesellschaft?

Stefan Gosepath: Nein, natürlich nicht! Aber wir haben die moralische Verpflichtung, die Welt immer gerechter zu machen, auch wenn wir den Idealzustand niemals erreichen werden. Gerechtigkeit ist menschengemacht und wenn sich genug Leute zusammentun, kann man Verbesserung Stück für Stück erreichen.

Nun gibt es sehr unterschiedliche Auffassungen darüber, was gerecht ist.

Im Interview: Stefan Gosepath

Jahrgang 1959, ist Philosoph und Professor an der Freien Universität Berlin. Seine Schwerpunkte sind Gerechtigkeit, Gleichheit, Demokratie, Moral und Ethik. Er ist Kodirektor der Kolleg-Forschungsgruppe Justitia Amplificate („Erweiterte Gerechtigkeit – konkret und global“).

In der Gerechtigkeitstheorie begeben wir uns hinter den Schleier des Nichtwissens. Wir fragen uns: Wie würden wir die Welt einrichten, wenn wir nicht wüssten, welche Rolle wir darin einnehmen? Dann kann ich nicht parteiisch gegenüber einer bestimmten Klasse, einem Geschlecht oder einer Position sein, weil ich mich selbst darin wiederfinden könnte. So kommen wir zu einer unparteilichen Vorstellung einer gerechten Gesellschaft, die weitgehend anschlussfähig ist.

Sie hätten eine konkrete Vorstellung, was zu einer gerechteren Gesellschaft führen würde. Welche?

Erbschaft gehört abgeschafft. Es ist eine ungerechte Lotterie, weil es der pure Zufall ist, ob ich reiche Eltern hatte oder nicht. Erbschaften verletzen wesentlich die Chancengleichheit. Auch wenn man in Deutschland meistens erst ab 50 bis 60 erbt und die Berufslaufbahn da eigentlich schon gelaufen ist, sind Erbschaften Chancen, weil sie ja wissen, dass sie ein Sicherheitsnetz haben oder schon vorher davon profitieren.

Wenn jemand in der Schule, der Universität oder der Ausbildung bessere Karten hat, weil er reiche Eltern hat, gilt das als ungerecht. Das ist gesellschaftlicher Konsens. Alle sollten die gleichen Startchancen haben, damit wir eine fairere Gesellschaft bekommen. Um Chancengleichheit herzustellen, sollten wir den ganz Reichen etwas wegnehmen, um es den ganz Armen zu geben.

Tatsächlich wäre viel zu holen: Jährlich werden circa 400 Milliarden Euro vererbt. Die Einnahmen aus der Erbschaftssteuer lagen 2021 nur bei 9,8 Mrd. Das ist nur ein winziger Bruchteil der 814,9 Milliarden Euro jährlichen Steuereinnahmen in Deutschland.

Wir besteuern in Deutschland Erbschaften viel zu wenig. Der Fiskus verdient fast nichts an Erbschaften, obwohl sie rund 10 Prozent des Bruttoinlandsprodukts ausmachen.

Trotzdem traut sich da niemand so richtig ran. Warum setzen sich selbst vorgeblich auf Gerechtigkeit ausgerichtete nominal eher linke Parteien nicht ernsthaft für höhere Erbschaftssteuern ein, selbst wenn es in ihren Programmen steht?

Die frustrierende Antwort ist: Die eigenen Wähler goutieren das nicht. Die Parteien haben Angst vor ihren eigenen Wählerinnen. Umfragen belegen, dass die Erhöhung der Erbschaftssteuer unpopulär ist. Dabei gibt es gerade in Deutschland noch sehr hohe Freibeträge für Vererbung an die Kinder. Oma ihr klein Häuschen, wie man so schön sagt, lag immer im Freibetrag. Das war auch immer von der Sozialdemokratie gewollt.

Ich wäre bereit, da politisch mitzugehen. Erstens sehe ich den emotionalen Punkt: Wenn es das Elternhaus ist, in dem man groß geworden ist. Zweitens würde es politisch noch schwieriger, wenn man allen die Familienhäuser wegnimmt. Wenn man es dabei beließe und alles darüber besteuert, versteht man nicht so ganz, warum Leute im niedrigen Einkommenssektor etwas gegen die Erbschaftssteuer haben. Sie wären davon nicht betroffen, sind aber trotzdem gegen Steuererhöhungen.

Ist es ein Aufklärungsdefizit oder wie erklären Sie sich das?

Entweder das oder sie denken, sie könnten mal einen Lottogewinn machen oder reich werden und das soll dann ein paar Jahre halten. Es gibt aber nicht allzu viele Untersuchungen dazu. In einer der wenigen Studien haben Befragte in Interviews zunächst gesagt, sie seien gegen die Erhöhung der Erbschaftssteuer. Als ihnen jedoch erklärt wurde, wie hoch die Freibeträge sind, haben sie ihre Meinung geändert.

Sie hingegen wollen das Erben gleich ganz abschaffen. Wie wollen Sie das denn jemandem erklären, der schon Angst um Oma ihr Häuschen hat?

Klar, meine These klingt erst mal radikal. Aber die Idee ist nicht, die Erbschaft für alle abzuschaffen, sondern allen ein Erbe zu geben. Ich will nicht alle runterziehen, sondern alle raufziehen. Wenn jemand aus einem blöden Zufall heraus auf einem Auge blind ist, kann man natürlich nicht fordern, dass ich mir auch ein Auge aussteche. Die Idee muss sein, den Einäugigen in die Lage zu versetzen, dass er auch mit einem Auge gut zurechtkommt.

Politisch gesehen ist die Lösung: Oma ihr klein Häuschen für alle. Man müsste eine hohe Erbschaftssteuer von 100 Prozent dafür nutzen, viel breiter auszuschütten.

Toll! Bekomme ich dann bei 400 Milliarden pro Jahr jährlich 5.000 Euro extra oder kann ich die ganze Kohle direkt nach meinem Schulabschluss auf einer Weltreise verballern?

Ich finde nicht, dass man alles bar auf die Kralle kriegen sollte. Ein bisschen meinetwegen – über Details kann man ja debattieren. Aber bei Vorschlägen wie 20.000 Euro für jeden ab 18 Jahren bin ich skeptisch aus verschiedenen Gründen. 18 Jahre erscheint mir viel zu früh. Dann kaufen sie sich einen alten Porsche und bleiben am nächsten Baum in Brandenburg hängen. Das kann nicht Sinn der Sache sein.

Wenn Chancengleichheit das Ziel ist, muss es eine strukturelle Investition in die Zukunft sein: In Schulen, Hochschulen und die Gesundheitsvorsorge. Eigentlich gehört das Geld in soziale Infrastruktur, weil das den Ärmsten besser zu Chancen verhilft. Die öffentlichen Institutionen müssen dazu führen, dass alle einen guten Start ins Leben haben können. Dann ist es auch eine langfristige Investition.

Was bedeutet für Sie Eigentum?

Es heißt, dass ich andere von Gütern oder Boden ausschließen darf. Eigentum muss begründet werden. Die Standardrechtfertigung dafür ist, dass es zu meiner Freiheit beiträgt. Ich brauche Eigentum, um frei zu sein. Arme haben aber zumindest von ihrer Freiheit viel weniger als Reiche, weil sie nicht die Ressourcen haben, ihre Freiheit zu nutzen. In der liberalen Demokratie gilt aber nicht nur Freiheit für alle, sondern auch Gleichheit. Eigentum als Mittel zur Freiheit soll zumindest gleich verteilt sein.

Es ist genau wie in der Coronapandemie: Meine Freiheit endet da, wo ich die Gesundheit des anderen gefährde. Mein Eigentum endet da, wo ich die Freiheit anderer gefährde. Demnach darf es nicht zu große Vermögen geben, weil diese die Freiheiten anderer einschränken können. Aus der Gleichheit ergeben sich sofort Grenzen von Eigentum.

Wann endet Eigentum?

Meine sehr radikale These ist: mit dem Tod. Wenn Eigentum meine Freiheit bedeutet und nach dem Tod meine Freiheit verschwindet – im Himmel brauche ich keine Freiheitsrechte –, brauche ich auch keine Mittel mehr. Richtig ausbuchstabiert, ergibt sich aus Freiheit und Gleichheit also, dass alle Eigentumstitel nach dem Tod wegfallen.

Gab es einen derartig tiefgreifenden Einschnitt überhaupt schon einmal?

Das Vorbild ist die Französische Revolution. Dort wurde am Anfang übrigens auch die Abschaffung des Erbes diskutiert. Das ist dann aber nicht umgesetzt worden. Was aber immerhin kam, war die Abschaffung der dynastischen Erbfolge von Macht. In ähnlicher Weise kann man hoffen, dass wir irgendwann auch die finanzielle Herrschaft abschaffen werden. Vielleicht ist das der größere Schritt, aber der erste war gegen 2.000 Jahre Geschichte auch ein großer Schritt.

Hängt das eine nicht auch mit dem anderen zusammen?

Ja, beides ist häufig gekoppelt: Wenn man die Vererbung von mittelständischen Betrieben oder Familienunternehmen nimmt, stellen die in kleinen Dörfern oder Gemeinschaften natürlich Machtfaktoren dar. Hier wird also im Prinzip Macht doch noch vererbt. Dass das hart verteidigt wird, müsste einem eigentlich zu denken geben als guter Demokrat.

Inwiefern untergräbt das Erben am Ende die Demokratie?

Es gefährdet einerseits den politischen Zusammenhalt, weil vererbte ökonomische Macht sich natürlich leicht in politische Macht übersetzen lässt. Und es bedroht den sozialen Zusammenhalt, weil es ein soziales Kastensystem schafft, wie man es in den USA schon sehen kann. In England und den USA kann man die Erbschaftswelle seit 300 Jahren beobachten, dort gibt es tief verwurzelte Familiendynastien. Die Schere ist schon sehr weit auseinander durch die Aggregierung von Erbschaften.

Eine zu große Ungleichheit gefährdet laut Ökonomen wie Piketty die Volkswirtschaft. Es braucht eine breite Verteilung von Vermögen, sodass viele Leute investieren können und nicht nur ein Segment mit extrem hohen Gewinnen existiert, das allein entscheidet, wo investiert wird.

Wie ist die Lage in Deutschland?

Das Spezifische an Deutschland sind zwei verlorene Weltkriege und hohe Inflation, die nach 1945 zumindest in Westdeutschland als Gleichmacher wirkten. Dennoch hat das Wirtschaftswunder mittlerweile zu einer großen Vermögensungleichheit geführt: Die damals angehäuften Reichtümer werden jetzt an die Babyboomer-Generation vererbt. Bis zur jetzigen Erbschaftswelle waren wir eine noch relativ egalitäre Gesellschaft. Diese Welle müssten wir jetzt eigentlich brechen – wobei wir sind schon ein bisschen zu spät dran sind.

Wie ist die Situation in Ostdeutschland?

Im Osten ist die Situation noch einmal anders, weil es vor 1990 keine großen Individualvermögen und deshalb auch nichts zu vererben gab. Ein weiterer ungerechter Zufallsfaktor: Ob ich etwas erbe, hängt also nicht nur davon ab, in welche Familie ich geboren werden, sondern auch in welchem politischen System.

Was passiert, wenn wir die jetzige Erbschaftswelle nicht brechen?

Praktisch werden Reiche in exklusiven Quartieren, Vororten oder Villenvierteln leben. Dann gibt es Effekte, wie man sie aus den Gated Communities in den USA oder Südamerika kennt: Die Schulen, Krankenhäuser, Sportmöglichkeiten sind in den Reichenvierteln nicht sehr überraschend besser. Schließlich sind die Lebensbedingungen in verschiedenen Orten des selben Landes ganz unterschiedlich. Ob jemand eine Yacht besitzt, kann einem ja egal sein, aber wenn sich die grundsätzlichen Lebensbedingungen stark unterscheiden, ist das ein großes Problem. Sobald soziale Distinktionsmerkmale dazu führen, dass es eine Hierarchie gibt, fällt die Gesellschaft auseinander.

Man redet immer von Parallelgesellschaften und meint damit die armen Migranten in Kreuzberg. Tatsächlich aber gibt es die Tendenz einer Parallelgesellschaft von Reichen, die in höchstem Maße demokratiefeindlich ist. Wo das endet, sehen wir an gespaltenen Gesellschaften, in denen Single-Issue-Parteien entstehen, die eine verlässliche Demokratie untergraben.

Trotz allem halten sich in der Debatte um die Erbschaftssteuer beharrlich Gegenargumente: Neben dem der Doppelbesteuerung von Einkommen, die ja schon deswegen hinfällig ist, weil jeder Supermarkteinkauf eine Doppelbesteuerung ist, gibt es noch das der Familie als gesellschaftlichen Kitt, die ohne Erben angeblich unterminiert würde. Was sagen Sie dazu?

Die Familie ist eine wichtige Institution der bürgerlichen Gesellschaft, wenn sie denn funktioniert. Aber die wichtigsten Stichpunkte für eine gelungene Familienbande, in der Kinder vermutlich am besten groß werden, sind elterliche Liebe und Fürsorge – und nicht Geld. Es ist völlig unklar, warum Erbschaft zu einer funktionierende Familie gehören soll – im Gegenteil könnte es gerade schädlich sein, wenn Kinder sich nur den Familien verpflichtet fühlen, weil sie Geld erwarten oder Eltern sich das Wohlwollen ihrer Kinder durch Geld erkaufen.

Was ist mit dem vererbten mittelständischen Familienbetrieb, dem viel zitierten Rückgrat der deutschen Wirtschaft?

Volkswirtschaftlich ist es richtig, den Betrieb nach dem Todesfall des Gründers zu erhalten, weil Arbeitsplätze dran hängen. Die Herausforderung ist: Wie vermeiden wir die Nachteile einer Erbschaft – nämlich, dass Machtpositionen und Geld als reiner Zufall vererbt werden – und erhalten den Betrieb trotzdem? Eine Möglichkeit: Erben bekommen das Unternehmen, dürfen es aber nicht verkaufen und so entfällt der finanzielle Anreiz, die Firma nach ein paar Jahren zu kapitalisieren. Dann lässt man sich das häufig bemühte Argument, dass das Unternehmen in Familienhand bleiben soll, einfach schriftlich und verpflichtend geben.

Wie wollen Sie mit vererbten Führungspositionen umgehen?

Man könnte den Manager oder CEO wählen wie in anderen Unternehmen auch. Ebenso ließe sich überlegen, inwieweit der Betrieb sozialisiert wird. Man könnte auch die Belegschaft im Erbschaftsfall beteiligen. Dann hat man eben nicht nur einen Betriebsrat, sondern Anteilseigner, die alle nicht verkaufen dürfen, und zusammen den Geschäftsführer wählen. Wie in einer Genossenschaft.

Was ist mit Kapitalflucht?

Einerseits baue ich darauf, dass bestimmte Familienunternehmen eben stolz sind, hier zu sitzen und eben nicht in China zu produzieren. Andererseits lebt es sich in einer demokratischen Gesellschaft mit einer fairen Grundstruktur besser. Schon jetzt leben Reiche lieber hier, obwohl sie im Prinzip steuerflüchtig werden könnten. Hier gibt es ein gutes Gesundheitssystem, ein gutes Schulsystem, eine sichere Welt, in der sie nicht in Gated Communities mit Maschinengewehren bewacht leben müssen.

Wenn das Erben abgeschafft wird: Arbeitet man ab einem gewissen Vermögen dann überhaupt noch weiter, wenn man weiß, dass man nichts weitergeben kann?

Gute Frage. Gute Frage heißt immer, man hat keine richtige Antwort. Das müsste man empirisch überprüfen. Aber ich wehre mich gegen Leute, die schon jetzt wissen, dass die Leute dann nicht mehr genug arbeiten.

Die reichsten Männer der Welt, es sind ja nur Männer, arbeiten alle weiter, obwohl sie jetzt schon ein Vermögen haben, das sie in Lebzeiten selbst nicht mehr ausgeben können – Macht und Anerkennung ist genauso wichtig wie Einkommen. Bill Gates arbeitet nicht für Geld, sondern für seinen Ruhm. Warren Buffet gibt seinen Enkelkindern auch nur einen kleinen Teil und vergibt den Großteil seines Vermögens philanthropisch. Wenn aber alle mit 40 volkswirtschaftliche die Schippe hinlegen würden, müsste man natürlich sehen, woran das liegt.

Was ist eigentlich mit materiellem Erbe: Also Gegenständen, Hausstand, Möbel, Bilder?

Symbolische Güter würde ich natürlich erlauben. Das Poesiealbum der Oma zum Beispiel. Etwas Persönliches, an dem Erinnerungen hängen.

Und wenn der Ururopa Kaiser Wilhelm II. und das Erbe die Burg Hohenzollern und jede Menge Tafelsilber wäre?

Es muss eine Obergrenze eingeführt werden. Sonst hat jemand gleich Millionen auf dem Konto, weil er alles bei Sotheby’s versteigert hat. Wo man diese Grenze zieht, kann man gesellschaftlich verhandeln. Das wird ein Stück weit willkürlich sein.

Was machen wir mit ansteigenden Immobilienpreisen? Zuletzt ging die Debatte trotz wachsender Ungleichheit in die entgegengesetzte Richtung, weil Häuser auf einmal knapp über dem Freibetrag lagen und Erben empört waren, dass sie darauf steuern zahlen mussten.

Ich war kürzlich in einer Radiosendung im bayerischen Rundfunk. Da argumentierten Anrufer damit, dass es doch ein Zufall sei, dass ihre Immobilie am Ammersee liegt und jetzt 2 Millionen wert ist und sie deswegen jetzt Steuern zahlen müssten. Auch CSU-Chef Söder hat so argumentiert. Aber die Steuern werden von marktgängigen Preis erhoben und die Preise ändern sich eben. Da bin ich ganz Marktwirtschaftler – auch wenn das manche Leute angesichts meiner anderen Thesen überraschend finden. Wenn Oma ihr kleines Häuschen teurer wird, muss man eben die Steuer dafür bezahlen.

Das beliebteste Gegenargument ist ja: Wenn das Haus plötzlich eine Million wert ist und man 500.000 Euro versteuern muss, obwohl das Einkommen dafür nicht ausreicht, müssen sie das Haus verkaufen. Das erscheint vielen Erben ungerecht.

Das wird überdramatisiert. Normalerweise gibt ihnen dafür jede Bank ein Darlehen und das können sie dann über 20 Jahre abbezahlen. Sonst könnte man immer noch entgegenkommen und sagen: Der Staat gibt einen Kredit, der gestundet wird, weil man den Aspekt des symbolischen Gutes ernst nimmt. Da bin ich kompromissbereit. Die Leute sollen nur nicht auf die Idee kommen, dass eine Riesenvilla, in der sie wohnen, ihnen deshalb schon irgendwie qua Erbschaft gehören darf. Das ist schlicht unfair.

Warum diskutieren wir eigentlich so viel über die Vermögenssteuer, wenn die eigentlich im Vergleich zur Erbschaftssteuer pillepalle ist – gerade wenn ein solcher Generationenwechsel wie derzeit ansteht?

Das wird häufig gegeneinander ausgespielt. Es ist aber kein entweder oder. Man sollte beides einführen. Aber die Erbschaftssteuer ist ein besonders guter Punkt, um gegen Ungleichheit anzusetzen. Erben können nicht weglaufen, weil alles notariell abgewickelt werden muss: Man muss ein Erbe gesetzlich geregelt reklamieren. Sobald sie das Wort Vermögenssteuer gesagt haben, ist das Geld schon außer Landes.

Zeigt sich hier beim Erben auch, dass die FDP eine verkappte Reichenpartei ist, weil sie sich ausdauernd gegen Steuer- und Chancengerechtigkeit einsetzt? Die FDP nimmt ja am Ende den Gedanken der Leistungsgesellschaft gar nicht ernst, wenn sie gegen die Erbschaftssteuer ist. Oder muss das nur mal jemand Christian Lindner erklären?

Das würde ich gerne übernehmen! Tatsächlich ist die FDP über diese Frage gespalten. Ich bin von Teilen der FDP schon häufiger angefragt worden, weil das Erbe der Leistungsgesellschaft widerspricht und nicht wenige meine Forderung richtig finden. Diese Kräfte kommen in der Partei aber politisch nicht durch. Wie die FDP diese kognitive Dissonanz aushält, ist mir nicht klar. Wenn man den Verdienstgedanken und Leistung politisch hochhält, kann man nicht sagen: Erbschaft ist okay.

Was löst es bei Ihnen aus, wenn CDU-Chef Friedrich Merz höhere Freibeträge fordert?

Es ist eine politische Frage, wo diese künstliche Kappungsgrenze angesetzt wird. Die vielen negativen Effekte für demokratische, relationale und ökonomische Gleichheit setzen ohnehin erst ab hohen Vermögen ein – deswegen kann der Freibetrag von mir aus auch relativ hoch sein.

Sagen Sie doch mal eine Zahl!

Ich finde 500.000 Euro ganz okay. Von mir aus auch 600.000, wenn die Immobilienpreise jetzt so stark gestiegen sind.

Klingt viel.

Beim Kampf über die Freibetragsgrenzen befindet man sich im falschen Schützengraben. Wichtig ist es, die Steuersätze für die Beträge darüber progressiv zu erhöhen: Wenn das Haus eben 501.000 Euro kostet, muss man für die 1.000 darüber natürlich noch nicht gleich den vollen Steuersatz zahlen, sondern klein anfangen – dann aber nachher richtig hochgehen. Wir brauchen eine steile progressive Besteuerung über einen auszuhandelnden, meinetwegen auch relativ hohen Freibetrag. Das wäre die echte Transformation in Deutschland, die viel ändern würde. Die Höhe der Freibeträge nicht – außer dem politischen Widerstand.

Um mal indiskret zu werden: Wie ist es denn bei Ihnen? Wollen Sie das Haus ihrer Eltern nicht erben?

Lassen sie es mich diplomatisch so sagen. Ich bin ein Bevorzugter, und genau deshalb engagiere ich mich für das Thema. Erbschaften sind eine offensichtliche Ungerechtigkeit.

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107 Kommentare

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  • Käptn Blaubär , Moderator*in
    Vielen Dank für Eure Beiträge, wir haben die Kommentarfunktion geschlossen.
  • Was für ein schön unterkomplexes Gedankengebäude.

    Eigentlich geht's doch nicht um's Erben, es geht doch um den Besitz!

    Also sollten wir dort ansetzen: Beim Vermögen.

    Leute wie Piketti, der sich umfangreich statistisch mit der Realität auseinandersetzt haben, fordern genau das: Eine Vermögensabgabe oberhalb einer (hohen) Freibetragsgrenze.

    Das was der "Gerechtigkeitstheoretiker Stefan Gosepath" trägt dagegen alle Züge einer wunderschönen neoliberalen Nebelkerze: Chancengerechtigkeit statt Gerechtigkeit; Herunterbrechen von Gerechtigkeitsfragen auf die individuelle Ebene und individuelle Leistungsfähigkeit und das Ausblenden der systemischen Ebene; das Gegeneinanderausspielen von Individuen über Fragen wie "Wer leistet mehr und wer hat das mehr verdient?" etc.

    Hier ist ein Beispiel für ein systemisches Element, welches in dem Interview völlig ausgeblendet wird: Wenn man den Tod biologischer Rechtspersonen besteuert, wird sich das Kapital halt bei den unsterblichen Rechtspersonen in unserer Gesellschaft ansammeln: also Stiftungen (wie die Bertelsmann-Stiftung), irgendwelchen Banken, Fonds und Kapitalgesellschaften, die sich selbst gehören, Kirchen usw. Die sterben nie, deren Vermögensakkumulationen werden nie aufgelöst.

    Und es wird eine Elite oder Adelsklasse von Menschen geben, die über irgendwelche nicht-monetär vererblichen Privilegien (soziales Kapital vermutlich vor allem) dazu kommen diese Gesellschaften zu leiten und daraus ihren Wohlstand, ihren defacto-Besitz, ihr Einkommen und ihre Macht zu beziehen.

    Und ehrlich gesagt: Vor so einer Gesellschaft gruselt es mir. Ist die dann besser?

    (Teil 1 von 2)

  • Schön, daß Gosepath inzwischen bei ein paar seiner Forderungen "kompromissbereit" ist!

  • Man kann die Grenze auch ganz schlicht dort ziehen, wo aus Eigentum Kapital wird.

    Nur so als kleinen Denkanstoß.

  • Wenn ich mal einen richtig spaßigen Morgen habe möchte, schaue ich die linke Prawda namens TAZ. Studiengänge wie Philosophie sollte man am besten ganz abschaffen. Da weder Herr Gosepath noch der Wirtschaftsminister-Darsteller Habeck in der Lage sind, ideologiefreie Gedankengänge zu vollziehen.



    Linke machen sich immer sorgen um das Geld anderer Leute.



    Und zu dem Beitrag von Herrn / Frau Narrenfell: ich habe von meinen Eltern nichts vererbt bekommen. Werde meiner Tochter aber Stand heute 3 Wohnungen und einen soliden Betrieb vererben. Warum? Weil ich meinen Arsch hochbekommen habe, fleißig in Schule und Beruf war und nicht auf das Geld anderer geschielt habe. Ich war meines Glückes Schmied selbst.

  • Sehr geehrte TAZ-Redaktion,



    Ihre Rechtschreibung, in diesem Artikel, ist unerträglich!!!

  • Ich lebe in der Wohnung die ich von meiner Mutter geerbt habe. Wenn mir die weggenommen wird, dann habe ich die Möglichkeit, unter der Brücke zu leben, oder als Fackel diesen Affenplaneten zu verlassen.

    Wenn der Herr Grupp einmal diesen Affenplaneten verlassen wird, dann werde entweder seine Kinder sein Unternehmen weiterführen und die Arbeitsplätze von 1200 Menschen erhalten - oder, wenn ihnen das weggenommen werden würde, dann würde ein gut gehendes Geschäft abgewickelt und die Arbeitsplätze wären perdu.

    Wenn es das ist was dieser aufgeblasene Lackaffe seinenSpruch "Du wirst nichts mehr besitzen..." ernst meint, dann soll er ersteinmal sein eigenes Vermögen abgeben.



    Fangt ersteinmal

  • Immer dieser Extremismus – egal von Links oder von Rechts 



    Eine Erbschaftssteuer für höhere Einkommen wäre schon gerecht. Weil ohne diese gibt es wieder nur eine Adelsklasse welche es sich richten kann, während der normale Bürger einzig und alleine den Stimmzettel hat um seinen politischen Willen kund zu tun.



    Denn je mehr Kapital eine Person oder Familie anhäuft, umso mehr Macht hat diese auch um nur Politik für sich durchzusetzen.



    Ob das Gerecht ist? Sehr fraglich!



    Und ja, zum Klimaschutz sollten auch Reiche mehr beitragen. Allen voran die, welche mit Fossilen Brennstoffen in der Vergangenheit jede Menge Gewinne gemacht haben – und noch machen.

  • Nix für ungut, aber wenn es erst eines Philosophen bedarf, um festzustellen, was seit Jahrzehnten OFFENSICHTLICH ist - dann ist es längst zu spät: Wir leben in keiner gerechten Gesellschaft. Nichts daran ist neu.

    • @Kahnt Karl-Heinz:

      Geschmackssache. Ich zumindest fühle mich in dieser Gesellschaft nicht ungerecht behandelt.

  • Fakt ist, wer jetzt nix erbt, wird es nie tun und auch nix vererben. Das Häuschen ist kaum bezahlbar und die Häuschen der Generationen vor uns gehen an Einzelkinder. Die Welt ist aufgeteilt. Buffett ist im übrigen für eine 100 prozentige Erbschaftssteuer. Er ist der Meinung, das Geld was er verdient hat, hat er wegen der Möglichkeiten seiner Gesellschaft erwirtschaftet. Er hatte einfach gute Voraussetzungen. Ich erbe nix und vererbe nichts, habe aber das Studium vieler Erben mit meinen Steuern bezahlt.

  • Gerne eine ordentliche Erbschaftssteuer und dann jungen Leuten von Kindergarten bis Studienabschluss vernünftig helfen. Genug Personal, keine Kosten, günstiges Essen, Wohnheimplätze, Bafög, Auslandsaufenthalte mit Förderung usw Es gibt so viele Defizite und es ist imho deutlich besser die Bildungsstrukturen zu stärken als den Leuten Geld auf die Hand zu geben.

    • @Gunnar Grannis:

      Immer dieser Extremismus – egal von Links oder von Rechts 



      Eine Erbschaftssteuer für höhere Einkommen wäre schon gerecht. Weil ohne diese gibt es wieder nur eine Adelsklasse welche es sich richten kann, während der normale Bürger einzig und alleine den Stimmzettel hat um seinen politischen Willen kund zu tun.



      Denn je mehr Kapital eine Person oder Familie anhäuft, umso mehr Macht hat diese auch um nur Politik für sich durchzusetzen.



      Ob das Gerecht ist? Sehr fraglich!



      Und ja, zum Klimaschutz sollten auch Reiche mehr beitragen. Allen voran die, welche mit Fossilen Brennstoffen in der Vergangenheit jede Menge Gewinne gemacht haben – und noch machen.

  • Müsste die FDP nicht leidenschaftlich für die Abschaffung des Erbes eintreten? Die sind bekanntlich seit langem gegen leistungslosen Wohlstand. Oh ... achnee, das betraf ja nur die Armen ...

    • @Kaboom:

      Der Wohlstand wurde sehr wohl durch Leistung erbracht....also kann er auch an die Kinder weitergegeben werden.

  • Warum soll es gerecht sein, dass jemand sein angespartes und versteuertes Geld nicht an seine Nachkommen weitergeben darf?

  • Gutes Interview, wichtiges Thema.



    Einige der 1940-50 Geborenen erben zurzeit große Vermögen.



    Wie beim Insolvenzrecht könnte auch bei Erbschaften unterschieden werden nach Größe und politökonom. Bedeutung.



    Eines der Themen, die zeigen, an welchen Stellen die Revolutionen in der Vergangenheit steckengeblieben sind.

  • Einfaches Beispiel:



    Im Sultanat war es üblich, das die besten Berater Eunuchen waren, warum?



    Keine Erben und damit keine Gründung einer Dynastie möglich.

    • @Reinero66:

      Der Sultan war aber kein Eunuch!

  • Wenn jemand mit ordentlichem Einkommen sein ganzes Geld jeden Monat verkonsumiert, so dass nie etwas übrigbleibt, und er dann, wenn er nicht mehr arbeiten kann, Bürgergeld beantragt und sich von der Gemeinschaft versorgen lässt - dann hat der Staat, und auch Herr Gosepath damit überhaupt kein Problem.

    Wenn jedoch der selbe Mensch bescheiden lebt, einen Teil seines versteuerten Einkommens anspart, so dass nach Jahrzehnten Vermögen entsteht, und er vielleicht auch eine Immobilie erwerben kann um damit für das Alter vorzusorgen, dann sind sofort der Staat und Herr Gosepath zur Stelle und wollen das alles wegnehmen, obwohl das ersparte Vermögen zu 100% versteuert ist.

    Welch eine Vorstellung von Gerechtigkeit.

    • @Argonaut:

      Haben Sie den Text überhaupt gelesen oder ist Freigrenze ein Fremdwort welches Erklärung benötigt?

    • @Argonaut:

      Ich kann Ihnen da nicht helfen, gewisse Mechanismen einer Marktwirtschaft sind nicht zu ändern. Und so ist es nun einmal unumgänglich, dass die Person in ihrem Beispiel, die ihr Geld mit vollen Händen ausgibt, ein Segen für den Markt, die Beschäftigung, die Steuereinnahmen & die gesamte Solidargemeinschaft, während der geizige Hamsterer einfach nur asozial ist, von dem hat die Solidargemeinschaft gar nichts. Deshalb ist es auch fair & sinnvoll, Menschen in Not & Armut zu unterstützen, Menschen, die toten Reichtum anhäufen aber wenigstens mit saftigen Steuern ein Mindestmaß an Solidarität abzuverlangen. Einfach.

    • @Argonaut:

      Diese Rechnung ist kompletter Blödsinn. Wer gut verdient hat ne gute Rente und braucht dann wohl kaum Grundsicherung. Es wäre dann auch Grundsicherung und nicht Bürgergeld.

      • @Sozialdemokratie:

        Ihre Einlassung ergibt nur dann Sinn, wenn Sie unterstellen dass der Gutverdiener sozialversicherungspflichtig gearbeitet hat. Aber unterstellen wir den Fall, das es sich um einen Selbständigen/Freiberufler handelt, der sein ganzes Geld zu Erwerbszeiten verjuxt und keine Rücklagen angespart hat, welche Rentenerwartung hat dieser Mensch?

    • @Argonaut:

      Es wird ihm ja nichts weggenommen, er lässt es zurück wenn er stirbt.

      • @Jesus:

        Genau, nur über den Verwendungszweck der Güter die zurück gelassen werden hat der Erblasser zu entscheiden, nicht der Staat.

    • @Argonaut:

      Auch eine Lebensart, die bei näherer Betrachtung gar nicht mal so schlecht ist. Auf diesem Wege kann man dem Staat auch noch mal wunderbar den Mittelfinger zum Ende der Erwerbsphase zeigen..und ggf. von für den Staat unsichtbaren Rücklagen das Bürgergeld aufbessern. Papa Staat muss ja nicht alles wissen ;)

      • @SeppW:

        Papa Staat weiß nur alles. Ich habe geerbt, aber wenn ich das Verheimliche kann das sehr übel ausgehen.

  • ...wer Vermögen an seine Nachkommen weitergeben will, macht zu Lebzeiten Schenkungen, gründet eine Stiftung oder GmbH , setzt die Nachkommen als Gesellschafter und- oder Geschäftsführer ein - und gut is...

    • @Alex_der_Wunderer:

      Es ist schon recht bezeichnend für die Werte und Normen dieser Gesellschaft, dass die erste Reaktion auf einen Vorschlag dazu wie man die Dinge gerechter regeln könnte, offenbar in der Überlegung besteht wie man diese Regelung umgehen oder aushebeln könnte. Wenn wir wirklich der Meinung sind, dass das der richtige und wünschenswerte Weg ist, könnte man ja mal anfangen, statt über eine Erbschafts- über eine Armensteuer nachzudenken.

      • @Ingo Bernable:

        Nein, lieber Ingo, Alex zeigt nur die PRAXIS auf, mit der sich Vermögende seit jeher zu sichern wissen. Er macht hier keinen Vorschlag - sondern benennt die Realität.

        SEPPW hingegen macht es sich wiederum zu einfach, wenn er behauptet, dass die großen Vermögen sich ordentlich erwirtschaften. Denn auch das ist nicht der Fall: Wer an anderen verdient - ihnen also einen Teil derer Arbeitserträge nimmt - und dafür aber nur geringe Steuern zahlen muss, ist eben nicht ordentlich steuerlich belangt worden. Weder fair noch gerecht.

        Er verwechselt hier den Fleiß und die Sparsamkeit des "kleinen Mannes", der es so tatsächlich zu einem kleinen Häuschen oder eigenen Wohnung schafft, mit den privilegierten Möglichkeiten des Großen, der sich Reichtümer zusammenrafft, weil ihm die Chance gegeben.

        Und eins wird grundsätzlich übersehen: Es ist der Staat selbst, der für diese Zustände verantwortlich ist. Was wiederum daran liegt, dass er selbst schon Beute: Eigentlich gibt's KEINE Partei in der nicht wenigetsnes der eine und andere sein Privileg der Macht als Politiker zum eigenen Vorteil ausnutzte - oder zum Vorteil von Freunden und Verwandten. Nicht mal die, die sich zu allen Zeiten als die "Besseren" geben ...

      • @Ingo Bernable:

        "Es ist schon recht bezeichnend für die Werte und Normen dieser Gesellschaft, dass die erste Reaktion auf einen Vorschlag dazu wie man die Dinge gerechter regeln könnte"

        ------------

        Gerecht wäre es gar keine Erbschaftssteuer zu erheben, weil der Staat ja bereits zu Zeiten, wo das spätere Erbe erwirtschaftet wurde, durch Steuern und Abgaben seinen Anteil erhalten hat.

        • @SeppW:

          Demnach müsste man auch die Einkommenssteuer streichen weil ja auch dieses Geld als es an das Unternehmen des Arbeitgebers floss bereits besteuert wurde, ebenso die Mehrwertsteuer, etc, etc. Offensichtlich funktioniert das nicht und auch beim Erben wechselt die Erbmasse eben den Eigentümer.

          • @Ingo Bernable:

            Nicht korrekt. Das Geld welches das Unternehmen an seine Arbeitnehmer zahlt, ist unversteuert.

          • @Ingo Bernable:

            ...und durch die Steuer des Lohnempfängers durch die Lohnsteuer des Arbeitnehmers auch nochmal Steuern an die Gemeinschaft und beim Kauf von Immobilien - Grunderwerbssteuer und beim konsumieren von Konsumgütern die Mehrwertsteuer ....und so weiter - und so weiter...ne Sterbesteuer von den Toten fehlt eigentlich noch - über den Tod hinaus- entweder von den Nachkommen oder vom Bürgergeld - falls kein Vermögen mehr vorhanden, da schon alles VERSTEUERT....

            • @Alex_der_Wunderer:

              Kann man natürlich auch sein lassen, sollte dann aber auch erklären welche Aspekte unseres ohnehin nur noch eher schlecht als recht funktionierenden Gemeinwesens mangels Finanzierung wegfallen sollen.

      • @Ingo Bernable:

        ...das war kein " Vorschlag " - sondern die Realität...

        • @Alex_der_Wunderer:

          Der Vorschlag bezog sich auf die im Artikel angestellten Überlegungen dazu wie man die Dinge besser und gerechter regeln könnte. Diesen kann man ablehnen oder richtig finden. Wenn man dann grundsätzlich schon mal der Meinung ist, dass die Realität in Sachen Gerechtigkeit besser sein könnte als sie es ist, kann man entweder darüber lamentieren, dass das je eh alles nichts bringt weil die Leute sich schon irgendwelche Schlupflöcher suchen werden und sich resigniert mit den bestehenden Ungerechtigkeiten abfinden oder aber eben einfach mal damit anfangen und die vorhandenen Schlupflöcher nach und nach schließen.

          • @Ingo Bernable:

            Das war der zutreffende Hinweis, das die von dem Herren Philosoph vorgeschlagene Erbschaftssteuer nicht die Probleme lösen wird, die sie lösen soll. Anstatt irgendwelche Thesen in die Welt zu posaunen, sollte Gosepath sich mit den rechtlichen Voraussetzungen und wirtschaftlichen Wirkungen eines solchen Vorschlags vertraut machen. Dazu müsste man allerdings etwas mehr lesen als Rawls. Von dem "Schleier des Nichtwissens" als Gedankenexperiment fange ich mal lieber gar nicht erst an

            • @September Valentini:

              Was war das denn für ein beschämender Versuch einer Diskreditierung des interviewten Professors? Da fühlt sich wohl jemand angefasst von Vernunft geleiteten Thesen zur steuerlichen Gerechtigkeit

            • @September Valentini:

              Es sind viele Behauptungen, aber keinerlei begründete Argumente mit denen sie da einen Philosophieprofessor auf dessen fachlichem Terrain angreifen. Etwas mehr müssten sie mE schon vorzuwweisen haben wenn sie überzeugen wollen.

  • Ich stelle mir das jetzt bei meinem Freund vor. Er war das einzige von vier Kindern, die ohne Partner blieben, der die Eltern pflegte, das Haus seiner Eltern mit erbaute.

    Nun sterben seine Eltern und er muss ausziehen oder eine vom Amt gesetzte Miete im Haus zahlen, das er selbst gebaut gepflegt usw. hat.

    Was würde es mit dem Land machen, wenn der Staat nach dem Tod von Eigentümern die Geschäfte übernehmen würde?

    • @Jairi:

      Wenn er das Haus mit baut kann Miteigentümer werden, außerdem müsste ja nur der Teil des Erbes versteuert werden der über der Freigrenze liegt. Bei einer Erbschaft von einer Millionen, und einem Freibetrag von 600Tsd., würde Mann bei einem progressiven Steuersatz der bei 20% startet, 80 Tsd. Steuern zahlen.



      Interessant wird es ja erst bei den wirklichen großen Erbschaften.

    • @Jairi:

      Das unterstellt ja schon irgendwie, dass er die Eltern primär nur deshalb gepflegt hat weil er die Bude erben wollte. Ich glaube nicht, dass die typische Motivation in einer solchen Situation ist, zumal er ja, wie alle anderen auch, ebenfalls von dem dann vergesellschafteten Erbe profitieren würde, und damit rechnerisch im typischen Falle sogar noch besser als wenn er das elterliche Medianvermögen individuell erben würde.

      • @Ingo Bernable:

        Nicht ganz.



        Das unterstellt, dass er durch Care-Arbeit, die ihm Lohnarbeit vermutlich erschwerte bis unmöglich machte, ein Besitzrecht erworben hätte. Von einem moralischen Standpunkt aus könnte man diese Meinung durchaus teilen, von einem gesamtgesellschaftlichen aus ebenfalls - schließlich hat die genannte Person der Gesellschaft, durchaus anders als heute üblich, die Versorgung seiner Eltern abgenommen, was je nach Dauer der Pflege locker den Gegenwert eines Einfamilienhauses ausmacht.



        Das heutige Erbrecht wird, falls nicht per Testament präzisiert, im übrigen genauso dazu führen, dass er ausziehen muss - erben wird er ja bestenfalls 25%.



        Wie er auf dem im Artikel vorgeschlagenen Weg allerdings mehr profitieren sollte, erschließt sich mir nicht - zumal das ja außerdem voraussetzt, dass die genannte Wege der Schenkung oder Stiftungsgründung nicht beschritten würden. Das rechtlich durchzusetzen ist allerdings mit der derzeitigen Rechtsordnung in so vielfältiger Weise unvereinbar, dass ich in der Summe @SEPTEMBER VALENTINI recht geben muss: der liebe Philosophieprofessor hat nicht die geringste Ahnung von den Konsequenzen, die sein Vorschlag hätte. Oder sie interessieren ihn nicht.

  • Man weiß garnicht wo man anfangen soll...



    Zunächst: Erben produziert nichts, weshalb der Anteil der Erbschaften am Bruttosozialprodukt tatsächlich bei genau 0 liegt.



    Unterschiedliche Erbmengen erzeugen zwar berechtugt neid, aber:



    Die Politik lässt mit gutem Recht die Finger von einer konsequenteren Erbschaftssteuer, da die, welche sie vor allem zahlen sollen, die Nummer jederzeit auf internationaler Ebene umgehen können. Leider werden Unternehmen, die dadurch z. B. plötzlich in Irland ihren Sitz haben dann auch nach dem Gesetzen dieses Landes besteuert (Hallo Amazon...). Kurz: Eine deutlich höhere Erbschaftssteuer würde dem Fiskus eher Schaden als nutzen.



    Eine 100%e Besteuerung bezeichnet man übrigens landläufig als Enteignung, die schon das Grundgesetz so nicht vorsehen dürfte. Und ein Blick in die deutsch-deutsche Vergangenheit zeigt: Man kann durch Enteignungen Reiche arm machen, aber Arme nicht reich.

  • Meine Zustimmung scheitert bereits daran, dass ich den Wunsch, wirtschaftliche Gleichheit herzustellen für illusorisch und für falsch halte. Wir schaffen ja noch nicht einmal medizinische und juristische Gleichheit,.

    • @Jairi:

      Ein Wegfall des Erbes würde keineswegs zu wirtschaftlicher Gleichheit führen, weil die Positionen die sich die Menschen in ihrem Leben erarbeiten oder auch nicht, noch immer sehr unterschiedlich wären. Ganz abgesehen davon, dass bei der persönlichen Karriere auch immateriell vererbte Dinge wie sozialer Status, Habitus und Netzwerke eine wesentliche Rolle spielen. Es würde lediglich bedeuten, dass die Startpositionen im Leben etwas gerechter würden.

  • viele gute Gedanken liberaldemokratischer Gesellschaftstheorie

    Ein wenig stolpert der gute Herr Gosepath bei der Frage des Leistungsanreizes. Zitiert sinnigerweise philanthropische Leichtgewichte wie Gates und Buffet (fand grad keine Deutschen).

    Dann kommt der entscheidende Satz: Lassen sie es mich diplomatisch so sagen. Ich bin ein Bevorzugter, und genau deshalb engagiere ich mich für das Thema (Leistungsgesellschaft)

    Man wartet auf den Folgesatz, wie: Unter diesem Link geht es zu meiner Stiftung, wo ich 90% meines leistungsfreien Vermögens an die Öffentlichkeit zurückgebe. Allein aus der Tatsache, dass ich als Professor der Freien Universität das x-fache des Einkommens der Kassiererin im Supermarkt nebenan erhalte.

    Dennoch hat das Wirtschaftswunder mittlerweile zu einer großen Vermögensungleichheit geführt: Die damals angehäuften Reichtümer werden jetzt an die Babyboomer-Generation vererbt.

    ergo - ein Babyboomer

    • @Max Vogg:

      ...ein Philosoph....schmunzel

  • Ich glaube, dass ich den Text schlicht und ergreifend nicht verstanden habe. Geht es um die Abschaffung von Erbschaften? Warum soll dann ein Freibetrag eingeführt werden, welcher höher liegen würde, als der heutige (für Kinder von Erblassern)? Des Weiteren sind die Erbschaftssteuersätze bereits progressiv... .

    "Talk" ist ja bekanntlich "cheap", weswegen ich grundsätzlich nur Taten folge. Auf die letzte Frage bezogen: Haben Sie, sehr geehrter Herr Prof. Gosepath, Ihre Erbschaft entgegengenommen oder ausgeschlagen? Wenigstens auf den Teil oberhalb der 500 TEUR verzichtet?

    P.S.: "Symbolische Güter würde ich natürlich erlauben (sic!). Das Poesiealbum der Oma zum Beispiel." Sehr gönnerhaft, vielen Dank Herr Prof. Gosepath... . Diese beiden Sätze lassen doch sehr tief blicken... .

  • "zwei verlorene Weltkriege und hohe Inflation, die nach 1945 zumindest in Westdeutschland als Gleichmacher wirkten."



    Aha. Neulich hab ich mal die Liste der reichsten Deutschen durchgestöbert und fand da irgendwie für meinen Geschmack viel zu viele Kolonial- und Kriegs-Gewinnler ... da war das Gleichmachen irgendwie nur temporär, schätze ich, nämlich bis der Persilschein da war.

  • Herr Gosepath beantwortet seine eigene Frage „Wie würden wir die Welt einrichten, wenn wir nicht wüssten, welche Rolle wir darin einnehmen?“ nicht explizit, sondern setzt voraus, dass „weitgehend“ jeder die materiellen Güter so gleichmäßig wie möglich verteilen würde.

    Dies mag im sozialen Nahfeld des Herrn Gosepath und unter taz-Konsumenten eine Mehrheitsposition sein, aber außerhalb dieses Umfeldes finde ich diese Annahme nicht besonders naheliegend. Z.B. bin ich mir sicher, dass es ein Votum im deutlich zweistelligen Prozentbereich für das Faustrecht geben würde.

    Selbst wenn man solche Präferenzen per Ordre de Mufti ausschließen würde, ist es zweifelhaft ob eine möglichst gleichmäßige Verteilung gerecht ist. Wer das meint, muss sich fragen lassen, warum Haftstrafen dann nicht auch möglichst gleichmäßig verteilt werden, oder warum es gerecht sein soll, dass kluge und fleißige Menschen für wildfremde Faule und Dumme sorgen sollten.

    Letzten Endes zeigt auch dieses Interview nur eines: Es gibt genau eine konsistente Definition des Begriffes „Gerechtigkeit“: Das, was einem in diesem Moment ein warmes Gefühl im Schuh vermittelt.

  • Erben hält Vermögenswerte zusammen,



    sie werden nicht geplündert und



    zugunsten überflüssigen Konsum



    verwendet. So kenn ich es jedenfalls,



    Betrieb seit 500 Jahren in Familienhand,



    in der Regel erhielte die weichenden



    Erben eine gute Ausbildung, im



    übrigen wurde gespart um die



    Substanz nicht zu schwächen sondern



    nach Möglichkeit zu stärken.



    Und die Altersversorgung der abgebenden Generation zu sichern.

  • Mit einer Abschaffung von Erbe würde man etwas abschaffen, das über das eigene Leben hinausreicht, das auch in Zukunft Bestand haben soll. Wenn man den Nachkommen nichts mehr mitgeben darf, wofür sich dann einsetzen, anstrengen, sparsam und nachhaltig wirtschaften?



    Eine solche Gesellschaft würde noch ich-bezogener, noch egoistischer, verschwenderischer, das Motto "nach mir die Sintflut", die Hymne "wir versaufen unsrer Oma ihr klein Häuschen" (oder den Betrieb, den unsere Eltern, Großeltern aufgebaut haben).



    In einer solchen Welt wollte ich nicht leben.

    • @Pfennig:

      ein leben in einer gerechten Gesellschaft zu vererben ist von vielen geistig nicht zu erfassen

    • @Pfennig:

      Dem schliesde ich mich an!

    • @Pfennig:

      Es scheint schon reichlich widersprüchlich gegen Egoismen zu argumentieren, dann den Wert des Geschaffenen und Weitergereichten nur dann anzuerkennen wenn es exklusiv den eigenen Kindern hinterlassen wird, nicht aber wenn es allen Kindern zu Gute kommt.

      • @Ingo Bernable:

        Haben Sie Kinder?

  • Richtiger, doch viel zu enger Blick auf das "Erben für alle" allein.

    Auch unser dysfunktionales Geldsystem braucht ein massives, gemeinwohlorientiertes, ökozentriertes und sozialtaugliches Update.

  • 6G
    658767 (Profil gelöscht)

    Mal persönlich runter gebrochen. Eigentumswohnung, zwei vermietete Wohnungen, da Frau aus boomenden EU Land kommend als Selbstständige sonst ohne Rente, zwei erwachsene Kinder, die sich Omas ETW teilen müssten, Rest wäre ja weg. Unsere Alternativstrategie wäre mit allen anderen Besitzern im Objekt gewesen: ETW abwohnen, keine Investitionen und das gesparte Geld zum Konsum benutzen bzw. als Geschenk an Kinder. Die vermieteten Wohnungen wären nicht gekauft und stattdessen Wohnungen als Renditeobjekte im Ausland gekauft. Erbe wäre gerettet. Casus knaxus für die Allgemeinheit, Wohnungsbestand würde verfallen und neue Wohnungen würde nur der Staat bauen können. Ob das die Baukultur befördern würde kann bezweifelt werden...

    • @658767 (Profil gelöscht):

      Ihr Erbe wäre dann gerettet, wenn sie und die Erben ihren Wohnsitz in ein anderes Land verlegen, mit welchem Deutschland ein Doppel-Besteuerungsabkommen hat. Da kommen viele in Frage.



      Das ist der große Schwachpunkt bei allen Vorschlägen, große Erbschaften ordentlich zu besteuern. So wie hier im Artikel vorgeschlagen, wird es sich am Ende nicht lohnen.

  • 1G
    14231 (Profil gelöscht)

    Es sollte mittlerweile aufgefallen sein, dass Menschen dem Staat ungern Dinge überlassen, die sie sich selbst erarbeitet haben. Anders sieht es bei den eigenen Nachkommen aus, denen gegenüber Eltern häufig eine Verbundenheit empfinden, die sie nicht nur dazu motiviert, während des Lebens etwas für sie zu tun, sondern ihnen beim Ableben auch etwas zu hinterlassen. Entsprechend ist die Motivation geringer, wirklich alles Vermögen aufzubrauchen.

    Umso größer dürfte das Bedürfnis aber sein, alles zu verprassen, wenn am Ende alles an den Staat fällt. Gut vorstellbar, dass sich sogar Geschäftsmodelle daraus entwickeln. Denn genau am Todestag bei Null anzukommen, ist kein leichtes Unterfangen.

    Eine häufig übersehene, weil unromantische Komponente, des Erbschaftsprinzips ist, dass ein Erbe auch ein Bindeglied zwischen den Generationen darstellt. Es trägt dazu bei, dass Kinder die Verbindung zu ihren Eltern halten, sich um sie kümmern und im Falle von Unternehmenserben sogar ihr Wirken fortsetzen. Mit der Einsetzung des Staates als Generalerben dürfte diese Bindung auf Dauer erodieren, und der Staat muss alleine die Verantwortung für ältere Menschen tragen. Dass der Staat eine solche Rolle nicht besonders gut beherrscht, sollte bekannt sein.

    • @14231 (Profil gelöscht):

      "Denn genau am Todestag bei Null anzukommen, ist kein leichtes Unterfangen."

      Da werden wohl sehr viele leute dann einfach schulden machen weil sie sich ja keine sorgen machen müssen das ihre kinder diese erben.



      Also wird dann "Gerechterweise" das an die Algemeinheit gegeben.

    • @14231 (Profil gelöscht):

      "ein Bindeglied zwischen den Generationen darstellt"



      Innerhalb der Generationen ist es aber inzwischen die(!) zentrale Triebfeder für das fortgesetzte Auseinanderdriften der Gesellschaft und hat in Folge generationenübergreifender Zinseszinseffekte die Vermögen längst noch viel ungleicher verteilt als die Einkommen. Ich würde das eher für sozialen Sprengstoff, denn als Förderung des gesellschaftlichen Zusammenhalts sehen.



      de.wikipedia.org/w...ve_Deutschland.jpg

  • Dem Ganzen liegt ja die Idee zugrunde, "der Staat" würde mit den ihm dann zufallenden Mitteln "gerechter" umgehen als Einzelne.



    Kann mir mal jemand auf die Sprünge helfen? Versuche und Ideen in der Richtung gab's ja genug. Wann und wo hat das denn so super funktioniert? Ich komm grade nicht drauf.



    Mir fallen nur Gesellschaften ein, in denen die eingesammelten Mittel dann für eine herrschende Klasse und gegen das Volk verwendet wurden - und das auch noch extrem ineffektiv.

    • @Brobdignag:

      Das spräche dann wohl für die konsequente Privatisierung aller sozialen Sicherungssysteme. Wenn jede*r nur an sich selbst denkt ist ja auch an alle gedacht.

      • @Ingo Bernable:

        Offenbar scheinen Sie, in Übereinstimmung mit dem Herrn Philosophen, der Ansicht zu sein, dass wir als Gesellschaft möglichst alles auf den Staat übertragen sollten und im Namen einer abstrakten, durch wen auch immer definierten "sozialen Gerechtigkeit" für Gleichheit durch Gleichmacherei mittels staatlicher Gewalt sorgen sollten.



        Falls Sie das nicht so meinen sollten, wäre es hilfreich, wenn Sie einmal kurz darlegen könnten, wer irgendwelche Philiosophen dazu ermächtigt hat, einer ganzen Gesellschaft ihre persönlichen Vorstellungen von Moral und Gerechtigkeit überzustülpen. Ich mag mich einfach nicht mit der Vorstellung anfreunden, dass ein einzelner Mensch unter dem Deckmantel des Nichtwissens aller anderen eine solche Macht erhält. Das scheint mir mit "Demokratie" nicht mehr viel zu tun zu haben. Nicht umsonst bemüht der Herr Philosoph die Französische Revolution als Vorbild und verschweigt dabei geflissentlich, dass die Gleichheit der Bürger vor dem Gesetz in erster Linie durch "Madame Guillotine" (ca. 30.000 Hinrichtungen in weniger als zwei Jahren) erzwungen wurde.

        • @Olli P.:

          Warum sprechen sie mit despektierlichem Unterton vom "Herrn Philosophen"? Und wie kommen sie zu der absurden Einschätzung er würde allen anderen etwas "überstülpen"? Der Mann ist Professor für Philosophie und formuliert einen Vorschlag dazu wie wir uns seiner Meinung nach als Gesellschaft gerechter organisieren könnten und unterfüttert seinen Standpunkt - anders als sie übrigens - mit guten Argumenten. Darin kann ich so ganz und gar keinen Akt übergriffiger Herrschaftsausübung erkennen. Und ich würde auch recht gute Chancen dafür sehen, dass sich eine Reform des Erbrechts implementieren lassen sollte, ohne dass man das mit der Guillotine durchsetzen müsste. Die braucht es bei Einkommens- oder Kapitalertragssteuer ja auch nicht.



          Der "veil of ignorance" (Rawls) ist übrigens ein etabliertes und anerkanntes Gedankenexperiment in der Gerechtigkeitstheorie. Vielleicht relativieren sich ihre Zweifel an den hier dargelegten Standpunkten je etwas wenn sie sich selbst einmal hinter diesen Schleier begeben.

  • Hm, also mir scheint, dass der gute Herr Gosepath einfach mal eine (bei Linken natürlich gut ankommende) schlichte Forderung in den Raum geworfen hat ("Erbschaft gehört abgeschafft"), um dann durch ganz viele Relativierungen selbst zum Ergebnis zu kommen, dass das mit dem Erbschaft abschaffen zumindest für Menschen mit eher geringem sozioökonomischen Status vielleicht nicht die allerbeste Idee ist und man deshalb ja doch eine Freigrenze von beispielsweise 500 000 € einführen könnte oder eine willkürliche (Wert)-Obergrenze für symbolische Gegenstände festlegen könnte. Andererseits braucht man diese radikalen Forderungen natürlich, um mit der eigenen politischen Haltung auch medial durchzudringen, denn eine differenzierte Haltung möchte ja scheinbar kaum einer hören und verschafft vor allem weniger Klicks und Likes im Netz. Interessant, dass die TAZ dieses Spiel der Aufmerksamkeitsökonomie tatsächlich mitspielt. Ergänzt wird seine etwas weltfremde Forderung mit einem nicht durchdachten Konzept bezüglich der Kapitalflucht: So geht der Philosoph in einer irgendwie rührenden Naivität davon aus, dass die (zukünftigen) Erben einfach hier bleiben, dank der demokratischen Grundstruktur und einer "sicheren Welt", in der man nicht in sogenannten Gated Communities leben muss - tja, aber all das gibt es nicht nur in Deutschland sondern auch in anderen Staaten in denen die Erbschaftssteuer teilweise noch einmal deutlich niedriger als in Deutschland ist! Wie das jetzt ein Argument gegen eine mögliche Kapitalflucht sein soll, ist mir offen gesagt ein ganz großes Rätsel - dass das allerdings von der TAZ wie so vieles fragwürdige in diesem Interview nicht hinterfragt wird, war allerdings zu erwarten gewesen. Schade!

    • @Strassromm:

      Doch, doch ... ich glaube durchaus, daß die allermeisten in Deutschland Geborenen bis auf weiteres ganz gerne hier bleiben wollen. Bei allem Niedergang ist es zuhause doch schöner als anderswo. Ich vermute mal, daß auch Reiche das im Prinzip ähnlich sehen. Obwohl ich keine kenne, erfreulicherweise.

  • Also, das ist an vielen Stellen ziemlich undurchdacht, und aus meiner Sicht auch inkonsequent. Die Forderung nach der Abschaffung der Erbschaft ist im Übrigen auch eine (man könnte sogar sagen: die) Kernforderung des Manifestes der kommunistischen Partei. Angesichts dessen ist es schon einigermaßen bemerkenswert, wie wenig das Problem der Firmenerbschaften hier zur Sprache kommt, und wie merkwürdig die vorgeschlagenen Konzepte dazu sind:



    "Erben bekommen das Unternehmen, dürfen es aber nicht verkaufen und so entfällt der finanzielle Anreiz, die Firma nach ein paar Jahren zu kapitalisieren."



    Was bedeutet, sie dürfen es nicht verkaufen? Niemals? Erst nach 10 Jahren? Später wird auch der Vorschlag geäußert, das Eigentum quasi in Genossenschaftseigentum zu überführen, also zu vergesellschaften - wie passen diese Vorschläge zusammen? Und wieso beruft sich derselbe Interviewte an anderer Stelle auf sein "marktwirtschaftliches Denken", wenn es hier offensichtlich nicht zur Anwendung kommt?

    Ich hätte nichts gegen eine sozialistische Erbschaftspolitik. Man sollte aber so ehrlich sein und das auch so nennen und ansprechen. Man sollte sich aber hüten, zu glauben, damit alleine seien die Probleme der Ungleichheit massiv vermindert oder gar behoben. Zudem fehlt hier ein Konzept, wie damit umgegangen werden soll, wenn bestehendes Eigentum einfach zu Lebzeiten des "Vererbenden" verschenkt wird.

  • Der Traum von Utopia .. der leider nur im Traum funktioniert.

    Die Umverteilung von Reich zu Arm funktioniert nicht, da eine Gleichmachung der Lebensumstände lähmend für eine Gesellschaft ist. Es gibt keinen Antrieb mehr, mehr zu leisten als andere. Aus reiner Leidenschaft Herzchirurg werden oder bei der Müllabfuhr arbeiten?

    Auch die Idee mit der verstärkten staatlichen Investition krankt an der Realität. Wenn der Staat mehr Geld zur Verfügung hat, macht er damit nicht automatisch gute Dinge. Durch mehr Erbschaftssteuern wird es nicht einfach bessere Schulen oder besseren ÖPNV geben.

    Und schaut man sich in der Tierwelt um, welche ohne Erbschaften und ohne staatliche Steuern daher kommt, dann muss man feststellen, dass die Natur alles andere als gerecht ist. Das Gegenteil ist eher der Normalfall.



    Da wir gemeinhin klüger als Tiere sind, konstruieren wir uns unsere Gesellschaft nach einem gewissen Idealbild. Und offensichtlich gehört Erben mit dazu.

    • @Mopsfidel:

      wat das fürn quark. war dir wirklich so langweilig?

  • "Einerseits baue ich darauf, dass bestimmte Familienunternehmen eben stolz sind, hier zu sitzen und eben nicht in China zu produzieren. Andererseits lebt es sich in einer demokratischen Gesellschaft mit einer fairen Grundstruktur besser. Schon jetzt leben Reiche lieber hier, obwohl sie im Prinzip steuerflüchtig werden könnten."

    Sorry, beim Besten Willen. Aber hier hab ich aufgehört zu lesen. Ich seh auch Ungerechtigkeiten beim Erbschaftsrecht und bin ebenfalls für eine stärkere Besteuerung von Großvermögen.



    Aber bei solchen Sätzen ziehts mir die Schuhe aus. Glaubt der Mann das wirklich selbst oder haut er sonen Satz raus, weil er gar keine Antwort auf diese Diskrepanz zu seiner These geben will?

    • @Deep South:

      "Wie vermeiden wir die Nachteile einer Erbschaft – nämlich, dass Machtpositionen und Geld als reiner Zufall vererbt werden – und erhalten den Betrieb trotzdem? Eine Möglichkeit: Erben bekommen das Unternehmen, dürfen es aber nicht verkaufen und so entfällt der finanzielle Anreiz, die Firma nach ein paar Jahren zu kapitalisieren."

      Andere und bessere Möglichkeit: die Firmen gehören nicht einer oder wenigen Personen, sondern der Belegschaft. Ich habe selbst in einer Firma (GmbH) gearbeitet, in der ein Teil der Firma den MitarbeiterInnen gehörte. Die Motivation der Angestellten war enorm. Und die Firma funktionierte besser als jetzt, wo sie unter die Fittiche einer Großkonzernmutter genommen wurde.

    • @Deep South:

      Verstehe ich nicht. Was ist falsch an der Annahme, dass Reiche lieber in EU, USA etc. leben als in der Sahel-Zone oder ähnliches? Selbst die Ölmilliardäre der Saudis fahren zum Shoppen, für Arztbesuche und in den Urlaub hierher.

      Was die Produzierenden angeht, gibt es freilich die übliche Erpressung "wenn ihr mich nicht noch mehr pempert, gehe ich eben ins Ausland bzw. kostet das Arbeitsplätze". Aber zur Gerechtigkeit gehört natürlich, dass die Gesellschaft nur wirklich funktioniert, wenn keine Möglichkeiten da sind, die Ungerechtigkeit woanders auszuleben - sprich: Lohnsklaverei in anderen Ländern zu betreiben.

      Super einfach ist das Problem natürlich nicht, aber ich glaube nicht, dass er das so simpel sieht. Dafür ist im Detail nur so ein Interview natürlich viel zu kurz.

      • @Jalella:

        "Verstehe ich nicht. Was ist falsch an der Annahme, dass Reiche lieber in EU, USA etc. leben als in der Sahel-Zone oder ähnliches?"

        Und was hat Vermögensanlage mit dem Wohnort zu tun? So naiv kann man doch gar nicht sein, zu glauben, dass das Kapital nicht dorthin abwandert, wo es nicht einkassiert wird?



        Dafür muss niemand in die Sahelzone ziehen. Es gibt unzählige Möglichkeiten Vermögen und Gewinne im Ausland anzulegen.

  • Der volkswirtschaftlich verheerende Effekt wäre, dass Menschen gar nicht das Gefühl bekommen würden, dass sie überhaupt Eigentum haben



    Denn der Tod kann einem ja jederzeit treffen und es ist dann emotional für einen in Ordnung, wenn die Kinder das eigene Eigentum bekommen

    Wenn aber dann der Staat das Eigentum bekommt, hat man nicht das Gefühl, dass es einem wirklich gehört

    Wozu sollte man also überhaupt Vermögen aufbauen?

    Wozu ein Haus bauen? Wozu einem Betrieb aufbauen? Wozu irgendetwas erschaffen, wenn man es nicht an seine Kinder weitergeben kann?

    Da würde man dann doch viel eher auf den Gedanken kommt. Ich baue kein Haus, sondern ich miete mir nur eine Wohnung und haue die gesparte Tilgungsrate lieber auf den Kopf oder gehe weniger arbeiten

    In einer Gesellschaft ohne Erbe würde kaum noch gespart und damit auch nicht mehr investiert werden

    • @Paul Rabe:

      "In einer Gesellschaft ohne Erbe"



      Wieso "ohne Erbe"?

      Bei einem Freibetrag bei der Erbschaftssteuer von 500.000 € würde das "durchschnittliche" Vermögen (laut Bundesbank im Jahr 2021 bei etwas über 300.000 € pro Haushalt, laut DIW im Jahr 2017 bei ca. 100.000 € pro Person) steuerfrei vererbt werden.

      Wer bei 500.000 € auf dem Konto nicht das Gefühl hat, "überhaupt Eigentum" zu haben, ist doch irgendwie schief gewickelt.

    • @Paul Rabe:

      Ihre Schlussfolgerung ist nicht korrekt. Eine Sparquote von Null hätte eine massiv prosperierende Wirtschaft zur Folge weil durch den gesteigerten Konsum mehr Waren produziert werden müssten.



      Ob die Unternehmen dann hier oder lieber in China investieren würden für die Produktion steht dann auf einem anderen Blatt.

      • @Tom Farmer:

        Und wie verträgt sich eine angeblich massiv prosperierende Wirtschaft mit den Notwendigkeiten eines Konsumverzichts zugunsten des Klimas, des Kampfes gegen Erderwärmung, gegen noch mehr CO2-Ausstoß, gegen eine immer stärkere Ausplünderung der natürlichen Ressourcen?



        "You can't have the cake AND eat it!"

      • @Tom Farmer:

        Nein. Wenn der Staat meine Vermögenswerte beansprucht die über eine Erbschaftssteuer hinausgeht wird man schon im Vorfeld Mittel und Wege finden Vermögenswerte am Staat vorbei in Sicherheit zu bringen. Unbekannte Vermögenswerte können schließlich auch nicht beansprucht werden.

        Gott sei Dank wird das Philosophieren von Herrn Gospath reine Wolkenmalerei bleiben.

      • @Tom Farmer:

        Interessante Theorie. Mich würde interessieren, wie in ihrer prosperierenden Welt mit einer Sparquote von null die für den erhöhten Konsum erforderlichen Kapazitätssteigerungen finanziert werden sollen. Denn mal frei nach Keynes: Savings = Investitionen.

        • @SlyLovepony:

          Nix interessante Theorie!



          Das ist das tägliche Einmaleins jeder Notenbankentscheidung via Zinssatz Konsum und Investition zu steuern und somit Wirtschaftsaktivtät und Inflation. Nobelpreise gab's dafür auch, für diese 'interessante Theorie'.

          • @Tom Farmer:

            Ihre These war nicht generell die Einflussnahme von Notenbanken auf Wirtschaftsaktivität und Inflation (die niemand ernsthaft in Frage stellen würde) sondern die Behauptung, dass eine Sparquote von 0 eine extrem prosperierende Volkswirtschaft zur Folge hätte. Der zentrale Zusammenhang aus Ersparnissen und Investitionen bleibt auch in unseren modernen Volkswirtschaften bestehen. Gehen Banken die Einlagen aus, gibt es auch nichts mehr zu verleihen (siehe SVB).

    • @Paul Rabe:

      Wenn das so wäre, müssten sich dieser Verhaltensweisen ja auch heute schon bei Kinderlosen beobachten lassen. Das ist aber nicht so, denn natürlich gibt es auch Gründer*innen, Bauherr*innen und Vermögende ohne Erben oder sogar solche etwa lieber eine Stiftung oder NGO bedenken als die eigenen Kinder.

      • @Ingo Bernable:

        Ob das Erbe an die eigenen Kinder oder an eine Stiftung geht, ändert doch nichts an der grundsätzlichen Haltung: es soll nicht in die Hände der Allgemeinheit fallen sondern einem genau definierten Personenkreis zugute kommen.

        • @Mopsfidel:

          Ich würde zwischen privatem und gemeinnützig eingesetztem Kapital schon noch einen erheblichen qualitativen Unterschied sehen.

  • "Das Vorbild ist die Französische Revolution. "

    Ach so ist das. Und genau wie in der Französischen Revolution setzen wir uns einfach zusammen und planen Gerechtigkeit für alle. Oder eben Omas Häuschen für alle.

    Die Adligen damals fanden das auch richtig gut, also wurde es so gemacht und alle waren damit zufrieden und glücklich.

    Wie das eben bei Revolutionen so läuft.

    • @Jim Hawkins:

      Allerdings ging dieser Revolution auch eine gut 200-jährige Debatte darum voraus ob Tyrannenmord legitim sei oder ob es in der gottgewollten Ständeordnung eben untertänige Pflicht sei die Grausamkeit von Despoten über sich ergehen zu lassen. Reden wir also nochmal 100 Jahre übers Erben, dann wird sich schon langsam die Einsicht durchsetzen, dass es so wie es ist doch eigentlich ziemlich ungerecht und unfair ist.

      • @Ingo Bernable:

        Freilich ist es ungerecht und unfair.

        Wie sollte es ausgerechnet bei dem Vererben von Vermögen in einer kapitalistischen Gesellschaftsordnung, die per se ungerecht und unfair ist, anders sein?

        Und: Ich bin mir nicht sicher, ob die Sans Culottes erst 200 Jahre diskutiert oder sich auf diese Diskussion bezogen haben, bevor sie ihren Gesang angestimmt haben:

        "Ah! ça ira, ça ira, ça ira,



        Les aristocrates à la lanterne!



        Ah! ça ira, ça ira, ça ira,



        Les aristocrates on les pendra!"

        Revolutionen sind ja eher etwas Eruptives und nicht so eine Bubblegum-Wissenschaft wie in diesem Interview.

  • Ich habe diesen Beitrag schnell überflogen, aber, ja , für mich als mittlerweile mittfünfziger ziemlich alter weisser Mann steht schonmal fest: vererbt wird nichts, es muss beim Ableben von mir und meiner Frau soviel Geld vorhanden sein, uns unter die Erde zu bringen, keines meiner Kinder soll deswegen in finanzielle Schwierigkeiten geraten, fertig, mehr nicht, alles andere schafft nur Ärger.



    Und wen ich mit meiner tollen Immobilie, Baujahr 1919 "beglücke, die Kiste schreit ja alle fünf Minuten nach Reparatur und Sanierung, ja, diese Gemeinheit überlege ich mir noch...

    • @Andreas Horn:

      Bei mir ist es genau anders herum: ich habe in meinem bisherigen Erwerbsleben so viel wie möglich an die Seite geschafft, damit meine Kinder möglichst gute Startbedingungen haben. Hätte ich keine Kinder, täte ich das Geld sinnlos verprassen.

      • @Tom Tailor:

        Aus der Startphase sind die Kinder bereits weitgehend raus, stehen alle bereits mit beiden Beinen fest im eignen Leben, von daher darf ich so denken wie oben beschrieben.

  • "Erbschaft gehört abgeschafft. Es ist eine ungerechte Lotterie, weil es der pure Zufall ist, ob ich reiche Eltern hatte oder nicht. Erbschaften verletzen wesentlich die Chancengleichheit. Auch wenn man in Deutschland meistens erst ab 50 bis 60 erbt und die Berufslaufbahn da eigentlich schon gelaufen ist, sind Erbschaften Chancen, weil sie ja wissen, dass sie ein Sicherheitsnetz haben oder schon vorher davon profitieren."

    Richtig. Allerdings mit einer Einschränkung: Wenn genügend Vermögen da ist, dann erbt man nicht erst mit 50 oder 60, sondern vorab vielleicht schon mit 20 oder 30. Eine StudentIn, die in Mamas Dritt-Wohnung in der Unistadt ihrer Wahl lebt, mit einem Auto und ordentlich "Taschengeld", die wird sich sicherlich anders entwickeln, als eine StudentIn, die neben dem Studium noch arbeiten gehen muss.

    Und wenn man weiß, das einem nach gelungener Ausbildung ein Haus ohne Bank von zu Hause finanziert werden kann, ja dann ist man schon etwas anders drauf, als jemand, der es gerade mal schafft die Miete für die Familie zusammen zu bekommen.

    Schenkungen sind doch bereits das neue Erben.

    • @Jeff:

      "Da argumentierten Anrufer damit, dass es doch ein Zufall sei, dass ihre Immobilie am Ammersee liegt und jetzt 2 Millionen wert ist und sie deswegen jetzt Steuern zahlen müssten."

      Dass ich einfach Steuern zahlen muss weil ich etwas besitze, ist schlicht Diebstahl von staatswegen. Dass ich Steuern zahle, wenn ich das kaufe/verkaufe: logisch. Aber doch nicht einfach für den schlichten Besitz. Für die Infrastruktur, die ich damit nutze (Straßen, Wasser, Strom, Heizung), zahle ich ja auch noch, sonst wäre die ein Grund. Da zockt der Staat einfach nur ab.

    • @Jeff:

      Das schreibt er ja auch ein paar Sätze weiter, dass die Kinder von Reichen natürlich schon da von den stark besseren Bedingungen profitieren.

      • @Jalella:

        Schon klar. Allerdings denke ich, dass es hier nicht nur um bessere Bedingungen geht, sondern eben auch um de facto vorgezogene Erbschaften (oder Schenkungen, oder Nutzungsrecht etc.). Es geht nicht nur um Unterstützung, sondern bereits gesichertes Leben, bevor man überhaupt eigenverantwortlich beginnt zu handeln.

  • Sehr interessante Denkanstöße! Danke fürs Interview.



    Widersprüchliches sehe ich in der einerseits beklagten Individualisierung des Erbes innerhalb der Vererberfamilie aber dann einem Nichtvertrauen in die Stärke eines Individuums im Falle Umverteilung... (kauft sich einen Porsche vom Staats-Erbe und klebt am Baum). Ich bin ein großer Fan vom individuellen Staatserbe und sehe es äußerst kritisch abgeschöpfte Erbmassen in allgemeine Infrastrukturen via Staatslenkung zu verwenden. Geld wäre jetzt schon genug da und der Staat könnte vieles besser machen, schafft das aber nicht.



    Die zentrale Frage ist doch, warum schaffen es erfolgreiche Familien erfolgreich zu bleiben. Und was kann man daraus lernen um ein Staatserbe auch für andere Familien erfolgversprechend zu verteilen. Letztlich benötigen wir eine Qualifizierung der Erben, damit eben nicht ein Porsche gekauft wird und das Geld unproduktiv versackt. Eine verpflichtende Erbenschule: Geldanlage verbessern, Geschäftstüchtigkeit erhöhen, .... als Begleitende Staatserbe Erbschaftsvetpflichtung. Wenn dann lieber doch der Porsche konsumiert wird...egal, jeder hatte seine Chance.



    Ich denke nach wie vor, dass es auch von der Bevölkerung eher gutiert wird, Erbe abzuschaffen wenn jeder direkt was bekommt. Im Staatshaushalt namenlos verschwindendes Geld, da hat jeder die Nase voll ... zumindest derzeit.



    Übrigens, Merkposition seit Weizsäcker: Wir haben nur einen Weltkrieg verloren, bei dem anderen wurden wir befreit.

    • @Tom Farmer:

      ...und was sagte ihr Herr Weizsäcker zu den Siegermächten ?

    • @Tom Farmer:

      "Die zentrale Frage ist doch, warum schaffen es erfolgreiche Familien erfolgreich zu bleiben. "



      Weil der Teufel immer auf den größeren Haufen scheißt. Geld folgt Geld.

      • @Django:

        Das ist allenfalls nur in Teilen richtig. Es gibt immer eine erste Generation die den Aufstieg schafft. Irgendwann in der Vergangenheit war einer der Vorfahren ebenfalls arm.



        Die Frage ist was war damals passiert, dass der das geschafft hat!? Dass der dann seine Gaben, Talente und auch Firma weitergibt ist für mich zunächst nicht verwerflich, ggf. sogar hilfreich gesamtwirtschaftlich.



        Die Frage ist also eher anders zu stellen: Wie kann eine ökonomische Gesellschaft so durchlässig sein dass die talentierten, leistungsbereiten.... es ebenfalls schaffen können. Erst dann ist eine Gesellschaft erfolgreich wenn sie das möglichst effektiv ermöglicht.



        Provokation: Nicht jeder ist zum Innovator oder Firmengründer oder Wissenschaftler geeignet. Hier für gar jedeN KandidatInn mit der Gießkanne scheinbare Chancengleichheit mit viel Aufwand und Geld bereitstellen ... naja. Wäre nett, aber unrealistisch.

        • @Tom Farmer:

          ...die " Leistungsbereiten " wie Sie Menschen nennen - die es auf Kosten anderer " geschafft " haben...ganz einfach - jeder der es " schaffen " will - lässt ordentlich andere Leutz für sich arbeiten...dann sollten sie es auch schaffen - ihre " Leistungsbereiten "...

          • @Alex_der_Wunderer:

            Wieso gehen Sie pauschal davon aus, dass jede einzelne Person mit Wohlstand diesen auf Kosten anderer Menschen erlangt hat?



            Dem folgt ja das alle Menschen gleich kompetent und diszipliniert sind und dementsprechend der einzige Unterschied im Wohlstand daher kommen kann, das man anderen mehr oder weniger wegnimmt.

  • Ich habe beim Tod meines Vaters keinen Cent geerbt, habe aber trozdem ein Haus von ihm bekommen.

    Vermögen lässt sich auch ohne Erbschaft übertragen.

    In meinem Fall war es nicht um die Steuer zu umgehen oder ähnliches sondern einfach außergewöhnliche (familienzpezifische) Umstände.

    Dies wird bereits rigoros praktiziert.

    Erbe und Geld sind ein Keil der so manche Familienidylle zerplatzen lässt.

    Fragen Sie einen Anwalt für Familienrecht.

    Da ist nichts mit "Kitt".

  • Gut der Mann. Full ACK.