piwik no script img

Eine junge Frau mit Smartphone am Strand. Freies Internet gibt es in Kuba nicht Foto: Alexandre Meneghini

Kubas frustrierte JugendMangel im Paradies

Hinter der karibischen Postkartenkulisse verbirgt sich eine kaputte Wirtschaft und eine restriktive Regierung. Junge Menschen wandern aus.

Shoko Bethke
Von Shoko Bethke aus Havanna

D ie Tankanzeige steht auf null. Dennoch rast das Auto mit hohem Tempo über die Asphaltstraße. Mit welcher Geschwindigkeit, kann man nur schätzen, denn auch die Tachonadel zeigt null. Lediglich Blinker und Stereoanlage funktionieren. Der Fahrer des lilafabenen Jeeps, der sein Geld hauptsächlich damit verdient, Tou­ris­t:in­nen von einer Stadt in die andere zu fahren, antwortet auf die Frage, woher er denn wisse, wann es Zeit zum Tanken sei, ein wenig erstaunt: Er verlasse sich eben auf sein Gehör – und sein Zeitgefühl.

Sonnenstrahlen fallen auf die Landstraße, die Havanna und Trinidad verbindet. Es ist früh am Morgen eines Dezembertages, trotzdem beträgt die Außentemperatur schon jetzt über 20 Grad. Meilenweit schweift der Blick über Zuckerrohrplantagen, ab und zu steht ein einzelner Verkäufer am Straßenrand und bietet Obst und Gemüse an.

Dass ein Auto in Kuba auch einfach mal liegen bleibt, wenn der Tank leer ist, das sehen sie hier häufiger – und der Grund sind nicht nur kaputte Tankanzeigen. Auf dem Inselstaat in der Karibik ist Benzin knapp. Grund ist ein US-Embargo, das im Jahr 1960 verhängt wurde und seither gilt – auch wenn es vor einigen Jahren Lockerungen bei den Handelsbeschränkungen gab, ist es dennoch das weltweit am längsten bestehende Wirtschaftsembargo. Auf der Insel mangelt es nicht nur an Benzin, sondern an allen möglichen Waren des täglichen Bedarfs.

Ihre Worte sollen in der Zeitung stehen

Silvana ist Anfang dreißig und arbeitet im Kulturbetrieb. Ihren richtigen Namen will sie wegen ihrer kritischen Haltung gegenüber der Regierung nicht in der Zeitung lesen. Aber reden will sie: Es ist ihr wichtig zu sagen, dass das Bild, das anderswo von Kuba vermarktet wird – das sonnige Touristenparadies –, nicht stimmt.

Silvana sitzt draußen auf der Dachterrasse eines Veranstaltungsortes in Havanna, am Rande des „Festival Internacional de Música Electrónica“ – eines Festivals für elektronische Musik. Zur Eröffnung tritt eine Gruppe von Tän­ze­r:in­nen auf die Bühne, sie performen Hiphop und Breakdance, avantgardistisch gekleidet in Kleider, die aus Stroh gefertigt sind.

Wird mal ein Produkt angeboten, ist gleich das ganze Regal damit befüllt – zum Beispiel mit Babywindeln

Silvana, die auf der Dachterrasse im ersten Stock sitzt, trägt eine helle Bluse mit Blumenmuster. In der einen Hand hält sie einen Drink, ihre knallrot geschminkten Lippen umschließen den Strohhalm. Die meisten ihrer Freunde, sagt sie, würden in die USA wollen. In Kuba halte sie wenig.

Tatsächlich ist der Weg in die USA für Ku­ba­ne­r*in­nen etwas leichter als für Bürger anderer lateinamerikanischer Staaten. Seit der Cuban Adjustment Act am 2. November 1966 in Kraft getreten ist, genehmigen ihnen die Vereinigten Staaten einen dauerhaften Aufenthalt, wenn sie sich seit mindestens einem Jahr auf dem Boden der USA befinden.

Asyl in Mexiko und USA

1994 erklärten sich die USA zudem bereit, jährlich mindestens 20.000 Ku­ba­ne­r:in­nen legal aufzunehmen. Mittlerweile gehen viele Ku­ba­ne­r:in­nen aber auch nach Mexiko, was dort zu einem Anstieg an Asylanträgen führte – allein 2022 beantragten dort über 2.000 Menschen aus Kuba Asyl, in 69 Prozent der Fälle werden sie genehmigt, wie die US-amerikanische Menschenrechtsorganisation Wola darlegt.

Anders in Deutschland: Im Jahr 2022 beantragten 187 Ku­ba­ne­r:in­nen Asyl, in 94 Fällen wurden Entscheidungen getroffen. Insgesamt wurden fünf Asylanträge genehmigt, zwei weitere wurden als Geflüchtete anerkannt. 55 hingegen wurden abgelehnt, sagt die Statistik des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge.

Viele können sich ein Leben auf Kuba nicht mehr vorstellen und flüchten in die USA oder nach Mexiko Foto: Ramon Espinosa/ap

Auch Silvana sagt, sie wolle früher oder später das Land verlassen, um sich irgendwo anders ein neues Leben aufzubauen. Doch jetzt haben sich die jungen Menschen erst mal im Westen der Hauptstadt versammelt, um das Wochenende zu feiern. Teil des Musikfestivals ist auch eine Kunstausstellung. Sie zeigt für kubanische Verhältnisse durchaus untypische Kunst.

Eine Bilderreihe, die vom Stil an die Schablonen-Graffiti des britischen Streetart-Künstlers Banksy erinnert, zeigt nackte Männer; einer klammert sich an das Bein eines bekleideten Polizisten. Darüber stehen die Worte: „Oye Policia Pinga“, kubanischer Slang für „Fuck the Police“. Auf dem Oberarm des Nackten ist ein Tattoo mit dem Gesicht des legendären kubanischen Revolutionsführers Che Guevara abgebildet.

Freiheit in der Kunst genauso beschränkt

Diese Freizügigkeit ist deshalb ungewöhnlich, wie auch Silvana sagt, weil die kubanische Regierung unter der Führung des Staatspräsidenten Miguel Díaz-Canel durchaus restriktiv gegen kritische Meinungsäußerungen vorgeht – auch in der Kunst. Ende 2018 wurde das sogenannte Dekret 349 erlassen: Künst­le­r:in­nen müssen sich in Kuba ihre Kunst vom Staat genehmigen lassen. „Die Regierung drang auch in die Häuser der Künstler ein und nahm Werke mit“, sagt Gabriele Stein von Amnesty International. „Viele Künstler haben dagegen protestiert. Es ist ja keine Meinungsfreiheit, wenn alles genehmigt werden muss.“

Der letzte große Protest gegen diese restriktive Regierungspolitik liegt schon etwas zurück: Am 11. Juli 2021 riefen Oppositionelle zu einer Demonstration auf. Stein erklärt, dass der Aufstand damals auch mit Corona und der wirtschaftlichen Lage zu tun hatte: „Der Tourismus, eine der Haupteinnahmequellen für die Wirtschaft, brach weg.“

Infolge der Proteste wurden 1.400 Menschen inhaftiert, darunter auch Jugendliche unter 18 Jahren. Die Menschen kämen auch nicht mehr nach einigen Tagen oder maximal einigen Monaten wieder auf freien Fuß, sagt die Menschenrechtsaktivistin. Die Regierung verhänge mittlerweile auch jahrelange Haftstrafen.

„Das Einzige, das in diesem Land gut ist, ist das kostenlose Bildungssystem. Das nutzen alle aus, um dann später ins Ausland zu flüchten“, erklärt Silvana. „Dieses Land stirbt“, ist sie überzeugt. „Junge Menschen gehen, und es kommt kein Nachwuchs nach. Warum auch? Es gibt keinen Grund, Kinder zu bekommen. Kuba bietet ihnen keine Perspektive.“

Die Geburtenrate beträgt 0,89 Prozent

Tatsächlich ist Kuba mit mehr als elf Millionen Einwohnern der bevölkerungsreichste Staat in der Karibik. Doch die Geburtenrate geht stetig zurück: Lag sie 1961 bei 3,33 Prozent, betrug sie 2022 nur noch 0,89 Prozent. Gleichzeitig bleibt die Auswanderungsquote in die USA sowie in andere Staaten hoch. Allein im Jahr 2021 sind laut Angaben des Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen 21.821 Menschen aus Kuba geflüchtet. Das hat viele Gründe: das US-Embargo, das praktisch keinen Handel zulässt, die fehlenden demokratischen Rechte und die mangelhafte Pressefreiheit. Auf der Rangliste von Reporter ohne Grenzen belegte der Inselstaat 2022 Platz 173 von insgesamt 180 Staaten – hinter Russland, Saudi-Arabien, Syrien und dem Irak.

In der kubanischen Verfassung ist der Alleinherrschaftsanspruch der Kommunistischen Partei festgeschrieben; seine Legitimität beziehen Partei und Staat aus der Revolution im Jahr 1959 unter Fidel Castro. Ein Jahr später folgte das US-Handelsembargo – in der Erwartung, dass sich das kommunistische Regime unterwerfe. Lange Jahre wurde der Staat von der Sowjetunion unterstützt, doch mit Ende des Kalten Krieges brach Kubas Schutzmacht weg. Einzig auf sein kostenfreies Erziehungs-, Gesundheits- und Bildungssystem ist das Land stolz.

„Das Geld kommt aus dem Staatshaushalt“, erklärt Bert Hoffmann, Politikwissenschaftler und Kuba-Experte. Von den Zuckerrohrbetrieben bis hin zu den staatlichen Hotels sei der Staat der größte wirtschaftliche Akteur. Doch nur ein kleiner Teil davon werde durch Steuereinnahmen gegenfinanziert. „Es kommt zu Medikamentenmangel, es gibt kaum Investitionen in die Sanierung von Gebäuden, und auch die Löhne sind nicht mehr so viel wert wie früher.“

Die kostenlosen Schulen leiden unter Lehrkräftemangel. Viele Fachkräfte seien emigiriert und versuchten, in der besser zahlenden Privatwirtschaft einen Job zu bekommen, erklärt der Politikwissenschaftler. „Bildung und Gesundheit haben längst nicht mehr die Qualität, die sie vor 20 Jahren noch hatten.“

Was Hoffmann positiv sieht mit Blick auf die zurückliegenden Pandemiejahre: „Kuba hat erfolgreich einen eigenen Corona-Impfstoff entwickelt, als eines der wenigen Länder überhaupt. Kuba hat auch eine beispielhafte Impfkampagne geschafft, und so eine Leistung muss auch anerkannt werden.“

Palmen, Sonne, Strand gegen Wasser- und Strommangel

Silvana sagt, auf der einen Seite gebe es das Bild Kubas, das wie aus einer Postkarte entsprungen scheint: fabelhafte Strände, Palmen, Sonne, Rum, Zigarren und bunte Oldtimer wie aus einem Hollywoodfilm. Es ist ein Bild Kubas, das exklusiv für Tou­ris­t:in­nen bestimmt ist.

Künst­le­r:in­nen müssen sich in Kuba ihre Kunst für gewöhnlich vom Staat genehmigen lassen. Die Regierung geht gegen kritische Meinungen scharf vor

Auf der anderen Seite existiert das Kuba der Einheimischen: ohne Strom und Wasser, ohne Medikamente, mit stark eingeschränktem Zugang zum Internet, ohne freie Meinungsäußerung oder freie Presse – und mit einer Hauptstadt, in der es in den Läden mitunter nicht mal Toilettenpapier zu kaufen gibt.

Hinzu kommt ein massives Inflationsproblem seit der Coronakrise, die in Kuba wegen des ausbleibenden Tourismus eben auch eine Wirtschaftskrise war: Lag der Wechselkurs des kubanischen Peso vor der Pandemie bei 1 Euro zu 25 Pesos, liegt er heute bei 1 zu 130. Auf dem Schwarzmarkt ist der Euro sogar 160 bis 170 Pesos wert.

„Die Linken, die hier Urlaub machen und sagen, Kuba sei so ein tolles, kommunistisches Land, sollen erst mal nach kubanischem Standard leben. Dann werden sie schon sehen, ob sie es hier wirklich so toll finden“, sagt Roberto. Seine Stimme ist laut, Arme und Oberkörper schwingen beim Gestikulieren immer wieder wild durch die Luft.

Im Lidl einkaufen zu können ist ein Luxus

Ähnlich wie Silvana ist auch Roberto Anfang 30. Und auch er möchte nicht mit richtigem Namen in der Zeitung stehen. Er arbeitet in einem Hotel und hat viel mit ausländischen Gästen zu tun. An der Wand der Hotellobby hängen mehrere gerahmte Porträts von Menschen, die eine Grimasse ziehen. Auch Roberto zieht häufig eine Grimasse, insbesondere, wenn er über sein Land schimpft.

„Ich wollte, dass meine Frau zwei Packungen Salz kauft!“, ruft er. „Das kann doch nicht so schwer sein, wir sind umgeben von Salzwasser. Es ist kein Hexenwerk, einfach ein bisschen Wasser zu nehmen und es in die Sonne zu legen. Von beidem haben wir genug!“ Doch Salz war praktisch nirgends zu finden – ähnlich wie alles andere, das es in Kuba nicht zu kaufen gibt.

„Ihr könnt euch nicht vorstellen, was es für ein Luxus ist, in einen Supermarkt gehen zu können und diese ganze Warenvielfalt zu haben“, sagt Roberto. Er hat als Kind einige Jahre in Europa verbracht. „Es ist unglaublich. Die Regale sind voll, und du kriegst alles, was du brauchst.“

Roberto spricht fließend Englisch, zusätzlich noch Französisch und Deutsch. Dabei sind Fremdsprachenkenntnisse nicht die Regel – die meisten Ku­ba­ne­r:in­nen sprechen nur kubanisches Spanisch. Roberto ist Fan des Fußball-Bundesliga-Clubs FC Bayern, in seiner Wohnung hängen mehrere Schals und eine Mütze mit den entsprechenden Logos.

Am Fenster neben der Eingangstür hängt außerdem eine große Deutschlandflagge. „Das hab ich nicht aufgehängt“, versichert er, das sei seine Putzkraft gewesen. Aber auch sonst liegen Gegenstände wie Schlüsselanhänger oder selbstgebastelte Schatzkisten in Schwarz-Rot-Gold im Raum verteilt. Seine Liebe zum FC Bayern hat sich irgendwann offensichtlich auf das ganze Heimatland des Fußballclubs ausgeweitet.

Robertos größter Traum ist es, in der Münchner Allianz-Arena ein Spiel der Bayern zu sehen, am liebsten mit einer Flasche deutschem Bier in der Hand, sagt er. Das Geld für einen Flug nach Deutschland habe er aber nicht beisammen, weshalb er bislang die Spiele nur im Fernsehen verfolgen konnte – und selbst das klappt nicht immer.

Leere Regale, leere Teller

Der Zugang zu Medien ist in Kuba regelmäßig durch Stromausfälle eingeschränkt. Auch fließendes Wasser ist keine Selbstverständlichkeit. Zusätzlich treffen auf Kuba wegen des Handelsembargos kaum Waren ein. Vereinzelt gibt es Geschäfte, die aussehen wie Supermärkte, doch bis auf Rum sind die Regale alle leer. Wird mal ein Produkt angeboten, ist gleich das ganze Regal damit befüllt – zum Beispiel mit Babywindeln oder Menstruationsartikeln. Dieser Warenmangel fühlt sich an wie die Situation in Deutschland kurz nach Beginn des Coronalockdowns 2020 – mit dem Unterschied, dass auf Kuba nicht nur Klopapier und Nudeln fehlen.

Gemüse vom Straßenhändler. In den Supermärkten bleiben die Regale oft leer Foto: Alexandre Meneghini

2021 unternahm Kuba eine Wirtschaftsreform, die mehr kleine und mittelständische Privatunternehmen zuließ. Seitdem gibt es an vielen Ecken in Havanna kleine Mini-Supermärkte. Die Einheimischen wissen, wo sie ihre Besorgungen machen können, bei welchen Händ­le­r:in­nen es Saft, Schokolade oder Brot zu kaufen gibt.

Der Mangel an Waren macht sich auch in Restaurants bemerkbar. In jedem Lokal bieten die Köche die gleichen Gerichte an, bestehend aus gebratenem Huhn oder Fisch mit Reis und ein wenig Gemüse – ohne Soße. Auch sonst existiert das meiste auf dem Menü lediglich auf dem Papier, auf Nachfrage bei der Servicekraft kommt stets nur eine Antwort zurück: „Das haben wir nicht da.“ Die Hoffnung auf ein wenig kulinarische Abwechslung schlägt fehl: Selbst in einem chinesischen Restaurant in der Chinatown Havannas sind das einzig Chinesische die Schriftzeichen auf der Speisekarte.

Muscheln oder Oktopusse finden sich lediglich in Form von Graffiti an der Wand. Auf den Straßen sieht man viele Menschen, die im Müll nach Essensresten und anderen brauchbaren Gegenständen suchen. Wenn sich Ku­ba­ne­r:in­nen etwas gönnen wollen, bilden sie meterlange Schlangen vor Eisdielen, die meistens nur eine Sorte anbieten. Das Schokoladeneis schmeckt wässrig, von Kakao ist kaum etwas zu spüren.

Nicht existierendes Internet selbst in Hotels

Während es an vielen Lebensmitteln mangelt, spart man zu manchen Angelegenheiten dennoch nicht an Pomp: Zur Weihnachtszeit hängen überall Plastikdekorationen, viele kleine Einzelhändler haben einen Tannenbaum auf ihrem Tresen stehen. Selbst am heißen Strand stehen zwei aufgeblasene Schneemänner und winken dem Ozean zu. In einem Garten in Havanna steht ein zwei Meter großer Weihnachtsmann. Ein junger Kubaner stellt sich lässig vor die Luftpuppe und posiert, sein Freund macht ein Foto von ihm.

Ob das Bild sofort in den sozialen Medien wie Ins­tagram landet? Jedenfalls muss man in Kuba lange nach einer Internetverbindung suchen. Überall dort, wo man Internet vermuten könnte – in Privatwohnungen, Hotels, Cafés – existiert ein Leben ohne World Wide Web. Tagsüber tummeln sich Menschen in Parks, wo die Regierung eine gedrosselte Verbindung zur Verfügung stellt.

Die andere Option, sich mit der Welt zu vernetzen, wären SIM-Karten – doch das Surfen ist auf zwei Gigabyte pro Monat begrenzt. Und die einzige Firma, die SIM-Karten verkauft, ist in staatlicher Hand. „Wir haben vermutlich das teuerste Internet weltweit“, sagt Silvana. Außerdem seien manche Webseiten blockiert und die Nutzung eines VPN, also eines virtuellen Netzwerks, erforderlich.

Serien über Streamingdienste zu schauen oder Musik zu streamen ist daher unmöglich. Doch die Ku­ba­ne­r:in­nen kennen ihre Mittel und Wege, um trotzdem auf dem neusten Stand zu bleiben. Silvana bekommt einmal pro Woche eine Festplatte vom Schwarzmarkt, ein „Package“, also ein Paket, wie sie es nennt.

Ein Mann liefert die Festplatte bis vor die Haustür und holt diese am nächsten Morgen wieder ab. Silvanas überschlagene Beine wippen leicht mit der Musik. „Wir haben alle Filme, Serien und Musik auf unserem Package. Netflix, Disney Plus, Amazon Prime – alles.“ Eine Nacht lang hat Silvana Zeit, die Daten von der Festplatte auf ihren eigenen PC zu laden. Am nächsten Morgen wird sie wieder abgeholt und in der darauffolgenden Woche wieder geliefert. Was die neueste amerikanische und europäische Popkultur angehe, sei sie daher bestens informiert.

Kri­ti­ke­r:in­nen werden aus- oder eingesperrt

Dasselbe gilt nicht für politische Nachrichten und Informationen. Laut Human Rights Watch baute Kuba seit 2017 Internetdienste für Haushalte aus und erlaubte die Einrichtung von privaten Wifi-Netzwerken. Doch als durch die sozialen Medien verstärkt über Missstände berichtet und Proteste organisiert wurden, blockierte die ­Regierung den Zugang zu vielen Webseiten und Blogs erneut. Anschließend kündigte Kuba am 17. August 2021 an, die Nutzung der Telekommunikation zu regeln – mit einem Gesetzes­dekret sollen das „Erbe der kubanischen Revolution“ verteidigt und regierungskritische Meinungen gesperrt werden.

„Das soziale Netz wird regelmäßig durchforstet, es wird nach Kritik oder Beleidigung der Regierung gesucht“, erklärt auch Gabriele Stein von Amnesty International. Durch Verschärfungen im Strafgesetzbuch im Januar 2022 sei die Meinungsfreiheit im Internet noch mal verschärft worden, sagt Stein. „Leute müssen aufpassen, was sie auf Twitter, Instagram oder Facebook schreiben.“

Um ihre Macht aufrechtzuerhalten, sperrt die Regierung allerdings ihre Kri­ti­ke­r:in­nen nicht nur digital aus, sondern auch ganz analog hinter Gittern ein. Amnesty International fordert den Präsidenten Díaz-Canel seit Längerem dazu auf, den Aktivisten Luis Manuel Otero Alcántara freizulassen. Alcántara war zu fünf Jahren Haft verurteilt worden, weil er in einem Video angekündigt hatte, an der letzten großen Demonstration am 11. Juli 2021 teilzunehmen. Noch ehe er sich am Protest beteiligen konnte, wurde er von den kubanischen Behörden festgenommen.

In anderen Fällen treibt die Regierung kritische Leute ins Exil. „Die meisten Inhaftierungen, die wir im Moment sehen, sind die in Bezug auf die Proteste am 11. Juli“, erklärt der Politikwissenschaftler Hoffmann. Die Regierung ließ dabei viele Wort­füh­re­r:in­nen ins Ausland flüchten, doch Hunderte wurden auch verhaftet. „Dabei ging es ganz klar um eine maximale Abschreckungswirkung, und das hat auch so gewirkt. Seitdem hat es keine größeren Straßenproteste mehr gegeben“, sagt Hoffmann, der am Lateinamerika-Institut der Freien Universität Berlin lehrt.

Zustände wie in der DDR

Silvana ist überzeugt: Um zu wissen, was die Bevölkerung denkt, schleust die kubanische Regierung auch Spitzel unter die Bevölkerung. „Ich traue kaum jemandem“, erklärt sie. „Du weißt einfach nie, ob dein Gegenüber Freund oder Feind ist. Deswegen haben ja auch viele so große Angst, sich zu äußern.“

Ob die Sorge vor Bespitzelung so stimmt? „Es gibt diese Komitees zur Verteidigung der Revolution, aber das ist keine geheime Bespitzelung, sondern eine offene Struktur“, erklärt der Kuba-Experte Hoffmann. „Alle kennen ihren lokalen Komitee-Vorsitzenden, der oder die schreibt keine Berichte unter Decknamen, sondern klopft bei dir an, wenn ihm oder ihr was verdächtig erscheint.“ Diese Komitees seien inzwischen aber keine starke Struktur mehr, erklärt er. Das sei früher anders gewesen.

„Was es aber gibt, sind professionelle Sicherheitskräfte in Zivil“, sagt Hoffmann. „Die sind allerdings selektiv. Wenn du eine prominente Person bist, ein Blogger oder Oppositioneller, dann wird der Staat dich nicht völlig unbeobachtet lassen.“ Die einfache Bevölkerung betreffe dies aber nicht, erklärt er, zumindest nicht diese Art von Aufmerksamkeit. „Trotzdem können Leute das so erleben, da haben sich über die Jahre teilweise Ängste tief eingegraben.“

Viele Ku­ba­ne­r:in­nen entscheiden sich für den Strand

Stein von Amnesty International sieht die Lage kritischer: „Es gibt durchaus Leute, die ihre Nachbarn an die Regierung verpetzen“, sagt sie. „Diese bekommen dann eine Klage und werden inhaftiert oder verlieren ihren Job“, sagt Stein. Da es wenig private Wirtschaft in Kuba gibt und der Staat der mit Abstand größte Arbeitgeber ist, hat die Regierung da ein wirksames Druckmittel in der Hand.

Dass ihr unbedingte Treue sehr wichtig ist, verheimlicht die Regierung nicht: An Häuserwänden und Plakaten stehen die Worte „Patria o muerte“ geschrieben, zu Deutsch „Vaterland oder Tod“. Außerdem hängen dort Porträts der historischen Revolutionsführer Che Guevara und Fidel Castro. Die wenigen Postkarten, die es in Kuba zu kaufen gibt, zeigen, allgegenwärtig, entweder Ches Gesicht – oder aber den karibischen Strand.

Viele junge Ku­ba­ne­r:in­nen entscheiden sich gegen Che und für den Strand: Sie setzen sich in Schlauchboote, um damit das Meer in Richtung USA zu überqueren, rund 180 Kilometer sind es bis zur Küste Floridas. Es ist die Hoffnung, aus dem vermeintlichen Paradies irgendwie wegzukommen.Der Text und die Recherche wurden von der taz Panter Stiftung finanziert.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

40 Kommentare

 / 
  • Ich war 2002 vor Ort und habe mich dort unter den freundlichen Menschen sehr wohl gefühlt, obwohl die hier beschriebenen Probleme für die Einheimischen schon evident waren. Besonders verstörend war, dass gerade in Havanna viele Mädchen so offensiv versuchten, ihre Haut zu Markte zu tragen, wie ich es selbst in Südostasien nicht wahrgenommen hatte.

  • Schön das über Kuba berichtet wird. Doch leider zu plakativ. Das fällt mir bei Berichten über Kuba verstärkt auf. Ist also kein Einzellfall.

    Nicht ein mal fiel das Wort Korruption. Dabei ist Kuba ein so kurruptes Land. Die gesamte Bevölkerung mischt da mit. Der Medikamentenmangel, die Benzinknappheit, gehen zu großen Teilen darauf zurück. Die Entwicklung der beiden kubanischen Impfstoffe und die höchste Impfquote weltweit zeigen ja, dass die Produktion klappt und eine Distribution des Impfstoffes möglich war. Die hergestellten Medikamente werden aber von allen Beteiligten des Produktionsprozesses geklaut und dann auf dem Schwarzmarkt angeboten. So funktioniert es mit allen Produkten. Auch mit dem Benzin, das auf Kuba raffiniert wird. Kuba stützt mit eigenen Soldaten denn venezolanischen Präsidenten Maduro, welcher diese Leistung mit Öl bezahlt. Das Rohöl zur Bezinherstellung ist also vorhanden. Nicht umsonst konnten Öltanks auf Kuba brennen.

    Ich bin übrigends mit einer Kubanerin verheiratet und lebte während der Coronazeit für ein halbes Jahr dort. Ich schreibe hier also nicht, worüber ich nichts weiß.

    Auch der Exodus aus Kuba läuft nur zu kleinen Teilen über die hier berichtete Route über das Meer nach Florida. Die Kubaner "machen Urlaub" in Panama, Venezuela oder Nicaragua. Dort schließen sie sich über Vermittler, den sogenannten "Coyoten" den Flüchtlingsströmen in die USA an.

    Dass das Internet gedrosselt war, kann ich nicht bestätigen. Ich konnte mit meiner kubanischen Nummer, die über meine Frau angemeldet war, so oft nachladen wie ich nur wollte. Das Recht auf Meinungsfreiheit nehmen sich die Kubaner. Es werden Codewörter benutzt. So sagt man zum Beispiel, dass man Vulkane sehr mag. Was heißt, dass man ans abhauen über Nicaragua denkt. Denn da gibt es viele Vulkane.

    Bittte recherchiert doch besser, wenn Ihr das Leben in anderen Ländern beschreiben wollt. Teilweise werden via US-Embargo Erzählungen, die Behauptungen der Regierung nacherzählt und gestützt

  • Wie steht Kuba im Vergleich mit anderen armen Ländern, wie z.B. Nicaragua, Peru, Venezuela, Haiti etc., da? Ich vermute, dass Kubaner:innen eine bessere Bildung erhalten. Und sonst? (Schrecklich finde ich, dass eine so tolle Stadt wie Havanna total zerfällt.)

  • Wie genau spielen die „Sanktionen“ auch nur irgendeine Rolle? Handel mit allen anderen Ländern ist möglich und via Mexiko auch Problemlos mit den USA.

    Andersrum wird ein Schuh draus. Ohne die Milliadenüberweisungen aus den USA wäre das Land schon lange am Ende. Funktionieren tut am Ende nur die Privatwirtschaft, der Staatssektor ist völlig am Ende.

  • Was sind eigentlich die Gründe, weshalb die Sanktionen gegen Kuba nun seit 1960 immer noch Sanktionen gegen Kuba bestehen? Besteht die Gefahr, dass sich doch noch wirtschaftliche Erfolge am sozialistischen Himmel auf tun?

    • @Rudolf Fissner:

      Weil die Exil Kubaner eine große Wählergruppe sind in Swing State Florida mit denen es sich keiner verscherzen will. Und die stehen nun mal massiv hinter den Sanktionen.

    • @Rudolf Fissner:

      Um klarzustellen: es gibt ein Embargo der USA gegen Kuba, keine Sanktionen.

      Sanktionen verhängen die USA gegen Staaten und Firmen, die aus Sicht der USA unerlaubte Handelsbeziehungen zu Kuba pflegen.

  • 1/2



    Wegen der widersprüchlichen Narrative über Kuba habe ich bis zur Pandemie, als alle Ausländer ohne familiäre Verbindung Kuba verlassen mussten, im Selbststudium anderthalb Jahre auf Kuba gelebt. Im Alltag, privat, ohne vermittelnde Institution, nicht in Touristenhotels, sondern in verschiedenen Städten einschließlich Havanna.



    Den Gesamteindruck des Artikels von Shoko Bethke kann ich nur bestätigen.



    Die Realität habe ich als noch schlimmer empfunden. Das beginnt mit dem Cover-Foto vom Malecon, auf dem man die verfallen(d)en Häuser und den Müll auf der anderen Straßenseite, die Prostitution und das Elend von Centro Havanna nicht sieht.



    Ich bin weiter in Verbindung mit kubanischen Freunden und weiß, dass es noch schlimmer geworden ist. Der tägliche Kampf um Lebensmittel und alltägliche Artikel hat seit der Währungsreform noch zugenommen.



    Die Ursachen für Kubas prinzipielle Misere sehen Fachleute in drei Gründen: das US-Embargo, die Misswirtschaft (begann schon mit Che Guevara als Leiter der Nationalbank Kubas und Industrieminister direkt nach der Revolution) und die Korruption, die erst unter Manuel Diaz-Canel begonnen wurde zu bekämpfen. Diese Gründe werden zu je einem Drittel als maßgeblich angesehen.



    Kuba hatte es nach der Revolution versäumt, die Landwirtschaft zu fördern. Inzwischen müssen ca. zwei Drittel aller Lebensmittel eingeführt werden (Hähnchenfleisch kommt kurioserweise über Mexiko aus den USA). Das meiste Land liegt brach und wird oft kleinbauernmäßig noch mit Ochsen bepflügt.



    Neben dem Tourismus, der mit der Pandemie praktisch eingebrochen war, sich immer noch nicht erholt hat und Kuba jährlich 5 bis 7 Milliarden Dollar bescherte, war die Verleihung von Ärzten (2 bis 4 Milliarden Dollar jährlich) zu fragwürdigen Bedingungen ins Ausland Kubas größte Einnahmequelle.

    • @Jossito:

      2/2



      Das kubanische Gesundheitssystem ist völlig ausgelaugt, keine Medikamente, keine Geräte, Narkosegase, keine Untersuchungstermine.



      Die Infrastruktur ist marode, teilweise desaströs.

      Die EU versucht auf verschiedene Weise, Kuba zu helfen.



      In der Sonderwirtschaftszone Mariel können ausländische Firmen mit Kuba handeln und Projekte durchführen.



      Viele Auslandschulden wurden Kuba erlassen, besonders von Russland und China, aber auch vom Westen z.B. über den ‚Club de Paris‘.



      Kuba ist praktisch nur mit obskuren oder sogar ‚Schurkenstaaten‘ (Russland, Iran, China, Venezuela ...) eng befreundet und teilweise davon abhängig.



      Kuba ist ein Überwachungsstaat, der jede Opposition unterdrückt und die Meinungs- und Pressefreiheit ist gleich Null. Die Medien betreiben seit Jahrzehnten intensives Brainwashing durch tendenziöse, selektive und halbwahre Informationen.



      Wer mag, schaue sich mal ‚Cuba Debate‘ im Internet als Paradebeispiel an.



      Die meisten Kubaner:innen haben überhaupt kein realistisches Bild vom Weltgeschehen mehr. Wenn nicht 25% der Bevölkerung von den Zuwendungen Verwandter im Ausland, vorwiegend USA) nutznießen würden (Devisen, von deren Devisen der Staat gerne profitiert), wäre die Armut noch viel größer.

      Nicht nur junge Leute, sehr viele möchten ausreisen. Dass sich Kuba die legale Ausreise teuer bezahlen lässt, dass man auch woanders eine Perspektive zum Bleiben braucht und dass viele ihre Familienbeziehungen nicht aufgeben möchten sind m.E. Gründe dafür, dass nicht schon der Hälfte der Bevölkerung weg ist.

      Es gibt noch zu viele alte Kader im System, bremsende Bürokraten und ein mächtiges Militär gegen die Diaz-Canel seine vorsichtigen Schritte hin zu einem marktwirtschaftlich sinnvollen System durchsetzen muss.

      Kubas Misere hauptsächlich als Folge der US-Embargos zu sehen, ist m.E. keine linke Position, sondern Ignoranz.

  • Schaut unter Netflix den Film Cuba and the camera man. Sehr gut beschrieben, dass sich seit der Revolution nichts geändert hat. Im Gegenteil. Ich habe vor 20 Jahren Kuba besucht. Nicht für Strandurlaub. Es hat sich nichts verbessert. Es geht gar nicht um Ami oder DDR oder Geld. Die Freiheit wird den Menschen in Kuba geraubt. Aber die Lateinamerikaner können leiden. S Venezuela Argentinien.

  • Gute, wenn auch bedrückende Schilderung. Es ist schwer zu erkennen, wie die Gesellschaft einen Weg aus der Misere (jenseits der Auswanderung) finden könnte.

  • Ein Großteil der kubanischen Misere resultiert aus den langanhaltenden ungerechtfertigten Sanktionen der USA. Selbst Besuchsreisen nach Kuba unterliegen Restriktionen. So muss sich dieses arme Land mühsam alles selber erarbeiten. Aber dafür ist es nicht mehr - wie früher - das billige Bordell für den „großen Bruder“. Kuba hat sich seine Würde erhalten. Dass junge Leute auf die Glitzerschein des Westens hereinfallen, ist schade. Aber 20.000 oder 25.000 Emigranten pro Jahr sind eher wenig - aus Deutschland ziehen jährlich 200.000 Menschen fort, also auch prozentual mehr als Kubaner fortziehen.

    • @Kamalova:

      Die Zahl von 25000 Emigranten scheint weit untertrieben. El Pais berichtet 9/2022 dass die US Customs and Border Protection (CBP) in den letzten 11 Monaten fast 180,000 Kubaner zählte die die US-Mexico Grenze überquerten, + 8,000 die übers Meer nach Florida wollten,.. Auch Mexiko u.a. andere Staaten sind das Ziel. Der Migrationssaldo von Kuba war seit der Revolution immer negativ. Der Vergleich zu Deutschland ist absurd. Es wäre so als ob man den Ausreisesaldo der DDR mit der BRD vergleichen würde. Es sind eben zusätzlich die Möglichkeiten zur Migration zu berücksichtigen. Bei einem Monatseinkommen von 17-60$ das nur mit Lebensmittelkarten und viel Fantasie zum Überleben reicht, ist es nicht so ganz einfach die Insel zu verlassen.



      Die Sanktionen sind die allgegenwärtige Entschuldigung für die Misere in Kuba. Korruption und Misswirtschaft sind plausibler.



      Dass die mit Hilfe der Stasi und des KGB perfektionierten CDR inzwischen harmlos wären, ist ein Gerücht. Zwar sind tatsächlich 92% der Kubaner (Zwangs-) Mitglied in dieser Stasi, das macht die Überwachung zum Teil öffentlich- aber eben auch extrem effektiv.



      Dennoch viele Kubaner stehen hinter dem maroden System.

      english.elpais.com...ory-continues.html

    • @Kamalova:

      Die jungen Leute, auf den "Glitzerschein des Westens" reinfallen, überweisen im Jahr ca. 3,7 Milliarden Dollar nach Kuba. Die sogenannten Remesas.

      Das ist der zweitgrößte Posten nach dem Tourismus.

      Sie können sich es wohl nicht vorstellen, dass Menschen die Freiheitsrechte, die Sie und ich selbstverständlich in Anspruch nehmen, auch genießen wollen und diese einer Gerontokratie vorziehen.

    • @Kamalova:

      Freundliche Worte für ein Land, in dem junge Menschen einsperrt werden, die gegen die Regierung protestieren.

    • @Kamalova:

      Demokratie, Gewaltenteilung und Rechtsstaat würde ich nun nicht als Glitzerschein bezeichnen.

  • Ich muss tatsächlich sagen, dass ich mich sehr wundere, wie ein angeblich „linkes“ Medium eine derartig polemische Berichterstattung darlegt.

    Viele Freunde - auch jene, die genuin unpolitisch sind - sind begeistert vom Kubaurlaub. Ein Land, das wahrlich nicht viel Materielles zu bieten hat, allerdings mit den nettesten Menschen. Sowohl mit als auch den Freunden ist eines besonders aufgefallen: viele Kubaner sind unheimlich gelassen und glücklich

    • @BertAndersch:

      hmm. glauben Sie wirklich, dass der Urlaub Ihrer Bekannten geeignet war, die kubanische Seele zu ergründen?

      Ich nicht.

      Ich glaube übrigens auch nicht, dass die Autorin des Textes in ein paar Wochen (?) Recherche ergründen konnte, wie es den Leuten dort tatsächlich geht. Hilfreich wäre noch gewesen, zu erfahren, ob sie selbst Spanisch spricht.

      Ich war 2010 4 Monate in Kuba und wenn ich in dieser Zeit eins gelernt habe, dann war es, dass es sehr schwierig ist allgemeingültige Aussagen zu Kuba zu treffen, bzw. Erkenntnisse zu gewinnen. Je nachdem mit wem man in welchem Setting spricht bekommt man sehr unterschiedliche, widersprüchliche Eindrücke.



      Grundsätzlich ist es als Ausländer sehr schwierig "authentische" Gespräche zu führen.



      Mein Resultat damals: um wirklich zu wissen, wie es um Kuba steht, muss man dauerhaft (Jahre!) dort leben.

      Toll wäre es, wenn ein*e ständige*r Korrespondent*in aus Kuba berichten würde.

    • @BertAndersch:

      Es gibt einen Unterschied zwischen Ferien und täglich darum kämpfen zu müssen, genügend Essen und Kleidung zu haben - Internet ganz zu Schweigen. Ich fand mein Kuba-Urlaub vor 24 Jahren auch toll. Imponiert haben mir die Musiker, die trotz alter oder selbstgebastelter Instrumente tolle Töne rausbrachten; Tanzen war die abendliche Entspannung für mich. Die unglaubliche Armut, auch auf dem Land war deprimierend.

    • @BertAndersch:

      Das ist ja schön dass die Kubaner*innen so gelassen und glücklich sind…dürfen sie jetzt dazu auch noch ganz normale demokratische Freiheits- und Bürgerrechte haben? Dann ist das Wirtschaftsembargo nämlich auch bald Geschichte…

  • Die ökonomische Problematik Kubas und ihre Verknüpfung mit der seltsamen Politik der angeblich kommunistischen Führung des Landes wurde von Hans Magnus Enzensberger in seinem autobiographischen Rückblick auf das Jahr 1963 in "Tumult" beschrieben (als pdf herunterladbar). Seitdem scheint sich dort nicht viel geändert zu haben. Die eindrucksvolle Szene im Buch mit der misslungenen Milchwirtschaft wurde schon um 1980 im RIAS-Hörfunk gesendet.

    In der DDR sah die Schaufensterdekoration der Läden der HO und des KONSUMs genauso aus. Das wurde in den 50ern vom Westberliner Kabarett "Günther Neumann und seine Insulaner" verspottet. Die wenigen Privatläden hatten ein besseres Angebot und man fuhr 100 und mehr Kilometer, um zu sehen, was es dort erstaunlicherweise gab. In den Gaststätten der HO trug das häufigste Gericht auf der Speisekarte den Namen "Ausgegangen" oder "Durchgestrichen". Im einzigen vietnamesischen Restaurant der DDR in Leipzig gab man sich zwar viel, viel mehr Mühe als in den gegenwärtigen Imbissbuden, aber Grüner Tee aus VN war nur sehr selten verfügbar. Wenn es der Wirtschaft schlecht geht, kann man das auf Dauer eben nicht verheimlichen.

  • Geburtenrate 8,9 %? Das muss Promille heißen. Lebendgeburten pro Jahr auf 1.000 Bewohner ist die Definition. Niger als "Weltmarktführer" liegt irgendwie bei knapp unter 50 Promille!

    Die TAZ muss unbedingt Zahlen und Einheiten und Definitionen pauken. Immer wieder ein Kritikpunkt!

    • @Tom Farmer:

      Danke für den Hinweis, ist weitergeleitet.

  • Kommunismus und Sozialismus,



    oder der Versuch dieser Staatsform haben bis jetzt immer und Ausnahmslos zur Verarmung des Volkes geführt, es sind gescheiterte Staatformen.



    Schade, dass sich das kubanische Volk noch nicht von der Geisel Castro und deren Nachfolger lösen konnte.

    • @Rudi Hamm:

      Na klar, mit den Sanktionen hat das nichts zu tun.

  • Die cubanische Jugend mag die märchenhaft Einbildung hegen, dass sie was besseres als den Tod allemal finden wird, hier und anderswo im Westen bleibt den allermeisten nichtmal diese trügerische Hoffnung. Glaubt hier im Ernst jemand, dass die Flüchtlinge aus Cuba in den USA ein besseres Leben erwartet? Wobei sie mit ihrer im Vergleich recht guten Ausbildung tatsächlich noch etwas bessere Chancen haben sollten einen passablen Job zu finden, als der Durchnittsami, aber spätestens mit der folgenden Generation ist das auch obsolet. Aber Schusswaffen, Blechkisten und Süßigkeiten werden sicherlich immer genügend zu Vorrätig sein.

    • @guzman:

      [...]

      Wenn Sie keine Freiheit haben ist das was Sie wirtschaftlich haben sekundär. Und ja, wirtschaftlich geht es den allermeisten In den USA weitaus besser als in Kuba. Sowohl, Geld, Zugang zu Wirtschaftsgüter usw.

      Die Moderation: Kommentar gekürzt, bitte versuchen Sie ohne Beleidigungen klarzukommen.

      • @Tom Farmer:

        an welche Freiheit denken sie da, die etwa, sich seine Gesundheitskosten im Ernstfall pumpen zu müssen? Und fragen sie mal einen Kalifornier was wirtschaftlich ist, wenn er trotz dreier Jobs im Auto, bzw. im Caravan auf dem Parkplatz wohnen muss.

    • @guzman:

      Ein Durschnittsami verdient weit weit weit mehr als ein Durchschnittsdeutscher. Durch den massiven Arbeitskräftemangel in den USA werden auch im Geringqualifizierten Bereich Löhne gezahlt da würde so manchem Ostdeutschen schwindelig… wie kommen Sie auf solche absurden Aussagen? Die USA sind ein Hochlohnland.

      • @Wombat:

        Der Durchschnitt verdient mehr, aber prozentual gibt es mehr Arme als in Deutschland. Zudem nutzt das Mehrverdienen nichts, wenn man auf Autos und Benzinkaufen angewiesen ist, viele Menschen keine bezahlten Ferien- und Krankheitstage haben, und man sehr viel mehr Geld als hier für Krankenversicherung, Behandlungen und Medikamente ausgeben muss als hier. Im Endeffekt sind wir in Deutschland auch wegen der besseren Infrastruktur reicher.

      • @Wombat:

        ähh JEIN

        Ja auch niedrig Qualifizierte können gut bezahlt werden in den USA. Durchschnittslohn für Tellerwäscher ist 27,35$

        ABER:

        25% der Männer, 40% der Frauen und ganze 47% der schwarzen Bevölkerung bekommen weniger als 15,46$ pro h!

        Und das bei den Lebenserhaltungskosten in den USA!

        Denen würde bei der Aussicht auf 12,50€, mit den Mieten im Osten und deutschen Lebensmittel und vor allem Medikamendenpreisen schwindelig und nicht anders herum.

  • Das Land kann sich angesichts der Handelsblockade & mangelndem Kreditzugang NULL entfalten. Diese Lähmung ist von den USA & Partnern gewollt. Das ist der Ausgangspunkt an dem die Menschen in Kuba nix ändern können der aber ihr Leben bestimmt.Dass viele Kubaner da gerne aus Kuba abhauen wollen ist absolut verständlich.

    • @Mee:

      Zu Kubas Handelspartnern gehören Länder wie die zweitgrößte Ökonomie der Welt China, Kanada, Niederlande, Spanien, Italien und Deutschland.

    • @Mee:

      Die Sanktionen der USA erklären zwar die wirtschaftlichen Schwierigkeiten auf Kuba, die Einschränkungen der Pressefreiheit, der Meinungsfreiheit und die nicht vorhanden demokratischen Mitspracherechte gehen aber auf das Konto des kubanischen Regimes!

      • @Jesus:

        Demokratie und wirtschaftlicher Erfolg sind miteinander verwoben. In DE haben massive wirtschaftliche Probleme in der Weimarer Republik mit dazu geführt, dass die Nationalsozialisten an die Macht gewählt! wurden.

        Soll heißen: Ohne Sanktionen hätte es auch mit der Demokratie in Kuba besser laufen können.

    • @Mee:

      "Das Land kann sich angesichts der Handelsblockade & mangelndem Kreditzugang NULL entfalten."

      Sehr richtig. Ich will die Verhältnisse in Kuba gar nicht schön reden, natürlich sind eine Ein-Partei-Diktatur und Beton-Ideologen Mist, aber man muss auch immer berücksichtigen, dass die wirtschaftliche und soziale Lage auf Kuba ohne die extremen amerikanischen Sanktionen nicht so drastisch wäre.

      • @Bussard:

        "..aber man muss auch immer berücksichtigen ", dass Kuba Atomwaffen gegen die USA installieren wollte und seither für die USA "unten durch" sind.



        Ich denke sobald das Volk von Kuba ihre Regierung gegen eine demokratische austauscht, werden wieder Gelder fließen, aber auch erst dann.

        • @Rudi Hamm:

          ""..aber man muss auch immer berücksichtigen ", dass Kuba Atomwaffen gegen die USA installieren wollte und seither für die USA "unten durch" sind.""

          In erster Linie waren das doch wohl sowjetische Atomwaffen, die diese auf Kuba als Antwort auf amerikanische Atomwaffen u.a. in der Türkei stationieren wollten. Und auch vor dem Atomwaffenabenteuer waren die Sanktionen schon in Kraft und Abenteuer wie das in der Schweinebucht gelaufen, also bitte nicht schon wieder Täter-Opfer-Umkehr.

          Wenn Gelder als Investitionen fließen, ist das eine Sache. Dass die Amerikaner aber aktiv jeglichen Handel der westlichen Welt mit Kuba unterbinden, weil sie ihr Trauma von 1959/1961 immer noch nicht überwunden haben, ist das schon eine Sauerei gegenüber den Menschen in Kuba. Mit China laufen die amerikanischen Geschäfte ja auch hervorragend, und da sieht die Menschenrechtssituation wohl ähnlich problematisch aus, und China bedroht aktiv das demokratische Taiwan und hat andere imperiale Gelüste. Die amerikanische Kuba-Politik kann man niemandem rational erklären...

        • @Rudi Hamm:

          Jep! Und dann wird investiert, was der Kapitalismus hergibt ...

        • @Rudi Hamm:

          Genau. Und dann würde Kuba wieder zum Bordell der USA. In Ihrem früheren Kommentar meinten Sie übrigens "Geißel", die "Geisel Castro" ist unfreiwillig komisch.