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Ostermärsche in KriegzeitenNur gegen die Nato reicht nicht

Die diesjährigen Ostermärsche ringen um eine Antwort auf die brutale Realität des Ukrainekriegs. Ein einheitliche Haltung gibt es nicht.

Etwa 300 Menschen demonstrierten am Karfreitag in Chemnitz gegen den Urkaine-Krieg Foto: Imago

Stell dir vor, es ist Krieg – und die Friedensbewegung weiß nicht so genau, gegen wen sie protestieren soll. Die diesjährigen Ostermärsche stehen ganz unter dem Eindruck des russischen Überfalls auf die Ukraine. Doch in den Aufrufen zu den mehr als 120 Demonstrationen, Kundgebungen, Mahnwachen, Fahrradkorsos und Friedensgebeten, die bis Ostermontag quer durch die Republik geplant sind, findet sich keine einheitliche Haltung zum Ukrainekrieg. Eindeutigen Verurteilungen der Invasion in zahlreichen Aufrufen stehen merkwürdig ambivalente Formulierungen in anderen gegenüber.

„An Ostern gehen wir für die sofortige Beendigung des völkerrechtswidrigen brutalen Angriffskriegs Russlands gegen die Ukraine auf die Straße“, schreiben die Or­ga­ni­sa­to­r:in­nen des Saarbrücker Ostermarschs. Befürwortet werden „gezielte Sanktionen, die Oligarchen, kapitalistische Großunternehmen und die Finanziers des Krieges in Russland treffen“. Die Os­ter­mar­schierer:­in­nen in Ulm halten auch „weitreichende wirtschaftliche Sanktionen für gerechtfertigt“.

Dem Osnabrücker Aufruf ist der Ukraine­krieg demgegenüber nicht einmal eine eigenständige Erwähnung wert. Dort heißt es nur ganz allgemein: „Jeder Krieg bringt Elend, Blutvergießen und Tod über die Menschen. Alle Kriege müssen beendet werden!“

Gegen Militär-Milliarden

Die Friedenskoordination Berlin adressiert ihre Forderung nach einer Beendigung des Kriegs in der Ukraine wiederum an den Angreifer wie den Angegriffenen: „Dazu braucht es den Willen Russlands und der Ukraine, Verhandlungen mit Kompromissbereitschaft von beiden Seiten aus zu führen, die vernünftigerweise eine neutrale Ukraine zur Folge haben müssten.“ Auch hier sucht man eine Verurteilung des russischen Aggressors vergebens. Nur konsequent, dass dann nicht nur Waffenlieferungen an die Ukraine, sondern auch jegliche Sanktionen gegen Russland abgelehnt werden.

taz am wochenende

Dieser Text stammt aus der taz am wochenende. Immer ab Samstag am Kiosk, im eKiosk oder gleich im Wochenendabo. Und bei Facebook und Twitter.

Die russischen Bomben haben auch alte Gewissheiten zerstört: Bloß gegen die Nato zu sein, das reicht nicht mehr. Das uneinheitliche Bild zeigt indes, wie schwer es der ohnehin schon lange kriselnden Friedensbewegung fällt, eine Antwort auf die brutale Realität des Ukrainekriegs zu finden.

Einig sind sich alle Os­ter­marsch­ver­an­stal­te­r:in­nen nur in der Ablehnung des 100 Milliarden Euro schweren „Sondervermögens“ zur Aufrüstung der Bundeswehr und der Erhöhung der deutschen Militärausgaben auf mindestens 2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts.

Infos zu den diesjährigen Ostermärschen finden sich beim Bonner Netzwerk Friedenskooperative

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72 Kommentare

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  • Käptn Blaubär , Moderator*in

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  • "Bloß gegen die Nato zu sein, das reicht nicht mehr. "

    Schon "gegen die Nato" zu sein ist falsch.. Es wird nie ein pazifistisches Bündnis geben. Schon gar kein pazifistisches Bündnis, dass sich auf schnöde Boykott-Maßnahmen einigen kann. Die NATO ist das einzige und beste was wir haben. Abrüstung kann nur von diesem Standpunkt aus erfolgen.

  • "Die russischen Bomben haben auch alte Gewissheiten zerstört: Bloß gegen die Nato zu sein, das reicht nicht mehr"

    Eh schon weird, wie man überhaupt gegen die Nato sein kann. Die hat auch keinen Bock auf Krieg. Und das ist unser Bündnis. Wer das angreift, sollte sich fragen, wo er lebt bzw. lieber leben will.

    Das Verhältnis der Blöcke hat sich zudem so sehr gebessert, die letzten Jahrzehnte. Handel, Wissenschaft, Gesellschaft, alles viel mehr zusammengewachsen. Putin hat das alles gesprengt. Er hetzt ggn den Westen, seit er der Russische Chef ist.

    Dass Osteuropa bei seiner Vergangenheit keinen Bock auf Russland hat ist nur nachvollziehbar.

  • Wer sich noch etwas gruseln möchte, bitte schön, live und in Farbe:

    www.facebook.com/f...8/5189825951071619

  • Also liebe Ukraine, zeigt mal ein wenig Kompromissbereitschaft und redet mit euren Invasoren! Ist doch nicht so schwer!



    Ein bisschen Land hier abgeben, dort ein bisschen Souveränität beschneiden und dann tapfer lächeln, wenn ihr eure zerstörten Städte, getöteten Mitbürger und vergewaltigten Frauen seht.

    Tolle Friedensbewegung…

  • Diesen Text hier würde ich gern zur Pflichtlektüre dieser Friedensfreunde machen.

    Vielleicht käme so deren Denken doch noch einmal ein wenig in Bewegung.

    Allein, die Hoffnung fehlt.

    Ist ein ziemlicher Riemen, aber lesenswert:

    7cityofcollaboratio...er-transformation/

    • @Jim Hawkins:

      Der "Riemen" übersieht leider völlig, dass es die NATO ist, die sich permanent erweitert, weder der Osten noch Asien treiben das gleiche Spiel.



      Waren es nicht Europäer, die die halbe Welt erobert und besetzt hatten. Ist das heutige Amerika nicht ebenfalls aus europäischen Einwanderern entstanden.



      Man darf die Rolle der Europäer auch als Europäer durchaus auch einmal selbstkritischer betrachten, dann versteht man die Sichtweise anderer Länder auch besser.

      • @Axel59:

        "...dass es die NATO ist, die sich permanent erweitert..."



        Deswegen hat die NATO die Ukraine ja auch sofort aufgenommen, als die wollte. Nicht? Na sowas.

        "...weder der Osten noch Asien treiben das gleiche Spiel."



        China in Afrika, China und Taiwan, Russland in Georgien, Russland in Tschetschenien, Russland in der (Ost-)Ukraine.

        Nee, echt jetzt?

      • @Axel59:

        Das größte Interesse an Nato-Ost-Erweiterung hat Russland gerade selbst.



        Die Europäer die heute die Welt besetzen möchten, sind Russen. Habe ich Dich da richtig verstanden? Ach, jetzt verstehe ich die Ukrainer.

      • @Axel59:

        Herzlichen Glückwünsch dafür, dass Sie die Sorgen der totalitären und menschenfeindlichen russischen Führung so gut verstehen.

        Was Ihnen ganz offensichtlich nicht klar ist, Sie reproduzieren die Haltung, die der Text aufwändig analysiert und kritisiert wie ein Musterknabe.

  • Es ist ziemlich gruselig, dass es so wenige Stimmen gibt die FÜR Friedensverhandlungen werben und so viele Stimmen die FÜR noch mehr Waffen sind.



    Man kann mit Waffen nur einen Krieg beenden, wenn man gleichzeitig maximale Zerstörung und Leid in Kauf nimmt, siehe Hiroshima.



    Es gäbe sicher einen Weg, über Frieden zu verhandeln, aber das scheint den Interessen der EU und der USA zu widersprechen. Dieser Krieg muss beendet werden, und das erreicht man nicht mit noch mehr Waffen und noch mehr Sanktionen, denn wenn Putin komplett in die Enge getrieben ist, dann wird er zum Äussersten greifen. Er ist nicht der Typ, der sich entschuldigt und einfach nachgibt.



    Ich wünsche mir mehr Beiträge zur Deeskalation seitens des Westens und der Medien, aber dafür scheint sich derzeit kaum jemand zu interessieren. Es scheint als hätte die Menschheit aus den letzten 100 Jahren überhaupt nichts gelernt.

    • @Axel59:

      "Es ist ziemlich gruselig, dass es so wenige Stimmen gibt die FÜR Friedensverhandlungen werden..."



      Ich meine mich dunkel entsinnen zu können, ich hätte den einen oder anderen westlichen Regierungsvertreter in Moskau gesehen.



      Wieviele (echte!) Friedensverhandlungen hat Moskau so angestrebt?

      "...wenn Putin komplett in die Enge getrieben ist, dann wird er zum Äussersten greifen. Er ist nicht der Typ, der sich entschuldigt und einfach nachgibt."



      Ich fürchte auch. Dazu ist er mittlerweile zu weit gegangen.



      Und Ihre Lösung dazu ist?

    • @Axel59:

      Was ist den ihr konkreter Vorschlag? Natürlich muss verhandelt werden! Aber Grundlage kann nicht eroberten Gebiete eines Angriffskriegs sein.



      Putin muss sich nur zurückziehen.

      Darum noch einmal: Was ist Ihr konkreter Vorschlag? Wie würde ein realistisches Ergebnis aussehen?

    • @Axel59:

      Ein paar Fragen hätte ich noch an Sie:

      Warum hat Russland diesen Angriffskrieg gestartet?

      Welche Forderungen der russischen Seite sind legitim?

      Wodurch unterscheidet sich der "Osten" vom "Westen"?

  • Ostermärsche haben legitimer Weise eine größere Bandbreite an Thema, eine internationale Perspektive ("gegen alle Kriege") als eine Anti-Kriegs-Demo gegen einen bestimmten Krieg.

    Aber sie müssen trotzdem eindeutig sein, nicht äquidistanziert gegen Agressoren wie Verteidiger.

    Maßstab ist für mich: sind wir hier genauso eindeutig und ablenkungsfrei wie bei den Protesten gegen westliche Agression. Wenn ich mich zurück erinnere an z.B. die Demonstrationen gegen die US Kriege in Irak 1991 vor dem Generalkonsulat in Hamburg am Alsterufer, 2003 dem in Frankfurt/Main, an denen ich als Schülerin bzw Studierende teilnahm, gab es weder Ablenkungen der Art "Aber was hat die Sowjetunion damals in Ungarn-Prag-Afganistan you name it" gegeben noch Relativierungen durch andere Kriege ("schlimm aber sowas geschah doch auchin den Tschetschenienkriegen", die 2003 ja erst seit vier Jahren vorbei waren). Der Protest war fokussiert auf Agressor und die dt Beteiligung ("deutsche Waffen, deutsches Geld morden mit in aller Welt").



    Klar sind Ostermärsche keine reinen Anti-Kriegs-Demos (die es ja viele und sehr beeindruckende gegen den Ukrainekrieg gab) aber ich erwarte da schon dieselbe Eindeutigkeit in den Botschaften statt einer Nivellierung von Täter und Opfer, Tat und Schutz vor Tat.

  • Widerstand gegen etwas geht nur vor Ort und hat auch nur so die Chance, sich überall durchzusetzen. Militärischer Widerstand gegen feindliche Truppen ist nicht lebensrettend. Die militärische Unterstützung einer Seite ermöglicht im heutigen Fall einen Weltkrieg. Da sind Ostermärsche sicher weniger gefährlich - jedenfalls wünsche ich sie stärker!

    • @Gottfried Scherer:

      " Militärischer Widerstand gegen feindliche Truppen ist nicht lebensrettend."



      Das hätten die Opfer von Butscha vermutlich anders gesehen...

    • @Gottfried Scherer:

      Wie genau hilft das der Ukraine ggn die Russen?

  • "Die fünfte Kolonne Moskaus" nennt ein Adliger die Friedensbewegung.



    Das finden einige Redakteure elegant, und plappern nach.



    So dreht sich die Stimmung, oder besser soll sich drehen.



    Wir sollen für Krieg sein, ohne wenn und aber.



    Wer für Frieden, Verhandlungen und Politik ist, ist bestenfalls ein Träumer.



    Hatten wir schon mal, alles für den Sieg.

    • @Hans Jürgen Langmann:

      Na, da verrennen Sie sich aber gerade, vor allem mit dem letzten Satz…wir sollen nicht „ohne wenn und aber“ für Krieg sein…aber absoluter Pazifismus ist halt einfach keine Lösung wenn ein Aggressor das als Schwäche auslegt und trotzdem angreift.

      Und nein, ich möchte _nicht_ Hitler mit Putin gleichsetzen…aber verhandeln war bzw. ist wohl mit beiden aussichtslos…

    • @Hans Jürgen Langmann:

      Der 5. Kolonne-Vorwurf ist übrigens auch unabhängig vond er Frage, ob die Friedensbewegung recht hat, perfide; selbst wenn man eine Meinung nicht teilt, sollte man sie sachlich widerlegen, statt anderen zu unterstellen, mit dem angeblichen "Feind" unter einer Decke zu stecken. Es ist bemerkenswert, dass gerade laustarke Verteidiger westlicher Werte offensichtliche Probleme mit einer demokratischen Diskussionskultur haben und in einen Autoritarismus light verfallen.

  • ERKLÄRUNG DER UKRAINISCHEN PAZIFISTISCHEN BEWEGUNG GEGEN DIE FORTSETZUNG DES KRIEGES vom 17.04.2022

    dfgvk.blog.muenste...es-vom-17-04-2022/

  • Frieden schaffen geht heutzutage halt eher mit als ohne Waffen. Die Welt ändert sich und heute gilt dies und morgen jenes. Und Prinzipien sind dafür da, dass man sie abschafft.

  • Die Friedensengel haben ein Problem: Die Realität hat sie eingeholt.

  • Das grüne Dilemma. Ostermärsche waren mal das Metier der Grünen. Friedensmärsche. Jetzt unterstützen die Grünen den Krieg in der Ukraine. Und dürften an diesen Märschen eigentlich nicht mehr teilnehmen. Wer sagt es ihnen?

  • Es ist ( w i e d e r) an der Zeit:

    Der aufflackernde Aufstand des Gewissens mündet für viele FriedensaktivistInnen in die selbstreferenzielle Wiederauferstehung des Optimismus für eine gerechte Welt im Frieden und ohne Waffen.



    Krieg und Lüge als dämonische Zwillinge haben die Menschheit als Ganzes wiederholt an die Grenzen der Existenz gebracht, die Millionen Opfer des vorherigen Jahrhunderts dürfen nicht bewertet werden als Begründung für weitere Rüstungsrunden, sondern als Verpflichtung zur Abrüstung und zur Installation nichtmilitärischer Bündnisse, die der Friedenssicherung alleroberste Priorität zuschreiben. Die Sicherheitsarchitektur mit der gegenseitigen Abschreckung als Junktim kostet im "Dunkelfeld" der Zivilgesellschaften zahlreicher nichteuropäischer Staaten erneut Millionen Opfer: Durch Hunger, durch Flucht, durch Verarmung, durch Destabilisierung der Versorgung. Somit ist es schon jetzt ein grausam entgrenzter Krieg mit globalen Folgen und weltweiten Opfern, den wir nicht weiter eskalieren dürfen. Logik ist nicht die Wahrheit. "Ändere die Welt - sie braucht es" [Bertolt Brecht].



    //



    www.paxchristi.de/...ppt%20den%20Krieg/



    //



    taz.de/!814641/



    //



    www.ippnw.de/index.php?id=1108&/



    //



    taz.de/zitat-der-woche/!5460611/



    //

  • Doch doch! Gegen die NATO bis zum Sieg über die Nato und über das Monopolkapital,



    Nato raus aus Deutschland und Deutschland raus aus der NATO, so ist deren Credo seit Beginn der Zeitrechnung.



    Bei der Kundgebung Solidarität mit der Ukraine standen auch die Kriegslegitimierer von der "Friedensbewegung" am Rande mit dem Slogan "Frieden schaffen ohne Waffen".



    Eigentlich finden sie jeden Krieg richtig, solange er nicht vom Westen kommt.

  • Ruhm und Ehre vergehen, Siege sowieso, der Tod ist ewig.

    Nicht jeder hat Lust, ehrenvoll fürs Vaterland zu sterben.

    Die Ukraine hat dagegen eine einfache Lösung gefunden: alle Männer im Alter von 18 - 60 Jahren dürfen nicht mehr ausreisen, sie haben gefälligst im Zweifelsfall fürs Vaterland zu krepieren.

    Auch ein Grund, warum man an Ostermärschen teilnehmen könnte - um daran zu erinnern, wie die Ukraine selbst ihre Bürger mißbraucht.

    • @Herbert Eisenbeiß:

      Diesen Text hier würde ich gern zur Pflichtlektüre dieser Friedensfreunde machen.

      Vielleicht käme so deren Denken doch noch einmal ein wenig in Bewegung.

      Allein, die Hoffnung fehlt.

      Ist ein ziemlicher Riemen, aber lesenswert:

      cityofcollaboratio...er-transformation/

  • Ein so weites Themenfeld wie "Frieden" ist nunmal eine schwierige Grundlage für eine Demo, weil es eine Menge unterschiedlicher Vorstellungen gibt, was Frieden ist und wie man ihn verwirklichen kann.

    Radikaler Pazifismus kann und muss als ethische Idealvorstellung aufrecht erhalten werden. Mit den Idealen ist es aber so eine Sache: Man kann ihnen näherkommen, erreichen wird man sie in dieser Welt nicht.

    Von allen aktuellen Kriegen ist uns die Ukraine am nächsten. Unsere Medienlandschaft berichtet darüber sehr viel ausführlicher als über alles andere und natürlich ist das im Moment das konkrete Beispiel, an dem Krieg und Frieden diskutiert werden. Und es ist ein Musterbeispiel, warum die Idealvorstellung eines radikalen Pazifismus so oft an der Realität vorbeigeht: Appeliert man an die Russische Führung, dass sie die Kriegshandlungen einstellen und Frieden zulassen soll, so wird sie, wenn überhaupt, mit Hohn oder mit kruden, auf falschen Behauptungen basierenden Rechtfertigungsversuchen reagieren und weitermachen. Geht der Appell an die Seite der ukrainischen Verteidiger, dass sie die Kriegshandlungen einstellen und Frieden herbeiführen sollen, so werden sie mit Recht argumentieren, dass es keinen Frieden bringt, wenn man sich einer aggressiven Diktatur ergibt und mit ihr kollaboriert.

    Und so ähnlich ist es doch auch immer schon in vielen anderen Kriegen gewesen. Wenn irgendwo ein skrupelloser Mensch zu viel Macht hat, dann ist ihm mit ethischen Idealvorstellungen nicht beizukommen. Schlimm ist das natürlich, aber es ist nun einmal so.

  • "Bloß gegen die Nato zu sein, das reicht nicht mehr"



    Das reicht nicht nur nicht mehr sondern hat noch nie gereicht. Zumal die wenigsten Angriffskriege der westlichen Welt, die üblicherweise kritisiert werden, unter Federführung der Nato stattgefunden haben. Die meisten Kriege von westlichen Ländern wurden von einem oder mehreren westlichen Ländern geführt aber nicht von der Nato.



    Unabhängig davon ist es ein Grundproblem vieler Protestbewegungen der westlichen Welt, dass diese ständig nur den Westen kritisieren.

  • So schwer es einem auch fällt, auch unsereins muss sein jahrzehntelanges Mantra 'Frieden schaffen ohne Waffen' schlussendlich hinterfragen und auch ad acta legen. Aber es ist wohl unausweichlich und man muss sich der Realität stellen, auch wenn es einem als



    'Linker und Antimilitarist (oder was auch immer) erstmals sehr schwer fällt.



    Man war wohl zu naiv gewesen gegenüber den Entwicklungen in der Welt und hat an das Gute im Menschen geglaubt, dabei aber die Realität aus den Augen verloren. Pippi Langstrumpfs Wahlspruch, "ich mach mir die Welt, wie sie mir gefällt", so erstrebenswert aber leider auch naiv er ist, konnte leider nicht aufgehen.



    Putin hats einem jetzt wieder vor Augen geführt.



    Und die Ukraine muss es ausbaden. Es ist einfach nur zum Heulen.



    Was tun. Ich weiss es nicht....

    • @Klaus Waldhans:

      Wir sollten nicht von einem extrem ins andere verfallen, man kann sehr viel mit Verhandlungen und Wirtschaftlicher Verflechtung erreichen. Das Problem ist das man nicht alles erreichen kann und sich im Bezug auf Russland und auch China ehrlich machen muss Wandel durch Handel ist hier gescheitert. Im Falle des Irans sehe ich aber bspw. Potential genauso im Bezug auf Bolsonaro -> Handel gegen Umweltschutz etc. Das Problem in Deutschland war und ist das man sich das Mittel ausgesucht hat und dann die Lage so analysiert hat, dass das Mittel (Wandel durch Handel passt), man muss es aber andersherum machen und manchmal ist das Mittel nun mal Abkopplung und Aufrüstung.

    • @Klaus Waldhans:

      Pippi Langstrumpf, das stärkste Mädchen der Welt … wären wir nicht alle gerne so?



      Einige verfügen über Macht und Ressourcen, sich die Welt so zu „machen“, wie es ihnen gefällt, andere wiederum nicht. Gebe Gott, dass Putin zu letzterer Kategorie gehört.

    • @Klaus Waldhans:

      Im Großen und Ganzen ist "Frieden schaffen ohne Waffen" ja schon richtig. Nur halt nicht in diesem Fall. Das macht den Ansatz ja nicht komplett falsch. In aller Regel sind Staaten ja auch nicht mehr so blöd und greifen ihren Nachbarn an. Und das muss ja auch nicht sein und ist in diesem Fall auch wirklich besonders dämlich von Putin und Co.

      Der Kopf ist rund, damit das Denken die Richtung ändern kann.

    • @Klaus Waldhans:

      Ich sehe es genau wie Sie. Es war aber nicht falsch, bisher an das Gute zu glauben.



      Falsch wäre aber, jetzt keine Lehren zu ziehen und zaudernd zu verharren.



      Die Agression Russlands ist so eindeutig böse, dass man nicht diskutieren braucht.



      Je früher dieses Russland militärisch und wirtschaftlich



      besiegt wird, umso weniger Menschen müssen sterben und umso früher kann man sich Gedanken über eine neue Friedensordnung machen.

  • @SCHALAMOV

    Und? Sind Sie auch dafür, dass die USA *endlich* die Gültigkeit des internationalen Gerichtshofs für Menschenrechte für sich selbst anerkennt?

    Oder dürfen die "Kriegsverbrechen" schreien und keiner darf bei denen gucken?

    • @tomás zerolo:

      "Sind Sie auch dafür, dass die USA *endlich* die Gültigkeit des internationalen Gerichtshofs für Menschenrechte für sich selbst anerkennt?"



      Ging zwar nicht an mich, aber ja, natürlich.

      ...und was hat das mit dem Thema zu tun?

  • Da steht doch nicht ernsthaft auf dem Plakat "Stoppt das Säbelrasseln - Die Linke". Das ist kein Säbelrasseln, nein gar kein Säbelrasseln. Wenn es ausser Bomben, Raketen und Drohnen noch Säbelrasseln gibt, dann sind das über 6000 nukleare Säbel.

  • @JIM HAWKINS

    Sehen Sie? Ich habe hier nirgends von "Äquidistanz" noch von "Sicherheitsinteressen" etwas gesagt, und Sie scheinen das doch hineinzuinterpretieren.

    Um etwas klarzustellen:

    Äquidistanz

    ich halte die russische Föderation für eine Autokratie, an der Kante zur totalen Herrschaft [1]. Dissidenten werden regelmässig vergiftet und ermordet.

    Die "westlichen Demokratien" für mehr oder weniger zynische kapitalgetriebene Demokratien, mit vielen Schwachstellen, aber mit einem leidlich funktionierenden Rechtsstaat (siehe jedoch [2]).

    Von Äquidistanz kann also, aus meiner Sicht, keine Rede sein.

    Sicherheitsinteressen:

    Das halte ich für Nebelkerzen Putins. Der will nur (*muss* mittlerweile: wehe ihm, wenn er versucht, aus dieser fahrenden Höllenmaschine, die er sich gebaut hat, abzusteigen!) an der Macht bleiben. Auf Kosten von immer mehr Repression.

    Daher kann ich Bidens Seufzer nachfühlen: der Typ kann nicht länger an der Macht bleiben. Dasselbe habe ich aber auch über Trump gesagt. Wie hätte sich (auch Biden) über einen Seufzer "von der anderen Seite" aufgeregt?

    Hoffentlich sind jetzt unsere Positionen klar.

    Und doch verdienen die, die es jetzt wagen zu sagen "Bewaffnung kann doch nicht die einzige Antwort sein" viel Respekt. Und doch lässt sich die ganze Entwicklung genauso als ein zynisches Spiel sehen, in dem Lockheed Martin und Rheinmetall ihren Reibach machen, während die Ukrainer*innen mit Blut und Leid bezahlen.

    [1] im Sinne von Hannah Arendt



    [2] taz.de/Sachbuch-ue...izsystem/!5839438/

    • @tomás zerolo:

      Ich meinte ja nicht Sie, sondern vielmehr diese Friedensbewegung.

      Und was den Pazifismus angeht, da möchte ich den Anarchisten Errico Malatesta zitieren:

      "Wir sind keine Pazifisten, weil Frieden nur möglich ist, wenn beide Seiten ihn wollen."

  • „Dazu braucht es den Willen Russlands und der Ukraine, Verhandlungen mit Kompromissbereitschaft von beiden Seiten aus zu führen, die vernünftigerweise eine neutrale Ukraine zur Folge haben müssten.“

    Dieser Satz der "Friedenskoordination Berlin" steht geradezu paradigmatisch für die gesamte Verirrung der deutschen Friedensbewegung. Nicht nur übernimmt man implizit die russische Lesart einer angeblichen Bedrohung, sondern möchte zugleich der Ukraine - also dem Opfer einer militärischen Aggression - vorschreiben, wie ein möglicher Friede auszusehen habe.

    • @Schalamow:

      Ja, erschreckend. Gerne würde man die UrheberInnen, voll geschützt natürlich, für ein paar Minuten direkt ins Kriegsgebiet beamen, damit sie sich ein Bild machen. Ob sie dann immer noch von "Kompromissbereitschaft" auf irgendeiner Seite reden würden?

  • Es wird die Zeit kommen, wo differenzierte Sichtweisen wieder erlaubt sein werden. Jetzt ist erstmal Bellizismus.

    • @Phineas:

      Eigentlich wimmelt es doch gerade von differenzierten Sichtweisen und unterschiedlichen Meinungen.

      Und so richtig bellizistisch erobern will ja immer noch keiner.

      Das undifferenzierte "Nie wieder Krieg" ist nur weniger verbreitet.

      Auch von Pazifist_innen wird nun Differenzierung erwartet.

      Die Umstellung ist natürlich nicht einfach.

      • @rero:

        "Und so richtig bellizistisch erobern will ja immer noch keiner."



        Na ja... vergessen Sie da nicht jemanden?

  • 0G
    05867 (Profil gelöscht)

    Kriege werden entweder durch Kapitulation (Japan nach Atom-Bomben Einsatz der USA, Deutschland nach fast vollständiger Zerstörung) oder idR durch Verhandlungsergebnisse beider Kriegsparteien beendet.



    Vielleicht kommt in Europa & Russland demnächst noch eine dritte Kategorie dazu, nämlich die Ausrottung beider Kriegführender Parteien.



    Ich würde mir Variante 2 wünschen, weil sie mit der vergleichsweise geringeren Zerstörung und weniger Toten einhergeht.



    Die Hybris vieler deutscher Bellizisten liegt freilich in der unbegündeten Annahme, das die Nato für eine Kapitulation der Russen sorgen wird.

    • @05867 (Profil gelöscht):

      Die Hybris vieler, die jetzt für Zurückhaltung werben, liegt darin, zu glauben, dass die Ukraine das schon alleine schafft und überhaupt nach einem eventuellen Ende des Feldzugs gegen die Ukraine mit dem Großmachtstreben Russlands bestimmt Schluss sei.



      Wünschen kann man sich vieles.

    • @05867 (Profil gelöscht):

      Oder man liefert der Ukraine genug Waffen sie werfen die Russen aus dem Land und zwei Minuten später sind sie in der NATO. Putin sitzt dann schmollend in Moskau und schaut zu wie Russland zerfällt.

  • Wenn jetzt eine Logik der Aufrüstung, des Krieges, der Dehumanisierung der Gegner:innen siegt, wenn nun plötzlich der Weg nach rechts eingeschlagen wird, weil Putin einen Krieg begonnen hat – dann hat Putin wirklich gewonnen und mit ihm der Teil seiner Gegner:innen, der im Jemen genauso menschenverachtend handelt wie Putin. Der Krieg gegen die Ukraine gibt keinerlei Anlass für Linke, jetzt über einen Marsch nach rechts nachdenken zu müssen.

    • @PolitDiscussion:

      Putin hat seit Jahrzehnten immer wieder gewonnen, weil man ihn mit seinen exterritorialen gezielten Tötungen (Tiergarten, London), seinen Kriegen (Tschetschenien, Georgien, Syrien, Ukraine) und seinen Desinformationskampagnen (Brexit, Trump) hat gewähren lassen.

      So jemandem auch noch zu signalisieren, dass er ungeschoren auch gerne ganze Länder in Europa angreifen und annektieren könne, wäre weder links noch rechts sondern einfach staatsbedrohend fahrlässig.

  • Was würden die Ostermarsch-Demonstranten eigentlich fordern, wenn Russland in Brandenburg einmarschiert wäre, Frankfurt-Oder aushungern würde, wahllos Wohngebiete bombardiert und Brandenburgerinnen vergewaltigt und ermordet?

    • @Sebastian1341:

      Sie würden die Russen mit Blumen empfangen, da sie Deutschland aus den Klauen der NATO befreien.

  • Es ist auch wirklich schwierig.

    Wenn's auch (für die meisten von uns) relativ klar ist, dass die russische Aggression mörderisch und verachtenswert ist, zucke ich immer noch beim "rah, rah" Stellvertreter-Nationalismus zusammen.

    Für manche ist das Teil einer Strategie; die Ukraine wird mit Waffen vollgestopft, nicht, weil sie sich (legitim!) wehren können soll, sondern weil die Nummer für Putins Russland möglichst teuer werden soll [1]. Und das ist auch mörderisch und verachtenswert. Denn es sind die Ukrainer*innen (zivil wie militär), die mit ihrem Leben bezahlen. Und irgendwelche nichtsahnenden russischen Rekruten. Und all die, auf die jetzt eine Hungersnot zurollt.

    Wenn jetzt Onkel Biden "Kriegsverbrechen!" skandalisiert ruft: ich hätte gerne, dass die USA *fucking endlich* dem Internationalen Gerichtshof beitritt und sich seinen Urteilen unterwirft. Andernfalls fällt es mir schwer, sie ernst zu nehmen.

    Ja Wagner ist eine Mörderbande. Von mir aus können wir sie als Terroristen (noch besser: als organisierte Kriminalität) behandeln.

    Aber dann sollten wir eben auch Blackwater (heute Akademi, weil der Name im Verlauf des Irakkriegs so ein... Verwesungsgeruch bekam) so behandeln. Stattdessen? haben sie in Bagdad ein Blutbad veranstaltet; ein paar kamen in den USA auch tatsächlich vor gericht (wie gesagt: die USA lehnt *kategorisch* internationale Gerichtsbarkeit ab). Wie weiter? Trump hat die alle pauschal begnadigt.

    Und so weiter.

    Ich will also nicht hören, dass sich irgendwer über die Pazifist*innen lustig macht. Ich kann gut verstehen, dass jemensch ihre Positionen nicht teilt. Aber Respekt haben sie verdient.

    [1] www.rand.org/conte...4/RAND_RB10014.pdf



    (beachte, dass die RAND-Corporation nicht irgendwer ist, sondern *der* strategische Thinktank der USA).

    • @tomás zerolo:

      "Aber dann sollten wir eben auch Blackwater (heute Akademi, weil der Name im Verlauf des Irakkriegs so ein... Verwesungsgeruch bekam) so behandeln."



      Genau das ist aber doch schon längt passiert. Natürlich sind von deren Seite Dinge im Irak unsäglich schief gelaufen, aber das wurde sofort nach Bekanntwerden als Skandal aufgefasst und auch juristisch aufgearbeitet. Daran ob man in Russland ähnlich mit den Massakern der Wagner-Truppe verfahren wird hätte ich so meine Zweifel.

    • @tomás zerolo:

      "... die Ukraine wird mit Waffen vollgestopft, nicht, weil sie sich (legitim!) wehren können soll, sondern weil die Nummer für Putins Russland möglichst teuer werden soll [1]. "

      Ja genau , denn die Formel ist noch viel einfacher, einer hat seine Armee in ein unabhängiges Land geschickt, was soll den die Ukraine sonst machen, als so teuer wie möglich Ihr Land und Leben zu verteidigen!!! Russland ist der Agressor und fertig! Aber die linke Meinung versucht uns hier einzureden , dass die Nato und Die USA diesen Krieg nur fördern um Russland zu schaden! Was für ein Zynismus! Die Ukraine fragt doch täglich nach mehr Waffen (und das zu Recht!) . Sollen also die Nato, USA die Ukraine im Stich lassen? Und keine Waffen mehr schicken, mit dem wissen dass die Ukraine dann entnatzifiziert wird ( Putin: meint damit aber entvölkert!!!!)!



      Keine Ahnung für was das gut sein soll, aber es gibt immer noch Personen in Deutschland , die Verständnis für Putin haben, und die NATO , USA und Deutschland wieder als Kriegstreiber sehen. Ich bin so froh, dass wenigstens bei den Grünen ein absolutes Umdenken stattgefunden hat. Baerbock und Habeck machen einen Superjob….und haben den grünen Pazifismus abgelegt, jetzt müssen nur noch die ewig gestrigen Linken auch mal einsehen , das Böse kommt aus Russland!!!

    • @tomás zerolo:

      "... die Ukraine wird mit Waffen vollgestopft, nicht, weil sie sich (legitim!) wehren können soll, sondern weil die Nummer für Putins Russland möglichst teuer werden soll [1]. "

      Ja, was denn sonst? Selbstverständlich muss man sich darüber Gedanken machen, wie man der aggressiven Politik Russlands entgegentreten kann, und zwar unterhalb der Schwelle der direkten militärischen Konfrontation. Sie konstruieren hier freihändig einen Gegensatz, der sich aus dem Text gar nicht ableiten lässt. Ohnehin muss man sich angesichts der wirren Ausfälle von Putins Spezi Dmitri Medwedew wohl auf eine längeranhaltende Auseinandersetzung einstellen, solange das derzeitige Regime an der Macht ist www.welt.de/politi...s-Wladiwostok.html

      "Ich will also nicht hören, dass sich irgendwer über die Pazifist*innen lustig macht. Ich kann gut verstehen, dass jemensch ihre Positionen nicht teilt. Aber Respekt haben sie verdient."

      Respekt wofür? Für eine wirre, politisch in jeder Hinsicht abstruse Haltung, die objektiv dem Aggressor in die Hände spielt? Da halte ich es doch mit Wolfgang Thierse: "Pazifismus auf Kosten anderer ist zynisch“ www.br.de/nachrich...st-zynisch,T36mHyD

    • @tomás zerolo:

      Wenn ich eine ergänzende Anmerkung machen darf: das ärgerliche an der Pazifismus-Kritik ist, dass man den jetzt lautstark als naiv oder gar als 5. Kolonne gescholtenen nie zuhört, bevor eine Situation militärisch eskaliert. Es ist ein Drama, das sich mit trauriger Regelmäßigkeit wiederholt: politische Entscheidungsträger (und die sie unterstützende Öffentlichkeit) ignorieren die Warnungen vor drohenden Krisen ebenso wie frühzeitige Lösungsvorschläge und wenn dann wirklich die Panzer rollen, werden diejenigen, die genau davor gewarnt haben, zum Ziel von Spott und Verachtung. Das ist nicht nur traurig, sondern auch gefährlich, weil sich darin der Unwillen der gegenwärtigen Politik und Gesellschaft zeigt, aus eigenen Fehlern zu lernen, statt auf einen Sündenbock - in diesem Fall die Friedensbewegung - einzudreschen.

      • @O.F.:

        Wer einem IS, Wagner-Söldnern oder dem Putin-Regime ein unbeirrbares "Frieden schaffen ohne Waffen" entgegenschleudert, wird wohl zu Recht zum Ziel von Spott und Verachtung.

        • @dites-mois:

          Nun, was den IS betrifft ... die sitzen zu tausenden in Lagern wie Al-Hol unter Kontrolle der kurdisch-syrischen Selbstverwaltungsorgane in Rojava/Nordostsyrien. Wie lange diese Kontrolle von den Kurden noch aufrechterhalten werden kann, ist fraglich, zumal die kurdische Autonomie wieder einmal durch türkische Luftangriffe und einen massiven Truppeneinmarsch bedroht wird ... möglicherweise werden die syrischen Kurden ihre Kaempfer jetzt zur Verteidigung Rojavas gegen den türkischen Angriff einsetzen müssen und die Internierungslager nicht mehr vollumfänglich "verwalten" können. Sie sind jetzt schon ein Pulverfass, eine Brutstätte für neu aufkeimenden islamistischen Terror.



          Dann geht die Geschichte mit dem IS in Syrien und im Irak wieder von vorne los ... wird hier vielleicht nicht für so wichtig erachtet, betrifft uns schließlich nicht bzw. dieser Krieg ist uns nicht so nahe wie der in der Ukraine. Denken wir.



          Ich wollte nur darauf hinweisen. Ich habe kurdische und yezidische Freunde mit Angehörigen in beiden Ländern.

      • @O.F.:

        "Politische Entscheidungsträger (und die sie unterstützende Öffentlichkeit)" ignorierten seit vielen Jahren v.a. die Warnungen vor der zunehmenden Aggressivität des russischen Regimes, seiner imperialistischen Agenda, seiner regelmäßig besonders grausamen Kriegsführung und immer offener faschistischen Ideologie. Gewarnt haben v.a. Grüne und Linke (nein, nicht "Die Linke"), auch einige Konservative. Aus der Friedensbewegung war da eher nichts zu vernehmen.

      • @O.F.:

        "politische Entscheidungsträger (und die sie unterstützende Öffentlichkeit) ignorieren die Warnungen"



        Wo bitte wurden denn Warnungen ignoriert? Über Wochen und Monate hinweg war der Versuch Putin zu beschwichtigen praktisch das einzige Thema auf der internationalen Bühne, nahezu alle westlichen Politiker*innen reisten nach Moskau um die Eskalation abzuwenden. Die Naivität und der zentrale Irrtum der Pazifist*innen ist ihre axiomatische Annahme, dass jeder Konflikt diplomatisch lösbar wäre, das ist aber eben nicht der Fall, vor Allem dann nicht wenn Ideologie eine Rolle spielt oder sich eine Partei auf historischer Mission wähnt wie es bei Putin der Fall ist.

        • @Ingo Bernable:

          Nun reicht der Streit um den Status der Ukraine wesentlich länger zurück, mindestens bis 2017; seitdem gab es keinen ernsthaften Versuch, auf russische Bedenken einzugehen und einen neuen modus vivendi zu entwickeln, der die Sicherheitsinteressen Russland berücksichtigt (und um diese geht es, nicht um eine angebliche "historische Mission"). Es gab seit 2007 kein einziges ernsthaftes Zugeständnis an Russland - im Gegenteil. Das legitimiert den Angriff nicht, ist aber Teil einer Eskalationsdynamik, zu der der Westen wesentlich beigetragen hat, obwohl es durchaus möglich gewesen wäre, diese zu durchbrechen. Hätte man nicht nur der Friedensbewegung, sondern auch nur außenpolitischen Realisten in den letzten 15 Jahren zugehört und sich um eine ernsthafte diplomatische Lösung bemüht, dann wäre dieser Krieg vermeidbar gewesen.

          • @O.F.:

            "gab es keinen ernsthaften Versuch, auf russische Bedenken einzugehen" " seit 2007 kein einziges ernsthaftes Zugeständnis an Russland"



            Also in meiner Realität war es beispielsweise eine Berücksichtigung russischer 'Sicherheitsinteressen' der Ukraine den angestrebten NATO-Beitritt zu verweigern und zwar illegitimer Interessen.



            "nicht um eine angebliche "historische Mission""



            Dann rate ich ihnen dringend mal zur Lektüre von Putins Ergüssen über die angebliche 'historische Einheit von Russen und Ukrainern' die er bereits letzten Sommer veröffentlichte. Dieser Text vermittelt, so verdreht er auch ist, eine doch recht eindrückliche Idee davon warum Putin den Befehl zum Einmarsch erteilte und um die NATO geht es dabei nicht.

    • @tomás zerolo:

      Mal das ganze Ferngefuchtel beiseite.

      Ist es nicht Sache der Ukraine, wie sie mit diesem Angriffskrieg umgehen will?

      Ich verstehe auch nicht so recht, die Schwierigkeit, sich hier eindeutig zu positionieren.

      Ich verstehe nicht die Äquidistanz und schon gar nicht die leicht gebremste Parteinahme für Russland und das überbordende Interesse an dessen "Sicherheitsinteressen".

    • 0G
      05867 (Profil gelöscht)
      @tomás zerolo:

      Woher kommt hierzulande eigentlich dieser "Stellvertreter-Nationalismus", der all ihre richtigen Argumente und viele darüberhinaus ausblendet?



      Warum wünschen sich offenbar so viele einen großen Krieg, den sie sicherlich nicht überleben würden?



      Eine Exil-Ukrainerin hat anderswo geschrieben, das die deutschen Kriegtreiber sich IHREN Ukraine-Krieg nicht nehmen lassen werden...

      • @05867 (Profil gelöscht):

        Wo wird für Sie offenbar, dass sich "so viele" einen großen Krieg wünschen?

        Ein großer Krieg wäre ein Angriff von Russland in Russland.

        Ich kenne keinen, der das je vorgeschlagen hätte.

        Ich muss allerdings gestehen, ich habe auch bei Zerolo "all die richtigen Argumente" nicht gefunden, weil es hauptsächlich Whataboutism war.

    • @tomás zerolo:

      "die Ukraine wird mit Waffen vollgestopft, nicht, weil sie sich (legitim!) wehren können soll, sondern weil die Nummer für Putins Russland möglichst teuer werden soll"

      ...ernsthaft das glauben Sie.??

      "Ich will also nicht hören, dass sich irgendwer über die Pazifist*innen lustig macht. Ich kann gut verstehen, dass jemensch ihre Positionen nicht teilt. Aber Respekt haben sie verdient."

      ...selbstverständlich haben sie Respekt verdient. Allerdings könnte es auch nicht schaden den Menschen in der Ukraine Respekt zu zollen und dazu gehört nun mal auch eine Verurteilung der russischen Aggression - und zwar OHNE WENN UND ABER. Damit tun sich aber so einige doch ziemlich schwer.!

      -> Respekt gegen Respekt.!!

  • Moralisch gesehen ist die Sache wirklich sehr einfach:

    Niemand hat das Recht andere zu verletzen.



    Aber jeder hat das Recht sich zu verteidigen.

    ...gilt auch für Gruppen,Vereinigungen und Länder.

    ..damit ist im wesentlichen alles gesagt..und jeder der davon abschwurbelt liegt falsch...

    • @Wunderwelt:

      Zustimmung. Auf dieser Basis muss die Friedensbewegung sich bewegen, um nicht unglaubwürdig zu werden.

      Dennoch ist die Breite, in der die Friedensbewegung agieren kann, doch ziemlich hoch.

      Beispielsweise kann man sich gegen das Denken in Blöcken und Einflusssphären stellen, und stattdessen (als NATO-Alternative) eine Allianz der friedfertigen Staaten fordern, die sich gegenseitig bei Aggressionen unterstützen. Anders als die NATO müsste diese Allianz für alle Staaten der Welt, die teilnehmen möchten, offen sein - ausgeschlossen würde man nur, wenn man selbst mit dem Verbot von Angriffskriegen bricht. Dazu gehört natürlich auch ein Verbot, separatistische Bewegungen in anderen Staaten (auch ideell/nichtmilitärisch) zu unterstützen - in diesem Fall könnte man z.B. mit Zweidrittelmehrheit ausgeschlossen werden.

      Natürlich kann sich auch die NATO selbst in diese Richtung bewegen, sie sollte aber 1) ihren Namen wegen des regionalen Bezugs ändern, und 2) zugeben, dass Mitglieder in der Vergangenheit auch mit dem Angriffskriegsverbot gebrochen haben (ganz klar im Fall von Vietnam, Libyen und Irak, der Kosovo ist imo ein strittiger Fall).

    • 2G
      27814 (Profil gelöscht)
      @Wunderwelt:

      Es gibt noch mehr zu sagen:

      Sollten wir diejenigen die sich verteidigen unterstützen, dh. gibt es Beistandspflichten?



      Welche Mittel sollten wir dazu bereitstellen?

      Sollten wir uns als Gruppe verteidigen? Sollten wir Gruppenmitglieder zur Verteidigung verpflichten, persönlich oder mit Steuermitteln?



      Welches Ausmaß sollte die Vorbereitung dazu haben?

    • @Wunderwelt:

      Exakt so ist es!