piwik no script img

Wissenschaftsfreiheit in DeutschlandStark-Watzinger muss zurücktreten

Daniel Bax
Kommentar von Daniel Bax

Das Bildungsministerium wollte kritischen Wissenschaftlern die Fördermittel streichen: Das ist ein Fall von Machtmissbrauch. Er liegt im autoritären Trend.

Ziemlich illiberal für eine Liberale: FDP-Bildungsministerin Bettina Stark-Watzinger Foto: Michael Kappeler/dpa

M it jedem Tag, den der Krieg in Gaza fortdauert, erscheint die deutsche „Staatsräson“ fragwürdiger. Umso verbissener kämpfen dessen Vertreter darum, sie durchzusetzen, und offenbaren dabei autoritäre und illiberale Neigungen.

Mehrere Uni-Proteste, Protestcamps und ganze Kongresse wurden mit Polizeigewalt aufgelöst. Kritische Künstler, Wissenschaftler und andere Intellektuelle aus dem Ausland wurden ausgeladen oder an der Einreise gehindert, während man hierzulande versucht, sie mit „Antisemitismusklauseln“ und anderen Mitteln auf Linie zu bringen. Deutschland gehe damit viel weiter als die USA, die ebenfalls Israel unterstützen, kritisierte der deutsch-britische Journalist und Deutschland-Experte Hans Kundnani kürzlich in einem vielbeachteten Essay im US-Debatten-Magazin Dissent.

Viele deutsche Wis­sen­schaft­le­r:in­nen sehen das ähnlich kritisch und sind deshalb besorgt. Einige von ihnen lancierten im Mai einen offenen Brief, in dem sie das Recht auf Protest an ihren Hochschulen verteidigten. Solche Proteste wurden gerade in der Hauptstadt mehrfach durch die Polizei unterbunden und aufgelöst – zuletzt an der Humboldt-Universität zu Berlin. Fast 400 Erst­un­ter­zeich­ne­r*in­nen haben den Brief unterschrieben, über 1.000 weitere Wis­sen­schaft­le­r*in­nen unterstützten ihn mit ihrer Unterschrift. Es ging ihnen darum, Grundrechte zu verteidigen. 


Auf dem Boden der Verfassung?

Doch die FDP-Wissenschaftsministerin Stark-Watzinger sah das anders: Sie unterstellte den Unterzeichnern, nicht auf dem Boden des Grundgesetzes zu stehen, und setzte sich an die Spitze einer Hetzkampagne der Bild-Zeitung gegen die Wissenschaftler. Das war schon skandalös genug. Nun stellt sich heraus, dass Stark-Watzinger die Wissenschaftler, die den offenen Brief unterschrieben haben, auch noch bestrafen wollte. In ihrem Ministerium ließ sie prüfen, ob man ihnen etwa bereits zugesagte Fördermittel wieder entziehen könnte. Das ist ein klarer Fall von Machtmissbrauch.

Die Fachleute in ihrem Haus wiesen das Ansinnen zurück, das allen Kriterien der Wissenschaftlichkeit Hohn spricht. Doch die Absicht ist klar: Wis­sen­schaft­le­r:in­nen sollen sich mit politischen Äußerungen zurückhalten, sonst drohen Konsequenzen. Das verbindet diesen Fall mit der Hexenjagd gegen Geraldine Rauch, die junge Präsidentin der Technischen Universität in Berlin.

Die Hochschul-Präsidentin sollte wegen drei „Likes“, von denen nur einer problematisch war, und trotz mehrfacher Entschuldigung zum Rücktritt gedrängt werden. Sagen wir es mal so: Wäre das der Maßstab für Rücktritte, dann hätten schon viele andere vor ihr den Hut nehmen müssen – an erster Stelle Männer wie der ehemalige CDU-Gesundheitsminister Jens Spahn und sämtliche Verkehrsminister der CSU.

Schaden für den Wissenschaftsstandort

All das schadet dem Wissenschaftsstandort Deutschland. Wer glaubt noch, dass das Bildungsministerium seine Fördergelder allein nach wissenschaftlichen Kriterien vergibt? Auch die Ausladung der US-Philosophin Nancy Fraser durch die Universität Köln wurde aus dem Bildungsministerium begrüßt – das war ein fatales Signal. Wie wird es wohl im Ausland gesehen, dass sich Ministerinnen und andere Politiker gemeinsam mit Boulevardmedien so stark in die Belange der Hochschulen einmischen?

Stark-Watzinger sollte zurücktreten, um keinen weiteren Schaden anzurichten. Wer glaubt, dass solche Bestrafungspläne dem Kampf gegen Antisemitismus dienen, ist bestenfalls naiv. Sie ebnen den Weg für eine autoritäre Politik. Die AfD wird sich für diese Ideen bedanken.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Daniel Bax
Redakteur
Daniel Bax ist Redakteur im Regieressort der taz. Er wurde 1970 in Blumenau (Brasilien) geboren und ist seit fast 40 Jahren in Berlin zu Hause, hat Publizistik und Islamwissenschaft studiert und viele Länder des Nahen Ostens bereist. Er schreibt über Politik, Kultur und Gesellschaft in Deutschland und anderswo, mit Fokus auf Migrations- und Religionsthemen sowie auf Medien und Meinungsfreiheit. Er ist Mitglied im Vorstand der Neuen deutschen Medienmacher:innen (NdM) und im Beirat von CLAIM – Allianz gegen Islam- und Muslimfeindlichkeit. Er hat bisher zwei Bücher veröffentlicht: “Angst ums Abendland” (2015) über antimuslimischen Rassismus und “Die Volksverführer“ (2018) über den Trend zum Rechtspopulismus. Für die taz schreibt er derzeit viel über aktuelle Nahost-Debatten und das neue "Bündnis Sahra Wagenknecht" (BSW).”
Mehr zum Thema

54 Kommentare

 / 
  • Seltsame "Hexenjagd", bei der die Gejagte einfach in ihrem hochdotierten Job bleiben kann und es sogar selbst entscheiden darf. Interessant, dass Meinungsfreiheit als hohes zu schützendes und bedrohtes Gut gesehen wird in diesem Kommentar, die Kritik an Rauch aber als "Hexenjagd" eingeordnet wird. Und die Aufrufe zu Gewalt und die Zerstörung des Inventars an der Uni ist "reine Meinungsäußerung"? Ernsthaft!? Und mir fehlt wieder mal die Perspektive der jüdischen Studierenden, die sich nicht mehr an die Unis trauen, da sie dort hochgradig bedroht werden, nicht nur verbal. Sowohl Rauch als auch Stark-Watzinger tragen für für diese Studierenden genauso Verantwortung, wie für alle anderen Studierenden.

  • Einer der Gründungsväter der USA, ich glaube John Adams, sagte einmal, keine Demokratie kann einen Zustand dauerhafter Kriegsführung überleben.



    Wir erleben gerade das. Denn wer nicht 100% auf Linie ist, der ist in dieser Logik eben pro (setze hier den Feind ein, der gerade aktuell ist) und damit ein Verräter.

  • Der Skandal ist nicht die Prüfung, sondern die Idee, über Fördergelder politischen Einfluss zu nehmen und so die vorgesehenen disziplinarischen und juristischen Wege zu umgehen, sowie in Landesangelegenheiten einzugreifen.



    Man muss berücksichtigen, dass Universitäre Forschung in D. in der Grundfinanzierung deutlich unterfinanziert ist und auf Fördergelder angewiesen ist. Diese Praxis steht in der Kritik, da so Unternehmen und -so die Befürchtung- schließlich auch Politiker Einfluss auf die Forschung nehmen können. Fördergelder sollen dazu dienen, besonders wichtige oder hochwertige Forschung zu fördern und nicht durch das Vorenthalten Disziplinarmaßnahmen zu verhängen. Das ist ganz einfach Missbrauch eines Instruments.



    Das als Bildungsministerin überhaupt zu erwägen zeigt, dass man für sein Amt moralisch ungeeignet ist.

  • Sind wir jetzt schon so weit in der (aufgesetzten) Hysterie, oder ist das einfach nur eine billige Retourkutsche für die Aufregung über Frau Rauch?

    Zu den Fakten: Die Ministerin lässt angesichts problematischer und durchaus für den Hochschulbetrieb relevanter Eskalationen über ein hochbrisantes Thema mögliche Sanktionsmaßnahmen prüfen (was genau NIEMANDES Rechte verletzt und dazu dienen soll, dass das auch so bleibt). Sie bekommt das Ergebnis, dass sie von solchen Maßnahmen besser Abstand nehmen sollte und macht keine erkennbaren Anstalten, sich dem zu widersetzen. SKANDAL!!

    ...denn Irgendwer im Ministerium hat offenbar nichts Besseres zu tun, als den Vorgang der geneigten Presse durchzustecken. Die steigt natürlich sofort aufs allerhöchste Eskalationsross, sieht Freiheit und Vaterland in allergrößter Not und fordert pflichtschuldigst und kategorisch den sofortigen Rücktritt der Ministerin (ich las "muss zurücktreten" und dachte erst, die Aussage sei seriös und das stünde schon fest; DANN las ich, wer ihn geschrieben hatte...). Die schiere Banalität dieser Reaktion ist die eigentliche Beleidigung für den Wissenschaftsstandort.

    Leute, kommt doch mal aus den Schützengräben!

    • @Normalo:

      Danke für den Beitrag, den ich nur unterschreiben kann.

  • In dieser durchaus gerechtfertigten Debatte um die Bildungsministerin, muss man schon verwundert konstatieren wie stark der Einfluss und auch Macht des Axel Springer Verlags auf die Politik geworden ist. Dass ausgerechnet die "Bildungs"ministerin sich mit dem hetzerischen und nicht gerade durch Bildung bekanntem Boulevardblatt gleichschaltet und sich auf Hexenjagt ggü. nicht gefügigen WissenschaftlerInnen begibt, zeigt, wie fehlplatziert die Ministerin auf diesen Posten doch sei.

  • Die Ministerin sollte sich in der 8. Klasse mal zum Thema Gewaltenteilung informieren.



    Strafrechtliche Prüfungen sind Sache der Judikative - also der Staatsanwaltschaft (in diesem Fall der Berliner). Schon dieser Übergriff macht ihr Verfassungsverständnis fragwürdig. Im Unterschied zu den Unterzeichnern hat sie damit den Boden des GGs verlassen.

    Zudem werden Fördermittel an juristische Personen vergeben. Wie will sie diese für das Verhalten einzelner haftbar machen? Auch hier fehlt ein grundsätzliches Rechtsverständnis.

    In beiden Fällen hat sie Schaden für das BMBF und die Wissenschaftskultur in Deutschland angerichtet. Ein Rücktritt wird sicher nicht erfolgen. Es fehlen noch Monate zur Versorgung.

  • Spätestens 2025 wird die Regierung ausgetauscht. Ich finde, bis dahin kann sie noch bleiben.

  • Naja, wenn man Geraldine Rauch, die laut des Kommentars von Bax drei Tweets, von denen „nur“ einer „problematisch“ gewesen sein soll (antisemitisch trifft es wohl eher), gelikt hat, zugesteht, dass sie aus ihren Fehlern ja lernen möchte und deshalb nicht zurücktritt, dann muss man das wohl auch Stark-Watzinger zugestehen, dass sie auch aus ihren Fehlern lernen möchte. Im Prinzip hatte sie eben die Idee, zu prüfen, ob den Wissenschaftler:innen, die den offenen Brief im Mai unterzeichnet hatten, Fördermittel entziehbar sind, was nach Prüfung durch das Ministerium offenbar nicht durchging. Zurecht wie ich finde. Da zeigt sich doch, dass die Wissenschaftsfreiheit wohl nicht ganz so in Gefahr ist, wie der Kommentar vorgibt.

  • "Wäre das der Maßstab für Rücktritte, dann hätten schon viele andere vor ihr den Hut nehmen müssen". Das mag ja sein, aber bezüglich Frau Rauch und ihrer eigenen Definition von Wissenschaftsfreiheit möchte ich dem hinzufügen, dass die



    Debatte um vermeintlichen Antisemitismus allenfalls an einem viel tiefer liegenden Problem kratzt. Es geht um die Frage



    des Neutralitätsgebots bzw., ob Aktivismus von Personen, die solche öffentlichen Ämter bekleiden in dieser Form damit in Einklang zu bringen ist.

  • Vielen herzlichen dank für Ihren artikel, herr Bax. Endlich jemand, der tacheles redet. Es geht tatsächlich um grundrechte. Und nicht zum ersten mal werden sie in den letzten jahren mit füßen getreten.

  • Es wird langsam gruselig, wozu sich diese Regierung hinreissen lässt. Wenn die Grünen und die SPD noch einen Funken von liberaler Identität haben, sollten sie sich nicht länger von der FDP vorführen lassen und sich gegen deren autoritäre Politik positionieren.

  • Ich kann dem Kommentar nur recht geben, würde mir aber wünschen, dass er nicht nötig wäre. Man muss sich das vor Augen führen: eine deutsche Bildungsministerin überlegt, auf rechtlich fragwürdigem Wege Wissenschaftler zu bestrafen, die daran erinnert haben, dass Grundrechte auch in Zeiten von Krieg und Terror gelten - und ein nicht zu kleiner Teil des liberalen Milieus nimmt sie auch noch in Schutz. Eigentlich müsste die Bundesregierung vom Verfassungsschutz beobachtet werden...

  • Meine Güte, legt klare, rechtssichere Grenzen fest, welcher Slogan antisemitisch ist und was legitimer Protest ist. Und dann sanktioniert Straftaten und haltet den Rest aus. Auch wenns nicht zur sogenannten Staatsräson passt. Gewaltaten, Hamas-Parolen und explizite Judenfeindlichkeit sind jetzt schon sanktionsfähig. Greift da entschieden durch.



    Aber solche fragwürdigen Ideen ins Blaue sind wie ein Großteil der gesamte Debatte zu diesem Konflikt nicht im Ansatz hilfreich und stärken nur antidemokratische Tendenzen, die man grad überall erkennen kann. Die Demokratie erodiert an allen Enden und solche Ideen passen erst recht nicht in eine Ecke, die sich explizit die Freiheit auf die Fahne geschrieben hat.

    • @Deep South:

      "Meine Güte, legt klare, rechtssichere Grenzen fest, welcher Slogan antisemitisch ist und was legitimer Protest ist."



      Nun, derartige Grenzen gibt es: Gewalt, Bedrohung von jüdischen Mitstudenten, Sachbeschädigung, alles nicht erlaubt. Alles geschah während dieser ach so friedlichen Protestcamps und Besetzungen.



      Mehr sollte man über diese nicht wissen müssen.

  • Eine Solidaritätserklärung mit Gewalttätern, die ihre Grausamkeiten öffentlich feiern und mit mittelalterlichen Vorstellungen rechtfertigen, ist keine Bagatelle.

    • @1Pythagoras:

      Selbst wenn es so ist und keine Bagatelle ist. Das hat im Zweifel die Staatsanwaltschaft zu beurteilen und nicht eine Ministerin. Die hat dazu zu Recht keine Befugnis.



      Mal das Thema Gewaltenteilung googlen.

    • @1Pythagoras:

      Und das rechtfertigt es, in die Wissenschaftsfreiheit einzugreifen?

      • @Ringsle:

        Die Wissenschaft steht unter der Einschränkung die Verfassung zu achten. Die Billigung von Gewalt steht nicht mit der Verfassung im Einklang und die Forderung, gewaltsame Aktionen nicht anzuzeigen, kann durchaus als Billigung verstanden werden.

      • @Ringsle:

        Und wenn pauschal israelische Universitäten boykottiert werden sollen ist das kein Eingriff in die Wissenschaftsfreiheit?

      • @Ringsle:

        Das kommt darauf an. Es könnte vielleicht bei einem Gesellschaftswissenschaftler durchaus Einfluss auch auf die fachliche Einschätzung haben. Dann ist so ein Eingriff eventuell sogar geboten.

        Für solche Fragen gibt es in Ministerien Verwaltungsjuristen, die das prüfen. Das ist hier passiert, die Antwort war wohl Nein, und es ist nicht zu Eingriffen gekommen.

    • @1Pythagoras:

      Es gab keine Solidaritätserklärung mit Gewalttäter.

      • @Francesco:

        Das ist MINDESTENS mal Auslegungssache.

        • @Normalo:

          Nein. Der Brief ist in seiner Formulierung eindeutig.

  • Die Ministerin hat den Entzug der Mittel prüfen lassen und die Prüfung hat ergeben dass das nicht möglich ist. Hört sich für mich hauptsächlich nach korrekter Prüfung an.

    • 8G
      81283 (Profil gelöscht)
      @Marmot:

      Eben. Vielen Dank.

  • Schwieriges Thema. Sobald das politische Klima rechtsextreme Geisteswissenschaftler hochkocht und mit öffentlichen Mitteln fördert, wird man es anders bewerten.

    • @drusus:

      Grotesker Vergleich. Was haben Wissenschaftlicher*innen, die die Achtung der grundgesetzlich gesicherten von Demonstrationsfreiheit und das Ermöglichen legitimer Proteste einfordern mit rechtsextremen Geisteswissenschaftlerinnen zu tun?

  • "Umso verbissener kämpfen dessen Vertreter darum, sie durchzusetzen, und offenbaren dabei autoritäre und illiberale Neigungen."

    Könnte glatt eine Beschreibung der propalästinensischen Aktivisten und Uni-Besetzer sein, die sich ja regelmäßig daran stoßen, wenn jemand anderer Auffassung als sie selber ist.

    Und bei den von diesen Gruppierungen geforderten Abbruch sämtlicher wissenschaftlicher Beziehungen zu Israel sieht Daniel Bax selbstredend kein Problem für die Wissenschaftsfreiheit. Und über die Verwüstung des besetzten Instituts, deren Kosten die Humboldt-Uni auf 150.000 € schätzt, möchte er schon gar nicht reden.

  • Legitime Meinungsäußerungen von staatlicher Seite zu verfolgen, ist äußert gefährlich, und das geschieht jedoch nicht nur bei diesem Thema.

    Wo ich nicht einverstanden bin:



    Natürlich können und sollten Besetzungen von Unis jederzeit aufgelöst werden. Eine Besetzung ist etwas völlig anderes als eine Demo.

    Und auch Demonstrationen müssen nicht auf Uni-Campussen stattfinden.



    Egal, wofür oder wogegen.

    • @Frauke Z:

      Man muss dem Brief ja nicht zustimmen, um ihn für einen legitimen Gebrauch von Bürgerrechten zu halten. Genauso wie man einen Brief unterzeichnen kann, der das polizeiliche Auflösen von Protestcamps kritisiert ohne dass man notwendigerweise mit den Haltungen der Protestierenden übereinstimmt.



      Und ein offener Brief ist auch kein Rechtsspruch. Es ist der Ausdruck einer Meinung dazu, wie politische Auseinandersetzungen erfolgen sollten. Darüber kann man diskutieren.

  • Das Recht auf Protest an Hochschulen.

    Wie diese aussehen, zeigt eine SPIEGEL-Reportage:



    www.spiegel.de/pan...-8050-8f71273a4db1

    Zerstörung und Hass. Auch das Symbol des roten Dreiecks tauchte immer wieder auf, dass die Terrororganisation Hamas benutzt, um »Feinde« zu markieren.

    Jüdische Studenten wurden angegriffen.

    Das natürlich positive Recht auf Protest wird leider nur zu oft mit Terror verwechselt.

    Und der ist gegen Juden mittlerweile so heftig in Deutschland, dass sich viele von ihnen nicht mehr auf die Straße trauen.

    Aus dem Nie-Wieder- ist längst ein Schon-Wieder-Land geworden.

    Voller Support für Stark-Watzinger!

    Respekt!

    Gegen Antisemitismus und Terror gegen Juden!

    Mit Freiheit geht auch Verantwortung einher. Man kann sich ja in den Unis mal anschauen was palästinensische Aktivisten darunter verstehen.

    Da bleibt nur eins:

    Flucht!

  • "Wer glaubt, dass solche Bestrafungspläne dem Kampf gegen Antisemitismus dienen, ist bestenfalls naiv. Sie ebnen den Weg für eine autoritäre Politik." Danke Herr Bax!

  • "... Deutschland gehe damit viel weiter als die USA, die ebenfalls Israel unterstützen, ..."

    Ich kann das nachvollziehen und stehe voll umfänglich zu der "deutschen Staatsräson".



    Der Unterschied zwischen den USA und Deutschland ist bekanntermaßen, dass u.a. die USA die jüdischen Menschen aus den Konzentrationslagern befreit haben, wir jedoch ca. sechs Millionen Menschen (2/3 der damaligen jüdischen Weltbevölkerung) ermordet haben. Achtzig Jahre sind meiner Meinung nach nicht lange genug, um diese Morde von uns unberücksichtigt zu lassen.

    "Das verbindet diesen Fall mit der Hexenjagd gegen Geraldine Rauch, die junge Präsidentin der Technischen Universität in Berlin."

    Ich finde es, besonders für jüdische Studenten und Mitarbeiter, sehr bedauerlich, dass Frau Rauch nicht zurückgetreten ist bzw. dieses Amt weiterhin ausüben kann.

    "All das schadet dem Wissenschaftsstandort Deutschland."

    Dem Wissenschaftsstandort Deutschland schadet es meiner Einschätzung nach viel mehr, wenn jüdische/israelische Studenten und wissenschaftliche Mitarbeiter keinen Rückhalt bei der Uni-Leitung finden und ihre Religion oder ihre Staatsangehörigkeit verstecken müssen.

    Damit fängt es an.

    • @*Sabine*:

      Danke!!! Genau so ist es!

  • Akademischer Antisemitismus ist leider ein zu wenig beforschtes Thema. Zumindest dafür kann die Wissenschaftsministerin einmal nichts. Umgekehrt gilt leider: Früher bedeutete Demokratie, für die Freiheit unliebsamer Meinungen mitzukämpfen. Heute geht es darum, Demokratie gegen unliebsame Meinungen zu verteidigen. Dieser schleichende Illiberalismus hat augenscheinlich auch die FDP befallen. Statt das Unterzeichnen (durchaus kritikwürdiger) Petitonen durch Entzug von Geldern bestrafen zu wollen, sollte die FDP-Ministerin lieber mehr Forschungsgelder für eine vernünftige Erforschung des akademischen Antisemitismus freigeben. Damit wäre dem Anliegen gedient und das auch noch im Rahmen von Meinungs- und Forschungsfreiheit. Aber warum solide gegensteuern, wenn man auch populistisch draufhauen kann?

    • @N Gogol:

      Die Position ist wahrscheinlich gar nicht so weit weg von der vieler Unterzeichner des Briefes. Den Positionen der Protestierenden stimmen sicher nicht alle zu, aber eine polizeiliche Räumung ist auch nicht die Lösung. Der Konflikt an den Unis geht jetzt schon ein paar Monate lang. Statt zu hoffen, man könne es aussitzen, um dann den Protest von der Polizei beenden zu lassen, hätte man vor Monaten schon Interventionen gegen einen möglichen Antisemitismus organisieren können. Die Polizei zu rufen ist sicher ein wirksames Mittel gegen Antisemitismusvorwürfe. Geben Antisemitismus selbst deutlich weniger.

  • Gefahr!

    Die Freiheit stirbt in Deutschland! Woran? Na, ist doch klar, am völlig übertriebenen Kampf gegen den Antisemitismus.

    Einen Kongress verbieten, bei dem mehrere Referenten Terrorgruppen nahestehen, das geht gar nicht. Eine woke Unipräsidentin mit der Medienkompetenz eines Vorschülers rausschmeißen? Um Himmels willen.

    Der Antisemitismus erfährt weltweit einen Auftrieb, den wohl niemand für möglich gehalten hätte. Der Kampf dagegen kann gar nicht energisch genug geführt werden.

    Wird er aber nicht. Herr Bax beschwert sich auf höchstem Niveau.

    • @Jim Hawkins:

      "bei dem mehrere Referenten Terrorgruppen nahestehen" - Können Sie diese Behauptung belegen?

      Wie verstehen Sie das Wort "woke"?

      Bezüglich Antisemitismus; finden Sie, die IHRA-Definition von Antisemitismus ist korrekt?

      • @M Buter:

        Na klar:

        jungle.world/artik...s-der-israelhasser

        Ich finde die IRHA Definition korrekt, weil sie die aktuell relevanteste Variante des Antisemitismus, nämlich die des israelbezogenen, berücksichtigt.

        "Woke", das ist für mich die zusammenfassende Bezeichnung für Haltungen, die sich durch sprachliche Korrektheit auszeichnen und als selbstreferentieller Code für ein abgeschottetes Milieu bildungsbürgerlicher Eliten fungiert, der seinen Beitrag zum Erfolg der AfD geleistet hat.

        • @Jim Hawkins:

          Die IHRA Definition wird wegen ihrer mangehlaften Spezifität zu Recht kritisiert. Sie wird gern misbraucht, um legitime Kritik an Israel als Antisemitismus zu disqualifizieren.



          Es gibt mit der Jerusalemer Erklärung eine wesentlich spezifischere Definition des Antisemitismus.

    • @Jim Hawkins:

      Es handelt sich, wie immer offensichtlicher wird, nicht um einen Kampf gegen Antisemitismus, sondern um einen Kampf zur bedingungslosen Verteidigung des rechtsradikal regierten Staats Israel.

      Offensichtlich ist das, weil klar antisemitische Aussagen und Taten von Menschen in Machtpositionen, die aber nichts mit Israel zu tun haben, meist konsequenzfrei bleiben (wie etwa bei Aiwanger).

      Je mehr diese Heuchelei betrieben wird, desto weniger wird Antisemitismus tatsächlich bekämpft. Während Palästinasolidarische öffentlichkeitswirksam beschimpft und verleumdet werden, wird die AfD nur noch oberflächlich kritisiert und ihre politischen Inhalte von den Mitte-Parteien mehr und mehr übernommen - was bald auch zu einer großen Bedrohung von Jüdinnen:Juden in Deutschland werden wird.

      • @homonym:

        Also, fassen wir zusammen.

        @André Schneider, @Schleicher, @Pflasterstrand:

        Ich verteidige die rechtsradikale israelische Regierung, mir ist ein "energisches Kampfgefühl" zu eigen, ich teile die Meinung der BILD, der AfD und der Ministerin. Und ich argumentiere an der eigentlichen Sache vorbei.

        Vielen Dank für die ausgewogene Debatte.

    • @Jim Hawkins:

      Im Kern ging es um einen Offenen Brief, der schlicht zur Mäßigung bei vorschnellen und teilweise unverhältnismäßigen Polizeieinsätzen an Universitäten aufgerufen hatte. Es war eine Erinnerung an geltendes Recht und an das Grundgesetz. Mehr nicht.

      Die Ministerin hatte sich ganz offensichtlich nicht genug mit der Sachlage vertraut gemacht und, so scheint es, ist ihrer emotionalen persönlichen Stimmung gefolgt und hat sich entsprechend unprofessionel den Medien gegenüber verhalten und wie nun deutlich wird, auch im eigenen Haus überreagiert ... was ja offenbar auch intern im Ministerium sofort für Irritation gesorgt hat - vgl. E-Mail-Kommunikation.

      Fazit: Der Artikel trifft durchaus den Kern, der Kommentar von Herrn Hawkins nimmt dagegen kaum Bezug zum Text und den Fakten. Beide -- die Ministerin und Herr Hawkins -- scheint ein "energisches Kampfgefühl" eigen zu sein. Um es klar zu sagen: Die Unterzeichner sind keine "Feinde", die man bekämpfen muss. Also, werden wir bitte wieder sachlich.

      • @André Schneider:

        Geltendes recht lässt zu, in Gebäude gewaltsam (durch Zerstörung von Schlössern und Fenstern) einzudringen und Räume gegen den Willen der Berechtigten zu okkupieren? Ich glaube nicht.

      • @André Schneider:

        >>Im Kern ging es um einen Offenen Brief, der schlicht zur Mäßigung bei vorschnellen und teilweise unverhältnismäßigen Polizeieinsätzen an Universitäten aufgerufen hatte.

      • @André Schneider:

        Der offene Brief war keine bloße Erinnerung an geltendes Recht und ans Grundgesetz, sondern eine Solidarisierung mit offenem Antisemitismus. Ein Blick in die taz: "Bei den Protesten an der FU waren der Slogan „From the River to the Sea, Palestine will be free“ und der Ruf nach einer „Intifada“ – Arabisch für „Aufstand“ – zu hören gewesen."



        Quelle: taz.de/Besetzungen...hschulen/!6006389/



        Den Aufruf zur Intifada als "friedlichen Protest" zu bezeichnen, ist infam. Es ist ein Aufruf zur Gewalt, und das vor dem Hintergrund der Hamas-Massaker vom 07.10.2023, dem größten Pogrom gegen Juden seit dem 2. Weltkrieg.

        Und das haben die Unterzeichner des offenen Briefs als "friedlichen Protest" bezeichnet, und zwar nicht in ihrer Eigenschaft als Privatpersonen, sondern ausdrücklich in ihrer Eigenschaft als "Lehrende der Berliner Hochschulen". Hier der offene Brief: docs.google.com/fo...zEl9t1LWw/viewform

    • @Jim Hawkins:

      Wird er tatsächlich nicht. Stattdessen werden rechtswidrig Einreiseverbote durchgesetzt. Forschungsgelder an politische (Lippen-) Bekenntnisse geknüpft. Wenn Sie das so in Ordnung finden, gut. Aber dann teilen Sie nun Mal die Linie der Bild Zeitung und sowieso der AFD. Und der FDP Ministerin. Energisch First, rechtsstaatlich second.



      Ich habe dagegen noch Hoffnung, dass sich der Kampf gegen Antisemitismus mit rechtsstaatlichen Methoden in Einklang bringen lässt. Das eine tun, das andere nicht lassen.

    • @Jim Hawkins:

      Der Kampf gegen den Antisemitismus sollte erstens den Antisemitismus zum Gegenstand haben und zweitens dem Prinzip der Rechtsstaatlichkeit folgen. Dass beides im Falle des offenen Briefes von Hochschullehrenden nicht der Fall war, ist Gegenstand dieses Artikels.

      Daran argumentieren Sie leider in Ihrem Kommentar vollkommen vorbei. Es geht in diesem Artikel darum, das die amtierenden Bundesbildungsministerin ernsthaft und gegen die juristischen Einwände in ihrem Hause untersuchen ließ, ob Wissenschaftlerinnen mittels eines beispiellosen Eingriffes in die Wissenschaftsfreiheit Fördermittel entzogen werden können, weil diese von ihrem Recht auf Meinungsfreiheit Gebrauch gemacht haben, um sich gegen die polizeiliche Räumung eines propalästinensischen Protestcamp auszusprechen. Anders als die unerträglichen Faschos von der Springer-Presse suggeriert haben, ging es darum und um nichts sonst.

      Dass Ihnen derart autoritäre und antidemokratische Bestrebungen keine Silbe wert sind, läßt tief blicken. Umso mehr angesichts des beängstigenden Rechtsrucks in Deutschland.

      • @Pflasterstrand:

        "Es geht in diesem Artikel darum, das die amtierenden Bundesbildungsministerin ernsthaft und gegen die juristischen Einwände in ihrem Hause untersuchen ließ, ob..."

        Ein schönes Beispiel für das unlogische Aufplustern, das auch diesen Artikel auszeichnet.

        Sie verdrehen da nämlich was: Die juristischen Einwände waren nicht schon da sondern das ERGEBNIS besagter Untersuchung. Genau deshalb macht man die ja: Um zu prüfen, ob es stichhaltige juristische Einwände gibt. Wenn die juristischen Einwände schon vorgelegen hätten, wäre nichts mehr zu untersuchen gewesen. Das sollte eigentlich völlig offensichtlich sein. Aber es klingt natürlich viel skandalöser, wenn man die Reihenfolge vertauscht...

      • @Pflasterstrand:

        Danke! Ich finde den Kommentar fast noch harmlos angesichts der E-Mail-Korrespondenz einer FDP-Bildungsministerin, die ihres Informationen aus einer "Zeitung" für funktionale Analphabeten erhält, in ihrer Amtszeit noch keine sinnvolle Position für irgendeine universitäre Statusgruppe vertreten hat und dann juristische Konsequenzen und die Streichung von Fördermittel prüfen lässt.



        Der Vorgang ist absurd bis gefährlich für die freiheitlich-demokratische Grundordnung. Und wer das für melodramatisch hält, kann sich die E-Mails ja mal durchlesen.

  • > Hexenjagd gegen Geraldine Rauch

    Endlich spricht's mal jemand aus. Danke dafür!

    • @B. Iotox:

      Die Polizeiaktionen beendeten keine Proteste, sondern Besetzungen von Uni-Gelände, der gelikede Post nicht „problematisch“ sondern das Hakenkreuz in Verbindung mit einem



      Juden als Verharmlosung deutscher



      Verbrechen absolut indiskutabel.

      • @Hubertus Behr:

        Qod erat demonstrandum. Vielen Dank für das schöne Beispiel.