Wahlumfrage in Sachsen: AfD bei 35 Prozent
Ein Jahr vor der Landtagswahl ist die AfD laut einer Umfrage stärkste Kraft. Die jetzige schwarz-rot-grüne Koalition hätte keine Mehrheit.
Für die Umfrage wurden Mitte August 1.500 Wahlberechtigte in Sachsen telefonisch und online befragt. 36 Prozent der Befragten würden eine Regierungsbeteiligung der AfD in Sachsen als „sehr schlecht“ bewerten, 22,5 Prozent als „sehr gut“.
Während 53 Prozent der Befragten mit der Arbeit der schwarz-rot-grünen Landesregierung unzufrieden sind, schneidet Ministerpräsident Kretschmer vergleichsweise gut ab. 51 Prozent sind mit ihm zufrieden, davon 13 Prozent sogar sehr. Vor allem die älteren Befragten bewerten seine Arbeit positiv.
Kritik an Sachsens CDU
Der sächsische CDU-Generalsekretär Alexander Dierks sieht die Schuld für die hohen AfD-Umfragewerte bei der Bundesregierung. „Die Ampel-Regierung stärkt mit ihrer Politik die politischen Ränder und verspielt das Vertrauen der Menschen in politische Entscheidungen. Die Bundesregierung muss endlich die drängenden Probleme des Landes angehen: insbesondere die schlechte wirtschaftliche Entwicklung und die zunehmende Belastung durch massiv steigende Flüchtlingszahlen“, teilte der CDU-Politiker auf Anfrage mit.
Marie Müser, Landesvorsitzende der Grünen Sachsen, sagte hingegen: „Permanente populistische Stimmungsmache und ewige Seitenhiebe gegen die Ampel und uns Bündnisgrüne nutzen nicht der CDU, sondern stärken ausschließlich die AfD. Der Ministerpräsident setzt damit die Regierbarkeit des Freistaats durch demokratische Parteien aufs Spiel.“
Müser kündigte an, dass die Grünen das verbleibende Jahr bis zur Landtagswahl nutzen würden, um sich „noch besser aufzustellen und mit aller Kraft für ein Sachsen der Zuversicht zu kämpfen“.
SPD-Landesvorsitzender Henning Homann bezeichnete die Umfragewerte als „Warnschuss“ für alle Koalitionsparteien in Sachsen. Ihm zufolge hingen die Umfrageergebnisse in Sachsen „nicht nur von der Stimmung zur Ampel“ ab. „Wer dort die einzige Antwort sucht, macht es sich deutlich zu einfach. Wir haben hier in Sachsen unsere ganz eigene Verantwortung“, sagte Homann der taz.
Bei der Landtagswahl 2019 lag die CDU noch vor der AfD
Die Umfrage zeige ihm zufolge auch, dass die CDU mit ihrer Strategie gescheitert sei. „Statt für einen Konservatismus mit Haltung zu werben, übernimmt sie Inhalte und Sprache der Rechten. Statt in Berlin mit konstruktiven Vorschlägen Oppositionsarbeit zu machen und in Dresden eigenen Probleme anzupacken, arbeitet man sich lieber mit Kampagnen und Krawall an der Ampel ab“, sagte der SPD-Politiker.
Auch Stefan Hartmann, Landesvorsitzender der Linken, kritisierte die sächsische CDU. „Es ist die CDU, die die Themen von Rechtsaußen nachplappert und verstärkt, statt sich den zentralen Fragen des Zusammenlebens zu stellen“, schrieb er auf X, ehemals Twitter. Zu den Umfrageergebnissen sagte er, dass diese keine Prognose für den Wahlausgang im Herbst 2024 seien.
„Die Umfrage für #Sachsen schmerzt“, teilte Grünen-Bundestagsabgeordneter Kassem Taher Saleh, der seinen Wahlkreis in Dresden-Süd hat und im sächsischen Plauen aufgewachsen ist, auf X mit. Was aber genauso schmerze wie die Umfragewerte, sei der Zynismus, mit dem nun wieder auf Sachsen geblickt werde. „Die demokratischen & vielfältigen Akteure in der Zivilgesellschaft, die hier jeden Tag für ein besseres Sachsen kämpfen, verdienen jeden Tag unseren Respekt.“
Die letzte Landtagswahl fand am 1. September 2019 statt. Mit 32,1 Prozent erhielt die CDU damals die meisten Stimmen. Es folgten AfD (27,5), Linke (10,4), Grüne (8,6) und SPD (7,7). Andere Parteien schafften es nicht ins Parlament. Auch bei der Bundestagswahl 2021 wurde die AfD in Sachsen stärkste Kraft. Die extrem rechte Partei kam damals auf 24,6 Prozent. Die SPD erhielt 19,3 Prozent, die CDU 17,2 Prozent, die FDP 11 Prozent, die Linke 9,3 Prozent und die Grünen 8,6 Prozent.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom
Wirtschaftsminister bei Klimakonferenz
Habeck, naiv in Baku
Hype um Boris Pistorius
Fragwürdige Beliebtheit
BSW und „Freie Sachsen“
Görlitzer Querfront gemeinsam für Putin