Wahl von Kai Wegner in Berlin: Der AfD-Makel bleibt

Kai Wegner ist erst im dritten Wahlgang zum Regierenden Bürgermeister gewählt worden. Die AfD sagt: nur dank ihrer Unterstützung. Kann das stimmen?

Kai Wegner allein auf der Regierungsbank

Da sitzt er nun: Kai Wegner nach der Wahl zum Regierenden Bürgermeister auf der Regierungsbank Foto: reuters

BERLIN taz | Kai Wegner war gerade zum Regierenden Bürgermeister gewählt worden, da begann bereits die Debatte, ob er diese Wahl überhaupt hätte annehmen dürfen. Denn die AfD-Fraktion im Abgeordnetenhaus hatte kurz zuvor erklärt, für den CDU-Mann gestimmt zu haben. „Die AfD-Fraktion hat vor dem dritten Wahlgang beschlossen, Kai Wegner zur erforderlichen Mehrheit zu verhelfen“, hieß es in einer Mitteilung der Partei. Ist Wegner also ein Regierungschef von Gnaden der AfD?

Der CDU-Mann hatte in den ersten beiden Wahlgängen nicht die nötige absolute Mehrheit von mindestens 80 Stimmen bekommen; CDU und SPD verfügen insgesamt über 86 Stimmen. Im ersten Durchgang hatten sogar nur 71 Abgeordnete für Wegner gestimmt. Ein Debakel, das war da schon klar.

Im dritten Wahlgang war dann nur noch eine relative Mehrheit nötig. Und diese fiel satt aus: Alle 159 Abgeordneten waren anwesend und stimmten ab, 86 für Wegner, 70 dagegen, drei Abgeordnete enthielten sich. Das könnte heißen, dass die komplette Mehrheit von CDU und SPD stand. Dann hätte die AfD gelogen.

Die AfD kann alles behaupten

Das Problem: Die Wahl war geheim; nirgends ist festgehalten, wer wie abgestimmt hat. Im Nachhinein kann also jede/r behaupten, für oder gegen Wegner gestimmt zu haben.

Die AfD bemühte sich jedenfalls direkt, den eigenen Spin zu verbreiten. „Gehen Sie mal von der Hälfte aus“, sagte die AfD-Fraktionsvorsitzende Kristin Brinker der Deutschen Presse-Agentur auf die Frage, wie viele AfDler Wegner ihre Stimmen gaben. Denn aus der Mitteilung der AfD geht nicht hervor, ob alle ihrer 17 Abgeordneten dies getan haben.

Dies ist auch rechnerisch unwahrscheinlich, denn dann hätten in Runde drei sogar noch weniger Abgeordnete aus den Reihen von CDU und SPD für Wegner gestimmt als in Wahlgang eins, nämlich nur 69. Damit ist klar: Die Behauptung der AfD bleibt im wichtigsten Punkt unpräzise.

Handelt es sich wirklich um die Hälfte der AfD-Fraktion, dann wären das acht oder neun Abgeordnete – eine relevante Größe für die Wahl Wegners. Bei drei oder vier wäre es für das Ergebnis egal.

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Vertagung des dritten Wahlgangs abgelehnt

Aus den Fraktionen von Linken und Grünen heißt es, man habe diesen taktischen Schritt der AfD erwartet und deshalb eine Vertagung der Sitzung vor dem dritten Wahlgang beantragt. Der Antrag wurde mit den Stimmen der CDU- und SPD-Fraktionen abgelehnt.

So heißt es am Ende dieses Tages: Nichts Genaues weiß man nicht. In zahlreichen Stellungnahmen kritisierten jedenfalls Grüne und Linke Wegners Wahl. „Wegner macht den Kemmerich & lässt sich von Gnaden der AfD zum Regierenden Bürgermeister machen. Unwürdig“, twitterte etwa Niklas Schenker (Linke). Bettina Jarasch, nun Fraktionschefin der Grünen, schrieb: „Das legt den Verdacht nahe, dass Kai Wegner im dritten Wahlgang mit Stimmen der AfD gewählt worden ist. Das hätte Schwarz-Rot nie riskieren dürfen.“

Und selbst aus der SPD kam Kritik: „Kai Wegner hat sich gerade von der Berliner AfD zum Bürgermeister wählen lassen“, twitterte Anne Rabe, die während der Mitgliederabstimmung als Gegnerin der Koalition bekannt geworden war. Der Lichtenberger Bezirksstadtrat Kevin Hönicke (SPD) verteidigte hingegen die Wahl Wegners: „Es waren 86 Stimmen. So viele wie CDU und SPD haben. Die AFD spaltet und lügt. Niemals haben die Herrn Wegner gewählt. Die wollen Chaos und daher glaube ich denen kein Wort.“

Allerdings wird nie ans Licht kommen, wer recht hat.

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